Operationsverstärker III:
Die virtuelle Spannung, noch einmal...
und der Einschwingvorgang
- Elektronik-Minikurse: Inhaltsverzeichnis WICHTIG: Diverse technische Infos
- Elektronik-Minikurse: Philosophie (Sinn, Vorwissen, Praxisbezug)
- Hilfe bei Leserfragen. (WICHTIG: Unbedingt zur Kenntnis nehmen!)
- Simulieren und Experimentieren, ein Vorwort von Jochen Zilg
- Autor: Thomas Schaerer Opamp-Buch Timer555-Buch
Einleitung
Dieser Elektronik-Minikurs Operationsverstärker III erweitert
Operationsverstärker I im
Themenbereich virtuelle Spannung und virtueller GND. In
Operationsverstärker I
wird die Virtualität eher beiläufig zu den praktischen Grundschaltungen
thematisiert. Dafür steht sie dort in Verbindung mit dem
DC-Stromverlauf, dargestellt im Fallbeispiel einer DC-Spannung am
Eingang
Bild1 (opa1.htm). Die
genaue Kenntnis davon ist wichtig. Hier im ersten Kapitel "Wie kommt
es zum virtuellen GND und zur virtuellen Spannung?" ist das Thema
Virtualität sehr zentral. Es beginnt gleich nach der Einleitung mit dem
Begriff, was denn Virtualität überhaupt heisst. Der Inhalt ist hier
differenzierter und trotzdem anschaulich beschrieben.
Im weiteren Text ist der Begriff
Operationsverstärker abgekürzt zu Opamp.
Die Motivation zu diesem Kapitel waren Studenten in meinem Praktikum,
welche den Opamp an Vorlesungen leider allzu theoretisch kennenlernen
und deshalb nicht in der Lage sind, rein von der Mathematik ableitend,
den virtuellen Effekt und die zugrunde liegende Dynamik sich
vorzustellen. Das geht offenbar nur ergänzend mit Bild und Wort. Genau
dazu dienen alle Elektronik-Minikurse.
Um dem Verständnis betreffs virtuelle Spannung/GND eine zusätzliche
Chance zu geben, wird diese Problematik im ersten Kapitel aus einer
etwas andern Perspektive erläutert. Praktische Versuche, die jeder
selbst durchführen kann, zeigen, wo die Grenzen des virtuellen GND bzw.
der virtuellen Spannung sind. Dabei wird aufgezeigt, dass die virtuelle
Spannung oder der virtuelle GND eine direkte Auswirkung der sehr hohen
Leerlaufverstärkung (Open-Loop-Gain) des Opamp ist.
Wenn nicht anders erwähnt, sind alle Opamp-Schaltungen
an eine symmetrische Betriebsspannung ±Ub angeschlossen!
Zu den weiteren Kapiteln: Wir betrachten die virtuelle Spannung beim
Impedanzwandler (Verstärkung = 1), gehen weiter zum gegengekoppelten
Opamp, der die Eingangsspannung verstärkt und setzen fort
mit einem Leistungs-Opamp, bei dem zwischen seinem
Ausgang und dem Anschluss einer Last (je nachdem Lautsprecher, Motor,
Heizung etc.) der Leitungswiderstand berücksichtigt werden muss, wobei
das Gegenkopplungsnetzwerk bei der Lastspannung und nicht am Ausgang des
Opamp angeschlossen sein muss. Bei all dem konzentrieren
wir uns auf die virtuelle Spannung am nichtinvertierenden Eingang.
Das zweite Thema befasst sich ebenfalls mit einer Fortsetzung aus
Operationsverstärker I. Es geht
um die Geschwindigkeit des Opamp (Unity-Gain-Bandbreite und Slewrate),
wobei uns hier das Einschwingverhalten interessiert. Es geht darum zu
verstehen was am Ausgang passiert, wenn am Eingang eine steile
Impulsflanke auftritt und wie sich die virtuelle Spannung und die
Differenzspannung am Eingang des Opamp verhalten.
Wie kommt es zum virtuellen GND und zur virtuellen Spannung?
Bevor wir uns dieser Frage widmen, wollen wir erkennen was unter
Virtualität generell verstanden wird. Dazu bitte ich das einleitende
Kapitel Virtualität im
Wikipedia zu lesen.
Interessant ist der erste Satz im zweiten Abschnitt, hier wiedergegeben:
-
Virtualität spezifiziert also eine gedachte oder über ihre Eigenschaften konkretisierte Entität, die zwar nicht physisch, aber doch in ihrer Funktionalität oder Wirkung vorhanden ist. Somit ist virtuell nicht das Gegenteil von real, obwohl es fälschlicherweise oft so verwendet wird. virtuell bedeutet einfach nur nicht physisch.
Bezogen auf die virtuelle Spannung (bzw. virtuellem GND) bedeutet dies, dass diese der Funktionalität der physikalisch echten Spannung entspricht, allerdings nur in gewissen Grenzen. Diese Grenzen wollen wir kennen lernen. Bild 1 erklärt die Eigenschaft des virtuellen GND am praktischen Beispiel, das zum eigenen Experimentieren einlädt. Die Unterschiede werden so leicht deutlich. Mit elektrischem GND (Ground) ist die elektrische Masse gemeint. Es gibt auch die Bezeichnung COMMON. Diese Bezeichnung drückt aus, dass die Schaltung dieses Bezugspotential gemeinsam nutzt.
Teilbild 1.1 stellt die einfachste Form einer Verstärkerschaltung mit
einem Opamp dar. Wegen der vollständigen Gegenkopplung durch die direkte
Verbindung vom Ausgang Ua zum invertierenden Eingang, beträgt die
Verstärkung 1. Ua = Uv (v = virtuell) und Ud = 0 VDC. Ud ist immer 0 VDC
im eingeschwungenen Zustand des Opamp in der Funktion als
gegengekoppelter Verstärker. Das gilt für die Verarbeitung
bzw.Verstärkung von DC- und AC-Spannungen bei sehr niedrigen Frequenzen.
Da bei diesen Experimenten DC-Spannungen verwendet werden, erfolgen die
Spannungsangaben hier im Text in VDC. Mehr zu diesem Thema liest man in
der
Indexseite
im Kapitel
Diverse technische Infos
unter Spannungsangaben. Mehr zum Thema "eingeschwungenen Zustand"
mit den Bildern 10 und 11 mit dem Untertitel "Das
Einschwingverhalten".
