Kondensatornetzteil
Kondensator statt Trafo: Kostengünstiges Netzteil
- Elektronik-Minikurse: Inhaltsverzeichnis WICHTIG: Diverse technische Infos
- Elektronik-Minikurse: Philosophie (Sinn, Vorwissen, Praxisbezug)
- Hilfe bei Leserfragen. (WICHTIG: Unbedingt zur Kenntnis nehmen!)
- Simulieren und Experimentieren, ein Vorwort von Jochen Zilg
- Autor: Thomas Schaerer Opamp-Buch Timer555-Buch
Einleitung
Oft benötigt man für den Anschluss an die 230-VAC-Netzspannung ein
Netzteil mit geringer Leistung für den Betrieb einer leistungsarmen
elektronischen Schaltung. Dies kann z.B. eine einfache
Ein-/Ausschaltverzögerung für unterschiedliche Verbraucher oder eine
Master-Slave-Schaltung sein, bei der beim Ein- und Ausschalten eines
Gerätes andere Geräte mit ein- und ausgeschaltet werden oder auch eine
einfache Temperaturregelung. Verbraucht die Schaltung nur wenig
Leistung, benötigt die Speisung nur dann einen Trafo, wenn eine
galvanische Trennung vorausgesetzt ist. Wenn nicht, genügt oft eine
kapazitive Strombegrenzungsschaltung (Reduktionszweipol) mit einem
Kondensator. Der Kondensator wirkt als kapazitiver Vorwiderstand. Wegen
der Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom von beinahe 90 Grad,
erzeugt der für diesen Zweck geeignete Kondensator keine nennenswert
real existierende Verlustleistung. Die Verlustleistung beim Einsatz von
Trafos für die selbe geringe Leistung ist durch die Eisen- und
Kupferverluste signifikant grösser. Dass dieser Vergleich trotzdem nicht
ganz korrekt ist, merkt man wenn man aufmerksam diesen
Elektronik-Minikurs liest... ;-)
Dieser Elektronik-Minikurs beginnt mit den Grundlagen zu dieser Art von
Netzteilschaltungen, die man KONDENSATORNETZTEILE bezeichnet. Man wird
beim Lesen schnell bemerken, warum es unsinnig ist, mit dieser Methode
leistungsstarke Netzteile zu realisieren. In allen Kondensatornetzteilen
beobachtet man in Serie zum kapazitiven Vorwiderstand, einem
X2-Kondensator, einen zu diesem in Serie geschalteten meist
niederohmigen Widerstand im 100-Ohm-Bereich. Es wird, falls dazu
überhaupt etwas geschrieben wird, bestenfalls erwähnt, dass dieser
Widerstand der Einschaltstrombegrenzung dient, falls das Netzteil
zufällig im Augenblick einer hohen Netzspannung, z.B. beim
Sinusscheitelwert, eingeschaltet wird. Bisher fand ich jedoch noch in
keiner publizierten Schaltung eines Kondensatornetzteiles eine
Beschreibung zur Dimensionierung dieses Widerstandes. Dieses Thema
spielt hier eine wichtige Rolle.
Zum Schluss folgen noch zwei Anwendungsbeispiele von
Kondensatornetzteilen. Das erste Beispiel in Bild 6 zeigt eine Schaltung
mit Netzspannungsverzögerungen für eine Audioanlage zwecks Unterdrückung
von Knack- und Verzerrungsgeräuschen bei Ein- und Ausschaltvorgängen.
Das zweite Beispiel in Bild 7 illustriert die Beschaltung einer
Regelschaltung o. ä. mit einem Halbleiterrelais, wenn höhere
Schaltfrequenzen und/oder Ein-/Ausschaltungen im Sinusnulldurchgang
erfolgen müssen.
230-VAC-Netzspannung!!! Lebensgefahr!!! Nichts für Anfänger!!!
Die vorliegenden Schaltungen arbeiteten unter Netzspannung von 230 VAC.
Es ist höchste Vorsicht geboten! Erste und wichtigste Voraussetzung für
diese kapazitive Netzteilmethode ist, dass das Fehlen der galvanischen
Trennung aus Sicherheitsgründen zulässig ist! Alle Experimente und Tests
müssen unbedingt mit einem Trenntransformator durchgeführt werden! Die
Schaltungen müssen berührungssicher nach SEV-, bzw. VDE-Norm, eingebaut
werden! Der Nachbau der Schaltungen in diesem Elektronik-Minikurs ist
für Anfänger und Bastler ohne das notwendige Wissen im Umgang mit
gefährlichen Netzspannungen nicht geeignet!!! Ein Nachbau erfolgt immer
auf eigenes Risiko!!!
Siehe zusätzliche Sicherheits-Infos unter den Bildern 6 und 7!
Kondensator statt Trafo
Bild 1: Muss es denn immer ein Trafo sein? Bei geringen Leistungen und ohne galvanische Trennung würde ein kapazitiver Vorwiderstand oft genügen. Die Lösung ein Kondensatornetzteil.
Ein Entscheidungskriterium für einen kapazitiven Vorwiderstand
(Kondensator) oder einen kleinen (Print-)Trafo ist die Frage nach der
galvanischen Trennung, wie bereits angedeutet. Ein anderes
Entscheidungskriterium ist der AC-Strom (Wechselstrom) den der
kapazitive Widerstand (Kapazitanz), Kondensator Cr, liefern muss und die
Tatsache, dass die Ausgangsspannung Udc mit einer (Leistungs-)Z-Diode
begrenzt werden muss, und dies unabhängig davon, wie stark die
Ausgangsspannung Udc belastet ist. Mehr dazu im Kapitel "Die
Grundschaltung".
Der maximale Strom Iac, den man für die Kondensatormethode wählt, hat
mit der Spannung der Z-Diode ZD zu tun. Wählt man z.B. eine
Ausgangsspannung Udc von etwa 5 VDC und man benutzt eine typische
5.1V-Leistungs-Z-Diode mit maximal 1 W Verlustleistung, kann man maximal
200 mA durch sie hindurch fliessen lassen. Es stellt sich die Frage, wie
hoch muss die Kapazität von Cr sein, damit der Blindwiderstand niedrig
genug ist, um bei Uac = 230 VAC und f = 50 Hz einen Strom von Idc = 200
mA fliessen zu lassen. Iac wäre dann etwa 240 mA. Cr müsste einen Wert
von 3.3 µF haben. Spannungsfeste Wickelkondensatoren für die
Netzspannung von 230 VAC sind für solche Kapazitätswerte nicht mehr so
leicht erhältlich. Natürlich kann man auch zwei Kondensatoren
parallel schalten. Man darf bei hohen Kapazitätswerten nicht vergessen,
dass der Einschaltstromstoss problematischer wird. Für Rs müssen
niedrigere Werte gewählt werden und das kann die nachfolgende Schaltung
doch erheblich mehr belasten, was berücksichtigt werden muss. Dass aber
Ströme von 150 mA für industrielle Anwendungen möglich sind, beweist ein
Leserbrief, nachzulesen im Kapitel "Ehemaliger Leserbrief in der
MegaLink 2/99". Ein anderes Thema sind die Unkosten. Man muss im
Einzelfall evaulieren was preiswerter ist, die Kondensator- oder die
Trafomethode.
Udc hat in Bild 1 einen Wert von 24 VDC. Würde man hier ebenfalls mit
"grossem Geschütz" auffahren und 200 mA zulassen (Cr = 3.3 µF), müsste
die Z-Diode, wenn Udc unbelastet, ständig beinahe 5 W aushalten.
Z-Dioden mit dieser Verlustleistung sind erhältlich und sogar auch noch
preiswert. Oberhalb dieser Leistung wird's aber rasch teurer und man
gelangt dann auch in den Bereich, wo man sich ökologisch überlegen muss,
wie sinnvoll es ist dauernd Leistung zu "verbraten" die u.U. gar nicht
ständig genutzt wird. Da wäre dann die Trafolösung die bessere.
