Amplitudenmodulation mit dem OTA LM13700

 


Einleitung

Im Fokus steht der spezielle analoge Baustein LM13700, ein Dual-OTA (OTA = Operational-Transconductance-Amplifier). Während der OTA CA3080 von RCA längst nicht mehr existiert, lebt der LM13700, ursprünglich von National-Semiconductor-Corporation (NSC), noch heute, seit Texas-Instruments (TI) den LM13700 in die Produktion aufgenommen hat. Mehr dazu liest man in Notes 4 im Wiki-Link zum Thema OTA. Den LM13700 gibt es aktuell (September 2018) z.B. bei Distrelec, Farnell, Conrad, Reichelt und RS-Components.

Unterschied von Limiter und Kompressor: Der erste Elektronik-Minikurs mit dem OTA LM13700 thematisiert den Dynamiklimiter. Dynamiklimiter bedeutet, dass eine AC-Spannung am Eingang der Schaltung bis zu einer gewissen AC-Spannung am Ausgang linear verstärkt wird. Bei einer weiteren Erhöhung der AC-Eingangsspannung wird die AC-Spannung am Ausgang auf einen definierten Wert begrenzt. Es gibt auch den Dynamikkompressor. Dieser reduziert den ausgangsseitigen Spannungsbereich - die Dynamik - auf ein erwünschtes Mass. Das Verhältnis der ungeregelten zur geregelten Ausgangsdynamik bezeichnet man als Kompressions-Faktor. In der Audiotechnik wird oft dieses Prinzip eingesetzt. Bei Musik reduziert man damit einen grossen Unterschied zwischen den lauten und leisen Passagen eines Konzertes. Dies eignet sich z.B. speziell in Autoradios wo es stets viel Geräusch aus dem Motor und Fahrwerk gibt. Eher unpassend ist die Dynamikkompression bei Stereo-Heimanlagen, wo eine hohe Dynamik zum Erlebnisbereich gehört.

Die hier gezeigte Schaltung des OTA-Dynamiklimiters realisierte ich zu einer Zeit als es dafür noch keine digitale Alternative (z.B. den Signalprozessor) gab. Heute sieht dies anders aus. Trotzdem gehört es zur beruflichen Ausbildung, dass die Studierenden und die Azubis nicht nur lernen was ein Opamp ist. Gewisse Kenntnisse darüber was ein OTA ist und was er kann, gehört ebenfalls dazu. Mehr zum Thema des Dynamik-Limiter mit dem OTA LM13700, und wie ein OTA arbeitet, im Sinne von praxisorientierter Grundlage und einer praktischen Anwendung liest man hier:

Hier befassen wir uns damit, wie man den OTA als Amplitudenmodulator (AM) verwenden kann. Man kann mit dem OTA einen kleinen Lang- oder Mittelwellensender bis zu einer Trägerfrequenz von maximal etwa 700 kHz realisieren. Besser jedoch geht es im untersten Frequenzband der Mittelwelle (MW), beginnend bei 522 kHz. Meine Versuche begrenzen sich auf 531 kHz, die Frequenz des damaligen CH-Landessenders Beromünster. Natürlich kann man auch den Langwellenbereich (LW) verwenden. Nachteilig ist, dass Radios mit zusätzlich LW nicht (mehr) sehr verbreitet sind, MW jedoch schon. Meist hat man ein älteres Taschenradio mit UKW und MW. Den MW-Bereich benötigen wir hier. Da wir es hier mit AM die älteste Modulationsart für Sprache und Musik zu tun haben, eignet sich als Empfänger eher noch zusätzlich ein Detektor-Empfänger, sofern man dies auch gleich thematisieren will.

Die vorliegende Schaltung, weiter unten in Bild 1, eignet sich für das Selbststudium zum Experimentieren und auch für den praxisorientierten Schulunterricht auf anschauliche und hörbare Weise. Für die AM-Darstellung auf dem Oszilloskop, kann man einen einfachen Sinusgenerator im Audiofrequenzbereich einsetzen. Für Sprach- oder Musikübertragung von einem Kopfhöreranschluss von irgend einer Tonquelle. Es eignet sich auch ein so genannter Audio-Line-Anschluss. Für den HF-Träger benötigt man ebenfalls einen Sinus- oder noch besser digital einstellbaren Funktionsgenerator. Damit kann man die Trägerfrequenz sehr präzis einstellen. So kann man auch mit einem digital einstellbaren Radioempfänger bestens abgestimmt den eigenen Sender empfangen. Auf der Mittelwelle gilt in Europa ein Frequenzraster von 9 kHz (USA = 10 kHz). Es beginnt also auf MW mit 522 kHz, dann 531, 540, 549 kHz u.s.w. Die Quersumme ist stets durch 9 teilbar.



