LM317 mit elektronischer Sicherung

 


Einleitung

Es gibt viele Schaltungen zum Thema elektronische Sicherung für DC-Spannungen. Ein Blick in die Bilderseite von Google zeigt es. Viele Schaltungen sind diskret mit wenig Transistoren realisiert. Allen gemeinsam ist die Strombegrenzung mittels eines Shuntwiderstandes. Als Referenzspannung für den Maximalstrom dient die Basis-Emitter-Spannung von einem dieser Transistoren. Ein praktisches Bespiel zeigt und erklärt dieser Link.

Es gibt Netzgeräte und Netzteile mit fixer oder einstellbarer Ausgangsspannung und ebenso mit fixem oder einstellbarem Maximalstrom (elektronische Strombegrenzung). Damit sich die Schaltung im Falle eines Kurzschlusses thermisch nicht überlastet, müssen entsprechende Massnahmen integriert sein. Bei einem diskreten Schaltungsaufbau ist das keine leichte Aufgabe. Deutlich einfacher ist es, wenn ein integrierter (Leistungs-)Spannungsregler zum Einsatz kommt. Bei Überlastung oder Kurzschluss sorgt ein Teil der IC-internen Schaltung dafür, dass die Chip-Temperatur nicht zu hoch werden kann und das Leistungs-IC zerstört. Dies bedeutet, je höher die Chip-Temperatur um so niedriger der geregelte Kurzschluss-Strom.

Man nennt dieses Verhalten Safe-Operating-Area (SOA). Es gibt eine maximal zulässige Chiptemperatur, die nicht überschritten werden darf. Geregelt wird dabei der Strom und bzw. die Verlustleistung so, dass die maximale Chiptemperatur nicht überschritten werden kann. Je grösser die Dropoutspannung über dem Spannungsregler (Leistungs-Transistor) ist, um so niedriger ist der maximale Strom, wie es Figure 6, hier vergrössert dargestellt, aus dem Datenblatt des LM317 zeigt.

Man beobachte den Parameter Tj=25ºC (Tj ist die Chip-Temperatur), so erkennt man, dass bei 25ºC etwa maximal 2.2 Ampere möglich sind bis zu einer Dropoutspannung von knapp 11 VDC. Um diese niedrige Temperatur zu halten, ist eine extrem massive Kühlung notwendig und da gibt es den thermischen Widerstand zwischen Chip und Gehäuse als auch zwischen Chip und Umgebung.

Wird dies nicht berechnet für eine optimale Kühlung und dies nicht umgesetzt, dann wird der Strom (bzw. Leistung) automatisch auf einen so niedrigen Wert geregelt, dass die Chip-Temperatur keinen Schaden anrichten kann. Selbstverständlich ist ein Betrieb bei Tj=25ºC völlig unrealistisch. Im Kapitel Features liest man dazu passend:

    * Internal thermal overload protection
    und
    * Internal short-circuit current limiting constant with temperature




Ein kleines Experiment mit dem LM317

Bild 1 zeigt die typisch einfache Schaltung des Spannungsregler LM317. R1 und R2 erzeugen die gewünschte Ausgangsspannung an Ua, wobei die Spannung über R1, gemäss der IC-internen Bandgap-Referenz, sehr konstant ist. Ua wird aber für das Experiment mit GND kurzgeschlossen. An den Eingang Ue schaltete ich ein Akku-Ladegerät, das bei 12 VDC etwa 4 Ampere liefert. Kaum angeschlossen sank der Strom auf 120 mA. Am Montageteil des LM317 stieg die Temperatur ebenso schnell auf 130 ºC und blieb konstant. Die Chip-Temperatur ist um einiges höher. Dies zu errechnen ist möglich mit dem thermischen Widerstand "Junction to Case", definiert in "Electrical Characteristics - LM317" auf Seite 2 im LM317-Datenblatt mit 5 °C/W.

Das Mass der zulässigen Verlustleistung ist abhängig von der Wärmeableitung, z.B. mit einem Alu-Kühlprofil mit Rippen. Die Kühlung ergibt sich aus der Abstrahlung der Wärme (Infrarot) und der Luftkonvektion durch diese Rippen. Bei hoher Leistung wird dies oft mit einem Ventilator unterstützt. Für das Experiment benötigt man eine Kältespray-Dose. Ein kurzer Spritzer zum Montageteil des LM317 und man sieht wie der Strom schnell hoch- aber auch wieder ebenso schnell runterfährt. Eben so schnell fällt die Temperatur und steigt nach dem Kältespritzer wieder auf 130 ºC. Dieses kleine Experiment eignet für den praxisorientierten Elektronik-Unterricht!