Bei einer Ausgangsspannung von Udc = 24 VDC und einem Strom von Idc = 50
mA erzeugt die 24V-Z-Diode Verlustleistung von 1.2 W, wenn der Ausgang
(Udc) unbelastet ist . Man benötigt also eine 24V-Z-Diode mit 2 W. Ich
halte einen DC-Strom von 50 mA als vernünftige Obergrenze für ein
Netzteil mit kapazitivem Vorwiderstand bei dieser Ausgangsspannung.
Dieser Idc-Strom bewirkt einen Iac-Strom von etwas mehr als 60mA.
Ich wählte die Bezeichnung Cr weil dieser Kondensator die Aufgabe eines
Vorwiderstandes (r) einnimmt. Wegen der Phasenverschiebung zwischen
Spannung und Strom von beinahe 90 Grad, tritt keine nennenswerte reale
Verlustleistung auf und deshalb nennt man diesen Widerstand
Blindwiderstand. Die Bezeichnung dafür ist Xc. Wir befassen uns hier mit
AC-Strömen Iac unterhalb von 50 mA. Dieser Strom wird weitgehenst durch
den Blindwiderstand Xc von Cr bei einer Frequenz von 50 Hz definiert.
Das heisst, bevor man die Kapazität berechnen kann, muss zuerst der Wert
des kapazitiven Vorwiderstandes, der kapazitive Blindwiderstand Xc,
berechnet werden. Wir werden im Kapitel "Die Berechnung von
RC-Schaltungen" noch sehen, dass der gesamte Spannungsabfall von
Udc + Durchflussspannungen der Gleichrichterdioden (BG) + Spannung über
Rs von total etwa 34 VAC keinen signifikante Spannungsreduktion an
Cr bewirkt. Deshalb kann man, der Einfachheit halber, zur Berechnung des
Blindwiderstandes den vollen Wert von Uac = 230 VAC einsetzen:
Xc = Uac / Iac
(230 VAC / 24 mA = 9.6 k-Ohm)
Die folgenden Annäherungsformeln für die Netzfrequenz von 50 Hz, machen
es dem Anwender leicht, die erforderliche Kapazität Cr aus Xc zu
berechnen. Die zweite Formel ist jedoch geeigneter, weil mit ihr
berechnet man die Kapazität Cr direkt aus der Spannung Uac und dem Strom
Iac:
C = 1 / (2 * PI * f * Xc)
(Grundformel)
oder vereinfacht für f = 50 Hz:
C = 3180 / Xc
(C in µF, Xc in Ohm)
Kapazität aus Spannung und Strom für
f = 50 Hz:
C = 3180 / ( Uac / Iac )
(C in µF, Uac in V und Iac in A)
Für die Wahl von Cr muss man vor allem auf eine hohe Qualität achten.
Für die 230-VAC-Netzspannung muss dieser Kondensator eine Nennspannung
von 250 VAC oder 630 VDC haben und er sollte selbstheilend sein. Das
heisst, wenn es als Folge einer temporären Überspannung zu einem inneren
Durchschlag kommt, muss danach die Durchschlagstrecke trennen. Sie darf
nicht kurzschliessen. Bei jedem Durchschlag reduziert sich die Kapazität
geringfügig, weil zwei Leerstellen in den beiden gegenüberliegenden
Metallfolien übrig bleiben. Hervorragend eignet sich hierfür ein
sogenannter X2-Entstörkondensator. Der bekannte Elektronik-Distributor
Farnell hat
eine breite Produktepalette von Vishay, Epcos, BC-Components,
Revox-Rifa, Panasonic und muRata, (Stand Mai 2017).
Ungeeignete Alternativen zu Xc
Dass anstelle des kapazitiven Vorwiderstandes kein ohmscher eingesetzt werden sollte, liegt an der hohen realen Verlustleistung. Bei einem Strom Iac von 24 mA wären es bei 230 VAC immerhin 5.5 Watt, was bei einer Verbraucherleistung von 0.48 Watt (24VDC / 20mA) gerade noch einen Wirkungsgrad von 8.7% ergibt. Ein induktiver Vorwiderstand, also eine Drossel, müsste in der Regel angefertigt werden. Sie wäre aber auch "von der Stange" wesentlich teurer als ein X2-Kondensator. Damit fällt diese induktive Idee sogleich aus der Diskussion raus und wir bleiben beim kapazitiven Vorwiderstand mittels Kondensator und dies auch noch aus einem ganz anderen Grund: Es ist so gut wie unmöglich, die realen Verluste (Kupferwicklung und Eisenkern) einer Induktivität bei der niedrigen Frequenz von 50 Hz und vernünftiger mechanischer Abmessung so niedrig zu halten, wie die Verluste eines preiswerten hochqualitativen Wickelkondensators. Nebenbei sei noch erwähnt, ein Problem mit einem hohen Einschaltstromimpuls gibt es auch bei Induktivitäten mit Eisenkernen, nur der Grund dafür liegt ganz anders als beim Kondensator. Mehr dazu liest man im Elektronik-Minikurs Einschaltstrombegrenzung für Netzteile mit Ringkerntrafos.
Die Grundschaltung
Bild 1:
Eine Z-Diode ZD direkt im Gleichrichterkreis ist zur Stabilisierung der
Spannung Udc unerlässlich. Selbst dann, wenn man mit einem
Festspannungsregler eine extra gute Spannungsregelung erzielen will,
muss mit einer Z-Diode die Spannung über Cg begrenzt bzw.
vorstabilisiert werden, weil sonst die unbelastete DC-Spannung (ohne Ro)
am Glättungs-Elko Cg auf den Sinusmaximalwert von etwa 325 Vp (p = peak)
bei 230 VAC ansteigen könnte. Wegen dem strombegrenzenden Cr wird es
weniger sein. Trotzdem würde es Cg und den Spannungsregler auf jedenfall
zerstören. Daraus ist ersichtlich: Ob der Ausgang belastet wird oder
nicht, diese Art der Netzteilschaltung zieht immer den maximalen Strom.
Entweder fliesst der ganze Strom Idc durch die Z-Diode ZD (Izd) oder er
teilt sich auf in Richtung Z-Diode ZD (Izd) und Last Ro (Io).
Mit dieser Erkenntnis zeigt sich die zu Beginn erwähnte Grenze dieser
kapazitiven Vorwiderstandsmethode. Die Schaltung in Bild 1 benötigt
stets eine DC-Leistung von 0.48 W bei 24 VDC und 20 mA. Eine gute Wahl
ist eine 24V-Z-Diode mit einer Leistung von 1 W. Um eine akzeptable
Spannungsstabilität zu erzielen, sollte für ZD immer noch ein Strom von
wenigen mA übrig bleiben, wenn der Ausgang belastet ist. Ist für die
Anwendung der totale Strom Idc zu knapp, muss Cr eventuell durch
Parallelschaltung eines zweiten Kondensators erhöht werden. Mit diesem
zweiten Kondensator mit geringerer Kapazität lässt sich Idc bzw. Iac
etwas feiner abstimmen, als wenn man nur einen Kondensator einsetzt.
Auch für den zweiten sollte man vorzugsweise einen
X2-Kondensator verwenden.
Kurzschlussfest
Es hat in Bild 1 eine 24V-Z-Diode für eine Ausgangspannung von 24 VDC.
Der maximale Strom Idc beträgt etwa 20 mA. Strombegrenzendes Element ist
Cr. Ob man beispielsweise eine Z-Diode mit 5 V oder 24 V einsetzt,
spielt keine signifikante Rolle - die Ströme Iac und Idc ändern sich
nicht nennenswert.
