Die Transistor-LED-Konstantstromquelle
mit ein oder zwei Transistoren und
Konstantstromquelle mit Bandgap und Opamp

 


Historisches zur Einleitung

Wenn man heutzutage Konstantstromquellen realisiert, denkt man keinen Augenblick daran, wie man so etwas im Zeitalter der reinen Elektrotechnik realisiert hätte. In einer Zeit, als es weder Transistoren, Vakuum-Verstärkerröhren noch Stabilisator-Kaltkathodenröhren gab. Diese brauchte man, um konstante Referenzspannungen zu erzeugen. Falls in dieser grauen Vorzeit, aus welchen Gründen auch immer, ein konstanter Strom benötigt wurde, musste zuerst hohe Spannungen erzeugen, wobei die Spannungskonstanz zur Speisung einer Stromquelle alleine schon ein Problem für sich war. Bild 1 zeigt diese einfache jedoch keineswegs ungefährliche Methode:

Es geht hier um eine Spannung von 1000 VDC! Der Totenkopf und die drei Ausrufzeichen unterstreichen die Gefährlichkeit eines solchen Experimentes! Eine ideale Konstantstromquelle hat einen unendlich hohen differenziellen Widerstand. Nur so bleibt der Strom einer solchen Quelle, unabhängig vom Lastwiderstand und somit von der Spannung über dem Lastwiderstand, immer gleich gross. Der differenzielle Widerstand der Konstantstromquelle drückt sich in dieser Formel aus:

   r = dU / dI

dU ist die Spannungsänderung über dem Lastwiderstand auf Grund einer Änderung des Lastwiderstandes und dI ist die Stromänderung. Es leuchtet also sofort ein, wenn der Strom sich nicht ändert, ist der resultierende differenzielle Widerstand der Stromquelle unendlich hoch, weil irgend einen Wert dividiert durch Null gibt unendlich. Realistisch ist es möglich Konstantstromquellen mit extrem hohen differenziellen Widerstandswerten zu realisieren, wobei der statische Innenwiderstand, im Verhältnis dazu, immer relativ niederohmig ist. Der statische Widerstand versteht man mit dieser Formel:

   R = U / I

Wenn eine elektronische Konstantstromquelle einen Spannungsabfall von z.B. 8 VDC hat und ein Strom von 5 mA fliesst, beträgt der statische Widerstand 1.6 k-Ohm. Der differenzielle Widerstand kann, je nach Qualität der Stromquellenschaltung, 1 M-Ohm oder auch viel mehr haben.

Zurück in die weit zurückliegende Epoche der Elektrotechnik, als es noch keine Elektronik gab. Bild 1 zeigt uns eine hohe Spannung von 1000 VDC, ein Vorwiderstand Rv von 1 M-Ohm und ein Lastwiderstand RL von 5 k-Ohm. RL ist ein Potmeter. Bei 1000 VDC begrenzt der dominante der beiden Widerstände, also Rv, den Strom auf 1 mA. Mit RL kann man eine Spannung URL von 0 bis 5 VDC einstellen, wobei der Quellwiderstand dem eingestellten Wert von RL entspricht, also 0 bis 5 k-Ohm. Der Strom von 1 mA hat bei dieser Variation eine gute Konstanz, wie die Tabelle zeigt. Die Abweichung beträgt gerade 0.5 Prozent bei einer Spannungsvariation von 5 VDC an RL.

Ohne den Einsatz einer elektronischen Methode, ist es nicht möglich einen hohen differenziellen mit einem niedrigen statischen Widerstand zu erzeugen. Man muss, um eine einigermassen akzeptable Konstantstromquelle zu erzeugen, für Rv einen hochohmigen Vorwiderstand Rv bei hoher Spannung einsetzen, der sehr viel grösser ist als der Lastwiderstand RL. Dabei leuchtet ein, dass auf diese Weise nur geringe Ströme im unteren mA-Bereich möglich sind, weil sonst die Verlustleistung über Rv sehr hoch wird. Bei 1000 VDC und 1 mA beträgt die Verlustleistung über Rv bereits 1 W. Über RL sind es maximal bloss 5 mW.



