Campusnetze / Non-public Networks / Mobile Private Networks

Campusnetze sind exklusive Mobilfunknetze mit einer lokal oder regional begrenzten Netzabdeckung und Verwaltung. Je nach Geschmacksrichtung gibt es für solche Netze unterschiedliche Bezeichnungen.

  • Non-public Networks
  • Mobile Private Networks
  • Campusnetze

Gemeinsam ist diesen Netzwerken, dass sie meist auf Mobilfunktechnik bauen und meist von Industrieunternehmen für deren individuelle Bedürfnisse und Anforderungen betrieben werden. Die Verwaltung dieser Netze erfolgt entweder durch das betreffende Unternehmen, einen beauftragten TK-Betreiber oder einen Netzausrüster.

Campusnetze sind dann möglich, wenn die zuständige Behörde lizenzierbares Frequenzspektrum (!) für regionale und lokale Netze zur Verfügung stellt. In Deutschland stehen insgesamt 100 MHz im LTE-Band 43 (3,6 – 3,8 GHz) bereit, die auf Antrag von der Bundesnetzagentur unter bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen zugeteilt werden. Die Zuteilung der Frequenzen ist grundsätzlich technik- und dienste-neutral. Ist also nicht an die gerade aktuell vorherrschende Mobilfunktechnik gebunden.

Vorteile privater Funknetze mit Mobilfunktechnik

  • Exklusiver Frequenzbereich: Erhöht die Netzverfügbarkeit entscheidend.
  • Verkehrssteuerung auf der Luftschnittstelle: Erhöht die Störsicherheit und damit die Verfügbarkeit um ein Vielfaches.

Wenn von Campusnetzen die Rede ist, dann denkt man dabei in der Regel an 5G-Mobilfunktechnik. Das ist aber eine sehr einseitige Betrachtungsweise. Denn Campusnetze kann man selbstverständlich auch mit anderen Funktechniken realisieren. Für private Funknetze gibt es unterschiedlich etablierte Techniken:

  • Short Range Device (SRD): WLAN, DECT, Bluetooth, ...
  • Low-Power Wide Area Network (LPWAN): LoRa, ...

SRD-Funktechniken weisen typischerweise einen hohen Datendurchsatz, aber geringe Reichweiten auf. Das Gegenteil ist bei LPWAN-Techniken der Fall. Allen gemeinsam aber ist die beschränkte Zuverlässigkeit der Verbindung. Störungen des Netzbetriebs durch standardkonforme, aber systemfremde Geräte können nicht ausgeschlossen werden. So kann zum Beispiel jedes zusätzlich eingeschaltete Smartphone zu Störungen des Funknetzwerks führen und Prozesse mit Echtzeitanforderungen behindern.

In unlizenzierten Frequenzbändern arbeitende Funksysteme mit unkoordinierten Zugriffsverfahren sind für unternehmenskritische Anwendungen nur bedingt geeignet. Dagegen beruht die klassische Mobilfunktechnik auf einer zentralisierten Steuerung der Funkressourcen. So werden hohe Dienstgüte (Quality of Service, QoS), hohe Zuverlässigkeit und Datensicherheit ermöglicht.

Lösungen

Für Campusnetze gibt es verschiedene technische und organisatorische Lösungen.

  • virtuelle Netze auf einer vorhandenen physischen Infrastruktur mit Network Slicing
  • unabhängige, private Netzinfrastruktur
  • Kooperationsmodelle zwischen alten Netzbetreibern und neuen Netzbetreibern

Im ersten Fall können die Unternehmen mit den öffentlichen Mobilfunknetzbetreibern Deutsche Telekom, Telefonica oder Vodafone exklusive Vereinbarungen treffen. Im zweiten Fall können die Unternehmen die Mobilfunkgeräte wie Basisstationen, Router oder USB- Dongles beziehen, das Netz selber aufbauen und unabhängig von Mobilfunknetzbetreibern betreiben. Zulieferer bieten hierfür schlüsselfertige Lösungen an.

Frequenzbereiche

In Deutschland existiert ein Teilbereich zwischen 3,4 – 3,7 GHz für bundesweite Zuteilungen und ein Teilbereich zwischen 3,7 – 3,8 GHz (100 MHz) für regionale und lokale Zuteilungen. Die Frequenzzuteilung erfolgt nach Antrag bei der Bundesnetzagentur (BNetzA). Die BNetzA unterscheidet hier zwischen einer Nutzung innerhalb von Gebäuden auf einem betriebsinternen Grundstück (Indoor) und einer lokalen oder regionalen Nutzung außerhalb von Gebäuden (Outdoor). Sie teilt auf Antrag je 10 MHz zu. In begründeten Fällen auch mehr. Die Blöcke sind etwa zur Maschinenvernetzung gedacht, nicht aber für öffentlich verfügbare Telekommunikationsdienste.

