Stromspiegel-Schaltungen

 


Einleitung

Der Stromspiegel ist grundsätzlich nichts anderes als eine stromgesteuerte Stromquelle. Diese funktioniert in präziser Form mit Operationsverstärker (Opamp) und Transistor (JFET oder BJT) wie dies Teilbild 1.1 und 1.2 zeigen oder mit nur zwei BJT (Teilbilder 1.3 und 1.4), wobei da gibt es Tücken, die wir noch genauer "anpacken" werden. Soviel zunächst, mit diesen beiden BJT alleine ist es nicht getan. R1 und R2 deuten es an. Speziell Teilbild 1.2 mit einem BJT als Transistor T im Einsatz, kommt bekannt vor, wenn man diese Schaltung (Teilbild 1.3) im Elektronik-Minikurs Konstantstromquelle mit Operationsverstärker... bereits kennt. Der Einsatz von MOSFETs ist ebenfalls möglich in der Funktion als Stromspiegel, wie dieses Beispiel zeigt. Gleich gut geeignet, wie der BJT (inklusive Darlington) wenn die Schaltung nur mit einer positiven Spannung (Single Supply) gespeist wird, entsprechend den Teilbildern 1.2, 1.3 und 1.4.



Stromspiegel mit Operationsverstärker und JFET oder BJT

Teilbild 2.1 zeigt einen Stromspiegel mit Opamp und JFET, vor langer Zeit irgendwo entdeckt in der grossen weiten Welt der Elektronikliteratur. Die Funktionsweise ist ganz einfach. Strom Ie erzeugt an R1 eine Spannung. Die Spannungsgegenkopplung via JFET T erzeugt an R2 exakt die selbe Spannung wie an R1, weil zwischen den Eingängen eines Opamp die Spannung 0 V beträgt im eingeschwungenen stabilen Zustand, abgesehen von der geringen DC-Offsetspannung.

Dazu benötigt es eine Spannungsquelle mit +Ua, kontaktiert mit dem Drain D des JFET T. +Ua muss grösser sein als, als die Spannung über R2 plus etwas mehr als die minimale Drain-Source-Spannung von T. Nur so ist die Funktion der Regelung sichergestellt. Man konsultiere dazu das Datenblatt des JFET. Wenn R1 = R2 gilt Ia = Ie. In Worten, der gespiegelte Strom Ia (a = Ausgang) ist gleich gross wie der Strom Ie (e = Eingang), der auf den Stromspiegel am Eingang der Schaltung "trifft".

Wenn in einer Opampschaltung, wie in Teilbild 2.1, keine Art der Betriebsspannung gezeichnet ist, gilt die Regel von ±Ub (Dual-Supply), wie dies Teilbild 2.2 zeigt. Im nächsten Schritt überlegen wir, ob die Schaltung in Teilbild 2.3 mit +Ub und GND (Single-Supply) korrekt arbeitet. Das bedeutet wir benötigen ein Single-Supply-Opamp. Das kann z.B. den LM358 (Dual-Opamp) oder den TLC271 (Single-Opamp) in LinCMOS-Technologie sein. Diese Opamps arbeiten bis hinunter zum GND-Pegel ein- und ausgangsseitig, jedoch nicht bis zur Betriebsspannung +Ub. Deshalb gehören diese beiden Opamps nicht zur Gruppe mit Rail-to-Rail-Eigenschaften. Die deutlich moderneren Rail-to-Rail-Opamps eignen sich hier natürlich ebenfalls.

Man muss dabei drauf achten, dass die Unity-Gain-Bandbreite und die Slewrate mindest die selben Werte haben wie die der LinCMOS-Familie von TLC271 (Pin 8 auf LOW bei Single-Supply oder Pin 8 auf -Ub bei Dual-Supply), TLC272 und TLC274. Wichtig, auch auf die richtige Betriebsspannung achten. Eine grosse Anzahl dieser modernen Opamps sind auf niedrige Betriebsspannung konzipiert. Beim Experimentieren auf einem Steckboard muss man drauf achten, dass es viele dieser modernen Opamps nicht mehr im DIP-, sondern nur noch in einem SMD-Gehäüse gibt. Gerade für diesen Zweck u.a. gibt es Adapter.