Konstantstromquelle mit Transistor

Wir verlassen hiermit diese vorsintflutliche Methode und gehen über zur einfachen Transistorschaltung als Konstantstromquelle, - zunächst ohne Einsatz einer konstanten Referenzspannung. Zuerst ein paar Worte zum Transistor. Warum eignet sich dieses Bauteil überhaupt als Konstantstromquelle? Die Ausgangskennlinie eines Transistors besitzt die geeignete Eigenschaft. Während das Verhältnis der Kollektor-Emitter-Spannung zum Kollektorstrom (UCE/Ic) bei wenigen k-Ohm liegt, beträgt das Verhältnis der Änderung der Kollektor-Emitter-Spannung zur Änderung des Kollektorstromes (dUCE/dIc) einige 100 k-Ohm. Dieser Wert des differenziellen Widerstandes lässt sich durch Gegenkopplungsmassnahmen bis weit in den M-Ohm-Bereich erhöhen. Wir kommen zu Bild 2:

Wie funktioniert diese Schaltung? Um sie ganz zu verstehen lohnt es sich Experimente anzustellen. Erst das Experimentieren gibt die notwendige Sicherheit. Man kann für dieses Experiment beliebige universelle NPN-Kleintransistoren (ELEKTOR-Bezeichnung: TUN für "Transistor Universal NPN) einsetzen. Was hier zählt, ist eine Stromverstärkung von minimal 100. Die kleine Tabelle rechts zeigt eine Anzahl NPN-Transistoren. Es dürfte also leicht sein einen solchen oder ähnlichen Transistor in der eigenen Bastelkiste zu finden. Die in Bild 2 angegebenen Spannungen und Ströme müssen beim Experiment nicht genau zutreffen. Dies hat zu einem grossen Teil damit zu tun, dass die Basis-Emitter-Schwellenspannung keinen scharfen Knick hat und so kann sie, je nach Kollektorstrom, zwischen 0.6 bis 0.8 V betragen. Das Datenblatt zu BC546 bis BC550 zeigt dies mit dem Diagramm Transfer-Characteristic. Dazu kommt die Toleranz der Widerstände, die etwas in's Gewicht fällt, wenn 5%-Widerstände eingesetzt werden. Es kommt hier also nicht darauf an, dass der Kollektorstrom Ic exakt 10 mA hat, sondern darauf, dass man beobachten kann, dass sich Ic bei der Variation von Rc kaum ändert. Genau das beeindruckt den Elektronikanfänger.

Damit für dieses Experiment die Stromverstärkung von 100 als ideal betrachtet werden kann, sorgen wir dafür, dass der Querstrom Iq so hoch ist, dass er vom Basisstrom nicht nennenswert beeinfluss wird. Bei einem gewählten Kollektorstrom Ic von 10 mA, wählen wir einen Querstrom Iq von 5 mA. Das bedeutet, wenn die Stromverstärkung (mindestens) 100 beträgt, dann hat der Basisstrom einen Betrag von maximal 0.1 mA und das sind gerade noch 2 % von Iq.

Die Spannungsverhältnisse: Für RL wählen wir einen Wert von 470 Ohm (oder 500 Ohm). Bei einem konstanten Strom von 10 mA ergibt dies eine Variation von URL zwischen 0 bis 5 VDC. Wir verwenden ein Netzgerät mit einer stabilisierten Ausgangsspannung von +12 VDC. Wenn RL Maximalwert hat, dann bleiben noch +7 VDC zwischen Kollektor und GND. Wir beschliessen, dass die Kollektor-Emitter-Spannung UCE, zwecks genügend hoher Stromverstärkung, nicht niedriger sein soll als 3 VDC. Damit bleiben noch 4 VDC über dem Emitterwiderstand Re. Die quasikonstante Basis-Emitter-Schwellenspannung beträgt 0.7 VDC. Dies ergibt eine Spannung von 4.7 VDC zwischen Basis und GND. Für den Querstrom Iq = 5 mA resultiert R2 = 1 k-Ohm. Über R1 bleibt eine Spannung von 7.3 VDC. Bei 5 mA ergibt dies recht genau 1.5 k-Ohm. Nun bleibt noch der Emitterwiderstand Re. Über Re haben wir 4 VDC und es soll ein Emitterstrom von 10 mA fliessen. Der Emitterstrom ist zwar um den Wert des Basisstromes höher als der Kollektorstrom. Dieser Unterschied ist hier aber derart minimal, dass wir ihn vernachlässigen. Re hätte einen Wert von 400 Ohm. Wir setzen ihn auf den Normwert von 390 Ohm.

