Campusnetze / Mobile Private Networks
Campusnetze sind exklusive Mobilfunknetze mit einer lokal oder regional begrenzten Netzabdeckung und Verwaltung. Je nach Geschmacksrichtung gibt es für solche Netze unterschiedliche Bezeichnungen.
- Non-public Networks
- Mobile Private Networks
- Campusnetze
Gemeinsam ist diesen Netzwerken, dass sie meist auf Mobilfunktechnik bauen und meistens von oder für Industrieunternehmen betrieben werden und auf deren individuellen Anforderungen und Bedürfnisse optimiert sind. Die Verwaltung dieser Netze erfolgt entweder durch das betreffende Unternehmen selbst, einem beauftragten TK-Betreiber oder einem Netzausrüster.
Vorteile privater Funknetze mit Mobilfunktechnik
- Betreiber können ihr privates Campusnetz an die eigenen Bedürfnisse anpassen und eigenständig verwalten.
- Der Datenverkehr innerhalb von Campusnetzen lässt sich anwendungsspezifisch priorisieren.
- Das System kann auf eine besonders hohe Daten- und Ausfallsicherheit optimiert werden.
Frequenzbereich
In Deutschland stehen für private Campusnetze im LTE-Band 43 bzw. 5G-Band n78 (3,6 – 3,8 GHz) insgesamt 100 MHz bereit, die auf Antrag von der Bundesnetzagentur unter bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen zugeteilt werden. Die Zuteilung der Frequenzen ist grundsätzlich technik- und dienste-neutral. Man ist als Betreiber nicht an die gerade aktuell vorherrschende Mobilfunktechnik gebunden.
Endgeräte
Die Mehrzahl auf dem Markt erhältlichen Smartphones und andere Mobilfunkgeräte eignen sich nicht für den für Campusnetze vorgesehenen Frequenzbereich. Das bedeutet, man muss spezielle Geräte verwenden oder beim Kauf darauf achten, dass ein Smartphone das beherrscht. Beispielsweise iPhones ab der Reihe 12 und Samsung-Galaxy-Modelle ab S21.
Für die Anmeldung am Campusnetz gibt es wahlweise physische oder virtuelle SIMs (eSIMs). Für die parallele Nutzung mit dem herkömmlichen Mobilfunknetz empfiehlt es sich eSIMs zu verwenden.
Lösungen
Für Campusnetze gibt es verschiedene technische und organisatorische Lösungen.
Virtuelles Netz auf einer vorhandenen physischen Infrastruktur mit Network Slicing
Das Unternehmen kann mit einem öffentlichen Mobilfunknetzbetreiber wie Deutsche Telekom, Telefonica oder Vodafone exklusive Vereinbarungen treffen.
Unabhängige, private Netzinfrastruktur selber aufbauen
Das Unternehmen kann die Infrastruktur wie Basisstationen und Verwaltungssysteme von einem Hersteller beziehen, das Netz selber aufbauen und unabhängig von Mobilfunknetzbetreibern betreiben. Zulieferer bieten hierfür schlüsselfertige Lösungen an.
Campusnetz von einem Netzbetreiber
Ein etablierter Netzbetreiber baut und betreibt ein Mobilfunknetz getrennt vom öffentlichen Mobilfunknetz. Alle Komponenten der Infrastruktur befinden sich auf dem Gelände des Kunden. Sensible Daten bleiben innerhalb des lokalen Campusnetzes, dass mit dem lokalen Netz verbunden ist.
Campusnetz mit SRD oder LPWAN
Wenn von Campusnetzen die Rede ist, dann denkt man dabei in der Regel an Mobilfunktechnik. Das ist aber eine sehr einseitige Betrachtungsweise. Denn Campusnetze kann man selbstverständlich auch mit anderen Funktechniken realisieren. Für private Funknetze gibt es unterschiedlich etablierte Techniken:
- Short Range Device (SRD): WLAN, DECT, Bluetooth, ...
- Low-Power Wide Area Network (LPWAN): LoRa, ...
SRD-Funktechniken weisen typischerweise einen hohen Datendurchsatz, aber geringe Reichweiten auf. Das Gegenteil ist bei LPWAN-Techniken der Fall. Allen gemeinsam aber ist die beschränkte Zuverlässigkeit der Verbindung. Störungen des Netzbetriebs durch standardkonforme, aber systemfremde Geräte können nicht ausgeschlossen werden. So kann zum Beispiel jedes zusätzlich eingeschaltete Smartphone zu Störungen des Funknetzwerks führen und Prozesse mit Echtzeitanforderungen behindern.