Teilbild 1.2 zeigt ein Leistungs-Potmeter, beschaltet zwischen +Ub = 12
VDC und GND. Ist P auf seinen maximalen Widerstand von 10 k-Ohm
eingestellt, fliesst ein Strom von 1.2 mA. Ist P auf Null Ohm
eingestellt, ist Kurzschluss (KS). Verwendet man für dieses einfache
Experiment ein Netzgerät mit einer einstellbaren Strombegrenzung und man
stellt diese auf einen Strom von 1 A ein, fliesst zwischen +Ub und GND
ebenso 1 A. Das ist eigentlich so einfach und logisch, dass man es gar
nicht erst erwähnen muss, ginge es nicht um den Vergleich mit der
Funktion des echten GND zum virtuellen GND in Teilbild 1.3.
In Teilbild 1.3 wird am invertierenden Eingang auf die selbe Art der
virtuelle GND erzeugt wie in Teilbild 1.1. Wir setzen auch hier in
Teilbild 1.3 das selbe Leistungs-Potmeter P ein und beginnen damit
seinen Widerstand zu reduzieren. Gleichzeitig messen wir die Spannung
Ud, Uv oder Ua, was hier auf das selbe rauskommt, weil Ud = Uv = Ua. Wir
erhöhen den Strom langsam in Richtung 20 mA und stellen fest, dass der
virtuelle GND Uv seine Pflicht erfüllt. Wir messen stets 0 VDC an Uv und
Ua. Wir erhöhen den Strom weiter und weiter und plötzlich verweigert der
virtuelle GND seinen Dienst, weil die Opamp-Endstufe den Strom nicht mehr
aufnehmen kann. Ua erhöht sich zunehmend in Richtung +Ub wie es die
beiden Pfeile hintereinander andeuten. Bei etwa 20 mA oder vielleicht
etwas mehr sollte man dieses Spiel beenden, weil sonst der Opamp
thermisch zerstört wird. Hier zeigt sich, solange der Opamp korrekt
arbeitet, bleibt Ua auf dem GND-Pegel weil dieser identisch ist mit dem
virtuellen GND Uv.
Fazit: Die virtuelle Spannung, die hier das Potenzial des GND
hat, wird durch den Opamp regeltechnisch erzeugt, solange er korrekt
arbeitet. Darunter versteht sich, dass die extrem hohe Opamp-interne
Leerlaufverstärkung (Open-Loop-Gain) wirkt. Obwohl eine vollständige
Gegenkopplung mit einer Verstärkung von 1 (Closed-Loop-Gain) vorliegt,
ist für die Bildung der virtuellen Spannung oder des virtuellen GND nur
die sehr hohe Leerlaufverstärkung (Open-Loop-Gain) zuständig! Mehr dazu
folgt weiter unten mit Bild 2.
Teilbild 1.4 unterscheidet sich von Teilbild 1.3 nur durch den
eingebauten Widerstand R mit einem Wert von 2 k-Ohm (Beispiel) im
Gegenkopplungspfad. Hier passiert etwas anderes, wenn wir den Strom mit
Potmeter P erhöhen. Bei Stromwerten unterhalb von 5 mA (nur ein
Beispiel) erfüllt der virtuelle GND seine Pflicht. Uv = Ud = 0 VDC. Die
Ausgangsspannung erhöht sich auf einen negativen Wert in dem Masse wie
man den Strom durch R erhöht. Wie kommt das? Ganz einfach, der Strom
der durch R fliesst, erzeugt an R eine Spannung. Der Strom fliesst
dabei von +Ub über P und R in den Ausgang des Opamp. Weil Ud und Uv = 0
VDC, muss die Spannung an Ua zwangsläufig negativ sein. Bei einem Strom
von 3 mA liegen über R 6 VDC und diese selbe Spannung liegt an Ua mit -6
VDC. Erhöhen wir den Strom weiter bis 5 mA, ist der Endzustand erreicht
und der virtuelle GND versagt seinen Dienst.
Grund dafür ist der, dass die Endstufe nicht in der Lage ist eine höhere
negative Ausgangsspannung zu liefern, als etwa diese etwa -10 VDC.
Erhöht man den Strom weiter, geht das, bis die Opamp-interne
Strombegrenzung anspricht. Dabei erhöhen sich Uv und Ud gleichermassen.
Der Opamp arbeitet nicht mehr richtig. Auch hier sind die genannten
Begrenzungswerte nur Beispiele. Es gibt typenbedingte Abweichungen. Aber
die Werte sind im realistischen Bereich. Da dieser Opamp an ±Ub mit ±12
VDC spannungssymmetrisch betrieben wird, ist eine ausgangsseitige
Maximalspannung (Ua) von etwa ±10 VDC typisch, ausser es ist ein
moderner so genannter Rail-to-Rail-Opamp, dessen Ausgang bis zur
positiven und negativen Betriebsspannung ausgesteuert werden kann,
allerdings auch nur dann wenn der Ausgang nur wenig belastet ist.
In den Opamps sieht man die Zahl 100'000 als 105 eingetragen.
Das deutet auf die typisch sehr hohe Leerlaufverstärkung eines jeden
Opamps hin. Dieser Wert ist in der Grössenordnung realistisch, trotzdem
aber nur ein Beispiel. Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass
derart hohe Leerlaufverstärkungen nur bei der Verarbeitung von
DC-Spannungen und AC-Spannungen mit sehr niedrigen Frequenzen gelten.
Bei höheren Frequenzen ist diese Leerlaufverstärkung deutlich niedriger.
Mehr dazu, weiter unten mit Bild 5 und im Kapitel
"Leerlaufverstärkung, Differenzspannung und Frequenz" in
Operationsverstärker I.
In Bild 2 geht es darum zu erkennen, wie es zum virtuellen GND kommt und
dabei geht es um etwas mehr Realität betreffs Virtualität. Dies erkennt
man daran, dass jetzt Spannungswerte im µV-Bereich zwischen den beiden
Opampeingängen zum Ausdruck kommen. Dies ist auch das Thema in
Zusammenhang mit Bild 3 und Bild 4.