Da Iq sehr viel grösser als Ib ist, können wir UR2 als konstant betrachten, weil +Ub mit 12 VDC ebenfalls konstant ist. Ib und UBE sind konstant, weil der Kollektorstrom ist es auch. Deshalb ist auch URE mit 4 VDC konstant und diese Spannung bleibt es auch dann wenn RL variiert wird. Natürlich muss man bei diesem Experiment das Wort "konstant", im Vergleich zu transistorisierten Konstantstromquellen mit Referenzspannungsquellen an stelle von R2, relativ auffassen. Etwas das hier noch überhaupt nicht berücksichtigt wird, ist die Temperaturabhängigkeit von der Basis-Emitter-Schwellenspannung von etwa -2 mV/K. Dies wird uns gleich beschäftigen.



Transistorstromquellen mit Silizium-Dioden

Also Grundlage für den weiteren Inhalt, empfehle ich Transistor als Konstantstromquelle, ein Grundlagenkurs von Patrick Schnabel.

Teilbild 3.1 zeigt die Wiederholung der so eben erwähnten Grundlage von Patrick Schnabel. Der konstante Kollektorstrom Ic fliesst von +Ub zum Kollektor des Transistors T. Teilbild 3.2 zeigt die komplementäre Version mit einem PNP-Transistor. Der konstant Kollektortrom Ic fliesst vom Kollektor des Transistors nach GND. Weil GND sehr oft das Bezugspotential eines gesamten elektronischen Systems ist, ist die Anwendung dieser Art besonders häufig. Beide Schaltungen sind funktionell identisch. Darum gelten für beide Schaltungen die selben Berechnungsgrundlagen wie Bild 3 zeigt.

Vollständigkeitshalber ist in den Formeln der Basisstrom mit einbezogen, was in der Praxis jedoch oft irrelevant ist, weil dieser bei Kleinstromanwendungen 100 mal oder mehr kleiner ist als der Kollektorstrom. Daher ist der Emitterstrom nur maximal etwa 1 % grösser als der Kollektorstrom.

Unbedingt empfehlenswert ist allerdings, dass der Querstrom Iq durch die beiden Dioden D1 und D2 etwa zehn mal grösser gewählt wird, als den zu erwartenden Basisstrom Ib. Die Beeinflussung von Iq ist bei einer Veränderung von Ib entsprechend gering und dies hält die beiden Diodenflussspannungen besonders konstant. Diese wirken als seriegeschaltete Konstant-Spannungsquellen. Bei einer Konstant-Spannungsquelle ist Widerstandssituation gerade umgekehrt im Vergleich zur Konstantstromquelle. Der differenzielle Widerstand ist wesentlich kleiner als der statische. Je niedriger der differenzielle Widerstand ist, um so stromunabhängiger ist die Diodenflussspannung.

Ib ändert sich wenn sich Ic oder die Stromverstärkung ändert. Diese ändert sich einerseits geringfügig durch Temperaturveränderung und durch Änderungen der Kollektor-Emitterspannung, besonders bei niedrigen Spannungen. Vor allem dann, wenn der Kollektorwiderstand Rc beinahe den Maximalwert hat und deshalb die Kollektor-Emitter-Spannung sehr gering ist. Im Sättigungsbereich, also bei Spannungen unterhalb etwa 1 V, sinkt die Stromverstärkung drastisch.

Formel (3) enthält im Zähler die minimale Kollektor-Emitter-Spannung UCEmin. Sollte die Stromverstärkung über den gesamten Bereich von UCE einigermassen konstant bleiben, muss man darauf achten, dass UCE nicht zu klein werden kann. Eine minimale Spannung von etwa 2 bis 3 VDC ist in der Regel der richtige Wert. Man beachte dazu unbedingt auch die passenden Diagramme im Datenblatt des verwendeten Transistors.



