Vom Overload-Stromsensor zur
elektronischen Sicherung
Theorie: Teil I

 


Einleitung und Quelle der Idee

Früher kaufte ich regelmässig zur Sommerzeit das Halbleiterheft von Elektor mit seinen mehr als 100 Schaltungen, Ideen und Tipps. Betreffs zur Messung des Stromes auf einer DC-Betriebsspannung gab es in der Schaltung Nummer 035 in der Ausgabe des Jahres 2000 einen interessanten Beitrag mit dem Titel Rail-to-Rail_und_Over-the-Top-Opamp von Gregor Kleine. Zur Anwendung kommt der spezielle Operationsverstärker LT1783 von Linear-Technology. Das Besondere an diesem Operationsverstärker ist die Eigenschaft, dass die Gleichtakt-Eingangsspannung deutlich über der positiven Betriebsspannung liegen darf.

Uns interessiert hier weniger eine präzise Messung des Stromes der DC-Betriebsspannung, sondern das elektronische Erkennen, wenn ein gewisser Strom überschritten wird, mit dem ein Alarm oder/und die Abschaltung eines Verbrauchers ausgelöst werden kann, - also eine elektronische Sicherung. Im Fokus steht die Anwendung mit einem Allzweck-Billig-Operationsverstärker, der für diesen Zweck sicher die Eigenschaft der Common-Mode-Spannung bis zur Betriebsspannung (Single-Supply-Modus) aufweist. Als Vorlage dient die ELEKTOR-Schaltung Nummer 42 aus der selben Elektor-Ausgabe mit dem Titel Empfindlicher_Overload-Sensor. Der BiFET-Operationsverstärker LF351 arbeitet als Komparator, wobei auch ein geeigneter echter Komparator in Frage kommen kann. Ein echter Komparator unterscheidet sich vom Operationsverstärker durch die in der Regel einfachere IC-interne Schaltung und darin, dass diese Schaltung keine Frequenzgang-Kompensation aufweist. Ein Operationsverstärker darf hier jedoch zum Einsatz kommen, weil die durch die Frequenzgang-Kompensation reduzierte Geschwindigkeit kein Problem darstellt.

Bei dieser Anwendung führt das Gleichtaktsignal bis zur positiven Betriebsspannung des Operationsverstärkers. Man ist geneigt anzunehmen, dass dies nur mit speziellen Operationsverstärkern mit Rail-to-Rail-Eigenschaften möglich ist. Dies stimmt jedoch nicht. Offenbar ist es so, dass ein "normaler" Operationsverstärker in der Lage ist, Gleichtakt-Spannungen bis zur positiven oder bis zur negativen Betriebsspannung zu verarbeiten, je nach Beschaltung seiner Eingangsstufe.



Die Elektor-Schaltung mit dem LF351

Wir befassen uns zunächst mit der Schaltung Nummer 042 aus dem Elektor-Halbleiterheft des Jahres 2000, wie in der Einleitung erwähnt, mit Teilbild 1.1:

Ich baute auf einem Testboard die Schaltung kurzentschlossen auf und testete sie. Ich staunte wie sie tadellos mit dem LF351 funktioniert. Ich testete die Schaltung dann auch noch mit den etwas moderneren BiFET-Operationsverstärkern LF356, TL071, TL081 und mit dem bipolaren (BJT) "Grossvater" LM741 bzw. µA741, LM301 und LM307. Die Schaltung arbeitet ebenfalls einwandfrei. Ich testete die Schaltung mit reduzierter Betriebsspannung an Pin 7 des Operationsverstärkers OA. Man unterbricht dazu die Verbindung von +Ue zum Pin 7 des OA, und fügt eine Germaniumdiode Ge oder eine Siliziumdiode Si ein. Mit Ge wird die OA-Betriebsspannung an Pin 7 um etwa 0.2 VDC und mit Si um etwa 0.7 VDC (Teilbild 1.2) reduziert. Dadurch ist die Common-Mode-Spannung um 0.2 V bzw. 0.7 V höher als die OA-Betriebsspannung (Pin 7). Die Schaltung funktioniert bei allen genannten Operationsverstärkern noch immer problemlos, wenn an den OA-Eingängen die Spannung um 0.2 VDC höher ist als die Spannung an Pin 7 von OA. Bei 0.7 VDC ist jedoch die kritische Funktionsgrenze erreicht.