Teilbild 2.1 zeigt dies am einfachsten Beispiel. Der Opamp ist nichts
anderes als ein Verstärker, der mit seinen beiden Eingängen in der Lage
ist, differenzielle Eingangsspannungen zu verstärken. Die meisten Opamps
liefern die verstärkte Spannung an einen asymmetrischen Ausgang, dessen
Ausgangsspannung sich auf GND bezieht. Es gibt nur wenige Opamps mit
differenziellen Ausgängen. Wenn der Ausgang Ua z.B. eine Spannung von -1
VDC anzeigt, dann beträgt differenzielle Eingangsspannung, wegen der
sehr hohen Leerlaufverstärkung von z.B. 100'000, gerade 10 µVDC. Ist Ua
fast maximal so gross wie die positive oder negative Betriebsspannung
des Opamp von z.B. ±12 VDC, beträgt Ud kaum mehr als 0.12 mVDC. Man kann
daher praxisbezogen aussagen, dass Ud praktisch Null Volt ist,
unabhängig davon wie gross Ua ist. Aber stets daran denken, das gilt für
DC-Spannungen oder AC-Spannungen bei sehr niedrigen Frequenzen. Nennen
wir dies die Volt-Perspektive. Und noch etwas, einfachheitshalber wird
hier die DC-Offsetspannung nicht berücksichtigt.
Teilbild 2.2 zeigt das selbe wie Teilbild 2.1 mit dem Unterschied, dass
der nichtinvertierende Eingang mit GND verbunden ist. Dadurch gibt es
nur einen Eingang Ue der zum nichtinvertierenden Eingang des Opamps
führt. Ue ist gleich gross wie Ud.
Aus Teilbild 2.2 wird Teilbild 2.3 mit der Eigenschaft einer
invertierenden Verstärkerschaltung, dessen (äussere) Verstärkung
praktisch alleine durch das Gegenkopplungsnetzwerk aus R1 und R2
besteht. Die Berechnungsformel ist sehr einfach. Obwohl in der Skizze
vermerkt, interessiert sie uns hier nicht. Wir wollen alleine durch das
Nachvollziehen der einfachen Schaltung verstehen, wie sie arbeitet.
Wir wissen nun, gleichgültig wie klein oder wie gross Ua innerhalb des
zulässigen Spannungsbereiches, gegeben durch ±Ub, ist, Ud hat stets den
praktischen Wert von 0 VDC. Wir legen an Ue eine DC-Spannung von 1 VDC.
Weil der Widerstand R1 ein Wert von 1 k-Ohm hat, fliesst zum Knoten beim
invertierenden Eingang ein Strom von 1 mA. Der Strom, der zum Knoten
fliesst, muss auch wieder wegfliessen
(Knotenregel)
und da gibt es nur eine Richtung. Der Strom von 1 mA fliesst durch den
Widerstand R2 in den Ausgang (Endstufe) des Opamp. Und weil der
Widerstand R2 ebenfalls 1 k-Ohm aufweist, fällt an R2 eine Spannung 1
VDC ab. Weil der Knoten virtuell auf 0 VDC (GND-Pegel) liegt und der
Strom von dort wegfliesst, wird Ua mit -1 VDC zwangsläufig negativ.
Aber warum bleiben Uv und Ud praktisch 0 VDC? Ganz einfach: Zwischen den
beiden differenziellen Eingängen und dem Ausgang des Opamp gilt die
(innere) sehr hohe Leerlaufverstärkung. Im vorliegenden Beispiel
100'000. Das bleibt auch so wenn man die gegengekoppelte Verstärkung
(Closed-Loop-Gain) verändert. Hier auf den Wert von -3 mit der Änderung
des R2 von 1 k-Ohm auf 3 k-Ohm. Ua erhöht seine negative Spannung von -1
VDC auf -3 VDC. Dabei ändert sich Uv bzw. Ud von 10 µVDC auf 30 µVDC.
Die Funktion des virtuellen GND beim Knoten des invertierenden
Einganges, der rein regelungstechnisch durch die sehr hohe
Leerlaufverstärkung zustande kommt, bleibt erhalten, wenn der Opamp
nicht überfordert wird. Der Strom, der vom Knoten in den invertierenden
Eingang fliesst, gilt hier und in der Regel als vernachlässigbar klein.
Speziell dann, wenn ein JFET- oder MOSFET-Opamp zum Einsatz kommt.
Die Grösse des Eingangswiderstandes Re am Eingang Ue: Was
unterscheidet der virtuelle GND vom echten GND. Rein praktisch gesehen,
nichts. Wir betrachten die kleine Skizze 2.3a. Der selbe Widerstand der
in der Opampschaltung (Teilbild 2.3) Ue mit dem virtuellen GND
verbindet, verbindet in der Skizze 2.3a Ue mit dem echten GND. In beiden
Anwendungen fliesst ein Strom von exakt 1 mA. Und deshalb entspricht bei
beiden Anwendungen der Eingangswiderstand Re dem Wert von R1 und das
sind 1 k-Ohm. Es ist falsch, wenn man annimmt, dass Re der Summe von R1
und R2 entspricht. Das wäre dann der Fall, wenn die Spannung am Knoten
des invertierenden Eingangs sich proportional einer Spannungsänderung
von Ue anpasst. Aber dem ist nicht so, wei wir jetzt wissen.
Das ist am Anfang des Opampstudiums verwirrend. Man fragt sich, warum
ist das so, schliesslich fliesst in den virtuellen GND keinen Strom
hinein, beim echten GND aber schon. Der Strom fliesst ja weiter über R2
in den Ausgang des Opamp. Das stimmt, aber während der (äusseren)
Verstärkung, welche durch die Gegenkopplung mit R1 und R2 zustande
kommt, regelt die extrem hohe (innere) Leerlaufverstärkung, die
differenzielle Eingangsspannung Ud auf wenige zehn Mikrovolt. Der
virtuelle GND unterscheidet sich vom echten nur darin, dass der
virtuelle eine sehr kleine DC-Spannung im 10-µV-Bereich aufweist,
während der echte GND knallhart 0 VDC hat.
Stimmt das wirklich? Nein keineswegs, auch die Kontaktierung mit einem
echten GND kann leicht, wegen seinem begrenzten Widerstand,
Spannungswerte im 10-µV-Bereich aufweisen. Rein funktionell betrachtet
besteht kein Unterschied. Für beide Arten von GND gilt die Bedingung "im
zulässigen Arbeitsbereich". Dieser ist beim echten GND ganz einfach
wesentlich grosszügiger. Für den virtuellen und für den echten GND gilt,
dass beide extrem niederohmig sind. Beim virtuellen GND kommt dies
regelungstechnisch zustande und das bedeutet, dass dies im
eingeschwungenen Zustand des Opamp gilt. Dazu mehr mit den Bildern 10
und 11 mit dem Untertitel "Das Einschwingverhalten".
Warum auch Konstantstromquelle: Die Opampschaltung in Teilbild
2.3 bietet zwei Verstärkungsmöglichkeiten, entweder Verstärkung -1 (R2 =
1 k-Ohm) oder -3 (R2 = 3 k-Ohm). Weil die extrem hohe (innere)
Leerlaufverstärkung nicht unbegrenzt hoch ist, erhöht sich
Differenzspannung Ud, und somit die virtuelle Spannung Uv auf 30 µVDC.