Unerwünschte Temperaturdrift

Zuerst einmal, wozu braucht es in den beiden Schaltungen in Bild 3 jeweils zwei Dioden zur Funktion als Referenzspannung? Eine gute Frage, denn eine würde genügen, weil die Temperaturdrift der Basis-Emitter-Schwellenspannung des Transistors durch eine einzige Diode kompensiert wird. Kommen zwei Dioden zum Einsatz, wird die Temperaturdrift um zusätzliche -2 mV/K überkompensiert. Die Folge davon ist, dass man +2 mV/K in Kauf nimmt. Also bringt dies doch gar nichts. Das Problem ist allerdings, wenn man nur eine Diode einsetzt, bleibt keine Spannung für den Emitterwiderstand Re übrig, dessen vornehme Aufgabe es schliesslich ist, den Strom der Konstantstromquelle zu definieren. Ein kurzer Blick auf Bild 2 bringt uns auf die Idee einen Kompromiss einzugehen. Dort wird anstelle von D1 und D2 R2 eingesetzt. Also ersetzen wir D2 durch einen Widerstand und schon haben wir zwei Fliegen auf einen Schlag, nämlich die Kompensation des Temperaturdriftes des Transistors und genügend Spannung über Re zur Definition des konstanten Emitter-, bzw. Kollektorstromes. Das Problem ist allerdings, dass dies nur zufrieden stellend funktioniert, wenn die Betriebsspannung +Ub gut stabilisiert, also selbst konstant ist. Eine Änderung von +Ub überträgt sich empfindlich auf den Widerstand der zu D1 in Serie geschaltet wäre und das verschlechtert die Stromkonstanz von Ic erheblich. Diese Methode wäre für eine direkte Batterieanwendung völlig unbrauchbar.

Betreffs Stabilität des Konstantstromes kommt es ganz auf die Anwendung an. Wenn der Mehraufwand allerdings gering ist und man damit erst noch bessere Werte erzielt, warum soll man dies nicht gleich tun? Anstelle von zwei Kleinsignaldioden D1 und D2, kann man gerade so gut eine kleine rote LED verwenden. Eine solche LED hat fast genau den selben Temperaturdrift von -2 mV/K, dafür allerdings eine Durchfluss-Spannung von 1.7 VDC (bei etwa 1 mA) , wovon etwa 1 VDC für den Emitterwiderstand Re übrig bleibt. Eine billige LED kostet kaum mehr als den Preis von zwei kleinen Dioden, es ist ein Bauteil weniger, man hat einen geringeren Rest-Temperaturdrift und somit die bessere Konstanz von Ic. Dies auch in Bezug auf Änderungen der Betriebsspannung +Ub.

Die Rest-Temperaturdrift hat ebenfalls mit einer Änderung der Umgebungstemperatur etwas zu tun. Wenn diese sich ändert, wirkt sich diese Änderung auf die LED und auf die Basis-Emitter-Schwellenspannung des Transistors gleichermassen aus. Der Rest kommt daher, dass es weder beim Transistor noch bei der LED ganz genau die selben Driftwerte in mV/K sind. Ganz wichtig bei einer solchen Schaltung ist die Verlustleistung des Transistors, die durch die Multiplikation des Kollektorstromes und der Kollektor-Emitter-Spannung zustande kommt. Diese Verlustleistung muss so gering sein, dass sich der Transistor dadurch möglichst nicht mehr erwärmt als die LED. Diese Situation lässt sich etwas verbessern, wenn man LED und Transistor thermisch mit einer Wärmeleitpasta verbindet.