Fazit: Mit einer maximalen Eingangsspannung am Operationsverstärker OA von 0.2 VDC über der Betriebsspannung an Pin 7, gibt es eine gute Sicherheit, dass die Schaltung korrekt arbeitet.

Natürlich blieb es bei diesem Experiment nicht bei Einzelversuchen pro IC-Typ. Dank des vorhandenen Lagers gab es pro IC-Typ mindestens 20 Stück, die ich erfolgreich testete, wobei nicht immer alle vom selben Hersteller waren. Allerdings: Trotz diesem erfolgreichen Versuch sind diese Operationsverstärker keine echten Rail-to-Rail-Exemplare, was aus den Datenblättern zum Teil auch hervorgeht. Ich gehe weiter unten etwas näher darauf ein!

Eine gewisse Grosszügigkeit in der Abweichung von bestimmten Worstcase-Daten ist alleine schon dadurch zulässig, weil der Operationsverstärker "nur" als Komparator arbeitet. Es besteht daher kein Anspruch auf hohe Linearität und bei dieser Anwendung ebenso wenig auf hohe Geschwindigkeit. Bevor wir noch ein Weilchen bei diesem Thema ab Bild 2 bleiben werden, sei hier kurz die Funktionsweise der Schaltung von Teilbild 1.1 erklärt. Dazu noch einmal das selbe Bild:

Teilbild 1.1: Wenn der Ausgang +Ua unbelastet ist, ist die Spannung am invertierenden Eingang Pin 2 des Operationsverstärker identisch mit +Ue und somit auch mit der Betriebsspannung an Pin 7, weil es gibt über Rs keine Spannung. Die Spannung am nichtinvertierenden Eingang Pin 3 ist um die Durchfluss-Spannung der Schottky-Diode D1 (z.B. BAT85 oder BAT43) um etwa 0.3 V niedriger als +Ue. Diese etwa 0.3 V gelten für einen D1-Strom im unteren mA-Bereich. R1 ist entsprechend zu dimensionieren. Bei starker Veränderung von Ue, empfiehlt sich an Stelle von eine Konstantstromquelle. Es genügt eine einfache Schaltung z.B. mit einem JFET-Konstantstromzweipol. Mehr dazu liest man im Kapitel "Der FET-Konstantstromzweipol" Im Elektronik-Minikurs:

Bei diesem Zustand bei der die Spannung am invertierenden Eingang positiver ist als beim nichtinvertierenden, ist Uc (c = control) beinahe auf GND, d.h. auf etwa +1.5 VDC gesetzt. Steigt der Laststrom am Ausgang +Ua und somit der Strom Is soweit an, dass die Spannung über dem Shuntwiderstand Rs grösser wird als die D1-Durchfluss-Spannung, ändert sich die Polarität an den beiden Eingängen des Operationsverstärkers. Die Spannung am invertierenden Eingang wird negativ zur Spannung am nichtinvertierenden Eingang. Der als Komparator beschaltete Operationsverstärker kippt an Uc auf beinahe +Ue, d.h. etwa 1.5 VDC unterhalb von +Ue, je nach Belastung von Uc. Uc kann verwendet werden um den Überlastzustand anzuzeigen oder man benutzt Uc um die Überlast, z.B. mittels (Halbleiter-)Relais, abzuschalten. Selbstverständlich kann man mit Uc nicht direkt ein (Halbleiter-)Relais steuern. Das richtige Funktionieren setzt voraus, dass der Überlastzustand gespeichert wird. Vor allem dann, wenn man eine elektronische Sicherung realisieren will. Wie man so etwas realisiert, erfährt man in Teil II dieses Elektronik-Minikurses.



Operationsverstärker-Eingangsstufen

Dieses Kapitel soll zeigen, warum gewisse Operationsverstärker, die nicht speziell für die Rail-to-Rail-Funktion realisiert sind, sich trotzdem dafür eignen Strommessungen mit reduzierter Präzision an der positiven Betriebsspannung durchzuführen, d.h. die Gleichtaktspannung an den Eingängen bis zur positiven Betriebsspannung reicht. Man bezeichnet eine solche Anwendung Highside-Application. Die praktische Anwendung beschränkt sich hier auf eine reine Komparatorfunktion.