Eine ebenso geringe Stromzunahme tritt ein, wenn die Z-Diode, bzw. die
Ausgangsspannung Udc kurzgeschlossen wird. Daher ist diese Art der
Netzteile, bedingt durch den relativ hohen Blindwiderstand von Cr und
der Spannung/Strom-Phasenverschiebung (Erklärung weiter unten), ohne
weitere Massnahmen kurzschlussfest. Es ist sogar so, dass sich bei
Kurzschluss die gesamte reale Verlustleistung reduziert. Abgesehen von
der geringen Verlustleistung von Rs Rcr und BG gibt es nur noch die
Blindleistung von Cr.
Mit dem Leistungspotmeter Ro kann man experimentieren, wie sich der
beinahe konstante Strom Idc durch die Teilströme Izd und Io aufteilt.
Wie der Gesamtstrom Idc, bleibt auch die Rippelspannung am Ausgang Udc
einigermassen konstant, vorausgesetzt die Z-Diode erhält noch so viel
Strom um die Zenerspannung aufrecht zu erhalten. Anstelle eines
Leistungs-Potmeters kann man sich auch eine universelle elektronische
Stromsenke bauen. Wie man so etwas anpackt, lernt man im
Elektronik-Minikurs Netzteil-Testgerät I.
Für anspruchslosere Anwendungen bleibt diese Zenerspannung ausreichend
konstant. Cg hat hier eine Kapazität von 200 µF. Es steht frei für eine
niedrigere Rippelspannung die Kapazität zu erhöhen. Man sollte
allerdings auch nicht übertreiben, weil es sonst nach dem Einschalten
etwas lange dauert bis Cg geladen ist. Bei einem Strom von 20 mA dauert
es 0.24 s bis zur Spannung von 24 VDC, sofern der Ausgang unbelastet
ist. Berechnet nach der Formel:
t = Cg * Udc / Idc
200 µF * 24 VDC / 20 mA = 0.24 s
Wenn diese Methode nicht befriedigt, muss man mit einem zusätzlichen
kleinen Spannungsregler nachhelfen, wie dies Bild 2 illustriert:
Bild 2: Für bessere Spannungsregelung und geringere Rippelspannung kann man leicht mit einem kleinen Spannungsregler VR (Voltage-Regulator), z.B. des Types LM317LZ, etwas nachhelfen.
Diese komfortablere Schaltung bietet die Möglichkeit mit der elektronisch geregelten 12-VDC-Spannung eine (Steuer-)Elektronik zu speisen, bei der es auf eine sehr konstante und rippelarme DC-Spannung ankommt. Es kann auch eine beliebig andere Spannung mit dem LM317(LZ) dimensioniert werden. Die höhere, durch die Z-Diode stabilisierte Spannung, kann z.B. ein Relais betreiben. Eine praktische Anwendung dazu liefert Bild 6.
Spannungsdiagramme zu Bild 1 und Bild 2
Bild 3: Diese Diagramme illustrieren die Spannungen in Bild 1 und Bild 2.
Die Diagramme 1 und 2 zeigen die Vollweggleichrichtung mit und ohne
Z-Diode ZD. Cg ist dabei nicht angeschlossen. Die Berechnung der
Rippelspannung mit ZD und angeschlossenem Cg ist nicht ganz trivial. Die
Rippelspannung in Diagramm 3 ergibt sich aus dem differentiellen
Innenwiderstand von ZD, dem veränderlichen Strom während der positiven
Sinushalbwelle (t2) und dem Entladestrom von Cg in Richtung ZD und Ro.
Dazu kommt eine Phasenverschiebung, die sich aus dem Ladestrom von Cr
nach Cg und Entladestrom von Cg nach ZD und Ro ergibt. Im Diagramm 3 ist
die Rippelspannung einfach nur angedeutet. Sie liegt bei 200 bis 300
mVpp, leicht abhängig von der Stromaufteilung Io und Izd. Für die
Bestimmung der Kapazität von Cg muss man allerdings auch nicht viel
rechnen. Der praktische Wert für den hier interessierenden
DC-Strombereich liegt im unteren 100-µF-Bereich.
Diagramm 4 zeigt die geregelte Ausgangsspannung in Bild 2. Natürlich
kann die Ausgangsspannung auch höher oder niedriger als 12 VDC
dimensioniert sein. Es muss einfach die minimale Dropoutspannung des
verwendeten Spannungsregler eingehalten werden. Als Beispiel dient hier
die Low-Power-Version des frei dimensionierbaren LM317, den
LM317L(Z).
Er eignet sich für einen maximalen Nennstrom von 100 mA und hat bei
diesem Strom eine minimale Dropoutspannung von weniger als 2 VDC.
Spezialthema Schutzwiderstand Rs
Bild 4: Hier soll gezeigt werden was passiert wenn das Kondensatornetzteil zufällig bei einem hohen augenblicklichen Spannungswert der 230-VAC-Sinusspannung eingeschaltet wird. Die höchste Spannung ist die des Sinusscheitelwertes von 325 Vp bei einer Netzspannung von 230 VAC.
Der Schutzwiderstand Rs hat eine sehr wichtige Aufgabe. Teilbild 4.1
wiederholt, etwas reduziert, das Schaltschema von Bild 1. Da die
Zeitkonstante von Rs*Cr etwa 100 mal kleiner ist als die halbe Periode
der 50-Hz-Sinusspannung (Teilbild 4.2), genügt es für dieses kurzzeitige
Einschaltereignis von einer stationären Spannung auszugehen. Wir
untersuchen was passiert, wenn das Netzteil bei einem Sinusscheitelwert
von +325 Vp oder -325 Vp eingeschaltet wird. Da für die folgende
Betrachtung die Spannungspolarität keine Rolle spielt, reduzieren wir
diese auf die positive. Das Netzteil wird also zufällig exakt beim
positiven Sinusscheitelwert eingeschaltet.
Zunächst betrachten wir Rs als kurzgeschlossen. Rcr ist relativ
hochohmig. Deshalb interessiert er uns momentan nicht. Wir können Rcr
vernachlässigen. Cg sei zunächst unterbrochen. Beim Einschaltvorgang
wirken jetzt nur der sehr niederohmige Quellenwiderstand der
AC-Spannungsquelle Uac, der Kaltwiderstand der Sicherung (100 mA-träge)
von etwa 8 Ohm, der ebenso extrem niederohmige reale serielle
Innenwiderstand von Cr und die differenziellen Innenwiderstände von BG
und ZD einschaltstrombegrenzend. Der totale Widerstandswert ist also
kaum grösser als etwa 10 Ohm und das bedeutet einen sehr hohen
Einschaltspitzenstrom von 30 A. Natürlich dauert dieser nur sehr
kurzzeitig. Die Zeitkonstante beträgt bei 10 Ohm und Cr = 330 nF bloss
3.3 µs. Das ergibt bei einem nur einmaligen Ereignis bloss eine sehr
geringe Energie mit vernachlässigbar geringem thermischen Effekt, ausser
bei gewissen Halbleiterübergängen in ganz kleinen Zonen. Es ist mir
jedenfalls bei solchen Versuchen einige Male gelungen Z-Dioden mit einer
Leistung von 0.5 W zu zerstören. Der Apparatesicherung Si macht diese
kurzzeitige Stromspitze keinen Eindruck. BG beeindruckt das ebenso
wenig, wenn man einen kleinen Brückengleichrichter (siehe Kapitel
"Bauteil-Liste zu den Bildern 6 und 7)" benutzt, der diesen
Spitzenstrom während wesentlich längerer Dauer um Grössenordnungen
locker aushält.
Wir schalten jetzt Cg hinzu. Er liegt parallel zu ZD. Wenn dieser Elko
im Einschaltmoment soweit entladen ist, dass seine Spannung weit genug
unterhalb von der Z-Diodenspannung von ZD liegt, absorbiert Cg die
Stromspitze und schon deshalb ist die Z-Diode geschützt, denn sie kann
erst Strom leiten, wenn die Ladespannung über Cg die Z-Diodenspannung
erreicht hat und das dauert nach dem Einschalten des Netzteiles doch
einige Sinusperioden.