LM317 mit elektronischer Sicherung

Die vorliegende Schaltung eignet sich als Stand-Alone-Netzteil mit vorgeschaltetem Netztrafo, Gleichrichter und Glättung mit Elko. Oder als Zusatz zu einem bereits bestehenden Netzteil oder Netzgerät. Für den Azubi, im Bereich seiner Elektronik-Ausbildung, eignet sich die Schaltung um einiges zu Lernen im Bereich von integrierten Spannungsreglern und ebenso die Eigenschaften eines Leistungs-MOSFET in der Funktion der elektronischen Sicherung. Es lohnt sich für den Azubi auch nur Teile der Schaltung mit einem Steckbrett zu realisieren. Messen und so etwas zu lernen. Gewisse Aha-Effekte werden nicht ausbleiben. Dazu kommt, dass es einige Elektronik-Minikurse gibt, die man zum Studium mit einbeziehen kann. Es geht u.v.a. dabei ebenfalls um den LM317. Man kann hier auswählen:

Ist die Verlustleistung wegen Überlastung oder Kurzschluss so hoch, dass die Zerstörung des IC droht, reduziert ein Teil der internen IC-Schaltung, wie bereits angedeutet, den Strom soweit, dass dies nicht passieren kann. Dadurch wird die relativ hohe Temperatur unterhalb des kritischen Wertes stabilisiert. Der Strom geht so weit wie nötig zurück. Man bezeichnet diesen Vorgang den Save-Operating-Area.

Wir beginnen mit der Elektronischen Sicherung. Mit dem Einschalten von Schalter S, fliesst vom Eingang Ue ein Strom durch die träge Schmelzsicherung F (Fuse) mit 3 A via C1 und R1 nach GND. Dabei wird mit der Zeitkonstante R1*C1 von etwa 50 ms C1 geladen. Via R2 fliesst, während des Ladens von C1, ein abnehmender Strom in die Basis von T2, weil die Spannung über R1 ebenfalls abnimmt. Es resultiert ein niedriger T2-Kollektorstrom, aus Ue via R5 und R4. R5 liefert während diesem Vorgang die notwendige Gate-Source-Spannung für T1. T1 leitet und sein Drain (D) liefert Strom zum Eingang des LM317. Dies allerdings nur so lange wie T2 aktiv ist. Aber bereits etwas zuvor übernimmt T3 die selbe Aufgabe wie zuvor T2. Der Drain von T1 liefert ohne Unterbrechung weiter den Strom zum Eingang des LM317, weil vom Ausgang des LM317 fliesst via R3 ein Strom in die Basis von T3. Auf diese Weise bleibt der LM317 ohne Unterbruch aktiv. Dies ist ein Mitkopplungs-Effekt, auch als positiver Feedback bekannt.

Kurzschluss: Das ändert sich erst, wenn zwischen Ua und GND ein Kurzschluss geschieht. Dann wird dieser Stromkreis zurück zur Elektronischen Sicherung unterbrochen, weil die T3-Basis keinen Strom mehr bekommt und so das Gate von T1 Source-Potenzial hat, durch den Einfluss alleine vom stromlosen R5. T1 ist offen und der Drain liefert keinen Strom mehr zum Eingang des LM317. Wenn der Kurzschluss zwischen Ua und GND beseitigt ist, muss man Schalter S kurz aus- und wieder einschalten und die gesamte Schaltung arbeitet wieder als stabile DC-Spannungsquelle, wie zuvor.