Unter reduzierter Präzision ist die mangalhafte Linearität zu verstehen. Eigene Untersuchungen zeigen, dass im Messbereichereich von 0.1 A bis 1 A eine Nichtlinearität von etwa 3 % zu erwarten ist. Es geht dabei um diese Art der Schaltung mit der Bezeichnung Current-Monitor. Diese Nichtlinearität ist angedeutet mit dem Hinweis: *(increase R1 for IL small).

R1 ist der Shuntwiderstand zur Messung des Stromes. Das soeben gezeigte Prinzip kommt hier nicht zur Anwendung. Ich zeige sie nur deshalb, weil diese Schaltung, auch mit einem MOSFET anstelle eines bipolaren Transistors (BJT), in diversen Application-Notes zu sehen ist. Die Nichtlinearität bleibt etwa die selbe, - auch mit einem MOSFET.

Wir befassen uns hier weiter mit den Unterschieden von Eingangsstufen der Operationsverstärker. Weiter unten, in diesem Kapitel, kommen wir noch einmal zurück zum Thema der Strommessung mit der selben Schaltung mit dem Link zum Current-Monitor. Die Formel im roten Rechteck zeigt, dass der LM124 (LM324) nicht highside-fähig ist. Dies bedeutet, dass die Betriebsspannung des LM124 (LM324) mindesten um 2 VDC höher sein muss, als die Betriebsspannung des Lastkreises. Das selbe gilt für den LM158 (LM358), der als Dual-Operationsverstärker der kleine Bruder des LM124 (LM324).

Wir betrachten zunächst in Bild 2 die Eingangsstufe des bipolaren Operationsverstärkers LM741:

Bild 2 zeigt die typische NPN-Differenzeingangsstufe des eigentlich längst betagten Operationsverstärkers 741, der jedoch noch immer häufig zum Einsatz kommen muss, weil dies fällt auf, wenn man sich die LM741-Angebote bei Distrelec oder Farnell anschaut (Juni 2018). Es gibt andere bipolare Operationsverstärker mit ähnlichen NPN-Differenzeingangsstufen, wie z.B. der LM301. Das Typische an diesen Stufen ist, dass die Eingangsspannung am invertierenden oder nichtinvertierenden Eingang mindestens um den Wert der Basis-Emitter-Spannung von T1 oder T2 über V- liegen muss, damit diese Transistoren überhaupt arbeiten können, weil sonst kein Basisstrom fliesst. Wegen der umgebenden Schaltung muss diese minimale Spannung jedoch höher sein. Es sind etwa 2 V. Ohne diesen minimalen Spannungshub über V- ist der Operationsverstärker nicht brauchbar.

Wie aber sieht es aus, wenn man den invertierenden oder nichtinvertierenden Eingang, also die Basen von T1 oder T2, auf die gegenüberliegende Seite der Betriebsspannung nach V+ legt? Dadurch liegt am Emitter von T1 oder T2 eine Spannung, die um die eigene Basis-Emitter-Spannung plus derselben von T3 niedriger ist als V+. Die Kollektor-Emitter-Spannung von T3 entspricht immer seiner Basis-Emitter-Spannung, weil die Basis mit dem Kollektor verbunden ist. Die Kollektor-Emitter-Spannung von T3 hat deshalb einen relativ konstanten Wert, nämlich die einer Si-Diode von etwa 0.7 V.

Wird die Spannung an der Basis von T1 oder T2 über V+ hinaus weiter erhöht, wird die Kollektor-Emitter-Spannung von T1 oder T2 als wie niedriger. Wenn dadurch die konstante Kollektor-Emitter-Spannung von T3 unterdrückt wird, hört die Funktionsfähigkeit des Operationsverstärkers auf. Daher darf der nichtinvertierende und der invertierende Eingang bestenfalls wenige 100 mV den Wert von V+ übersteigen, weshalb ein Test mit einem Wert von etwa 200 mV (Germanium-Diode Ge beim Anschluss 7) in Teilbild 1.2 gerade noch sicher funktioniert. Jedoch zeigt dieses Schema mit dem LF351 ein BiFET-Operationsverstärker mit P-Kanal-JFETs an den Eingängen, der zum selben wünschenswerten Effekt führt.