Nur ganz so einfach ist die Sache dennoch nicht, weil ein normaler Elko
- also nicht ein spezieller Low-ESR-Elko wie er für Schaltnetzteile
eingesetzt wird - hat einen nicht zu vernachlässigenden realen
parasitären Seriewiderstand. Im Augenblick des hohen
Einschaltspitzenstroms kann über Cg kurzzeitig durchaus eine Spannung
auftreten, die die Z-Diode zum Leiten eines Stromes anregen kann. Dazu
kommt, dass ein gewickelter Kondensator auch immer eine parasitäre
Induktivität hat, was im Augenblick kurzer und steilflankiger Impulse
die Impedanz erhöht und dies wirkt der schnellen Strom- bzw.
Energieabsorption entgegen. Auch Cr unterliegt diesem Effekt, wobei es
recht schwierig ist, die hochfrequenten Auswirkungen im Ganzen exakt
zu formulieren.
Es lohnt sich auch gar nicht viel Zeit für solche brachialen
Testmethoden zu investieren, wenn man einen solchen Kraftakt mit
einfachen Mitteln vermeiden kann, wie hier mit dem Schutzwiderstand Rs.
In vielen solchen Netzteilschaltungen beträgt der Widerstandswert von Rs
etwa 100 Ohm oder einige hundert Ohm. Im folgenden Abschnitt beginnt die
Untersuchung, welche Kriterien für die Dimensionierung von Rs wichtig
sind.
Dimensionierung von Rs in Bild 4 (Bild 1)
Da die gesamte Gleichrichterschaltung nicht, wie sonst gewohnt,
besonders niederohmig ist, ist der AC-Strom Iac am Eingang nicht sehr
viel grösser als der DC-Strom Idc. Der sogenannte Formfaktor ist eher
bescheiden. Das Verhältnis von Iac zu Idc beträgt gerade etwa 1.2
(gemessen!). Dieser Strom Iac muss der kapazitive Vorwiderstand Cr
liefern. Wie man die Kapazität des Cr aus Spannung und Strom berechnet,
siehe weiter oben. Für Uac = 230 VAC bei einer Frequenz von 50 Hz und
einem Strom von Iac = 24 mA gibt das ziemlich genau eine Kapazität von
330 nF. Dieser Wert ist als X2-Kondensator erhältlich.
Wir wissen jetzt, dass der Schutzwiderstand Rs eine wichtige Rolle
spielt. Wir überlegen uns wie gross die reale Verlustleistung und der
Spannungsabfall über Rs sein soll. Wichtig ist auch, dass Rs, wenn auch
nur sehr kurzzeitig und längst nicht bei jedem Einschalten, die hohe
Spannung des Sinusscheitelwertes aushalten muss! Bei
0.5-Watt-Widerständen sind Dauernennspannungen von 350 VAC und maximale
Spannungen im kurzen Überlastzustand bis 700 VAC zulässig. Der
Widerstandswert von Rs als 0.5-Watt-Widerstand muss so gewählt werden,
damit die dauerhafte Verlustleitung unter 0.5 W bleibt. Dies ist bei 820
Ohm gegeben, denn bei 24 mA beträgt die Verlustleistung 0.47 W. Was
allerdings ein wenig viel ist und stört, ist der relativ hohe dauerhafte
Spannungsabfall von fast 20 VAC über Rs. Nun weiss man aus vielen
Applikationen von Netzteilen, welche mit einem kapazitiven Vorwiderstand
arbeiten, dass Rs meist im unteren 100-Ohm-Bereich liegt. Wenn wir 330
Ohm wählen, ergibt dies noch einen Spannungsabfall von 7.9 VAC. Die
Verlustleistung beträgt dauerhaft nur 0.2 W. Es lohnt sich einen
0.5-Watt-Widerstand zwecks guter Reserve einzusetzen, wie es Bild 4
zeigt.
Im Augenblick des Einschaltens des Netzteiles spielt der reale
Widerstand von Rs die Hauptrolle, weil Cg entweder ganz oder teilweise
entladen ist. Aber auch ohne Cg wäre der differenzielle Innenwiderstand
von ZD sehr niederohmig. Cr hat seinen wesentlich höheren
Blindwiderstand erst dann, wenn die Frequenz von 50 Hz der AC-Spannung
wirkt. Im Einschaltmoment, wenn Cr (teil-)entladen ist, ist Cr sehr
niederohmig. Das wissen wir bereits. Es interessiert uns hier wie hoch
der maximale Einschaltstromimpuls ist. Die Sinusscheitelwertspannung von
325 Vp dividiert durch Rs mit 330 Ohm ergibt ziemlich genau 1 A. Das ist
für den Rest der Schaltung problemlos zumutbar, da der Impuls eine
Zeitkonstante von nur 0.1 ms hat.
Man beobachte die Teilbilder 4.2 bis 4.4 mit den Diagrammen. In 4.2
sieht man eine positive Sinushalbwelle. Wenn im Augenblick des
Scheitelwertes der Sinusspannung das Netzteil eingeschaltet wird,
entsteht über Rs ein Spitzenstrom von etwa 1 A während 0.1 ms. Teilbild
4.3 zeigt diesen Impuls zeitlich gedehnt (indirekt die Ladekurve für Cr)
und man sieht wie die Stromkurve approximierend nicht auf 0 mA geht,
sondern auf den Wert des Stromes Iac von 24 mA. Siehe auch Teilbild 4.4.
Cg hat die Aufgabe die gleichgerichtete Spannung zu glätten. Dieser Elko
tut aber noch mehr. Er absorbiert den Einschaltstromstoss, wenn er
entladen oder seine Spannung kleiner ist als die Z-Diodenspannung. Das
Produkt aus Strom (< 1 A) und Zeit (0.1 ms) - die Ladung - ist so
gering, dass dieses Fass von Elko (200 µF) deswegen nicht nennenswert
nachgeladen wird. Die Spannung im Elko wird maximal um etwa 0.5 VDC
erhöht. Die eigentliche Ladung von Cg geschieht erst nach dem
Einschaltstromstoss mit den ersten ankommenden mit BG gleichgerichteten
positiven Sinushalbwellen. Diese Absorbtion des Einschaltstromimpulses
schützt die Z-Diode und angeschlossene Schaltung sicher.
Die Berechnung von RC-Schaltungen
Für den Elektronik-Azubi: Wenn man sich mit der Serieschaltung von
Kondensatoren und Widerständen befassen will, muss man zuerst die
Wechselstrom-Eigenschaften des Kondensators verstanden haben. Dazu
bietet Patrick Schnabel in seinen Grundlagen mit dem Basiskurs
Kapazitiver Blindwiderstand einen hervorragenden
Einstieg.
In jedem seriösen Lehrbuch über Elektrotechnik lernt man, dass die
AC-Spannung über einem Kondensator (kapazitive Blindspannung) und die
AC-Spannung über einem ohmschen Widerstand (Wirkspannung), der diesem
Kondensator in Serie geschaltet ist, quadratisch und nicht linear
addiert werden muss. Genau so verhält es sich bei der Addition, bzw.
Serieschaltung, eines kapazitiven Widerstandes Xc (Blindwiderstand) und
eines ohmschen Widerstandes R. Auch diese Summe wird quadratisch
gebildet. Das Resultat dieses Widerstandes Z nennt man Scheinwiderstand
oder Impedanz. Wenn der Leser davon keine Ahnung hat, so möge er sich
selbst in einem entsprechenden Lehrbuch schlau machen. Trotzdem werde
ich am Beispiel des Schaltschema in Bild 1 eine kleine Einführung geben.
Man betrachte beim Weiterlesen Bild 5:
Teilbild 5.1 zeigt wie sich die Netzspannung von 230 VAC in die
Komponenten Cr, Rs und Rgz aufteilt. Rgz ist der Innenwiderstand der
gesamten Last-Schaltung aus Brücken-Gleichrichter BG, Z-Diode ZD und
Lastwidrstand Ro (Verbraucher). Den Ladeelko kann man hier
vernachlässigen, weil die Rippelspannung und somit auch der Rippelstrom
sehr klein ist, gegeben durch die stabilisierende Wirkung von ZD.