Kleines Zusatzexperiment (Teilbild 4.1): Es wurde ein Konstantstrom von 10 mA gewählt. Wenn Rc auf 0 Ohm zugedreht ist, beträgt die Kollektor-Emitter-Spannung etwa 11.3 VDC. Das gibt eine Verlustleistung von etwa 0.1 W und dies erwärmt den Kleinsignaltransistor etwas. Wenn man ein Multimeter an Rc einschlauft, beobachtet man eine leichte Stromzunahme. Nun berührt man mit der heissen Lötkolbenspitze eine Lötstelle der LED ganz kurz und man beobachtet wie der Strom Ic zurückgeht. Mit einem solchen kleinen Experiment kann man die Temperaturdriftkompensation selbst erleben, erfahren und daraus lernen. Wichtig ist bei diesem Experiment, dass der Lötkolbenspitz zur Experimentierspannung +Ub galvanisch getrennt ist. Die soll heissen, wenn der Lötkolbenspitz geerdet ist, darf dies der GND des Netzgeräteausganges nicht sein.

Bild 4 unterscheidet sich von Bild 3 nur darin, dass die beiden in Serie geschalteten Dioden durch eine rotleuchtende LED ersetzt sind. In Formel (1) und (2) ist der Ausdruck "UD1+UD2" durch "ULED" ersetzt. Die Anwendung einer LED im Vergleich zu zwei Dioden in Serie hat noch einen weiteren Vorteil. Eine LED hat im Verhältnis zu ihrer höheren Durchlassspannung einen "schärferen" Spannungs-Stromknick hat als eine Diode. Die relative Spannungsänderung, z.B. auf Grund einer Stromänderung durch die LED, ist geringer. Deshalb ist diese Konstantstromquelle, bezüglich auf Änderungen von +Ub oder auch Ib, stabiler.

Die kleinen Zahlen bei den Bauteilen in Teilbild 4.1 zeigen ein berechnetes Beispiel: Die rote LED hat bei einem Strom von etwa 1 mA eine typische Durchfluss-Spannung von 1.7 VDC. Abzüglich der Basis-Emitter-Schwellenspannung des Transistors resultiert über Re eine Spannung von 1 VDC. Mit Re = 100 Ohm erzeugt dies ein Emitter- bzw. Kollektorstrom von 10 mA. So genau ist das allerdings nicht, denn man muss bedenken, dass die wirkliche Basis-Emitter-Schwellenspannung etwa zwischen 0.6 und 0.7 VDC liegt. Um mit Rc eine Spannungsvariation zwischen 0 und 5 VDC einzustellen, benötigt man 470 Ohm (500 Ohm). Bei einer minimalen Stromverstärkung von 100 beträgt der maximale Basisstrom 0.1 mA. Der Querstrom Iq soll 10 mal grösser als der Basisstrom sein. Die Spannung über Rv beträgt 10.3 VDC. Wenn Rv = 10 k-Ohm, beträgt der Querstrom etwa 1 mA. Für die komplementäre Schaltung in Teilbild 4.2 gelten die selben Werte. Der Leser ist hiermit motiviert die LED-Stromquellenschaltung für andere Stromwerte zu dimensionieren und auf einem Testboard zu prüfen!



Einfach und doch vielseitig!

In diesem Kapitel geht es auch darum eine Widersprüchlichkeit zwischen Stromquelle und Stromsenke zu analysieren und aufzuklären. Dies beginnt weiter unten mit dem Abschnitt "Für die Teilbilder 5.4 bis 5.6 gelten die selben Inhalte wie für die Teilbilder 5.1 bis 5.3, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen...". Es empfiehlt sich trotzdem erst hier weiter zu lesen.

Ich musste mal für eine komplexe Schaltung, die aus Stromspiegeln und diversen Verstärkerschaltungen bestand, eine möglichst einfache präzis abstimmbare Konstantstromquelle realisieren, die möglichst flexibel referenziert werden kann. Das bedeutet, dass die Last auf GND, +Ub oder -Ub bezogen werden kann und beim Strom muss man die Wahl zwischen einem positiven und negativen haben. Was hier mit positivem und negativem Strom gemeint ist, folgt, wie eben angedeutet, weiter unten. Das alles ist mit dem selben Schaltungskonzept möglich, wenn man NPN- oder PNP-Transistoren einsetzen kann. Bild 5 zeigt mit sechs kleinen Schaltungen, wie das zu verstehen ist:

Die kleinen Boxen mit der Kurzbezeichnung BB sind Blackboxen, irgend eine Last, durch die der konstante Strom hindurchfliesst. Sie können unterschiedliche Schaltungen enthalten, wie im Abschnitt zuvor bereits angedeutet ist. Hier spielt es keine Rolle was drin ist. IQ in den ersten drei Teilbildern bedeutet Stromquelle und IS in den folgenden drei Teilbildern Stromsenke. Stromquelle bedeutet, dass der Strom aus dem Transistor (PNP) hinausfliesst und Stromsenke bedeutet, dass dieser in den Transistor (NPN) hinein fliesst.