Leider funktioniert die Schaltung in Teilbild 2.3 nicht, weil Schuld hat der JFET T mit seiner Eigenschaft, dass ein Drainstrom fliesst, wenn das Gate Source-Potential hat. Erst bei negativer Gate-Source-Spannung kann der JFET überhaupt arbeiten und wenn genügend negative Spannung, dann sperren, wenn nötig. Weil dem nicht so ist, macht es den Regelprozess unmöglich. Abhilfe schafft der Einsatz eines bipolaren Transistors (BJT), wie dies Teilbild 2.4 zeigt.

Vor- und Nachteil: Der JFET ist spannungsgesteuert. Die Grösse des Drainstromes (Ia) hat keinen Einfluss auf das Gate. Anders beim BJT, weil der Basisstrom durch den Kollektorstrom (Ia) und der Stromverstärkung bedingt ist. Dies hat zur Folge, dass durch R2 nicht nur der Drainstrom (Ia) fliesst. Es ist die Summe von Ia und dem Basisstrom. Wenn nicht gerade eine sehr hohe Präzision gefordert ist, ist der BJT die geeignete Wahl, wenn der andere Vorteil des Singl-Supply-Modus von Bedeutung ist. Wenn jedoch die Spiegelpräzision und der Singl-Supply-Modus wichtig sind, eignet sich auch ein Darlington (BJT) oder ein MOSFET.



Die Experimentierschaltung

Wir verwenden die Schaltung in Teilbild 2.4, hier wiederholt, in Teilbild 3.1 zum Experimentieren mit der Schaltung in Teilbild 3.2. R1 dient, wie gewohnt, zur Messung der Stromes Ie. Man erzeugt so eine Spannung, die der indirekten Strommessung dient. R2 erzeugt die selbe Spannung wie R1, weil R1 = R2. Somit fliesst durch R2 den selben Strom. Wegen dieser Funktionsweise von R1 und R2 bezeichnet man diese beiden Widerstände als Shuntwiderstände.

Basisstrom: Dazu beachte man Figure 3 (DC-Current-Gain) und Figure 1 (Static-Characteristic) aus dem BC547-Datenblatt. Zuerst Figure 3. Da erkennt man die hohe Konstanz einer Stromverstärkung von 200 bei einer Variation des Kollektorstromes von 1 mA bis etwa 70 mA, bei einer Kollektor-Emitterspannung von 5 V. Bei einem Kollektorstrom (Spiegelstrom Ia) von 1 mA bis 10 mA bedeutet dies ein ein Basisstrom von 5 µA bis 50 µA. Dieser Basisstrom addiert sich zum Kollektorstrom und daraus resultiert der Emitterstrom von 1 mA bis 10 mA auf 1.005 mA bis 10.05 mA. Das ist eine Abweichung von 0.5 Prozent.

Dabei muss man zusätzlich die Toleranz von R1 und R2 mit 1 % berücksichtigen. Im Extremfall kann z.B R1 +1% und R2 -1% vom Sollwert abweichen. In diesem Fall beträgt den Stromunterschied zwischen Ie und Ia 2 %. Das ist deutlich mehr als die Toleranz, ausgelöst durch den Basisstrom. Fazit: Will man es sehr genau, müsste man für R1 und R2 teure Widerstände mit einer Toleranz von 0.1% einsetzen.

Diese Stromverstärkung von 200 als Minimum bezieht sich auf den BC547B. Es gibt die A-, B- und C-Version, wie bei vielen anderen BJT. Falls erhältlich, empfiehlt sich die C-Version mit einer minimalen Stromverstärkung von 420. Ist die Kollektor-Emitter-Spannung niedriger als 5 V, reduziert dies die Stromverstärkung. Mehr Details dazu kann man aus Figure 1 selbst herleiten.

Wozu R3 und vielleicht auch R4: Genau genommen, braucht es diese beiden Widerstände im Betrieb nicht. Will man jedoch den Basisstrom von T messen, dann empfiehlt sich R3 um die Spannung zu messen, die man durch den R3-Widerstand dividiert. Das Resultat ist der Basisstrom.