In unlizenzierten Frequenzbändern arbeitende Funksysteme mit unkoordinierten Zugriffsverfahren sind für unternehmenskritische Anwendungen nur bedingt geeignet. Dagegen beruht die klassische Mobilfunktechnik auf einer zentralisierten Steuerung der Funkressourcen. So werden hohe Dienstgüte (Quality of Service, QoS), hohe Zuverlässigkeit und Datensicherheit ermöglicht.
5G versus Wi-Fi 6
Mit der Einführung von 5G-Mobilfunk wurden Campusnetze auf Basis von 5G regelrecht gehypt. Ungefähr zeitgleich erfolgte die Standardisierung der WLAN-Technik von IEEE 802.11ax bzw. der Zertifizierung von Wi-Fi 6 und 6E. Und damit standen sich zwei Funktechniken gegenüber, die sich prinzipiell für den Aufbau von Campusnetzen eignen würden.
Doch was kann 5G besser als WLAN? Oder sollte man doch auf Wi-Fi 6 setzen?
Welche Funktechnik besser geeignet ist, kann man so einfach nicht sagen. Ein Vergleich zwischen 5G-Mobilfunk und der WLAN-Technik zu ziehen, ist schwierig, weil beide Funktechniken doch sehr unterschiedlich sind, sich aber technisch immer weiter angleichen. Ausschließen lässt sich keine Technik, weil es letztlich ein Abwägen von Kosten und Nutzen ist.
Die Entscheidung, welche Funktechnik für das entsprechende Campusnetz die richtige ist, muss man daran festmachen, ob die technischen Anforderungen an das Netz eine exklusive Zuteilung des Frequenzspektrums erfordern oder ob ein Frequenzspektrum mit Allgemeinzuteilung ausreichend ist.
- Mobilfunktechnik: In einem zugeteilten Frequenzbereich für die Nutzung der Mobilfunktechnik ist man in der Lage alle technischen Anforderungen an das Netz immer und zu jederzeit einzuhalten. Zum Beispiel die Latenz und die Geschwindigkeit. Dem stehen ein hoher Aufwand und hohe Kosten gegenüber.
- WLAN-Funktechnik: Die für WLAN nutzbaren Frequenzbereiche unterliegen der Allgemeinzuteilung. Man ist in jedem Fall der Sekundärnutzer. Man muss immer, auch nachträglich, mit Primärnutzern und weiteren unbekannten Sekundärnutzern rechnen. Man kann die technischen Anforderungen an das Netz nicht garantieren. Dem gegenüber stehen ein geringerer Aufwand beim Aufbau des Netzes und geringere Kosten für Betrieb und Ausstattung.
Bevor man jetzt eine vorzeitige Entscheidung trifft, gilt es noch die Vorteile beider Funktechniken einzubeziehen.
- 5G-Mobilfunk kann auf spezielle Anforderungen optimiert werden (z. B. Latenz, Energieverbrauch, Datenrate, Frequenzbereich).
- Mobilfunk ist im Outdoor-Bereich sehr gut.
- In bestehenden WLAN-Netzen lassen sich Access Points austauschen, ohne die vielen unterschiedlichen Client-Lösungen austauschen zu müssen.
- WLAN-Technik ist abwärtskompatibel.
Bei einem zugeteilten Frequenzspektrum kann man viele Leistungsparameter festlegen und quasi garantieren. Wenn das die Anforderung ist, dann kommt man in der Regel um Mobilfunktechnik nicht herum.
Wenn man aber zum Beispiel sowieso ein herkömmliches WLAN-Netz hat oder braucht, dann macht es Sinn Access Points zu verwenden, die im Frequenzbereich bei 6 GHz ein eigenes WLAN-Netz aufspannen können.
Fazit
- Im industriellen Umfeld wird man zu Mobilfunktechnik tendieren, im Umfeld mit Büroarbeitsplätzen eher mit WLAN-Technik arbeiten.
- Während man im Industrie-Bereich mit einer Neuinvestition alle 5G-Vorteile ziehen kann, wird man in einer typischen Office-Umgebung eher zu Wi-Fi 6 greifen, weil hier der Gerätepark alles andere als homogen ist.
Anwendungen von Campus-Lösungen
- Vernetzung von Industrieanlagen
- temporäre Events bei TV-Produktionen
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