Aus der Volt-Perspkektive betrachtet, ändert sich also nichts daran,
dass der virtuelle GND mit einer Spannung von praktisch 0 VDC
gewährleistet ist. Der Strom Ie = 1 mA bleibt der selbe und daraus
resultiert im Nebeneffekt eine neue Erkenntnis: Die invertierende
Verstärkerschaltung ist auch eine Konstantstromquelle zwischen dem
virtuellen GND Uv und Ua, weil der Strom durch die Veränderung des
Widerstandes R2 unverändert bleibt, sofern Ua nicht an den Limit gerät.
Vom virtuellen GND zur virtuellen Spannung: Teilbild 3.1 ist die
exakte Wiedergabe von Teilbild 2.3. Diese Schaltung ist in Teilbild 3.2
einzig dadurch erweitert, dass der nichtinvertierende Eingang des Opamp
nicht mit dem GND als Referenzspannung mit 0 VDC, sondern mit -1 VDC
verbunden ist. Diese Referenzpannung Ur von -1 VDC dient nur als
Beispiel. Es kann auch eine andere Spannung sein, die auch positiv sein
darf. An diesem Beispiel in Teilbild 3.2 soll gezeigt werden, was sich
betreffs virtueller Spannung gegenüber der Schaltung in Teilbild 3.1
ändert.
Wir wissen jetzt, wie hoch die Ausgangsspannung Ua auch ist, die
(innere) Leerlaufverstärkung ist so gross, dass die Differenzspannung Ud
etwa im 10-µV-Bereich bleibt. Das bedeutet nichts anderes, die virtuelle
Spannung am invertierenden Eingang des Opamp ist praktisch gleich gross
wie Ur. Im vorliegenden Beispiel -1 VDC. Ue, R1 und R2 sind gleich gross
wie in Teilbild 3.1. Dies bedeutet, dass zwischen Ue und der virtuellen
Spannung Uv 2 VDC liegen und dies erzeugt durch R1 mit 1 k-Ohm einen
Strom von 2 mA. Diese 2 mA fliessen in den Ausgang des Opamp (Endstufe)
und erzeugen über R2, mit ebenfalls 1 k-Ohm, eine Spannung von 2 VDC.
Diese Spannung muss von der virtuellen Spannung subrahiert werden. Das
Resultat davon ist die Ausgangsspannung Ua von -3 VDC. Erhöht man R2 auf
3 k-Ohm beträgt Ua -7 VDC.
Zur Untersuchung des virtuellen GND und der virtuellen Spannung diente
bisher die invertierende Verstärkerschaltung. Jetzt untersuchen wir
diese Virtualität an der nichtinvertierenden Verstärkerschaltung, gemäss
Bild 4. Im Grunde ändert sich nichts, ausser dass wir es hier ständig
mit einer virtuellen Spannung Uv zu tun haben. Uv hat den selben Wert
wie Ue, ist jedoch virtuell. Wenn R2 = 0 Ohm, haben wir es mit dem
Spannungsfolger bzw. Impedanzwandler zu tun, wie dies Teilbild 4.2
zeigt. Der Strom I vom Ausgang des Opamp nach GND ergibt sich aus Uv/R1.
Im vorliegenden Beispiel sind es 1 mA. Auch hier, wir haben es zwischen
dem Opampausgang und der virtuellen Spannung mit einer
Konstantstromquelle zu tun - sofern Ue auf einen konstanten Wert
eingestellt ist. Der Strom von dieser Konstantstromquelle ist ebenfalls
abhängig von der Spannung über R1 und vom Widerstand R1.
GND-bezogene Opmp-Konstantstromquelle: Wenn wir schon beim Thema
Opamp und Konstantstromquelle sind, eine Konstantstromquelle liefert
deutlich mehr Anwendungsmöglichkeiten, wenn sie GND bezogen arbeitet.
Allerdings benötigt es dazu noch einen PNP-Transistor. Eine sehr
praktische Anwendung zeigt diese
LED-Testschaltung
in diesem
Elektronik-Minikurs.
Bild 5 zeigt den Frequenzgang im Bodediagramm Bode-1. Der Phasengang
wäre dann nötig, wenn man genau in die Details gehen möchte. Um das
Thema der differenziellen Eingangsspannung Ud und der virtuellen
Spannung, bzw virtuellen GND, abzurunden, genügt diese reduzierte
Ausführung.
Der Frequenzgang in Bode-1 ist typisch für den berühmten Opamp
LF356
von NSC oder ein anderer Opamp mit ähnlichen Daten. Daher die
Bezeichnung ~LF356. Die Frequenzbandbreite bei Verstärkung 1
(Unity-Gain) liegt bei 5 MHz. Das bedeutet am praktischen Beispiel, dass
die Frequenzbandbreite von 5 kHz gerade noch bei einer Verstärkung von
1000 eingehalten wird, siehe Punkt A. Die Grenzfrequenz einer
Frequenzbandbreite ist definiert durch die Spannungsreduktion von 3 dB,
bzw. die Spannung im Übertragungsbereich wird für die Grenzfrequenz mit
0.707 multipliziert. Siehe die Skizze des kleinen Bodediagramm Bode-2.
Bei einer Verstärkung von 10'000 sind es gerade noch 500 Hz (Punkt B)
und bei 100'000 noch 50 Hz (Punkt C). Unterhalb dieser
Frequenzbandbreite bis zu 0 Hz (DC), ist eine Verstärkung von 100'000
möglich. Bei all diesen Verstärkungsangaben haben wir es mit der
Verstärkung zu tun, welche sich aus der (äusseren) Gegenkopplung mit R1
und R2 (jeweils andere Werte) ergibt. Allerdings, bei 100'000 gibt es
diese Gegenkopplung nicht mehr, weil nämlich diese Verstärkung der
(inneren) Leerlaufverstärkung entspricht. R2 ist theoretisch unendlich
gross. Praktisch ist diese hohe Verstärkung nicht anwendbar, weil, ohne
jede Gegenkopplung ist die Verstärkung nicht genügend linear und es
haften ihr weitere Ungenauigkeiten an, wie z.B. die
Temperaturabhängigkeit. Was uns hier aber speziell interessiert, ist die
differenzielle Spannung Ud zwischen den beiden Opamp-Eingängen.