Bild 3 zeigt eine einfache Differenzeingangstufe eines BiFET-Operationsverstärkers. Es geht hier um den vielleicht ältesten dieser Art, den LF13741. Er besteht aus einem 741-er mit einem vorgeschalteten Differenz-JFET-Impedanzwandler, zwecks eines drastisch höheren Eingangswiderstandes. Später folgten BiFET-Operationsverstärker wie LF351, LF356, TL061 bis TL064, TL071 bis TL074, TL081 bis TL084 und viele mehr. BiFET bedeutet, dass am Eingang JFETs zum Einsatz kommen, aber der grosse Rest des Operationsverstärkers aus vielen bipolaren NPN- und PNP-Transistoren (BJT) besteht. Hier die Schaltung des BiFET TL071. als Beispiel. Die drei Widerstände im roten Rahmen am Ausgang der Endstufe, helfen mit, dass eine niedrige kapazitive Last an OUT nicht gleich Oszillationseffekte erzeugt. Sollte dies nicht genügen, käme eine so genannte Lead-Kompensation zur Anwendung. Zu diesem Thema liest man mehr in Operationsverstärker II im Kapitel "Die kapazitive Last am Ausgang des Opamp (Lead-Kompensation)".

Wie bereits angedeutet, funktioniert die Highside-Stromsensorschaltung auch mit diesen bekannten und traditionsreichen BiFET-Operationsverstärkern. Warum dies so ist, wollen wir am LF13741, wegen seiner einfachen Impedanzwandlerschaltung, in Bild 3, näher betrachten. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass es zum LF13741 eine Applicationnote im Datenblatt mit dem Titel "Supply Current Indicator/Limiter" gibt, die exakt Teilbild 1.1 entspricht. Dass dies funktioniert wird im Diagramm "Positive Common-Mode Input Voltage Limit" bestätigt! Das Diagramm "Negative Common-Mode Input Voltage Limit" bestätigt, dass es auf die negative Betriebsspannung nicht zutrifft. Beide Diagramme zum Vergleich beisammen, sieht man hier.

Die beiden P-Kanal-Sperrschicht-FETs (Junction-FETs = JFETs) T1 und T2 arbeiten als nichtspannungsverstärkende Impedanzwandler. Anstelle der üblichen Sourcewiderstände sind Konstantstromquellen geschaltet, welche mit den beiden P-Kanal-JFETs T3 und T4 realisiert sind. Konstante Stromquellen haben gegenüber Widerständen den grossen Vorteil des hohen differenziellen Widerstandes. Dadurch werden Änderungen der Sourcespannung von T1 oder T2 praktisch nicht belastet, weil sich der Strom nicht ändert und deshalb liegt die Verstärkung sehr nahe bei 1, so wie es bei einer reinen Impedanzwandlung auch sein sollte. Es gibt aber noch einen ganz anderen praktischen Grund weshalb man Stromquellen den Widerständen vorzieht: Die Abmessungen auf dem Silizium-Chip sind beim Einsatz von Widerständen mit hohen Widerstandswerten deutlich grösser als Stromquellen mit benötigen.

Betrachten wir den JFET T1 (invertierender Eingang) etwas genauer. Was geschieht wenn die Gatespannung von V- nach V+ verändert wird? Wenn die Gatespannung nahe bei V- liegt, hat der Drain-Source-Widerstand von T1 einen sehr niedrigen Wert. Würde man mit der Gatespannung V- erreichen oder sogar unterschreiten, fliesst sogar ein Gatestrom. In diesem Zustand ist T1 und damit der ganze Operationsverstärker nicht mehr funktionsfähig. Verändert man die Gatespannung in Richtung V+ steigt der Drain-Source-Widerstand von T1 dadurch, dass die Gatespannung stetig positiver wird als die Sourcespannung, beides gemessen gegen V-.