Ohne R3 und R4 im Einsatz befindet sich die Ausgangsspannung des Opamp ständig auf dem Niveau der Basis-Emitterspannung von T von etwa 0.7 V plus die Spannung über R2. Ist der Stromspiegel im dynamischen Einsatz - schnelle Stromänderung - kann sehr kurzzeitig der Strom am Ausgang des Opamp unnötig gross sein. Dies kann je nach Einsatz der Komponenten und Dimensionierung zu Problemen führen. Mit R3 wird dieser kurzzeitige Spitzenstrom deutlich kleiner. Kommt noch R4 dazu erzeugt man einen Spannungsteiler, der dafür sorgt, dass der Opamp schon gar nicht auf so niedrigem Spannungsniveau am Ausgang arbeitet, die Stromregulierung aber trotzdem einwandfrei arbeitet. Die Werte von R3 und R4 werden empirisch ermittelt. Hauptsache ist, dass der Spannungsbereich am Ausgang des Opamp bei einigen Volt unterhalb von +Ub und oberhalb von GND liegt.

Bipolar oder LinCMOS: Beliebt für den Single-Supply-Einsatz sind der bipolare (BJT) Dual-Opamp LM358 und Quad-Opamp LM324. Beide sind in Bezug auf die interne Schaltung identisch. Der Vorteil dieser Opamps ist der relativ grosse Bereich der Betriebsspannung von 3 bis 30 VDC. Genügt ein Bereich der Betriebsspannung von 3 bis 16 VDC empfiehlt sich die LinCMOS-Serie TLC271 (Single), TLC272 (Dual) TLC274 (Quad). Speziell beim Single-Opamp TLC271 ist, dass sein Leistungsverbrauch zum Nachteil einer kleineren Frequenzbandbreite und Slewrate reduziert werden kann. Dies geschieht mit Pin 8. Hier, für das Experiment, ist Pin 8 für das beste Resultat auf LOW gesetzt.

STROMSPIEGEL: Teilbild 4.1 zeigt die selbe Schaltung wie Teilbild 3.2, jedoch für den experimentellen Einsatz dimensioniert. Die Dimensionierung ist ein Beispiel. Mit dem Wunsch nach andern Stromwerten, kann man alle Bauteile entsprechend wählen und die Schaltung anpassen. Anstelle des einfachen BJT BC547 kann man auch einen Darlington, z.B. den BC517 ohne Änderung von R3, R4 und C2 einsetzen. Der Basisstrom reduziert sich dadurch von etwa 5 µA auf etwa 17 nA. Dies bedeutet, dass man die Beeinflussung des Emitterstromes total vernachlässigen kann. Bei einem Kollektorstrom von 1 mA resultiert ein Emitterstrom von 1.000017 mA. C2 kompensiert den Millereffekt von T1. Dies begünstigt steile Schaltflanken.

Nur noch der MOSFET, z.B. der BS170, liefert noch bessere Werte, weil MOSFETs spannung- und nicht stromgesteuert sind. Dazu muss man R4 und C2 entfernen, dafür R3 mit nur etwa 100 Ohm nahe beim Gate des BS170 einsetzen, um das Risiko der parasitären Oszillation bei einem Schaltvorgang zu vermeiden. Das Angenehme beim Austausch von BC547 zu BC517 oder BS170 ist, die Anschluss-Pins identisch angeordnet sind. Dies bedeutet Kollektor -> Drain, Basis -> Gate und Emitter -> Source, wie dies Teilbild 4.1a zeigt. Die Anschluss-Pins gelten von oben betrachtet (TOP-VIEW).

Bias-Selection: Wie bereits angedeutet, kann man mit Pin 8 das Leistungsverhalten bzw. die Geschwindigkeit des TLC271 beeinflussen. Langsamer und dafür mit geringem Leistungsverbrauch eignet sich für den Batteriebetrieb, was hier keine Bedeutung hat. Das Gegenteil trifft zu, wie wir gleich erkennen. R5 und R6 bilden einen 1:2-Spannungsteiler aus dem TLC271-Datenblatt. Mittels Jumper oder DIP-Schalter, auch als Mäuseklavier bezeichnet, kann man LOW (GND), MEDIUM (+Ub/2) oder HIGH (+Ub) wählen. Die Wahl des Bias-Mode ist sinnvoll, wenn man mit Strom-Umschaltung experimentiert. Bei niedrigen Umschaltfrequenzen genügt die Kontaktierung zwischen Pin 8 und HIGH (+Ub), bei höherer Frequenz empfiehlt in der Regel zwischen Pin 8 und LOW (GND). Der praktische Sinn einer solchen Stromumschaltung kann der Stabilitätstest einer Schaltung oder Teil einer Schaltung sein, die mit einer Stromquelle arbeitet. Genau das war vor langer Zeit in einem Projekt meine Motivation.