Wenn der Opamp mit einer Verstärkung von z.B. 3 oder -3 bei DC bis 50 Hz
arbeitet, liegt Ud im 10-µV-Bereich. Bei einer Frequenz von 50 kHz
jedoch im 10-mV-Bereich. Aus der Volt-Perspektive betrachtet kann man
schon fast nicht mehr von einem virtuellen GND oder von einer virtuellen
Spannung reden. Je höher die Signalfrequenz an Ue ist, um so kleiner
ist das Verhältnis von der Eingangsspannung Ue zur Differenzspannung Ud,
weil die Leerlaufverstärkung kleiner ist. Diese Dämpfung ergibt sich
aus der Frequenzgangkompensation. Ohne diese kann ein Opamp nicht stabil
arbeiten. Mehr dazu in
Vom Operationsverstärker bis zum
Schmitt-Trigger.
Die virtuelle Spannung vom Impedanzwandler bis zum Verstärker
bei der nichtinvertierenden Verstärkerschaltung
Der vollständig gegengekoppelte Opamp, der Impedanzwandler mit seiner
typischen Verstärkung von 1, hat eine direkte Verbindung vom Ausgang zum
invertierenden Eingang des Opamps. Ua und die virtuelle Spannung Uv sind
identisch. Es kommt also auf das selbe heraus, ob man einen beliebigen
nicht allzu niederohmigen Widerstand Rx (z.B. 1 k-Ohm) an Ua oder an Uv
anschliesst. Die Spannung über Rx bleibt gleich, weil die
Differenzspannung Ud im eingeschwungenen Zustand des Opamp stets fast 0
V (DC oder AC sehr niederfrequent) ist. Dazu mehr mit den Bildern 10 und
11 mit dem Untertitel "Das Einschwingverhalten".
Fast bedeutet, dass Ud abhängig ist vom Verhältnis der gegengekoppelten
Verstärkung zur Leerlaufverstärkung und damit auch abhängig ist von der
Signalfrequenz an Ue, wie dies bereits weiter oben und in
Operationsverstärker I
erklärt ist. Wir haben es hier einfachheitshalber mit DC-Spannungen
(Frequenz = 0 Hz) zu tun, weshalb hier die Spannung Ud mit VDC im Text
angegeben ist. Weiter beschäftigen wir uns nur mit niedrigen
Verstärkungsfaktoren, die durch die äussere Gegenkopplung bestimmt
sind. Die Leerlaufverstärkung ist dabei extrem hoch. Bei einem Opamp
des Typs LF356 beträgt sie 106 dB, das einem Faktor von 200'000
entspricht. Alleine diese hohe Leerlaufverstärkung ist praktisch
verantwortlich dafür, dass Ud praktisch 0 VDC ist. Einfachheitshalber
sind hier alle Beispiele auf 100'000 (100 dB) bezogen.
Ue ist im Beispiel in Bild 6 auf 1 VDC eingestellt. Extrem betrachtet
und gemessen mit einem hochauflösenden digitalen Voltmeter, wird man
feststellen, dass Ua geringstfügig grösser ist als Uv bzw. Ue, wenn Rx
an Uv und nicht an Ua angeschlossen ist, weil die Verbindung vom Ausgang
zum invertierenden Eingang nicht exakt Null Ohm hat. Diese
verlustbehaftete Verbindung ist mit Rv (Verlustwiderstand)
gekennzeichnet. Uv entspricht Ue und Ua addiert sich aus Uv plus der
Spannung über Rv. Damit lernen wir mit Teilbild 6.2 etwas Neues:
Der Opamp führt seinen Regelprozess auch dann aus, wenn zwischen seinem
Ausgang und dem Verbraucher (Rx), wo die Gegenkopplung ansetzt, eine
verlustbehaftete Leitung liegt. Ud bleibt auch so 0 VDC und die Spannung
Uv bleibt unverändert. Genau nach diesem Prinzip arbeitet, nebenbei
erwähnt, eine hochstabile geregelte DC-Spannungsquelle, wenn die
Gegenkopplung nicht am Ausgang des Netzteiles, sondern direkt am
Verbraucher ansetzt. Solche Netzteile haben für eine solche
Feedbackmethode zusätzlich spezielle
Sense-Anschlüsse.
Mit dieser Betrachtung befinden wir uns auf dem Weg zum
nichtinvertierenden Verstärker in Teilbild 6.3 und da sehen wir im
Prinzip das selbe Schaltbild wie in Teilbild 6.2. Der einzige
Unterschied besteht darin, dass aus Rv und Rx, R2 und R1 wird. Mit R2 =
22 k-Ohm und R1 = 10 k-Ohm wird Ue = 1 VDC auf Ua = 3.2 VDC verstärkt.
Die Berechnung erfolgt nach angegebener Formel. Auch hier gilt, dass Ud
= 0 VDC, unabhängig davon wie stark man R1 oder/und R2 verändert. Die
Summe von R2 und R1 darf nur nicht so stark unterschritten werden, dass
der Strom bei entsprechender Ausgangsspannung Ua zu gross wird und der
Opamp die Ausgangsspannung begrenzt (Clipping). Das ist je nach Typ des
Opamp sehr unterschiedlich. Mehr Information dazu liefert das
entsprechende Opamp-Datenblatt. Man muss natürlich auch noch darauf
achten, dass die Ausgangsspannung Ua im zulässigen Bereich liegt, der
von der Betriebsspannung diktiert wird. Nur innerhalb dieses Bereiches
kann Ud = 0 VDC erfüllt werden. Das bedeutet auch immer wieder:
Abgesehen von den sehr niedrigen Spannungswerten im
zehn oder hundert Mikrovoltbereich, in dem Rahmen wie es weiter oben
ausführlich erklärt ist.
Betrachtungen mit einem Leistungs-Opamp
Wir betrachten hier die Situation mit der virtuellen Spannung Uv bei der
Anwendung eines Leistungs-Opamp. Ich verwendete vor sehr langer Zeit den
LM12.
den es heute jedoch nicht mehr gibt. Der Preis, etwa 100 Euro, war sehr
hoch. Deutlich preiswerter, mit jedoch nicht der gleich hohen Leistung,
ist der Allrounder LM675, der für die vorliegenden Experimente leider
nicht unity-gain-stabil ist. Es kann aber ebenso gut ein gewöhnlicher
Opamp sein, der mit einer diskreten komplementären Transistorstufe
erweitert ist und die Gegenkopplung über die ganze Schaltung wirkt. Eine
solche Schaltung ist
in (4)
beschrieben. Allerdings ist diese auch nicht unity-gain-stabil. Dies
kann man aber selbst realisieren. Eine Leistungsverstärkerstufe nennen
wir POA für Power-Operational-Amplifier oder abgekürzt Power-Opamp.