Strommessung: Will man den Strom messen, eignet sich der Ausgang Ua nicht, weil der Innenwiderstand des Messgerätes die Stabilität der Ausgangsspannung verschlechtert. Dazu kommt, dass die Spannung über der Strommessung (Shunt) dazu beiträgt, dass der Kurzschluss evtl. nicht erkannt wird durch die Schaltung mit T3, weil die T3-Basis noch Strom leitet. Dieses Problem kann man jedoch beseitigen mit dem zusätzlichen Widerstand Rx. Der Spannungsteiler R3/Rx bewirkt, dass am Knotenpunkt von R3 und Rx die T3-Basis-Emitter-Spannung so niedrig ist im Zustand des Beinahe-Kurzschlusses, dass kein T3-Basis- und somit kein T3-Kollektorstrom fliessen kann. Rx muss man so dimensionieren, dass die Spannung über Rx nicht grösser ist als etwa 0.4 VDC. Aber, wie erwähnt, dies muss nur dann beachtet werden, wenn die Strommessung an Ua erfolgen muss.

Wenn es so funktioniert ist die gesamte Schaltung im Aus-Zustand. T2 und T3 leiten nicht. R5 sorgt dafür, dass das T1-Gate (MOSFET) auf Sourcepotenzial liegt. Erst dann wenn Schalter S geöffnet und wieder geschlossen wird, wird C1 erneut via R1 aufgeladen. Während dessen der T2-Kollektorstrom den T1 aktiviert, LM317 seine Aufgabe wahrnimmt und den T3-Kollektorstrom aktiviert. Dabei wird T2 inaktiv, knapp bevor C1 aufgeladen ist. Es läuft also genau so ab, wie wenn Rx nicht im Einsatz ist bei totalem Kurzschluss zwischen Ua und GND.

Schmelzsicherung: Wozu diese träge Sicherung F (Fuse) mit 3 A? Ganz einfach, wenn aus irgend einem Grund die Schaltung nicht mehr funktioniert und total kurzschliesst innerhalb der Schaltung, ist F die letzte und sichere Instanz, dass alles ausgeschaltet wird und möglichst kein Bauteil irgendwelche Rauchzeichen von sich gibt. Dabei ganz wichtig, nicht vergessen, die Wärmeableitung des LM317 muss auf die maximale Verlustleistung bei Kurzschluss an Ua dimensioniert sein. Auch ohne Kurzschluss ist die Verlustleistung im Betriebszustand fast gleich gross, wenn Ua auf der niedrigsten Spannung, das ist die Referenzspannung von 1.25 VDC, im Einsatz ist. Eine Unterstützung zur Berechnung eines Kühlkörpers bietet dieser Elektronik-Minikurs:

Maximale Gate-Source-Spannung: Die Z-Diode Z mit 12 VDC (oder 15 VDC) sorgt dafür, dass die Gate-Source-Spannung von T1 unterhalb von 20V bleibt (siehe Datenblatt).

LM338 der grosse Bruder des LM317: Genügen maximal 1.5 A nicht, kann man den LM317 durch den LM338 ersetzen mit maximal 5 A. Getestet habe ich dies nicht. Ich sehe, auf Grund des Vergleichs der beiden Datenblätter, keinen Grund weshalb es Probleme geben soll. Der MOSFET IRF9Z34N (T1) eignet sich problemlos auch für die 5-Ampere-Version. Bei 5 A beträgt die Drain-Source-Spannung 0.5 VDC. Ist das zuviel, muss man ein MOSFET mit einem geringeren Drain-Source-Widerstand wählen.

Trafo, Gleichrichter und Elko: Dies fehlt noch, ist aber hier kein Thema. Es gibt viel Literatur zu diesem Thema im Internet und in Büchern. Zur Berechnung eines Trafos empfehle ich stets das Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von Ulrich Tietze, Christoph Schenk und Eberhard Gamm. Es gibt ein grosses Kapitel "Stromversorgung", das die Berechnung von Netztrafo, Gleichrichter und Glättungs-Elko beinhaltet. Ich bin im Besitz eines Buches der 9. Auflage. Ob bei der aktuellen Version dieses Thema noch immer derart ausführlich bearbeitet ist, muss man sich beim Autor (siehe Link) erkundigen. Eine gewisse Kürzung wäre verständlich, weil man annehmen muss, dass neue Themen in den neuen Buchversionen erscheinen und entsprechend Platz benötigen.

Eine gewisse Unterstützung diesbezüglich bietet auch dieser Elektronik-Minikurs mit dem Titel:
Renovation eines "Steinzeit"-Netzgerätes 0.1 - 10 VDC / 3A
Siehe ab Kapitel "Trafo, Gleichrichter und Spannungsverdoppler".