Hinweis: Das sogenannte 3,6-GHz-Band teilt sich in LTE-Band 42 (3,4 – 3,6 GHz) und LTE-Band 43 (3,6 – 3,8 GHz) auf. Das Band 43 ist in der Regel Endgeräte-seitig inaktiv geschaltet. Der Grund ist, dass man für die Nutzung eines bestimmten Bandes einen fehlerfreien Betrieb mit einem aufwendigen und kostspieligen Testverfahren nachweisen muss. Deshalb beschränken die Endgerätenhersteller die Nutzung auf die Bändern die bei den Netzbetreibern tatsächlich in Gebrauch sind. Bei 5G-Bänder sieht das ähnlich aus. Demnach sind Geräte für die typischen Campusnetz-Frequenzen selten. Man kann also nicht irgendwelche Smartphones oder Mobilfunkmodems als Endgeräten in Campusnetzen verwenden.

5G versus Wi-Fi 6

Mit der Einführung von 5G-Mobilfunk wurden Campusnetze auf Basis von 5G regelrecht gehypt. Ungefähr zeitgleich erfolgte die Standardisierung der WLAN-Technik von IEEE 802.11ax bzw. der Zertifizierung von Wi-Fi 6 und 6E. Und damit standen sich zwei Funktechniken gegenüber, die sich prinzipiell für den Aufbau von Campusnetzen eignen würden.

Doch was kann 5G besser als WLAN? Oder sollte man doch auf Wi-Fi 6 setzen?

Welche Funktechnik besser geeignet ist, kann man so einfach nicht sagen. Ein Vergleich zwischen 5G-Mobilfunk und der WLAN-Technik zu ziehen, ist schwierig, weil beide Funktechniken doch sehr unterschiedlich sind, sich aber technisch immer weiter angleichen. Ausschließen lässt sich keine Technik, weil es letztlich ein Abwägen von Kosten und Nutzen ist.

Die Entscheidung, welche Funktechnik für das entsprechende Campusnetz die richtige ist, muss man daran festmachen, ob die technischen Anforderungen an das Netz eine exklusive Zuteilung des Frequenzspektrums erfordern oder ob ein Frequenzspektrum mit Allgemeinzuteilung ausreichend ist.

  • Mobilfunktechnik: In einem zugeteilten Frequenzbereich für die Nutzung der Mobilfunktechnik ist man in der Lage alle technischen Anforderungen an das Netz immer und zu jederzeit einzuhalten. Zum Beispiel die Latenz und die Geschwindigkeit. Dem stehen ein hoher Aufwand und hohe Kosten gegenüber.
  • WLAN-Funktechnik: Die für WLAN nutzbaren Frequenzbereiche unterliegen der Allgemeinzuteilung. Man ist in jedem Fall der Sekundärnutzer. Man muss immer, auch nachträglich, mit Primärnutzern und weiteren unbekannten Sekundärnutzern rechnen. Man kann die technischen Anforderungen an das Netz nicht garantieren. Dem gegenüber stehen ein geringerer Aufwand beim Aufbau des Netzes und geringere Kosten für Betrieb und Ausstattung.

Bevor man jetzt eine vorzeitige Entscheidung trifft, gilt es noch die Vorteile beider Funktechniken einzubeziehen.

  • 5G-Mobilfunk kann auf spezielle Anforderungen optimiert werden (z. B. Latenz, Energieverbrauch, Datenrate, Frequenzbereich).
  • Mobilfunk ist im Outdoor-Bereich sehr gut.
  • In bestehenden WLAN-Netzen lassen sich Access Points austauschen, ohne die vielen unterschiedlichen Client-Lösungen austauschen zu müssen.
  • WLAN-Technik ist abwärtskompatibel.

Bei einem zugeteilten Frequenzspektrum kann man viele Leistungsparameter festlegen und quasi garantieren. Wenn das die Anforderung ist, dann kommt man in der Regel um Mobilfunktechnik nicht herum.
Wenn man aber zum Beispiel sowieso ein herkömmliches WLAN-Netz hat oder braucht, dann macht es Sinn Access Points zu verwenden, die im Frequenzbereich bei 6 GHz ein eigenes WLAN-Netz aufspannen können.

Fazit

  1. Im industriellen Umfeld wird man zu Mobilfunktechnik tendieren, im Umfeld mit Büroarbeitsplätzen eher mit WLAN-Technik arbeiten.
  2. Während man im Industrie-Bereich mit einer Neuinvestition alle 5G-Vorteile ziehen kann, wird man in einer typischen Office-Umgebung eher zu Wi-Fi 6 greifen, weil hier der Gerätepark alles andere als homogen ist.

Anwendungen von Campus-Lösungen

  • Vernetzung von Industrieanlagen
  • temporäre Events bei TV-Produktionen

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