Teilbild 7.1 ähnelt Teilbild 6.2 mit Rx an Uv angeschlossen. Rv ist auch
hier der Verlustwiderstand der Leitung zwischen Ausgang Ua' des POA und
der Last RL an Ua. Als realistischer Wert setzen
wir für Rv 10 m-Ohm ein. Irgendwie befremdet es, dass der Lastwiderstand
RL, hier mit einem Widerstand von 5 Ohm, an der
virtuellen Spannung Uv angeschlossen ist. So was schliesst man doch am
Ausgang des POA an. Welch eine verkehrte Welt der Elektronik! Es sollte
einem aber stutzig machen, wenn man etwas genauer hinsieht. Rv hat einen
Wert von nur 10 Milli-Ohm und die Bezeichnung Ua ist identisch mit Uv
und dort wo normalerweise Ua ist, ist Ua' und die Spannung an Ua' ist um
den Wert des Spannungsabfalles über Rv geringfügig höher. Man beobachte
auch den Weg des Laststromes, hier 1 A.
Wir kommen zu Teilbild 7.2, wobei diese Schaltung exakt identisch ist
mit der in Teilbild 7.1. Der Unterschied besteht bloss darin, dass die
Schaltung in Teilbild 7.2 so gezeichnet ist, dass sie keine Verwirrung
mehr anstiftet. Die Welt der Elektronik ist damit wieder in Ordnung. Nun
sie ist es eigentlich auch mit Teilbild 7.1, aber Teilbild 7.2 ist
anschaulicher und es leuchtet sofort ein, was mit Rv mit seinem sehr
niedrigen Ohmwert gemeint sein könnte. Es ist der Verlustwiderstand der
Leitung zwischen dem Ausgang POA Ua' und der Last, angeschlossen an Ua.
Die Gegenkopplung wird nach dieser verlustbehafteten Zuleitung in der
Nähe des Verbrauchers RL vorgenommen und so
garantiert man an Ua eine besonders lastunabhängige konstante Spannung,
weil Uv mit Ue praktisch identisch ist, und Uv = Ua, weil die
Verstärkung durch maximale Gegenkopplung 1 (0 dB) beträgt. Diese
Gegenkopplungsmethode von der Last, macht nur dann Sinn, wenn Ua, z.B.
für eine messtechnische Anwendung, sehr präzis sein muss. Besteht die
Last aus einem Lautsprecher, kann man die Gegenkopplung ebenso direkt am
POA-Ausgang realisieren.
Teilbild 7.3 erweitert die Schaltung von Teilbild 7.2 in einen
Leistungsverstärker mit einer nichtinvertierenden Verstärkung von 5,
gegeben durch das Gegenkopplungsnetzwerk von R2/R3. Us ist die
so genannte Sensorspannung, bei der die Gegenkopplung direkt an den
Verbraucher RLgeschaltet wird. R1, mit einem sehr
viel kleineren Widerstand als R2 oder R3, dient einzig dazu, dass die
geregelte Spannung an Ua einigermassen aufrechterhalten wird, wenn der
Verbraucher RL (noch) nicht auch an Us und GND
angeschlossen ist. Diode D schützt R1 vor zu hoher Leistung, wenn Ua
zuerst und danach Us im Betriebszustand getrennt wird, in dem die
Spannung über R1 durch D begrenzt wird. Genau mit solchen Methoden
arbeitet man beim Entwurf hochwertiger und hochpräziser analoger
Netzteile und Netzgeräte. Man denkt bei solch einer Schutzmassnahme auch
ein wenig in der Richtung, dass der Anwender nicht immer so ganz seriös
mit einem Gerät umgeht, wie es eigentlich sein sollte.
Betriebsanleitungen werden oft erst dann gelesen, wenn die ersten
Rauchzeichen aufsteigen. Diode D muss selbstverständlich eine
Leistungsdiode sein. Eine Diode genügt, wenn Ua nur positive
Spannungswerte aufweist, wie hier im Beispiel. Im AC-Betrieb benötigt
man zwei antiparallel geschaltete Leistungsdioden.
Kommen wir zurück zur virtuellen Spannung Uv. Welchen Wert die
Verstärkung, definiert mit R2/R3 auch hat, Uv bleibt konstant auf dem
Wert von Ue. Es gelten auch hier ganz genau die selben Betrachtungen
betreffs extrem hoher Leerlaufverstärkung, wie bereits gehabt. Aber da
wir es hier mit hohen Strömen zu tun haben, sei noch darauf hingewiesen,
dass der GND von RL so mit dem GND der
Spannungsquelle Ue verbunden sein muss, dass über diese GND-Leitung kein
Last-Teilstrom fliesst, denn sonst entsteht eine so genannte
GND-Rückkopplung (GND-Loop) die leicht zu Instabilität und zu
Schwingungen führt. Man beachte den Strompfeil mit der Angabe von 1
Ampere (1A) als Beispiel. Dies ist ein alt bekanntes Problem beim Bau
von analogen Netzteilen, Audio-Leistungsverstärkern und anderen analogen
Last-Regelschaltungen. Man beachte die GND-Verbindung zwischen Ue und
Anschluss von RL. So ist diese GND-Leitung im
Signalpfad sicher laststromfrei.
Mit Bild 8 kommen wir noch einmal zurück zum Thema des ersten Kapitels,
das der Frage nachgeht, wie es zur virtuellen Spannung bzw. zum
virtuellen GND kommt. Dabei wiederholen wir mit Teilbild 8.1 Teibild
1.4. Die folgende Schaltung in Teilbild 8.2b wiederholt diese und stellt
sie mit einem Leistungs-Opamp
(z.B. LM12)
auf ein höheres Leistungsniveau. Die Schaltung soll nur zeigen, dass es
für die Glühlampe auf das selbe herauskommt, ob sie mit dem "echten" GND
(Teilbild 8.2a) oder mit dem virtuellen GND (Teilbild 8.2b) verbunden
ist. Der Gegenkopplungs-Widerstand R mit einem Wert von 3.3 Ohm
(Beispiel) und einer Leistung von 4 Watt erzeugt an Ua eine Spannung von
-2.8 VDC. Man kann R so weit erhöhen bis Ua die maximale negative
Spannung erreicht, die abhängig ist von -Ub. Eine praktische Bedeutung
hat diese Schaltung in Teilbild 8.2b nicht, ausser sie dient zum
Experimentieren und Lernen.