Grundlagen des OTA in Kürze

Ein Operationsverstärker (Opamp) hat eine extrem hohe Leerlaufverstärkung mit oft mehr als 100'000 (>100 dB) im Bereich von DC-Anwendungen bis zu einer Frequenz von etwa 10 Hz. Oberhalb dieser Frequenz sinkt die Verstärkung mit 20 dB pro Frequenzdekade. Eine stabile Verstärkung weit unterhalb der Leerlaufverstärkung erreicht man durch die Gegenkopplung. Verantwortlich zur stabilen Funktion ist die meist IC-interne Frequenzgangkompensation. Mehr über Opamps, kurz und klar zusammengefasst, findet man von Patrick Schnabel im Bauteilesektor in Operationsverstärker und im Sektor Schaltungstechnik in Anwendungen_mit_Operationsverstärker. Meine Elektronik-Minikurse zum selben Thema hier.

Im Prinzip ist der OTA ein Operationsverstärker mit stromgesteuerter Verstärkung. Allerdings hat der OTA anstelle eines Spannungs- ein Stromausgang. Genau genommen ist der OTA ein Spannungs-Strom-Verstärker. Daraus erkennen wir bereits einen signifikanten Unterschied: Der OTA hat einen hohen und der Opamp einen niedrigen dynamischen Ausgangswiderstand. Man spricht beim OTA auch nicht direkt von Verstärkung. Der Ausgangsstrom ändert sich linear zur Spannungsdifferenz an den beiden Eingängen. Wir haben es mit einem Vorwärts-Übertragungsleitwert zu tun, der in Siemens angegeben wird, weil die Definition Strom/Spannung das Reziproke des Widerstandes Spannung/Strom ist, der in Ohm angegeben wird. Dieser Wert hat allerdings nur indirekt etwas mit dem Eingangs- (an Ue) und mit dem Ausgangswiderstand (an Ua) zu tun. Beide Widerstandswerte sind vom Steuerstrom, Biasstrom genannt, abhängig. Von diesem Steuerstrom sind ebenso Flankensteilheit und damit die maximale Frequenzbandbreite abhängig, wenn der Ausgang der steuerbaren Stromquelle eine Kapazität steuert, wie dies Figure 11 im LM13700-Datenblatt zeigt.

Einer der ersten OTA war der CA3080 ursprünglich von RCA. Er und seine Nachfolger LM13600 und LM13700 von National Semiconductor haben bei einem Steuerstrom (Biasstrom) von 0.5 mA einen typischen Vorwärts-Übertragungsleitwert von etwa 10 mS (Milli-Siemens). Dies bedeutet:

    gm = 10mS = 10mA/V

Wenn der Stromausgang einen Widerstand steuert, erzeugt er an ihm einen Spannungsabfall. Je grösser dieser Widerstand ist, um so grösser ist die Spannung und die Spannungsänderung. Also besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Leitwert und Verstärkung, wenn wir an einem Widerstand am Stromausgang die Spannung messen. Verwenden wir z.B. einen Widerstand von 10 k-Ohm, ergibt sich folgende Verstärkung:

    v   =   gm * R   =   10mA/V * 10k   =   10mA/V * 10V/mA   =   100

      Die Einheiten heben sich auf. Was übrig bleibt,
      ist die dimensionslose Verstärkung.

Da man mittels eines Steuerstromes (Biasstrom) nicht nur die Verstärkung, sondern auch den Quellwiderstand steuern kann, eröffnen sich vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, wie Voltage-Cotrolled-Amplifier (VCA), Stereo-Volume-Control, Amplitude-Modulator, Automatic-Gain-Controlled-Amplifier (AGC-Amplifier), Voltage-Cotrolled-Low-Pass-Filter (2. Ordnung Butterworth), Triangular/Square-Wafe-VCO und True-RMS-Converter. Diese Beispiele sind nicht vollständig. Es lohnt sich unbedingt diese Schaltungen etwas kennen zu lernen! Wer noch im Besitze des "Linear-Databook-1" von National-Semiconductor ist, darf sich glücklich schätzen! Man findet jedoch auch alles im Online-Datenblatt des LM13700. Es sind dreissig unterschiedliche Application-Notes. Mir war diese Unterstützung oft sehr wertvoll.



Der LM13700-Amplitudenmodulator

Zunächst starten wir mit allgemeinen Grundlagen zum Thema Amplitudenmodulation in den Grundlagen_der_Kommunikationstechnik von Patrick Schnabel. Man beachte am Schluss des erst genannten Links den Hinweis zu den unterschiedlichen Modulationsverfahren und zu den weiteren verwandten Themen.