Damit die Konstantstromquelle mit T3 einwandfrei arbeitet, darf die Spannung zwischen der Source und Drain (V-) von T1 nur soweit ansteigen, dass ein minimal notwendiger Spannungsabfall zwischen Drain und Source von T3 nicht unterschritten wird. Da jedoch die Gate-Source-Spannung von T1 zwecks Steuerung an diesem oberen Ende, in der Nähe von V+, mindestens den selben Spannungswert aufweisen muss, gleicht diese den Drain-Source-Spannungsabfall von T3 aus und daher ist es möglich, dass das Gate von T1 die Spannung von V+ annehmen darf und der Operationsverstärker trotzdem steuerungsfähig bleibt. Auch hier vorausgesetzt, man stellt in diesem Arbeitsbereich keine besonderen Anforderungen an die Linearität, wie dies im Falle der Komparatorfunktion auch nicht nötig ist. Wir haben hier die selbe Highside-Voraussetzung wie bei einem bipolaren Operationsverstärker mit einer NPN-Differenzeingangsstufe, entsprechend dem Beispiel des alten 741, LM307 oder LM301.

Bild 4 zeigt die typische PNP-Differenzeingangsstufe des legendären Quad-Operationsverstärkers LM324 der Dual-Operationsverstärkers LM358 (gleiche Schaltung und gleiche Daten wie LM324).

Aus der bisherigen Beschreibung zu Bild 2 mit der NPN-Differenzeingangsstufe wird schnell klar, dass solche Operationsverstärker (Bild 4) nicht highside-, jedoch lowsidefähig sind. Solche Operationsverstärker wären also in der Lage auf der negativen Betriebsspannung V- als Lowside-Stromsensorschaltungen zu arbeiten. Im Single-Betriebsspannungsmodus wäre dies dann die GND-Speisung. Genau deswegen wurden diese Operationsverstärker mit den PNP-Differenzeingangsstufen auch entwickelt: Sie eignen sich speziell für den Singlesupply-Modus.

Kurz ein paar Worte zur Schaltung in Bild 4: Die Kaskadenschaltung von T1 mit T3, bzw. T2 mit T4, macht die Eingänge auch mit bipolaren Transistoren (BJT) sehr hochohmig. T5 und T6 bilden eine typische Stromspiegelschaltung. Dadurch erreichen T3 und T4 eine hohe Verstärkung. Der Ausgang des Kollektors von T3 geht zur nachfolgenden frequenzgangkompensierten Zwischenverstärkerstufe, die hier bloss mit einem Pfeil angedeutet ist. Die Transistoren T1 und T2, welche auf die Eingänge folgen, können nur dann arbeiten, wenn auch Basisströme fliessen können. Das heisst, dass die maximale Spannung an diesen Eingängen mindestens den Wert um zwei Basis-Emitter-Schwellenspannung plus einen minimalen Spannungsabfall an der Stromquelle I niedriger sein muss als V+. Tatsächlich wird in einer LM324-Applicationnote zum Thema Current-Monitor darauf hingewiesen, dass der Spannungspegel beim Messwiderstand mindestens 2 V niedriger sein muss als V+. Beim BJT LM741, LM301 etc. und JFET LF356, TL071 etc. ist diese Spannungsreduktion nicht notwendig, weshalb diese Operationsverstärker sich für eine Highside-Stromsensorschaltung eignen.



Warnung: Ein wichtiger Hinweis!

Wenn jemand eine Stromsensorschaltung dieser Art, für eine Geräteserie realisieren will, sei allerdings, trotz meinen vielfachen Versuchen, gewarnt. Eine sehr hohe Funktionssicherheit kann nur dann gewährleistet werden, wenn die Worstcase-Bedingungen des Datenblattes zum verwendeten Operationsverstärkers zu 100 Prozent eingehalten werden. Für Selbstbauprojekte eignen sich die gezeigten Schaltungen, auch die Schaltung in Teil II, durchaus. Verwendet man z.B. den für die Eingangsspannung gut dokumentierten LM301, arbeitet diese Schaltung sehr zuverlässig, weil gemäss Diagramm Minimum_Input-Voltage-Range die positive Eingangsspannung die positive Betriebsspannung sicher erreichen darf. Der rote Pfeil 1 zeigt z.B. die maximale Eingsspannung bei der Betriebsspannung von 15 VDC. Bei 12 VDC (Pfeil 2) sind die Werte identisch und bei 5 VDC (Pfeil 3) scheint die zulässige Eingangsspannung knapp oberhalb von 5 VDC zu liegen. Man erkennt aber, trotz erfolgreicher Experimente, befindet sich die Schaltung im Grenzbereich.