Die Sache hat allerdings zwei Haken. Es gibt diesen LM12, wie bereits
weiter oben erwähnt, nicht mehr. Wahrscheinlich auch wegen des relativ
hohen Preises. Der LM12 stammt ursprünglich aus der
BURR-BROW-"Apotheke". Das erklärt schon einiges. Der zweite Haken ist
der, dass der Leistungs-Opmap für dieses Experiment unity-gain-stabil
sein muss. Wenn nicht, oszilliert die Schaltung! Ist er nicht
unity-gain-stabil, kann man wegen dem niedrigen Ohmwert von R diese
Eigenschaft nicht mit dem Trick aufzwingen wie das bei Opamp der
niedrigen Leistungsklasse möglich ist, wenn dieser nicht
unity-gain-stabil ist. Eine
Application-Note
zum längst obsoleten LF357 zeigt wie man dies umsetzt.
Halogen-Glühbirnen für 12V und 10W gibt es z.B von OSRAM. Man kann
dieses Experiment auch mit beliebig andern Glühlampen realisieren, auch
mit einer andern Betriebsspannung. Wählt man 6 VDC, eignen sich kleine
Fahrrad-Scheinwerfer-Glühbirnen. Diese haben eine Spannung von 6 VDC und
ein Strom von 0.4 A. Da kann man Versuche anstellen mit einer, oder zwei
oder drei parallel geschalteten Glühbirnen. So etwas eignet sich nicht
schlecht, weil sehr präsentativ, im praktischen Elektronik-Unterricht.
Die virtuelle Spannung vom Impedanzwandler bis zum
Verstärker bei der invertierenden Verstärkerschaltung
Teilbild 9.1 zeigt erneut den typischen Impedanzwandler mit Verstärkung
1, wie er in Teilbild 6.1 abgebildet ist. Der einzige Unterschied
besteht in Teilbild 9.1 darin, dass der nichtinvertierende Eingang mit
GND verbunden ist. Wir wissen jetzt auch, dass die virtuelle Spannung Uv
praktisch dem GND-Pegel entspricht, weshalb man in diesem Fall Uv auch
als virtuellen GND bezeichnet. Dass die Schaltung in Teilbild 9.1 kaum
einen Nutzen hat, leuchtet ein. Sie dient auch nur zur Anschauung für
den nächsten Schritt in Teilbild 9.2, der typisch invertierenden
Verstärkerschaltung.
Wie die Spannung Ud = 0V zustande kommt, wissen wir. In dieser Hinsicht
ändert sich in Teilbild 9.2 nichts. Diese Tatsache hat zur Folge, dass
der Eingangswiderstand an Ue exakt dem Wert von R1 entspricht. Das kommt
praktisch auf das selbe heraus, als ob Ue über R1 direkt mit GND
verbunden ist, wie dies Teilbild 9.2a illustriert. Auch das ist weiter
oben bereits differenzierter beschrieben und an dieser Stelle bekannt.
Auswirkung auf den Differenz-Verstärker: Dazu
Bild 3
aus dem Kapitel "Einfacher Differenzverstärker" aus dem
Elektronik-Minikurs
Echter Differenzverstärker I.
Hier wir erklärt warum die beiden Eingänge eines Differenzverstärkers
unterschiedliche Eingangswiderstände haben. Es hat alleine mit der
Tatsache zu tun, dass es eine virtuelle Spannung, und wenn 0 Volt, ein
virtueller GND gibt.
Interessantes Experiment mit virtuellem GND: Teilbild 9.3
erweitert Teilbild 9.2 mit einem Experiment. Zu diesem Zweck ist das
Potmeter P zwischen der virtuellen Spannung Uv (virtueller GND) und GND
geschaltet. Mit R2/R1 ergibt sich zwischen Ue und Ua eine Verstärkung
von -1. Wir wählen in diesem Experiment für R1 und R2, aber auch für P,
den selben Widerstandswert von je 10 k-Ohm. Wir geben auf Ue eine
Spannung von 1 VDC und am Ausgang Ua erscheint eine Spannung von -1 VDC,
weil R1 = R2 und Uv = 0 VDC. Ua verändert wegen P = 10 k-Ohm seinen Wert
von -1 VDC nicht. Warum auch, denn durch P fliesst schliesslich
praktisch kein Strom, weil Uv praktisch 0 VDC ist. Diese -1 VDC an Ua
bleibt aber auch, wenn wir an P drehen und den Wert z.B. auf 1 k-Ohm
oder weiter reduzieren. Warum denn auch nicht, denn wenn durch P kein
Strom fliesst, weil Ud praktisch 0 VDC ist, ändert sich auch nichts an
Ua. Also dann drehen wir den Wert von P weiter zurück und unterhalb
eines bestimmten Wertes, der weit unter 100 Ohm liegen kann, bemerken
wir, dass sich die DC-Spannung an Ua signifikant verändert. Wenn der
Wert von P deutlich reduziert wird, arbeitet der Opamp mit einer sehr
hohen Verstärkung, die durch die Gegenkopplung R2/P bestimmt wird. Die
Verstärkung zwischen Ue und Ua bleibt mit -1 stets aber trotzdem gleich
gross. Ist P sehr klein, wird die opamp-interne äquivalente
DC-Eingangs-Offsetspannung deutlich verstärkt. Unterhalb eines
kritischen Wertes von P gelangt Ua in die positive oder negative
Spannungsbegrenzung, die durch die Betriebsspannung ±Ub bestimmt wird.
Dies ist ganz bestimmt der Fall, wenn Ud kurzgeschlossen ist. Bevor Ua
jedoch in die positive oder negative Spannungsbegrenzung getrieben wird,
beobachten wir noch etwas anderes, wenn wir beim Oszilloskopen genau
hinschauen. Wir bemerken, dass der DC-Spannung Ua auch noch eine
Rauschspannung überlagert ist. Dies kommt ebenfalls von der sehr hohen
Verstärkung durch R2/P, denn diese verstärkt die opamp-eigene
äquivalente Eingangsrauschspannung und die welche P selbst erzeugt.
Das Einschwingverhalten
Dieses Thema wird bereits in
Operationsverstärker I
angedeutet. Es wird dort erklärt, dass es wegen solchem
Einschwingverhalten und der damit involvierten Signalverzögerung nicht
möglich ist, dass die Differenzspannung Ud schon in dieser Phase beinahe
0 VDC sein kann. Hier ist der Vorgang etwas ausführlicher erklärt.
Frequenz und Impulsflanke: Erinnern wir uns daran, dass bei hohen
Signalfrequenzen, die Spannung Ud weit vom theoretischen Ideal 0 Volt
entfernt ist. Die Spannung Ud ergibt sich aus dem Verhältnis der
gegengekoppelten Verstärkung (R2/R1) zur Leerlaufverstärkung
(Open-Loop-Gain) und diese ist um so niedriger, je höher die
Signalfrequenz ist. Ist dieses Verhältnis relativ klein, fällt die
Spannung Ud deutlich auf. Eine steile Impulsflanke besteht aus einem
breiten Frequenzpektrum bis zu hohen Frequenzen. Also leuchtet es schon
auf Grund dieser Überlegung ein, dass eine steile Impulsflanke am
Eingang Ue sich auf die Spannung Ud entsprechend auswirken muss.