Teilbild 5.1 ist eine Stromquelle mit positivem Strom, der die Blackbox BB speist und diese auf GND bezogen ist. Ubx bedeutet, dass diese Spannung einen beliebigen Wert haben darf. Sie darf also durchaus auch positiv sein. Häufig benutzt man hier das GND-Potential. Es kommt einzig darauf an, dass Ubx so viel niedriger ist als +Ub, dass die LED mit ihrer Durchfluss-Spannung sicher leitet und so als Referenzspannungsquelle dienen kann. Über dem Emitterwiderstand R2 liegt die Spannung ULED minus UBE des Transistors T. Diese Spannung dividiert durch R2 definiert den Wert des konstanten Stromes.

Teilbild 5.2 unterscheidet sich einzig darin, dass BB auf -Ub bezogen ist. Dies ist dann nötig, wenn es wichtig ist, dass über BB eine Spannung liegen kann, die beinahe dem Wert zwischen +Ub und -Ub entsprechen kann. Beinahe bedeutet, dass zwischen +Ub und dem Kollektor von T eine Spannung von mindestens 3 bis 4 V liegen muss, damit die Stromquelle einwandfrei arbeitet, d.h. dass die Stromverstärkung von T einigermassen konstant bleibt.

Teilbild 5.3 zeigt, wie auch der GND-Pegel einen positiven Strom liefern kann und dies ganz einfach in Richtung -Ub. Hier ist die Hilfsspannung nicht mit Ubx sondern mit -Ubx bezeichnet, weil diese mindestens -3 bis -4 V betragen muss.

Für die Teilbilder 5.4 bis 5.6 gelten die selben Inhalte wie für die Teilbilder 5.1 bis 5.3, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen: NPN- statt PNP-Transistoren. Während bei den Teilbildern 5.1 bis 5.3 Stromquellen (IQ) wirken, wirken bei den Teilbilder 5.4 bis 5.6 Stromsenken (IS), - genau genommen. Die Bezeichnungen beziehen sich dabei auf den konventionell festgelegten Stromfluss, der von Plus nach Minus fliesst, bzw. auch von Plus nach GND und von GND nach Minus, wie hier in Bild 5. Ein Openkollektor- oder ein Opendrain-Ausgang eines digitalen IC ist per dieser Definition eine Stromsenke. Es geht dabei um die typische Emitterschaltung (NPN-Transistor), bzw. Sourceschaltung (N-Kanal-MOSFET). Die Realität zeigt allerdings Widersprüchliches. Sehr oft werden Stromsenken mit diesen Transistoren als Stromquellen bezeichnet. Das elektronische Standardwerk Halbleiter-Schaltungstechnik (Tietze/Schenk) macht hier etwa keine Ausnahme. Ebenso wenig Wikipedia mit dem Schaltungsbeispiel "Konstantstromquelle mit Transistor". Auf der Grundlage der konventionellen Stromrichtung ist dies keine Stromquelle (IQ) sondern eine Stromsenke (IS).

Auf Grund einer ganz anderen praktischen Überlegung bezeichne ich eine solche Stromsenke oft als Stromquelle, manchmal auch als negative Stromquelle. Warum auch nicht, weil man spricht auch von positiver und negativer Spannungsquelle, obwohl der konventionell festgelegte Spannungspfeil ebenso stets von Plus nach Minus zeigt, bzw. auch von Plus nach GND und von GND nach Minus.