Einschalt-Stromimpuls messen: Es geht auch einfacher und ohne die Test-Schaltung mit den Transistoren T1t, T2t und T3t (t für Test). Aber der Leitungsunterbruch zwischen der Schmelzsicherung F (Notfall!) und der Source (S) des MOSFET T1 muss sein, wegen dem Strommess-Shuntwiderstand Rsh. Anstelle von T1t, T2t und T3t genügt ein Taster, verbunden mit den T1t-Lötaugen für Kollektor und Emitter auf dem Print. Voraussetzung ist das Vorhandensein eines Speicher-Oszi, weil dieses muss beim Tastendruck das Einzelereignis auf dem Bildschirm festhalten. Siehe skizziertes Diagramm in Teilbild 3.1.

Statt Taster niederfrequente Rechteckspannung: Es geht auch mit einem (alten) analogen Oszi, wenn am Eingang Ut eine Rechteckspannung im unteren Hz-Bereich anliegt. Das kann eine TTL-Spannung oder eine Spannung aus einer CMOS-Schaltung sein. Fehlt so etwas, ist es leicht einen solchen Taktgenerator mit einem 555-Timer-IC - vorzugsweise mit der CMOS-Version TLC555 oder LMC555 - zu realisieren. Wie das geht, zeigt dieses Bild aus diesem Elektronik-Minikurs im Kapitel "Rechteckgenerator, einfacher und trotzdem besser!". Man beachte die linke Bildhälfte mit der CMOS-Version (LMC555 TLC555) und der einfachen Berechnungsformel für die Frequenz. Natürlich geht es auch mit einem vorhandenem Rechteck- oder Funktionsgenerator, wenn dieser nicht für einen andern Zweck im Einsatz ist.

Wie funktioniert die Messung?: Im ersten Moment der steil steigenden Spannung Ut beginnt der Kurzschluss-Strom (siehe die kleinen Pfeile) zu fliessen. Dies ist möglich während C1 sich via R1 auflädt. Ganz im Anfang hat die Spannung über R1 den Wert von beinahe Ue. Mit zunehmendem Aufladen von C1 nimmt diese Spannung über R1 ab. Ein kleiner Teil diese Stromes fliesst via R2 in die Basis von T2. T2 leitet mit seinem Kollektorstrom. Dieser Stromfluss mit dem Beinahe-Ue-Pegel an der Source S von T1 via R5 erzeugt zunächst soviel Gate-Source-Spannung, dass T1 gesättigt ist mit dem niedrigem Drain-Source-Widerstand von etwa 100 m-Ohm (siehe Datenblatt).

Dies erzeugt zunächst den konstanten maximalen Kurzschluss-Strom von etwa 2 A, begrenzt durch den LM317, wie es das Diagramm in Teilbild 3.1 zeigt. Dies während etwa 20 ms. Dann, nach dem Ende der T1-Sättigung, sinkt die Spannung über R1 wegen dem Aufladen von C1. Dabei reduziert sich der Kurzschluss-Strom mit weiteren etwa 30 ms. T1 verlässt den Sättigungszustand. Nach etwa total 50 ms ist der Kurzschluss-Strom auf Null, weil das T1-Gate Source-Potential hat. Die elektronische Sicherung hat ihre Aufgabe erfüllt. Ein Neustart ergibt sich, wenn Ut einen neuen High-Pegel liefert. Der selbe Vorgang wiederholt sich. Beseitigt man zuerst den Kurzschluss an Ua (Ks), erzeugt ein neuer kurzer Highpegel an Ut die Aktivierung der Ausgangsspannung Ua und der LM317 erfüllt erneut seine Pflicht.




Vom Overload-Stromsensor zur elektronischen Sicherung

Ganz zum Schluss zu einem der ersten und ältesten Elektronik-Minikurse. Es ist eine andere Art von elektronischer Sicherung als diese hier. Der E-Minikurs ist aufgeteilt in zwei Teilen. Der erste Teil widmet sich den Grundlagen. Im zweiten Teil folgt eine praktische Anwendung, und von dieser Seite zeigt ein Link zum E-Minikurs Sicherer ICs testen, ein Hochsicherheits-Netzteil. Auch hier hat es eine elektronische Sicherung.




Thomas Schaerer, 19.03.2021