Bild 10 zeigt das skizzierte Einschwingverhalten bei einer kleinen
Ausgangsamplitude Ua (Output-Voltage-Swing) von etwa 100 mV beim LF356,
der eine minimale Verstärkung von +1 (0 dB), und beim LF357 (nicht mehr
erhältlich!), der eine minimale Verstärkung von +5 (14 dB) zulässt.
Diese beiden Minimalverstärkungen gelten auch für die beiden Diagramme
in Teilbild 10.2a, die jeweils zeitgedehnte Darstellungen von Ua aus dem
Teilbild 10.2 sind. Angeregt werden solche Einschwingvorgänge stets von
steilen Impulsflanken am Eingang Ue. Es gilt hier die nichtinvertierende
Verstärkerschaltung, wie sie in Teilbild 10.1 dargestellt ist.
R2/R1=0 bedeutet, R1 braucht es nicht (unendlich gross) und R2 kann
beliebig sein. Es empfiehlt sich allerdings einen niederohmigen Wert
oder gleich eine direkte Verbindung von Aus- zum Eingang. Will man
jedoch beim Experimentieren zwischen den LF356 und LF357 hin- und her
wechseln, empfiehlt sich für R2 ein Wert von 2.2 k-Ohm (LF356) und für R1
ein Wert von 560 Ohm (LF357). Hat man keinen LF357, weil obsolet, muss
man ein anderer Opamp mit etwa den selben Eigenschaften evaluieren.
Die zeitliche Verzögerung t von Ue nach Ua weicht in beiden Diagrammen
in Teilbild 10.2a nicht so sehr ab, wie man es vielleicht erwartet. Dies
kommt daher, dass beim LF357 die Bandbreite etwa gut 4 mal so gross ist
wie die Unity-Gain-Bandbreite beim LF356, jedoch die Verstärkung +5
statt +1 beträgt. Das heisst, in beiden Fällen ist die Grenzfrequenz und
damit auch die Impulsverzögerung t etwa ähnlich. Das Diagramm mit dem
LF356 zeigt ein schwaches Überschwingen (Overshooting), das
unmissverständlich darauf hinweist, dass die Schaltung mit der minimal
zulässigen Verstärkung von +1 leicht kritisch ist. Das Diagramm mit dem
LF357 zeigt, dass dieser Opamp bei seiner minimal zulässigen Verstärkung
von +5 noch sehr stabil arbeitet, d.h. überhaupt keine Anzeichen von
Oszillation bei "Reizung" durch eine steile Impulsflanke an Ue zeigt.
Sehr wichtig bei solchem Messungen mit einem Oszilloskopen ist, dass man
ein Messkabel mit möglichst niedriger Kapazität verwendet. Das sind z.B.
solche Messkabel, die an der Messspitze den 1/10-Spannungsteiler
enthalten und dann das Kabel mit seiner Kapazität zwischen Leiter und
Abschirmung erfolgt bis zum (BNC)-Anschluss beim Oszilloskopen.
Bild 11 zeigt am Beispiel der nichtinvertierenden Verstärkerschaltung
mit Verstärkung 1 (Impedanzwandler), wie sich die differenzielle
Eingangsspannung Ud im Augenblick einer steilen Impulsflanke an Ue
bemerkbar macht. In Bild 10 kam die fallende und hier in Bild 11 kommt
die steigende Impulsflanke an Ue zur Geltung.
Es empfiehlt sich solches selbst mit einem Oszilloskopen zu
experimentieren. Damit es mit einem einfachen nichtspeichernden
Oszilloskopen möglich ist, muss die Impulsfrequenz an Ue der
Impulsverzögerung zwischen Ue und Ua etwa angepasst sein. Beim Test
eines LF356, sollte die Impulsfrequenz (zeitsymmetrisches
Rechtecksignal, Tastgrad ca. 0.5) mindestens einige 100 kHz betragen. Ud
kann man messen, in dem man an Kanal A (Oszilloskop) das Signal von Ue
und an Kanal B das Signal von Ua anschliesst. Falls das Oszilloskop die
Eigenschaft hat zwei Eingangssignale zu subtrahieren, lässt sich auf dem
Kanal A oder Kanal B Ud messen, weil Ud die Subtraktion von Ue und Ua
(Ua = Uv) ist. Es wird hier mit einem Beispiel der Impulsamplitude von 1
V gearbeitet. Man kann natürlich auch mit andern Werten experimentieren
und so durch Beobachtung am Bildschirm erfahren, ab welcher
Impulsamplitude nicht mehr die Unity-Gain-Bandbreite sondern die
Slewrate als Geschwindigkeitsbegrenzer agiert. Viel Spass beim
lebendigen Experimentieren!
Links
(1) Operationsverstärker I:
Virtuelle Spannung und GND, Slewrate, Grenzfrequenz, Unity-gain,
Gegenkopplung, Arbeitspunktspannung (Referenzspannung),
Knotenregel- und virtueller GND, Instabilität (Schwingen).
(2) Operationsverstärker II:
Gain, DC-Offset, kapazitive Belastung, Einschwingverhalten
und Stabilität.
(3) Vom Operationsverstärker zum Schmitt-Trigger
Eine Demoschaltung zur Illustration: Verstärkung und
Frequenzgangkompensation...
(4) Gegentakt-Endstufe ohne Ruhestrom:
Theorie und Grundlage...
(5) Operationsverstärker IV:
Unterschiedliche Störprobleme bei Opamp-Schaltungen. Dabei gilt der
elementare Grundsatz, dass eine analoge signalverstärkende oder
signalverarbeitende Schaltung so niederohmig wie möglich realisiert
sein sollte. Dies reduziert das Risiko der parasitär-kapazitiven
Einkopplung von elektrischen Wechselfeldern.
Thomas Schaerer, 30.12.2004 ; 06.12.2005 ; 08.08.2007 ; 15.06.2010 ; 15.02.2014 ; 03.08.2014 ; 16.06.2016 ; 15.01.2018 ;