Rgz ergibt sich aus Urgz/Iac. Dies bedeutet auch, dass Rgz unabhängig
von einer Last Ro ist, weil Iac und Idc lastunabhängig konstant ist. Mit
Rgz und Rs haben wir es mit realen ohmschen Widerständen zu tun, also
Widerstände, bei denen Strom und Spannung direkt in Leistung und Wärme
übergehen. Diesen Widerstand nennen wir schlicht R und er hat einen Wert
von etwa 1.4 k-Ohm.
Der kapazitive Vorwiderstand, Kondensator Cr, hat einen Blindwiderstand
bei 50 Hz von Xc = 9.6 k-Ohm. Die Verluste von Cr sind derart gering,
dass sie vernachlässigbar sind. R ist mit Cr in Serie geschaltet.
Teilbild 5.2 zeigt wie der Scheinwiderstand Z berechnet wird. Xc und R
werden quadratisch addiert, weil der reale Widerstand R zum imaginären
Widerstand Xc, wegen der Phasenverschiebung der Ströme in R und Cr um 90
Grad rechtwinklig zueinander stehen. Das Resultat Z liegt in der
Hypotenuse des rechtwinkligen Dreiecks, mit den beiden Katheten R und
Xc. Interessant ist bei näherer Betrachtung, dass Xc mit 9.6 k-Ohm sich
kaum von Z mit 9.7 k-Ohm unterscheidet. Daraus erkennen wir, dass der
Strom Iac von 24 mA nicht nennenswert steigt, wenn R mit 1.4 k-Ohm
kurzgeschlossen wird, obwohl R scheinbar 14.4 % des Gesamtwiderstandes
ausmacht. Die Stromzunahme bei Kurzschluss beträgt gerade 1.03 %. Dies
hat damit zu tun, dass die Ausgangsspannung mit 24 VDC nur etwa 1/10 der
Netzspannung ausmacht. Bei deutlich höherer Ausgangsspannung, wäre die
Stromzunahme bei Kurzschluss grösser.
Teilbild 5.3 illustriert das selbe wie Teilbild 5.2, jedoch mit den
Spannungen. Auch hier ist etwas auffällig! Ucr ist mit 227 VAC fast
gleich gross wie Uac, obwohl in Serie zu Ucr Ur mit etwa 34 VAC liegt.
Auch hier kann man leicht erkennen, dass der Strom im Falle eines
Kurzschlusses von R (Spannung Ur) nur sehr wenig zunimmt. Dies ist eine
wirklich bemerkenswerte Eigenschaft einer Netzteilschaltung mit
kapazitivem Vorwiderstand!
Wozu braucht es Rcr und Si (Sicherung)
Jetzt noch einmal zurück zur Schaltung in
Bild 1
und wir wollen verstehen wozu Rcr benötigt wird. Ohne Rcr bleibt Cr noch
lange geladen, wenn man den Stecker dieses Netzteiles aus der
230-VAC-Steckdose herauszieht. Berührt man die Steckerstiften, spielt
man selbst elektrischer Entladewiderstand, aber der Preis dafür ist,
dass man einen elektrischen Schlag abkriegt. Lebensgefährlich ist das
bei der noch geringen Kapazität von Cr meist nicht, weil der
Körperkontaktwiderstand von oft weniger als 100 k-Ohm für eine rasche
Entladung sorgt. Es ist aber unangenehm und auch sonst nicht gerade
ratsam. Schaltet man parallel zu Cr (330 nF) Rcr (220 k-Ohm), beträgt
die Entladezeitkonstante etwa 73 ms. Nach einer halben Sekunde, also die
siebenfache Zeitkonstante, ist die Spannung bereits erträglich niedrig,
so dass man kaum noch etwas spürt, wenn man die Steckerstifte berührt.
Ein Widerstand von 220 k-Ohm verheizt an 230 VAC etwa 240 mW. Man
verwende für diesen Zweck also einen 0.5-Watt-Widerstand, der, wie
bereits weiter oben erwähnt, die genügend hohe Spannungsfestigkeit
aufweist.
Zweck der Sicherung Si ist es, die Schaltung im Falle eines
Kurzschlusses von Cr vor der Zerstörung zu schützen. Dies ist eine
empfehlenswerte Worstcase-Massnahme, denn ein X2-Kondensator
sollte selbstheilend sein. Aber auch da kann mal etwas schief gehen.
Netzspannungsverzögerung in einer Audioanlage
Bild 6: Netzspannungsverzögerung für eine Audioanlage zwecks
Unterdrückung von Knack- und Verzerrungsgeräuschen.
Diese Schaltung muss berührungssicher in einem isolierten Gehäuse
eingebaut werden! Die Geräte, angeschlossen an Out1 und Out2, müssen
ebenfalls berührungssicher oder galvanisch getrennt sein! Die
galvanische Trennung trifft bei der Verwendung von Audiogeräten zu. Die
angeschlossenen Geräte müssen unbedingt geerdet sein, wenn dies bei
ihnen vorgesehen ist (Stecker)! Hauptschalter HS muss ein
berührungssicherer Netzschalter sein!
Zweck der Schaltung in Bild 6 ist es, dass in einer komplexen
Audioanlage die Lautsprecher weder beim Ein- noch beim Ausschalten der
gesamten Anlage durch den Hauptschalter HS knacken oder den Ton
verzerren können. Wird HS geschlossen, schaltet Pin 12 von IC:A1 auf
logisch HIGH, Relais Rel1 zieht sofort an und die an Out1
angeschlossenen Geräte erhalten Netzspannung. R6 in Serie zu C5 dient
bloss der Spitzenstrombegrenzung beim schnellen Laden von C5. Nach einer
Verzögerung, die zwischen 1 bis 6 Sekunden an Trimmpotmeter P
eingestellt wird, zieht Relais Rel2 an und der Verstärker für die
Lautsprecher oder Aktivboxen, angeschlossen an Out2, erhalten
Netzspannung. Diese Einschaltverzögerung ergibt sich aus dem Aufladen
von C6 über P und R9. Wird HS geöffnet, schaltet Pin 12 von IC:A1 auf
logisch LOW. Dies entladet C6 sofort über R8 und D2, wobei R8 nur der
Spitzenstrombegrenzung dient. Rel2 schaltet sofort ab. C5 entladet sich
über R7, was bewirkt, dass Rel1 gegenüber Rel2 verzögert abschaltet.
Hier taucht die Frage auf, warum ist die Einschaltverzögerung grösser
und einstellbar und die Abschaltverzögerung kleiner und fix realisiert?
Es wird bei dieser Schaltung vorausgesetzt, dass ein moderner
Audio-Endverstärker oder eine aktive Lautsprecherbox mit einer wirksamen
Antiploppschaltung ausgestattet ist. Diese besteht aus einer kurzen
Einschaltverzögerung der Lautsprecher in der Grössenordnung von einer
Sekunde und im Falle eines Netzunterbruches erfasst eine Sinusdetektion
einen Ausfall und schaltet den Lautsprecher sofort ab. Eine detaillierte
Beschreibung einer solchen Schaltung findet man in:
Unterschiedliche Anforderungen
Wird nun HS ausgeschaltet, werden die Lautsprecher unter
dieser Voraussetzung innerhalb
maximal einer halben Sinusperiode abgeschaltet. Werden nun in dieser
kurzen Zeit andere Geräte in Verbindung mit dem Endverstärker oder mit
den Aktivboxen ebenfalls abgeschaltet, reicht diese Halbperiode, dass
noch Knackstörungen hörbar werden. Es reicht aber völlig, wenn man dafür
sorgt, dass erst der Endverstärker und damit die Lautsprecher und nach
etwa 1 Sekunde die andern Geräte abschaltet werden.