Das Assoziative und das Praktische im Fokus: Der Begriff Stromquelle (ob positiv oder negativ) eignet sich vor allem dann, wenn es darum geht z.B. in ein elektronisches Teil einen (konstanten) Strom zu liefern. Der Begriff Stromsenke eher dann, wenn man z.B. eine Spannungsquelle mit einer Stromsenke belasten will. Dies kann eine elektronisch geregelte und einstellbare Stromsenke sein. Eine solche Stromsenke-Schaltung unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Stromquellen-Schaltung. Solche Stromsenke-Schaltungen werden zur Prüfung von geregelten Spannungsquellen (Netzteile, Netzgeräte) eingesetzt. Diese Netzgerät/teil-Testgerät-Schaltung enthält eine Stromsenke zum Test einer positiven Betriebsspannung und eine Stromsenke zum Test einer negativen Betriebsspannung. Die positive Stromsenke "empfängt" den positiven Strom +Is von der externen Spannungsquelle +Unt (nt = Netzteil) und die negative Stromsenke "empfängt" den negativen Strom -Is von der negativen Spannungsquelle -Unt (nt = Netzteil). Die Schaltung aus oben genanntem Link stammt aus diesem Elektronik-Minikurs Netzteil-Testgerät.

Man muss sich bei der praxisbezogenen Formulierung von der offiziell konventionellen Definition etwas distanzieren, damit nicht ein zusätzliches Durcheinander entsteht. Dieses Durcheinander ist bereits dadurch angerichtet, dass in der Fachliteratur prinzipielle Stromsenken als Stromquellen bezeichnet werden und trotzdem, aus praktischer Sicht, durchaus berechtigt. Mit der Google-Eingabe von stromquellenschaltung transistor sieht man jede Menge Konstantstromquellen, die eigentliche Konstantstromsenken sind. Natürlich auch von mir in den Minikursen, z.B. hier.

Der positive und negative Strom in IC-Datenblättern: Vollständigkeitshalber soll noch darauf hingewiesen werden, dass es üblich ist bei ICs die Ströme, die im Sinne des konventionell definierten Stromflusses in das IC hinein fliessen, als positive Ströme bezeichnet werden. Diejenigen Ströme die hinaus fliessen, gelten als negativ. Nehmen wir als Beispiel das Timer-IC LMC555 auf Seite 4 "Electrical Characteristics" und lesen die Zeile "Output Voltage (High)". Die Ausgangsspannungswerte sind in Funktion der Betriebsspannung und des Ausgangsstromes Io angegeben und dieser ist negativ bezeichnet mit z.B. Vs = 12V | Io = -10mA .



Die Transistor-LED-Präzisions-Konstanstromquelle

Bild 6 illustriert die Konstantstromquelle von Teilbild 5.5 im Detail. Es ist eine präzis trimmbare Konstantstromquelle von 200 µA. Für R1 empfiehlt sich ein zehn oder zwanzig gängiges Cermet-Trimmpotmeter. Dieses hat auch einen geringen Temperaturdrift. Für R2 sollte man aus dem selben Grund ein Metallfilmwiderstand einsetzen. Bezüglich Stromverstärkung wird vom Transistor (BC550C) nichts abverlangt, weil der Querstrom durch R3 und LED 1 mA beträgt. Viel weniger sollte man für die LED nicht einsetzen, weil der Strom/Spannungs-Punkt sonst in einen Bereich zu liegen kommt, der sich für die Stabilität des Konstantstromes ungünstig auswirkt. Der Basisstrom liegt irgendwo im unteren µA-Bereich oder sogar weniger 1 µA und das bedeutet, dass dieser Strom einige 100 bis mehr als etwa 1000 mal niedriger ist, als der LED-Strom. Da der differenzielle Eingangswiderstand zwischen Basis und -Ub extrem viel grösser ist der differenzielle Quellwiderstand der LED, kann die Durchfluss-Spannung der LED für den Basis-Eingang als reine Spannungsquelle betrachtet werden. Es herrschen diesbezüglich praktisch ideale Verhältnisse.