Grundlage zur Schaltung in Bild 1 ist die Application-Note Stereo-Volume-Control auf Seite 8 im Datenblatt des LM13700 mit Figure 5. Die Schaltung in Bild 1 ist grundsätzlich die selbe welche Figure 5 zeigt. Die Teile innerhalb der etwas breit schraffierten Linien gehören zur integrierten OTA-Schaltung. Es ist die Verstärkerschaltung am Eingang, auf dessen Ausgang die steuerbare Stromquelle folgt. T1, ein Darlington (siehe auch Bild 1 oben links) ist ebenfalls integriert. An den Ein- und Ausgängen des OTA LM13700 hat es stets zwei Pin-Nummern. Dies deshalb, weil das IC zwei OTAs enthält. Man hat die Wahl.

Als Betriebsspannung wählte ich ±12 VDC. Die Schaltung funktioniert ebenso mit ±15 VDC. Im Vergleich zu Figure 5 und einer andern Schaltung im Buch "AUDIO und NIEDERFREQUENZ" von ELRAD (ELRAD-Geschichte), veränderte ich teilweise die Widerstandswerte im Laufe des Experimentierens und es gibt auch sonst noch kleine Änderungen. Genau das soll motivieren die praktische Seite dieses OTA durch weiteres Experimentieren kennen zu lernen.

Das Trimmpot P1 dient der Einstellung eines amplitudensymmetrischen Bildes, wie es das obere Diagramm der beiden Diagramme, mit der Bezeichnung AM in der Mitte, zeigt. Die positive Modulations-Amplitude zeigt sich zur negativen spiegelbildlich. In der Mitte von beiden liegt der GND-Pegel. Dies ist nur möglich, weil zwischen dem Ausgang des OTA IC:A Pin 8 (Pin 9) und dem nachfolgenden Verstärker mit dem Opamp IC:C, ein passives Hochpassfilter mit C2 und R7 geschaltet ist. Das untere Diagramm zeigt ein stark verzerrtes Bild, weil mit P1 die Symmetrie nicht kalibriert ist. Vergleichen wir P1 in Bild 1 mit dem Trimmpot Vos in Figure 5, so fällt auf, dass in Bild 1 in Serie zu den beiden P1-Endanschlüssen noch je ein Widerstand R2 und R3 geschaltet ist. Dies macht die Kalibrierung deutlich leichter. Es muss auf diese Weise kein Mehrgang-Trimmpot zum Einsatz kommen.

Vom Stromausgang Pin 5 (Pin 12) kann nur dann ein Strom fliessen, wenn z.B. ein Widerstand nach GND geschaltet ist. Dies ist R5. Dadurch erzeugt der Strom an R5 eine Spannung. Der Quellenwiderstand dieser Spannung entspricht dem Widerstandswert von R5, da eine Stromquelle sehr hochohmig ist, bzw. sein muss. Für die vorliegende Anwendung ist dieser Quellenwiderstand viel zu hoch, wegen der relativ hohen Trägerfrequenz, die zum Einsatz kommt. Man benötigt einen Impedanzwandler. Dazu eignet sich der OTA-interne Darlington T1, der in Funktion als Impedanzwandler in Kollektorschaltung arbeitet. Am Emitterwiderstand R6 liegt die amplitudenmodulierte Spannung, die so grundsätzlich verwendbar wäre, wie dies Figure 5 zeigt.

Den Ausgang Pin 8 (Pin 9) kann man ebenfalls kaum belasten. Vor allem nicht kapazitiv, wie z.B mit einer langen Drahtantenne, z.B. aufgespannt knapp unter der Zimmerdecke parallel quer durch den Raum. Das erzeugt leicht mal eine Kapazität von etwa 100 bis 300 pF. Deshalb benötigt man einen zusätzlichen Opamp (IC:C) als Buffer. Hier mit Verstärkung 2 mit R14 und R15, damit die Ausgangsamplitude, bzw. die Slewrate des OTA weniger strapaziert wird. Für IC:C eignet sich z.B. der gut bekannte JFET-Opamp TL071 mit einer Unitigain-Bandbreite von 3 MHz und einer Slewrate von 13 V/µs.

Bei einer Antennendraht-Kapazität von 200 pF benötigt man eine HF-Spannung von etwa 1 Veff. Dazu muss man an Ue eine HF-Spannung von etwa 1.5 Veff einspeisen. Das passive Hochpassfilter mit C2 und R7 wird, wie bereits weiter oben angedeutet, zur Fixierung des GND-Pegels am nichtinvertierenden Eingang von IC:C benötigt. Ohne dies ist eine symmetrische Kalibrierung des AM-Signals von Ua mit Bezug auf GND nicht möglich.