Der LM301 ist bei Distrelec und bei Farnell noch immer leicht erhältlich (Juni 2018). Fazit: Will man jedoch auf Nummer Ganz-Sicher gehen, sollte man echte Rail-to-Rail-Operationsverstärker (z.B. LT1783) einsetzen. Für den Hobby-Elektroniker, den LT1783 gibt es nicht im DIP-Gehäuse!

Man muss bei der Evaluation von Rail-to-Rail-Operationsverstärkern darauf achten, wie hoch die maximal zulässige Betriebsspannung im Single-Supply-Mode ist. Beim LT1783 sind es 18 VDC. Vergleicht man mit dem "normalen" Operationsverstärker LM301 sind es immerhin 36 VDC, was auch für den TL071, TL081 (BiFET) und LF356 (BiFET) zutrifft. Dazu das Diagramm zum LF356 Positive_Common-Mode_Input-Voltage-Limit. Dieses Diagramm zeigt, dass die Eingangsspannung bei jeder Betriebsspannung zwischen 5 VDC und 20 VDC eindeutig leicht positiver sein darf. Daher eignet sich der LF356 (BiFET) hier besonders gut. Je nach Projekt und je nachdem welche Sicherheit und Zuverlässigkeit man einräumen muss, darf man hier schon überlegen, ob man den LF356 evtl. industriell bei kleinen Stückzahlen einsetzen darf. Das muss von Fall zu Fall entschieden werden. Das selbe trifft vielleicht auch auf den TL071 (TL081) zu, leider fehlen dazu die notwendigen Diagramme. Es gibt in den "Electrical Characteristics" einzig für die Betriebsspannung von ±15 VDC für den Common-mode-input-voltage-range den Wert -12 V bis +15 V. Dies zeigt wenigsten, dass der TL071 (TL081) bis zur positiven Betriebsspannung gesteuert werden kann.

Betriebsspannung etwas höher: Es gibt eine alternative Möglichkeit, nämlich die, eine zusätzliche positive Hilfsbetriebsspannung für den Operationsverstärker zu erzeugen, die um einige Volt über der positiven Betriebsspannung +Ue liegt, die stromüberwacht werden soll. Dies hat den Vorteil, dass man definitiv beliebige Operationsverstärker und Komparatoren einsetzen kann. So z.B. auch den LM358, bzw. LM324. Bei einem Netzteil mit Netztrafo ist dies etwa ebenso leicht zu bewerkstelligen, wie bei Batteriebetrieb oder mit einer andern DC-Spannungsquelle, bei der auf keine sekundäre AC-Spannung zugegriffen werden kann, wie z.B. bei einem Schaltregler. Beim Netztrafo mit Gleichrichterschaltung kann man eine zusätzliche Gleichrichtung mit Spannungsverdoppler realisieren und danach mittels einer Z-Diode (Zenerdiode) die Spannung auf wenige Volt über der Betriebsspannung +Ue, dessen Strom überwacht werden soll, begrenzen. Siehe dazu das Kapitel "Trafo, Gleichrichter und Spannungsverdoppler" im Elektronik-Minikurs Renovation_eines_"Steinzeit"-Netzgerätes. Hier einen kurzen Blick zum Spannungsverdoppler.

Für die hier diskutierte Anwendung kann alternativ die mit einem Rechteckgenerator RG, Dioden D1 und D2, Elcos C1, C2 und C3 gleichgerichtete, verdoppelte und geglättete DC-Spannung erzeugt werden. Diese wird mittels Widerstand R2 und Z-Diode Z auf eine konstante Spannung von einigen Volt über der positiven Betriebsspannung +Ue begrenzt, die den Operationsverstärker versorgt. Die Spannungsstabilität einer Z-Diode genügt für diesen Zweck. Man betrachte dazu Bild 5:

RG ist ein Rechteckgenerator mit einer Amplitude in der Grösse der Betriebsspannung +Ue, wenn die Schaltung in CMOS realisiert ist. Die einfachste Methode besteht in der Verwendung des CMOS-Timer-IC oder TLC555 von LMC555 oder TLC555. C1 und D1 verschieben den Low-Pegel der Rechteckamplitude nach +Ue. Dadurch erreicht der High-Pegel, abzüglich der Durchfluss-Spannung von D1, etwa die doppelte Spannung von +Ue. D2 und C2 dienen der Gleichrichtung und Glättung. Über C2 liegt, abzüglich der beiden Diodenflussspannungen von D1 und D2 etwa die doppelte DC-Spannung von +Ue. Wenn +Ue niedrig ist, empfiehlt sich die Verwendung von D1 und D2 Schottky- statt Silizium-Dioden, damit der Spannungsabfall geringer ist. Im Falle von Si-Dioden eignen sich die Signaldioden 1N914 oder 1N4148, da der Strom sehr niedrig ist. Für die Überspannung für den Betrieb des Operationsverstärker genügen einige wenige Volt über +Ue. Dies erreicht man mit R2 und Z. R2 richtet sich nach dem Stromverbrauch von OA. Wenn dabei der Strom durch die Z-Diode noch etwa 1 bis 2 mA beträgt, ist die Wahl von R2 richtig. C3 dient der zusätzlichen Glättung der DC-Betriebsspannung von OA. Eine genaue Beschreibung dieser Methode mit einem praktischen Beispiel liest man im Elektronik-Minikurs:



Einstellbare Highside-Stromsensorschaltung

Im Vergleich zu Teilbild 1.1 hat es anstelle von R1 eine Konstantstromquelle, bestehend aus T1, R1, R2 und einer LED. Wie diese für den vorliegenden Zweck ausreichend temperaturkompensierte Konstantstromquelle funktioniert, liest man im Elektronik-Minikurs:

Im Vergleich zu Teilbild 1.1 hat es anstelle der einigermassen spannungsstabilisierenden Schottky-Diode D1 das Trimmpotentiometer (abk.: Trimmpot) P1 in der Funktion als variabler Widerstand. Die an P1 abfallende Spannung ist wegen der Konstantstromquelle ebenfalls konstant. Wenn durch den Laststrom an +Ua die Spannung an Rs grösser wird als die über P1, kippt Uc von beinahe GND auf beinahe +Ue. Die Funktion von Bild 6 entspricht der von Teilbild 1.1, jedoch mit drei signifikanten Vorteilen:

1.
Mit P1 kann die Schaltschwelle des Laststromes exakt eingestellt werden.

2.
Die Stromquelle ist weniger temperaturempfindlich als die Schottky-Diode (Teilbild 1.1), vorausgesetzt der konstante Strom und die Kollektor-Emitter-Spannung von T1 verursachen eine so geringe Verlustleistung (10-mW-Bereich), dass T1 sich nicht nennenswert erwärmt. Änderungen in der Umgebungstemperatur werden durch T1 und LED ausreichend kompensiert. Für den Zweck einer elektronischen Überstromsicherung ist diese temperaturbedingte Stabilität ausreichend genug.

3.
Mit der Schottky-Diode als Referenzspannung ist der Spannungsabfall bei Volllast fix vorgegeben. Durch die Wahl von Rs, P1 und IKONSTANT kann man die Spannung über Rs sehr klein wählen. Dies verursacht weniger Verlustleistung und verbessert den Wirkungsgrad. Falls Bedenken aufkommen, dass es schwierig sei sehr niederohmige Widerstände zu kaufen, so sei man beruhigt. Es gibt solche in SMD-Ausführung mit Werten bis minimal 1 Milli-Ohm auch in geringen Stückzahlen z.B.bei Conrad. Einfach niederohm-widerstand eingeben (Juni 2018).



Elektronische Sicherung

Den zweiten Teil, eine nachbaubare praktische Schaltung, gibt es in einem speziellen Elektronik-Minikurs zum Thema elektronische Sicherungen:



Thomas Schaerer, 23.10.2000 ; 26.06.2002 ; 14.03.2003(dasELKO) ; 21.12.2003 ; 19.11.2004 ; 21.02.2005 ; 19.05.2006 ; 28.06.2018