Beim Einschalten ist die Situation etwas anders - je nachdem, welche
Geräte im Einsatz sind, kann es kürzer oder länger dauern, bis diese
sich in einem stabilen Zustand befinden, so dass sich keine Störungen
mehr bemerkbar machen. Wird beispielsweise ein komplexes
AD/(DSP)/DA-Wandlersystem betrieben, können dessen Selbstinitialisierung
und interne Tests mehrere Sekunden in Anspruch nehmen - daher die
einstellbare und grössere Verzögerungszeit. Der vorliegend
dimensionierte Bereich kann durch Anpassung von P, R9 und C6 grosszügig
zu höheren Werten verschoben werden. Die Impedanz des nachfolgenden
CMOS-Einganges bleibt selbst bei sehr hoch gewählten Widerstandswerten
von P und R9 um Grössenordnungen höher. Für die zeitgebenden Elkos C5
und C6 empfehlen sich Tantal-Elkos.
Spar-Bauteile
Zur Wahl der Bauteile - es versteht sich von selbst, dass es wichtig ist
Bauteile zu verwenden, die möglichst wenig Eigenleistung verbrauchen,
denn wir wollen schliesslich bei der trafolosen Netzteillösung bleiben.
Da kommen uns die heutigen modernen, kompakten und leistungsfähigen
DIL-Relais entgegen. Die hier empfohlenen Relais schalten bis 5A bei
250V, bzw. 10A bei 380V, und verbrauchen als 24V-Typen bloss einen
DC-Spulennennstrom von 8.3mA (siehe Kapitel "Bauteil-Liste zu den
Bildern 6 und 7") und sind bei Distrelec (Schweiz) und Schuricht
(Deutschland) leicht erhältlich.
Es ist auch sinnvoll, den kleineren Bruder des Spannungsreglers LM317 -
den LM317LZ - zu verwenden, da dieser mit einem niedrigeren minimalen
Lastrom auskommt. Dieser Strom fliesst durch R4 und R3. Eine besondere
Beachtung gilt noch IC:A2 und IC:A4. Die Eingangsspannungen ändern sich
bei der variablen Verzögerungszeit zwischen 1 bis 6 Sekunden und bei der
fixen Verzögerungszeit von einer Sekunde langsam. In der Nähe der
Schmitt-Trigger-Umschaltschwelle steigt der Betriebstrom des ICs kurz
bis zu 3 mA an. Da dieser Vorgang nicht gleichzeitig bei IC:A2 und IC:A4
aufrtritt muss dieser Stromwert nur einmal berücksichtigt werden. Weil
diese Übergänge langsam erfolgen, können diese zusätzlichen Ströme nicht
dynamisch durch C3 gestützt werden. Die Kapazität von C3 wäre dazu viel
zu gross. C3 sollte aber so gross gewählt werden, dass er die selben
dynamischen Momente stützen kann, wenn die Umschaltung nur sehr wenig
Zeit braucht. Dies sind bloss etwa 10ms, gegeben durch C5 mit R6 und C6
mit R8.
Der Einsatz von Halbleiterrelais
Bild 7: Liegen die Schaltfrequenzen über einem gelegentlichen Ein- und
Ausschalten oder/und es muss sogar beim Phasennulldurchgang geschaltet
werden, empfiehlt sich der Einsatz eines Halbleiterrelais (HR).
Diese Schaltung muss berührungssicher in einem isolierten Gehäuse
eingebaut werden! Die Geräte, angeschlossen an Out1, müssen ebenfalls
berührungssicher oder galvanisch getrennt sein! Diese Geräte müssen
unbedingt geerdet sein, wenn dies bei ihnen vorgesehen ist (Stecker)!
Der Sensor muss berührungssicher sein! Ist er dies nicht, darf diese
Schaltung, auch in einem isolierten Gehäuse berührungssicher eingebaut,
nicht verwendet werden!!!
Bei einer Regelschaltung für physikalische Grössen, wie Temperatur und
Druck, ist die Schaltfrequenz deutlich höher als im vorherigen Beispiel,
wo nur gelegentlich ein- und ausgeschaltet wird. Hier stellt sich die
Frage nach Kontaktabnutzung und nach der Erzeugung von
elektromagnetischen Störungen, wenn das Schalten nicht im
Phasennulldurchgang erfolgen kann, weil ein elektromechanisches und kein
elektronisches Relais verwendet wird. In diesem Fall wäre als
elektronisches Relais z.B. das Halbleiterrelais HRM-D-2403
von Selectron empfehlenswert, welches eine Spannung von maximal 280VAC
und einen Strom von maximal 3A schalten kann, im Phasennulldurchgang
schaltet, Eingang und Ausgang optisch galvanisch getrennt sind und im
Betriebszustand mit einem Steuerstrom von weniger als 2 mADC auskommt.
Für einen maximalen Strom von 5 A empfehlenswert wäre ein Produkt
von Carlo Gavazzi, das Halbleiterrelais
RP1A23D5. Die technischen Daten dazu lese man auf
dieser Reichelt-WWW-Seite.
Besonders dann, wenn in einer netztrafolosen Steuerung viele Relais im
Einsatz sind, sind diese Halbleiterrelais willkommen, um das zu Beginn
erwähnte 50mA-Limit leichter einhalten zu können. Einziger
Wehrmutstropfen ist, dass sie wesentlich teurer als die genannten
elektromechanischen Pendants sind. Wenn man sie jedoch wegen hohen
Schaltfrequenzen einsetzen muss und/oder es wichtig ist, dass im
Phasennulldurchgang geschaltet wird, spielt die Preisdifferenz keine
grosse Rolle mehr. Mit nur einem solchen Halbleiterrelais und einer
leistungsarmen Regelschaltung, die nur einige wenige mA aufnimmt, wie
Bild 7 zeigt, kann man C1, bzw. Cr in Bild 1, leicht auf 150 nF
reduzieren. Und nicht vergessen: Ein X2-Kondensator sollte es
sein!
X2- und Y2-Kondensatoren, was ist das?
X- und Y-Kondensatoren sind Metall-Papierfolien-Kondensatoren mit hoher Belastbarkeit von impulsartigen Überspannungen, wie sie z.B. beim Schalten induktiver Lasten auf der Netzspannung oder z.B.bei Blitzeinschlägen in offene Hochvolt-Übertragungsleitungen auftreten. Mehr Details liest man in diesem Kapitel weiter unten, nämlich was der Unterschied ist zwischen X1- und X2-Kondensatoren. Es gibt auch Y-Kondensatoren die ebenfalls thematisiert sind. X- und Y-Kondensatoren befinden sich in sehr vielen elektronischen Geräten am Eingang der 230VAC-Netzspannung. Es sind so genannte Entstörfilter. Vor allem bei digitalen Schaltungen sind solche Filter absolute Pflicht, weil ohne diese, Störungen und Ausfälle an der Tagesordnung sind. Die typische Schaltung eines solchen Entstörfilters, auch als Netzfilter bezeichnet, zeigt Bild 8:
Links ist der Anschluss an das 230-VAC-Netz und rechts ist der Anschluss
an die Last. P ist der Phasenleiter, N ist der Nullleiter und PE
(protective earth) ist die Schutzerde (Netzerde). Anstelle von P liest
man oft L für die Phase bei den Produkt-Daten. Der
Elektronik-Distributor
Farnell
hat ein grosses Angebot von solchen Filtern von Epcos, Schaffer und
weiteren Firmen.
