NE555 als astabile Kippstufe / astabiler Multivibrator

Astabile Kippstufe

Die astabile Kippstufe oder der astabile Multivibrator ist eine selbsttätige Schaltung, die sofort nach dem Einschalten der Versorgungsspannung arbeitet. Diese Schaltung erzeugt in Abhängigkeit der Widerstände R1 und R2, sowie dem Kondensator C1 ein fortlaufendes Rechtecksignal.
Die astabile Kippstufe ist die häufigste Anwendung des Timer-ICs NE555. Meist geht es darum, eine LED zum Blinken zu bringen oder eine taktabhängige digitale Schaltung mit einem Taktsignal zu versorgen.

  • Im wesentlichen sind die Bauteile R1, R2 und C1 für die Funktionsweise dieser Schaltung verantwortlich.
  • Der Kondensator C2 sorgt dafür, dass die Schaltung nicht schwingt.
  • Die Halbleiterdiode D ist optional und sorgt dafür, dass ein Impuls-Pausen-Verhältnis von 1:1 einstellbar ist.

In der dargestellten Schaltung wurde auf einen Stützkondensator für die Versorgungsspannung direkt am Timer verzichtet. In einer praktischen Anwendung sollte er berücksichtigt werden. Ein einfacher Wickelkondensator mit 100 nF reicht aus.

Funktionsbeschreibung

Spannungsverlauf am Punkt zwischen Widerstand und Kondensator

Im Einschaltmoment ist der Kondensator C1 entladen. Dadurch liegt der Trigger-Eingang des NE555 (Pin 2) auf GND. Der erste Taktimpuls wird gestartet. Der Kondensator C1 beginnt sich über die Widerstände R1 und R2 aufzuladen. Sobald am Kondensator C1 2/3 von +VCC anliegt, wird das interne RS-Flip-Flop zurückgesetzt. Die Schaltschwelle des internen Komparators am Rücksetzeingang des internen Flip-Flops ist durch den dreiteiligen Spannungsteiler so festgelegt, dass der Komparator nach 0,69 τ (tau) umschaltet. Der Taktimpuls am Ausgang (Pin 3) fällt ab. Der Discharge-Ausgang (Pin 7) wechselt auf GND. Der Kondensator C1 entlädt sich über den Widerstand R2 und den Discharge-Ausgang (Pin 7). Wenn am Kondensator C1 eine Spannung von 1/3 +VCC anliegt, dann beginnt der Taktzyklus von vorne.

Impulsdauer und Impulspause im Verhältnis 1:1 (50%:50%)

Da der Widerstand R2 sowohl auf die Impulsdauer und die Impulspause und der Widerstand R1 nur auf die Impulsdauer Einfluss hat, ist es nicht möglich ein Impuls-Pausenverhältnis von 1:1 bzw. 50%:50% einzustellen. Mit einer zusätzlichen Halbleiterdiode D parallel zum Widerstand R2 lässt sich dieses Tastverhältnis einstellen, wenn R1 = R2 ist.
Die Diode sorgt dafür, dass im Ladezustand des Kondensators C1 der Strom über die Diode fließt. Sie überbrückt den Widerstand R2. Beim Entladen des Kondensators C1 ist die Diode in Sperrrichtung geschaltet. Über sie kann kein Strom fließen. Der Entladestrom muss über den Widerstand R2 zum Discharge-Ausgang (Pin 7) abfließen.

Beispiel für eine Bauteilliste

Zeichen Bauteil Wert / Typ
R1 Widerstand 100 kOhm
R2 Widerstand 68 Ohm
C1 Kondensator 4,7 µF
C2 Kondensator 10 nF
D Halbleiterdiode 1N4148

Der Widerstand R1 sollte nicht kleiner als 10 kOhm sein, sonst fällt am Discharge (Pin 7) zuviel Spannung ab, was zu einem temperaturabhängigen Fehler führt.

Dimensionierung

Natürlich stellt sich bei dieser Schaltung die Frage, wie man die Frequenz und das Impuls-Pausen-Verhältnis sinnvoll einstellen kann. Tatsächlich ist das nicht so ganz einfach.