Vorverstärker: Zur Vollaussteuerung der Amplitudenmodulation (AM) an Ua benötigt es am Knotenpunkt von R12 und R13 eine NF-Spannung (NF = niederfrequent, z.B. Audio) von etwa 5 Veff. Weil diese relativ geringe Empfindlichkeit schlecht nutzbar ist, ist diesem Eingang eine Verstärkerschaltung mit dem Opamp IC:B (auch TL071) vorgeschaltet. Mit dem Trimmpot P2 kann man die Verstärkung zwischen 5 und 26 variieren. Verwendet man als Audioquelle z.B. ein so genannter Line-Output, so hat dieser oft eine Spannung von etwa 200 mVeff. Da wäre hier die Verstärkung von 26 gerade richtig.

Bei einem Kopfhörer-Ausgang ist der Pegel deutlich höher. Vielleicht etwa 1Veff. Da genügt eine Verstärkung von 5. Man kann nach Bedarf den Bereich der Verstärkung mit R10, R11, und P1 ändern. Man muss dabei aber beachten, dass bei zu kleinem R11 und minimal eingestelltem P2 die untere Grenzfrequenz sich leicht erhöht. Mit vorliegender Dimensionierung beträgt diese maximal 41 Hz (hohe Verstärkung) und minimal 7 Hz (niedrige Verstärkung). C3 und R9 bilden am Eingang des Vorverstärkers ebenfalls ein Hochpassfilter. Hier geht es darum, dass kein DC-Spannungsanteil von aussen reinkommt. Die untere Grenzfrequenz liegt hier bei 16 Hz. Auf Wunsch kann man diese 16 Hz reduzieren in dem die Kapazität von C3 oder/und den Widerstand von R9 erhöht.

Antenne noch eimal: Bild 2 zeigt als Blockschaltung wie die Teile Netzgerät oder Netzteil, HF-Generator (Trägerfrequenz), NF-Generator (oder eine andere Tonquelle) mit der OTA-Schaltung (Bild 1) und Antenne zusammenwirken.

Mit der Gestaltung einer Drahtantenne, wie weiter oben angedeutet, erreicht man eine Reichweite von etwa 10 Meter. Natürlich wirkt die Verbindung von Ua zur Antenne, aufgespannt irgendwie an der Zimmerdecke, ebenfalls als Antenne. Falls man auf die Idee kommen sollte, die Zuleitung (ANTENNE) abzuschirmen, wäre dies kontraproduktiv, weil die zusätzliche Kapazität die HF-Ausgangsspannung an Ua reduziert. Trotzdem sei erwähnt, diese Idee der Abschirmung wäre richtig bei deutlich grösserer Sendeleistung, wenn man damit erreichen will, dass nur vom Deckenbereich abgestrahlt wird. Die Fixierung mit Bolzen an der Decke ist nur grad ein Beispiel. Man kann auch einen Draht spannen zwischen zwei weit auseinander liegenden Fensterrahmen fixiert oder sonst irgendwie, wie's gerade passt.

Damit das auch gut funktioniert, sollte der GND der OTA-Schaltung (Bild 1), die mit dem GND des Netzgerätes (Netzteiles) und der anderen beiden Geräte verbunden ist, mit der Netzerde verbunden sein. Weil das bildet erst das "Gegengewicht" zur Antenne. In meinem kleinen privaten Messlabor habe ich etwas Anderes versucht. GND mit Netzerde verbunden, wie angedeutet, und als Antenne benutzte ich das Metallgestell des Messplatzes. So ist ein Empfang sehr gut in allen Räumen. Sogar ausser Haus, aber nur in der Nähe noch ganz schwach. Auf diese Weise ist es unmöglich bei dieser heute ungenutzten MW-Frequenzen noch irgendwelche Störungen anzurichten.

Alternativer AM-Sender: Wenn jemand diesen Elektronik-Minikurs aus dem reinen Motiv gefunden hat, ein AM-Sender für Experimente zu bauen und am OTA nicht interessiert ist, gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten einen AM-Sender zu realisieren. Dies ist immer wiedermal ein Thema in Elektronik-Foren, so auch im ELKO-Forum. Hier ein Link, den ich gerne empfehle, ist der Der_Mittelwellen-Modulator aus der Webseite mit vielen interessanten Schaltungen Elektronik_und_Mikrocontroller von Burkhard Kainka.





Thomas Schaerer, 14.09.2018