Eingangsseitig hat es einen Kondensator der X-Klasse mit einer relativ
hohen Kapazität, oft sind es 100 nF, zwischen P und N. In Serie mit der
Leitungsimpedanz werden mit diesem Kondensator mittel- bis
höherfrequente Störimpulse gedämpft. Dann folgt eine stromkompensierte
Drossel, bestehend aus den beiden Wicklungen L1 und L2 auf einem
gemeinsamen Ferritringkern, die mit den beiden Y-Kondensatoren passive
zweipolige Tiefpassfilter zwischen P' und PE' und N' und PE' bilden. Je
nach Dimensionierung der Bauteile erreicht man akzeptable bis gute
Dämpfungswerte zwischen etwa 150 kHz und maximal etwa 100 MHz. Solche
Netz-Entstörfilter werden häufig dort eingesetzt, wo digitale
Schaltungen vor Fehlfunktionen geschützt werden müssen.
Weshalb liest man auf den Ettiketten und Datenblättern von solchen
Filtern oft X- und Y- und nicht X2- und Y2-Kondensatoren? Einfache
Erklärung. Am Anfang dieser Entwicklung gab es noch keine
Differenzierung von unterschiedlichen Klassen der Puls-Prüfspannung.
Dies kam erst später. Heute gibt es drei Klassen, nämlich X1, X2 und X3.
Weiter unten wird X1 und X2 kurz vorgestellt, weil diese in der Regel
von Bedeutung sind. Genau genommen sind die heute gängigen
Filterschaltungen für 230VAC-Netze mit X2- und Y2-Kondensatoren
ausgestattet. Für höhere Sicherheiten können es X1- und Y1-Kondensatoren
sein.
Bild 8: Was
unterscheidet die X-, bzw. X2- von den Y-, bzw. Y2-Kondensatoren? X- und
Y-Kondensatoren sind selbstheilend. Was das ist, ist im Kapitel
"Kondensator statt Trafo" erklärt. Da Y-Kondensatoren stets mit
der Schutzerde PE in Verbindung sind, kann daraus abgeleitet werden,
dass dies besonders viel mit Personensicherheit zu tun hat. Es kommt mit
niedrigen Kapazitätswerten darauf an, dass im Falle eines
Erdleiterunterbruchs (Teilbild 8.2) und Berührung durch Personen, der
Erdableitstrom in gewissen Grenzen gehalten wird. Dazu gibt es klare
Vorschriften (SEV, VDE). Genau das trifft zu, weil der maximale Strom
beträgt im vorliegenden Beispiel weniger als 160 µA. Das ist so wenig,
dass man diesen Strom kaum noch spürt. Dazu ist es allerdings wichtig,
dass für die Y-Kondensatoren die Puls-Prüfspannung hoch genug ist. Bei
Y2-Kondensatoren sind es 5 kV. Bei Y1-Kondensatoren sind es sogar 8 kV.
Diese sind speziell geeignet für kritische medizinische Anwendungen, wie
z.B. die Messung von invasiven
intramuskulären EMG-Signalen,
wenn keine andern Massnahmen bereits diese hohe Sicherheit garantieren.
Dies ist jedoch leicht machbar, wie dieses
Blockschema
aus
Elektro-Myographie,
eine kleine Einführung
zeigt. Genau genommen gilt hier allerdings die Massnahme im gezeigten
Blockschema, weil man damit Erdableitströme im unteren µA-Bereich
realisieren kann. Voraussetzung dafür ist ein Netztrafo mit
Schirmfolienwicklung mit genügend hoher Überspannungssicherheit.
Ein gewisser Björn lieferte im ELKO-Forum eine Antwort mit der
Wiedergabe einer kurzen Beschreibung aus einem Datenblatt von X2- und
Y2-Kondensatoren der Firma Wima: Klasse X2-Kondensatoren sind
Kondensatoren mit unbegrenzter Kapazität, die zwischen Phase/Nullleiter
oder Phase/Phase geschaltet sind. Sie sind für ein breites
Anwendungsgebiet mit normalen Anforderungen an die Spannungsfestigkeit
ausgelegt. Klasse Y2-Kondensatoren sind Kondensatoren mit erhöhter
elektrischer und mechanischer Sicherheit, die z. B. zwischen Phase und
berührbarem, schutzgeerdetem Apparategehäuse angeschlossen werden.
Ich habe folgenden Artikel zu X- und Y-Kondensatoren in der
Zeitschrift SUPPORT Kundeninfo November 2005 von der Firma
Dätwyler-Electronics entdeckt:
X-Kondensatoren werden zwischen Phase- und Nullleiter
geschaltet. Die beiden Klassen X1 und X2 unterscheiden sich durch
verschieden hohe Puls-Prüfspannung (4 resp. 2.5 kV). Y-Kondensatoren
müssen strengere Auflagen erfüllen, da sie zwischen Phase/Nullleiter
und Chassis geschaltet werden. Die Klasse Y1 wird mit 8 kV, die Klasse
Y2 mit 5 kV geprüft. Beim Test wird auch die meachanische Stabilität
geprüft. Die Kondensatoren dürfen keine benachbarten Bauelemente oder
das Chassis berühren.
Ehemaliger Leserbrief in der MegaLink 2/99
Dieser Elektronik-Minikurs publizierte ich in geringerem Umfang im Jahre
1998 in zwei Ausgaben in der ehemaligen Fachzeitschrift
Megalink,
die ursprünglich Der Elektroniker hiess. In der MegaLink-Ausgabe
2/99 folgte von Wolfgang Ulrich von der Firma Belimo AG ein Leserbrief
mit folgendem Inhalt:
Sehr geehrter Herr Schaerer,
Ihr Beitrag in der Zeitschrift MegaLink 21/98 und 22/98
hat in unserer Firma (Belimo) grosses Interesse geweckt. Seit ca 1981
verwenden wir für unsere Antriebe eine gleiche Schaltung. Je nach
Leistung der Antriebe ziehen wir einen Strom bis 150 mA bei ca. 18 V.
Seit ca. 18 Jahren setzen wir diese Schaltung erfolgreich ein. Was wir
nicht haben, ist einen Schaltungsbericht wie Sie ihn jetzt
veröffentlicht haben. Herzlichen Dank für den interessanten Beitrag.
Mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Ulrich,
Belimo AG
Gefährlicher Irrtum eines ELKO-Lesers:
Galvanische Trennung mit einem zweiten Kondensator.
Jemand fragte mich warum man nicht auf beiden Leitungen der Speisung
einen Kondensator Cr anbringt. Der ELKO-Leser, noch etwas neu im Bereich
der elektronischen Schaltungstechnik, glaubte, dass man dadurch eine
galvanische Trennung erreicht und so die Schaltung bei Berührung auf der
Niederspannungsseite ungefährlich ist. Ich klärte ihn auf, dass seine
Überlegung nicht stimmt und die praktische Umsetzung
hochgefährlich wäre.
Teilbild 9.1 wiederholt die Schaltung in Bild 1. Teilbild 9.2 ist die
Schaltung gemäss den Vorstellungen des ELKO-Lesers. Er glaubte, dass die
Isolation (Dielektrikum) zwischen den Platten in den beiden
Kondensatoren Cr1 und Cr2 bewirkt, dass es zur galvanischen Trennung
kommt. Eine galvanische Trennung ist natürlich nicht vorhanden, denn
unabhängig davon wie die Schaltung an das 230-VAC-Netz geschaltet wird,
zwischen der Niederspannungsseite des Netzteiles und der Erde
(Potenzial identisch mit dem Null-Leiter N) hat es eine Spannung von
etwa der Hälfte der Netzspannung, also 115 VAC. Eine Berührung der
Niedervoltseite und mit einem Kontakt mit zur Erde ist hochgradig
lebensgefährlich, weil der Strom liegt im Bereich von 20 mA oder mehr!
Es spielt dabei keine Rolle ob man den Plus- oder Minuspol des
24-VDC-Ausganges berührt.
Die tödliche Gefahrengrenze liegt bei nur 4 mA! Wenn die
Niederspannungsseite berührt werden kann, muss man anstelle von Cr1 und
Cr2 einen Trafo einsetzen. Nur so wird eine galvanische Trennung
erreicht! Daher macht eine Aufteilung von Cr in Cr1 und Cr2 auch keinen
Sinn, bei der erst noch diese Teilkapazitäten doppelt so hoch sein
müssen um den selben Strom für die Schaltung (Netzteil und Verbraucher)
zu liefern.