Stromumschaltung: Wozu denn das, mag der geneigte Leser sich fragen, für den der Stromspiegel Neuland ist. Die einfache Antwort, ein Stromspiegel der nie seinen Ausgangsstrom ändert, braucht es nicht, weil dann genügt eine Konstant-Stromquelle. Will man mehr zu diesem Thema lesen, empfiehlt sich der folgende Elektronik-Minikurs mit Links am Schluss zu weiteren Konstantstrom-Themen:

Es geht hier also darum, mit einer einfachen Methode zu testen, wie reagiert ein elektronischer Stromspiegel auf schnell schaltende Stromänderungen. Damit hat man zunächst eine grobe und doch wertvolle Aussage zur Verarbeitung analoger Stromsignale bis zu einer maximal zulässigen Frequenz. Eleganter wäre ein Funktionsgenerator mit zusätzlichem Stromausgang. Ob es das überhaupt gibt, ich denke eher nicht oder doch und dann nicht gerade preiswert. Alternativ kann man so etwas selbst realisieren mit einer Zusatzschaltung, welche die Ausgangsspannung eines preiswerten Funktionsgenerators in einen Strom wandelt. Aber das wäre ein ganz anderes Thema...

Gemessen wird die Spannung an R2, dargestellt in Teilbild 4.2. Diese Spannung ist proportional zum Emitter- bzw. Kollektorstrom von T1, wobei, wie bereits erwähnt, die schwache Beeinflussung des Basisstromes auf den Emitterstrom oft vernachlässigbar ist. Stellt man relativ hohe Ansprüche an maximaler Frequenz und dies bei einem möglichst präzisen Tastgrad von 0.5, müsste man mit einer hochpräzisen schaltbaren Stromquelle arbeiten. Dies kann die Schaltung in Teilbild 4.3, die wegen der Einfachheit dafür leicht nachvollziehbar ist, leider nicht. Das alte Lied also vom Batzen und dem Brötchen. Trotzdem, für viele Anwendungen genügt diese einfache Schaltung. Die maximale Frequenz liegt bei 10 kHz (Periode = 100 µs), wenn der Tastgrad t/T = 0.5 wichtig ist. Die Flankenzeiten betragen etwa 0.5 µs. Die punktierte Linie mit den grossen Pfleilen zeigt die Verbindung zwischen der KONSTANT-STROMQUELLE (Teilbild 4.3) und dem STROMSPIEGEL (Teilbild 4.1).

KONSTANT-STROMQUELLE: T4 bildet mit R8, P1, R7 und roter LED eine Konstantstromquelle. Da die Spannung/Temperatur-Drift von der Basis-Emitter-Spannung eines Silizium-Transistors praktisch gleich gross ist wie die einer LED mit -2 mV/K, ist der Kollektorstrom von T4 (Ie), für die vorliegende Anwendung, stabil genug. Damit für beide Halbleiter möglichst die selbe Umgebungstemperatur einwirkt, sollte man LED und T4 nebeneinander auf dem Print anordnen. Will man dies noch etwas verbessern, dann zwischen LED und T4 etwas Wärmeleitpasta "schmieren".

Kalibrierung: Mit P1 stellt man den niedrigeren Konstantstrom ein. Dazu muss am Steuereingang Us der Pegel auf LOW (GND) liegen. Dies ist bereits gegeben, wenn an Us nichts angeschlossen ist, durch R13. Danach folgt die Einstellung des höheren Stromes mit P2. Dazu muss Us auf HIGH liegen mit einer minimalen Spannung von etwa 2 VDC. T2 und T3 schalten ein und am T3-Kollektor liegt +Ub. Die Kollektor-Emitterspannung von T3 liegt im 10mV-Bereich. Mit P2 stellt man den höheren Strom ein. Dieser resultiert durch die Parallelschaltung von P1 + R8 mit P2 + R9. Als Schalttransistoren (BJT) dienen hier die leicht erhältlichen 2N3904 (NPN) und 2N3906 (PNP). Man beachte in den beiden Datenblätter die Angaben betreffs der kurzen Schaltzeiten Rise- und Falltime.



Stromspiegelschaltungen nur mit Transistoren

Dieses Thema folgt später in einem Update. Der erste Hinweis dazu liest man bereits hier in der Einleitung mit Bild 1.





Thomas Schaerer, 25.05.2019