Man beachte die technischen Daten in Bild 6. Betrieben wird die Schaltung mit ±12 VDC. Für die Anwendung, die ich weiter oben angedeutet habe, musste man mit einem Kollektor-GND-Spannungsbereich von ±9 V rechnen. Innerhalb dieses Bereiches von 18 V zeigte sich ein Fehler von 0.05µA/V. Dies entspricht reziprok dazu einem differenziellen Widerstand von 20 M-Ohm. Der statische Innenwiderstand beträgt, wenn der Kollektor des Transistors GND-Potenzial hat, 50 k-Ohm. Die Temperaturabhängigkeit, ermittelt mit einem Testofen, ergab einen Wert 0.05µA/K, gemessen bei einem Temperaturunterschied zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Ich habe damals mit zehn LEDs und zehn Transistoren des selben Typs getestet. Mit andern Typen muss man mit gewissen Abweichungen rechnen. Es empfiehlt sich daher, selbst erst Untersuchungen anzustellen, wenn es sehr genau sein muss, oder man setzt eine ganz andere Art von Konstantstromquelle ein. Weiter unten mit Bild 8 wird davon noch kurz die Rede sein.

Die punktierte Linie zwischen Transistor und LED deutet auf eine thermische Kopplung hin. Sie ist weitgehend dadurch gegeben, wenn beide Bauteile so nahe beieinander auf der Leiterplatte angeordnet sich, dass sich ihre Kunstoffgehäuse berühren. Die Verlustleistung des Transistors beträgt maximal etwa 4 mW. Davon erwärmt er sich vernachlässigbar. Will man es trotzdem besonders gut machen, kann man zwischen den beiden Gehäusen etwas Wärmepasta "schmieren".



Konstantstromquelle in der Konstantstromquelle

Bild 7 zeigt eine besonders wirksame Erweiterung der Schaltung in Teilbild 4.2. Anstelle des Vorwiderstandes Rv hat es ebenfalls eine Transistor-LED-Stromquelle. Mit diesem Trick wird die Abhängigkeit der Betriebsspannung der gesamten Stromquellenschaltung praktisch vollständig eliminiert, weil Iq ebenfalls durch einen Konstantstrom und nicht mehr durch einen Widerstand Rv bedingt ist. Eine solche Konstantstromquelle eignet sich hervorragend für die direkte Batterieanwendung, weil diese Spannungsquelle, durch die Entladung der Batterie, nicht konstant ist. Dieser Vorteil hat allerdings auch einen kleinen Nachteil, denn er geht geringfügig auf Kosten des minimalen Gesamt-Temperaturdriftes, weil die zusätzliche Stromquelle, trotz der Kompensation des eigenen Temperaturdriftes, einen etwas grösseren Temperaturdrift hat als ein gewöhnlicher Vorwiderstand Rv, falls dieser erst noch einen Metallfilmwiderstand ist.



Konstantstromquelle mit Bandgap-Referenz und Opamp

Zum Schluss soll noch gezeigt werden, dass es auch noch ganz andere Möglichkeiten gibt konstante Ströme zu erzeugen. Vor allem wenn sie im mA-Bereich oder darunter liegen, so dass die Leistung von Operationsverstärkern dazu ausreicht. Die vorliegende Konstantstromquelle ist GND-bezogen, wie dies die Schaltungen in den Teilbildern 3.2 und 4.2 und Bild 7 ebenfalls sind. Durch einfaches Umpolen der Bandgap-Spannungsreferenz BR kann man auch eine negative Konstantstromquelle erzeugen.

Bei diesem geringen Schaltungsaufwand mit einem Dual-Operationsverstärker, einer kleinen hochstabilen Bandgap-Spannungsreferenz BR und ein paar einprozentigen Widerständen, muss man sich gut überlegen, ob diese Stromquellenalternative nicht die einfachere, bessere und erst noch preiswerte Lösung ist, falls GND-Bezug in Frage kommt. Diese Schaltung wird hier nicht kommentiert. Sie stammt aus dem Elektronik-Standardwerk Halbleiter-Schaltungstechnik (Tietze/Schenk) und ist dort neben andern Stromquellenschaltungen mit Operationsverstärkern genau beschrieben.



Thomas Schaerer, (aelter) ; 29.04.2002 ; 14.03.2003(dasELKO) ; 21.12.2003 ; 05.06.2006 ; 01.01.2011 ; 03.07.2015