  • Da der Widerstand R2 sowohl auf die Impulsdauer und die Impulspause und der Widerstand R1 nur auf die Impulsdauer Einfluss hat, ist es nicht möglich ein Impuls-Pausenverhältnis von 1:1 bzw. 50:50 einzustellen.
  • Die Trennung von Ladezeit und Entladezeit geht beim NE555 nur über Dioden.
  • Die Kondensatoren bzw. deren Kapazitäten sollten für die Zeitbestimmung möglichst klein sein. Entsprechend müssen die Widerstände ebenso klein gewählt werden. Das Laden und Entladen des Kondensators ist als Stromverbrauch zu werten.
  • Der Widerstand R1 sollte nicht kleiner als 10 kOhm sein, sonst fällt am Discharge (Pin 7) zuviel Spannung ab, was zu einem temperaturabhängigen Fehler führt.
  • Vorsicht, bei zu hochohmigen Widerständen. Wird der Ladestrom des Kondensators C1 kleiner als sein Leckstrom, dann funktioniert die Schaltung nicht mehr. Insbesondere Elektrolytkondensatoren haben Leckströme, die temperaturabhängig und güteabhängig sind und auch von der Einlötdauer beeinflusst sind.

Impulszeiten von Minuten oder bis zu fast einer Stunde sind auf diese Weise nur sehr schlecht (und reproduzierbar) lösbar. Besser macht man das entweder mit einem Taktgenerator und einen Teiler oder noch flexibler mit einem Mikrocontroller.

Berechnung der Impulsdauer ti und Pausendauer tp

Formel für Impulsdauer
Formel für Pausendauer

Die Impulsdauer ti entspricht der Ladezeit des Kondensators C1 über die Widerstände R1 und R2. Die Impulspause tp entspricht der Entladezeit des Kondensators C1 über den Widerstand R2.
Aus den Formeln für Impuls- und Pausendauer geht hervor, dass der Impuls immer länger als die Pause ist.
Indem man R1 aber wesentlich kleiner macht als R2, bekommt man fast symmetrische Verhältnisse hin.
Möchte man einen kurzen Impuls und eine lange Pause, dann schaltet man zum Beispiel eine LED (mit Vorwiderstand) nicht von Q nach GND, sondern von +VCC nach Q. Dabei muss man auf die richtige Polung der LED achten.

Berechnung der Periodendauer T

Formel für Periodendauer
Formel für Periodendauer

Die Periodendauer T ist der Taktzyklus, der mit dem Anstieg des Taktimpulses beginnt und bis zum Anstieg des nächsten Taktimpulses andauert. Die Periodendauer T kann dadurch berechnet werden, indem man die Formeln für Impulsdauer und Impulspause zusammenfasst.

Berechnung der Impulsdauer ti und Pausendauer tp mit Diode

Formel für Impulsdauer
Formel für Pausendauer

Berechnung der Periodendauer T mit Diode

Formel für Periodendauer

Berechnung der Frequenz f

Formel für Frequenz
Formel für Frequenz

Berechnung (ohne Diode)

R1 (Ohm)

R2 (Ohm)
C1 (µF)

Ergebnisse

An-Zeit (s)
Aus-Zeit (s)
Frequenz (Hz)
Zyklus-Zeit (s)
   

Anwendungen

  • Taktgeber / Taktgenerator / Rechteckgenerator
  • Takterzeugung für eine Impulsbreiten-Modulation
  • Blinklichtschaltung

Problem: Abhängigkeit von Frequenz und Duty Cycle

Diese und auch vergleichbare Schaltungen haben ein grundsätzliches Problem: Die Frequenz und das Puls-Pausen-Verhältnis sind miteinander gekoppelt. Gemeint ist, dass sich die Frequenz und das Puls-Pausen-Verhältnis nicht unabhängig voneinander einstellen lässt.

Dazu folgende Erläuterung: In einer typischen RC-Schaltung wird die Frequenz durch die Lade- und Entladezeiten des Kondensators bestimmt, die wiederum vom Widerstand, aber auch von weiteren Widerständen in der Schaltung abhängen. Gleichzeitig wird aber auch das Puls-Pausen-Verhältnis (Duty Cycle) durch das Verhältnis der Lade- zur Entladezeit bestimmt. Da beide Zeiten für Laden und Entladen von den gleichen RC-Komponenten beeinflusst werden, sind Frequenz und Duty Cycle miteinander gekoppelt. Wenn man die Frequenz ändern möchte, muss man in der Regel entweder den Widerstand oder die Kapazität ändern. Doch diese Änderung beeinflusst dann auch das Puls-Pausen-Verhältnis.
Das heißt, in einer einfachen analogen RC-Schaltung ist es unmöglich, sowohl die Frequenz als auch das Duty Cycle unabhängig voneinander einzustellen.
Um dieses Problem zu lösen, sind komplexere Schaltungen erforderlich, die zusätzliche Komponenten verwenden. In der Praxis macht man es sich einfacher und verwendet einen VCO (Voltage-Controlled Oscillator) oder einen Mikrocontroller, um kontinuierlich wechselnde Signale oder PWM-Signale zu generieren.

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