Kann man denn aus dieser Tatsache den Schluss ziehen, dass sich
Kondensatoren nicht zur galvanischen Trennung eignen? Nein, das kann man
nicht. Wenn die Kapazität sehr niedrig ist, gibt es durchaus eine sehr
praktische Anwendung, wie es beispielsweise beim integrierten
Trennverstärker (Isolated Amplifier) ISO121, z.B. für medizinische
Anwendungen, realisiert ist. Bild 10 illustriert das Prinzip:
Das niederfrequente analoge asymmetrische Eingangssignal wird mittels
Impulsbreiten-Modulator (PWM) muduliert. Daraus entsteht ein
hochfrequentes Rechtecksignal (500 kHz), dessen Tastgrad abhängig ist
von der Amplitude des niederfrequenten analogen Signales vom Eingang.
Dieses hochfrequente Signal wird durch die
kapazitiven Isolationssperren zum Differenzverstärker (DIFFAMP)
übertragen. Das nachfolgende Tiefpassfilter (TP-Filter) bildet aus dem
PWM-Signal den analogen Mittelwert, wodurch das
eingangsseitige niederfrequente analoge Signal rekonstruiert wird.
Dieses liegt am analogen Ausgang. Die Frequenz von 20 kHz deutet die
Bandbreite des analogen Signals. Das ist nur grad ein Beispiel. Die
Bandbreite wird durch die Verstärkung definiert. Auch die PWM-Frequenz
von 500 kHz ist ein Beispiel. Soweit in groben Zügen die Funktion des
ISO121. Wer es genau wissen will, informiere sich im
ISO121-Datenblatt
mit dem Blockdiagramm Figure 1 auf Seite 7.
Warum braucht es zur isolierten Übertragung des analogen Signales ein
hochfrequentes PWM-Signal? Ganz einfach, weil zwecks Übertragung durch
eine kapazitive Isolationssperre, die auch noch eine hohe Spannung von
3500 V-rms aushaltem muss, nur sehr kleine Kapazitäten möglich sind.
Diese kapazitiven Isolationssperren haben eine Kapazität von nur 1 pF.
Bei einer Frequenz von 50 Hz (230-VAC-Netzfrequenz) beträgt der
kapazitive Widerstand (Kapazitanz) 3.18 G-Ohm. Das ist doch tatsächlich
eine Topisolation. Die Bezeichnung galvanische Trennung ist
gerechtfertigt und dies bei einer Isolationsspannung von 3500 VAC-rms.
Wenn der nichtisolierte Teil mit einem Netzteil gespiesen wird, das
zusätzlich eine Isolationsspannung von 1500 VAC-rms garantiert, hat man
es wegen der totalen Isolationsspannung von 5000 VAC-rms mit einer
Schaltung zu tun, die medizintauglich ist, wie dies im
Elektronik-Minikurs
Elektro-Myographie (EMG) eine kleine Einführung
in Kapitel "Ein EMG-Messgerät (Blockschaltbild)" in Bild 9 mit
dem HIGH-ISOLATION-AMPLIFIER zum Ausdruck kommt. Da die hochfrequente
Trägerfrequenz 500 kHz beträgt, ist die Kapazitanz der kapazitiven
Isolationssperre mit 318 k-Ohm 10'000 mal niedriger als bei 50 Hz. Darum
funktioniert diese integrierte Schaltung. Ich habe sie in den
1990er-Jahren in einem achtkanaligen EMG-Messverstärker eingesetzt.
Zwischenzeitlich gab es den ISO121 nicht mehr. Von Burr-Brown wurde er
als obsolet erklärt. Später nahm Texas-Instrument die Produktion erneut
auf. Die Zwischenzeit motivierte mich zur Entwicklung einer Alternative
mit dem linearen Optokoppler HCNR200 von der Firma AVAGO. Eine
wesentlich preisgünstigere Lösung. Mehr dazu liest man hier:
Zum Thema Galvanische Trennung mit Kondensatoren findet man auch Infos im
Wikipedia im Kapitel "Kapazitive Trennung".
Ist eine galvanische Trennung mit Trafo wirklich frei von Kapazitäten
zwischen der nichtisolierten und isolierten Seite, bzw. zwischen der
Primär- und der Sekundärwicklung? Nein, natürlich nicht. Wenn die
parasitäre Koppelkapazität und dessen Stromfluss der dadurch entstehen
kann, die Funktion der galvanischen Trennung nicht in Frage stellt oder
anders formuliert, ausser Kraft setzt, ist die Koppelkapazität zulässig.
Das ist z.B. dann der Fall wenn die Elektronik dadurch auf der
Sekundärseite nicht gestört wird oder im Berührungsfall der maximal
erlaubte Erdableitstrom nicht überschritten wird. Dieser beträgt für
elektro-medizinische Anwendungen je nach Definition maximal 10 bis 50
µA. Solch niedrige Werte sind mit herkömmlichen Trafos nicht immer
sicher zu erreichen. Will man die galvanische Trennung (keine Erdung der
Sekundärspannung) beibehalten, muss mittels Spezialanfertigung eines
Trafo zwischen Primär- und Sekundärwicklung eine spezielle
Schirmwicklung oder noch besser Schirmfolie angebracht werden, die
geerdet werden muss. Mehr dazu liest man in
Automatische Netzspannungsumschaltung für Trafos
im Kapitel "Trafos mit Schirmwicklung oder Schirmfolie.
Bauteil-Liste zu den Bildern 6 und 7
Gewisse Bauteile des Kondensatornetzteiles sind in Bild 6 und Bild 7 identisch. Halbleiter ---------- BG 250V/>200mA z.B. B250-C800 ZD 24V/1W z.B. 1N4749A D1, D2, D3, D4 1N914 oder 1N4148 VR LM317LZ T1, T2 BS170 IC:A CD4584B Widerstände ----------- R1 220 k-Ohm 0.5 Watt (siehe Text) R2 330 Ohm 0.5 Watt (siehe Text) R3 3.3 k-Ohm R4 390 Ohm R5 100 k-Ohm R6, R8 1 k-Ohm R7, R9 120 k-Ohm P 470 k-Ohm Kondensatoren ------------- C1 (Bild 6) 470 nF / 275 VAC X2-Kondensator (Farnell) C1 (Bild 7) X2-Kondensator, siehe Text! (Farnell) C2 220 µF / 40 VDC C3 100 µF / 25 VDC C4 100 nF / 50 VDC (Multilayer-Chip) C5, C6 10 µF / 35 VDC (Tantal) Diverses -------- Si Feinsicherung 100 mA flink HS Hauptschalter, ein Arbeitskontakt Rel1, Rel2 Es gibt bei Farnell viele Relais mit 24 VDC und 200...250 mW und Kontakten für 250 VAC, Strom nach Bedarf (Primärstrom). HR Beispiel: HRM-D-2403 3.5V-32V / 2500 Ohm 380V/3A (WWW-Link, siehe im Text) (Selectron-Lyss-AG Schweiz) PS.: Falls gewisse der hier aufgeführten Bauteile nicht mehr erhältlich sind, muss man sich selbst nach Alternativen umsehen!
Thomas Schaerer, 20.01.2002 ; 29.04.2002 ; 14.03.2003(dasELKO) ;
14.12.2003 ; 09.05.2005 ; 30.07.2005 ; 01.09.2005 ;
15.11.2005 ; 01.05.2006 ; 13.02.2008 ; 12.10.2009 ;
02.06.2011 ; 17.12.2011 ; 18.02.2013 ; 28.04.2014 ;
25.06.2014 ; 04.08.2014 ; 27.05.2017+;
Ehemals teilpubliziert in der MegaLink 21 und 22 / 1998