Spannungsregelschaltung mit elektronischer
Brummsiebung (Brummunterdrückung)

 


Einleitung

Baut man eine empfindliche und rauscharme analoge Mess- oder Audioschaltung, kommt man in der Regel nicht drum herum, sich mit einer hochwertigen Speisung zu befassen. Soll diese aus der 230-VAC-Netzspannung und nicht von einer Batterie, also mit Netztrafo, Gleichrichtung, Siebung und Spannungsregelung erfolgen, sieht man sich oft mit allfälligen Brumm- und manchmal auch Störungen anderer Art konfrontiert.

Brummstörung: Dieses Übel kann verschiedene Ursachen haben, wie z.B. die induktive Einkopplung magnetischer Streufelder vom Netztrafo in empfindliche Teile der analogen Schaltung, schlecht gewählten Massereferenzpunkt (Einkopplung des Rippelstromes vom Gleichrichter in Richtung Siebelko in die Masseleitung) oder ungenügend dämpfende Regelschaltung. Dieser Elektronik-Minikurs thematisiert primär diese Situation.

Um möglichst geringe magnetische Streufelder zu erzeugen, lohnt es sich oft einen Ringkerntrafo einzusetzen, wobei etwa die Hälfte des Gewichtes auch noch eine gewisse Rolle spielen könnte. Dieser Trafo ist deshalb streuarm, weil die runde Form des Eisenkerns der Ausrichtungstendenz der Magnetfeldlinien am besten Rechnung trägt. Wenn ein solcher Trafo speziell angefertigt werden muss, lohnt es sich oft eine Schirmwicklung zwischen der Primär- und der Sekundärseite wickeln zu lassen. Es gibt dabei zwei Ausführungsformen. Die eine ist eine Lackdrahtwicklung, die an einem Ende mit der 230-VAC-Netzerde verbunden wird und das andere Ende offen ist. Die andere Ausführungsform ist eine nicht kurzschliessende Kupferfolie, die an einer beliebigen Stelle, ebenfalls mittels herausgeführter Litze, geerdet wird. Dazu dieses Bild aus dem folgenden Elektronik-Minikurs, der speziell auf diese Problematik eingeht:

Die erstgenannte Methode, hat den Nachteil, dass in die Schirmwicklung eine nicht zu unterschätzende, jedoch ungefährlich hohe Spannung induziert wird, die sich kapazitiv in die Sekundärwicklung einkoppelt. Diese Spannung ist aber deutlich geringer, als wenn dieser Effekt von der Primärwicklung ausgeht, falls derjenige Primärwicklungsteil, der mit der Phase verbunden ist, visavis zur Sekundärwicklung liegt. Will man eine maximale Störunterdrückung von der Primärwicklung zu den Sekundärwicklungen, empfiehlt sich allerdings die Kupferfolie zur Abschirmung. Die von der Primärseite kapazitiv eingekoppelte Spannung, wirkt sich auf den Sekundärwicklungen als Gleichtaktspannung aus. Sie hat keinen Einfluss auf die Sekundärspannungen. Trotzdem kann es zu Störproblemen kommen, wenn die auf der Sekundärseite folgenden Schaltungen geerdet sein müssen. Eine geerdete Schirmfolie vermeidet dies wirksam.

Moderne Alternative: Die erste Version dieses Elektronik-Minikurses geht zurück auf den Januar 2001. In der sehr langen Zwischenzeit von fast zwei Jahrzehnten (Version vom Juli 2019) hat sich sehr viel getan im Bereich von Schaltreglern. Man muss sich die Frage stellen, ob man damit mindestens die gleich guten Isolations- und Leistungswerte erzielt und dies bei deutlich kleineren mechanischen Masse und viel geringerem Gewicht. Und wie sieht es mit Störsignalen aus? Anstelle einer sehr niedrigen 100-Hz-Rippelspannung, hat man es mit steilflankigen Störspannungen zu tun, die um einiges grösser sind als die 100-Hz-Rippelspannung. Mehr dazu liest man weiter unten im Unterkapitel "Schaltregler-Alternative" mit Bild 9. Es geht dabei auch um elektro-medizinische Anwendungen.



Wichtige Datenblätter zusammengefasst

  • 1N4004   Kleinleistungs-Diode
  • 2N3055 ; MJ2955   NPN- und PNP-Leistungstransistor (BJT)
  • BC550C (= BC547C)   NPN: Wo im Text BC550 steht, gilt BC547C! BC550 ist obsolet!
  • BD239   NPN
  • BD240   PNP
  • LM317   var. pos. Spannungsregler bis 1A
  • LM337   var. neg. Spannungsregler bis 1A
  • LM350   var. pos. Spannungsregler bis 3A
  • LM333   var. neg. Spannungsregler bis 3A (obsolet!)
  • LT1185   var. neg. Spannungsregler bis 3A (alternativ zum LM333)
  • LM78xx   pos. Fixspannungsregler
  • LM79xx   neg. Fixspannungsregler



Beliebte Dreibeiner

Für viele Fälle von Spannungsregelungen eignen sich die beliebten Dreibeiner, sei es für fixe (z.B. 78xx oder 79xx) oder variable (z.B. LM317 oder LM337) Ausgangsspannungen. Diese ICs haben jedoch leider den Nachteil, dass ihre Filterwirkung in Bezug auf die Rippelspannung oft ungenügend ist. Man könnte eine Spannungsregelung selbst realisieren, die diesen Anforderungen genügt. Will man jedoch die selben Schutz- und Sicherheitsfunktionen mit einbauen, welche diese Dreibeiner selbstverständlich integriert haben, steigt der Aufwand beträchtlich. Diese Dreibeiner enthalten nämlich eine Strombegrenzung und die Einhaltung des Safe-Operating-Area (SOA) des integrierten Leistungstransistors.

Wenn man mit der Sekundärspannung des Trafos, wegen etwas zusätzlichem Spannungsabfall, nicht geizt, bietet sich eine elegante Möglichkeit der Kombination von elektronischer Brummsiebung, die einfach zu realisieren ist und der Spannungsregelung mit einem der beliebten Dreibeiner an. Der Mehraufwand hält sich so in Grenzen.



Induktive Brummsiebung

Ich will die Beantwortung der Frage nicht offen lassen, was man früher unternahm, als es noch nicht so einfach war elektronische Brummsiebschaltungen zu realisieren. Ganz einfach, ein passives LC-Tiefpassfilter zwischen Gleichrichter-Glättungs-Elko und dem Verbraucher. Genau genommen eine CLC-Schaltung. Als Induktivität L diente meist eine schwergewichtige Drossel, bestehend aus einer schweren Kupferwicklung und einem ebenso schweren Eisenkern. Vom äusseren Anschein her konnte man kaum diese Drossel vom Netztrafo unterscheiden. Vor allem bei Röhrenradios war diese Methode üblich.

Wollte man eine möglichst niedrige Verlustleistung erzielen, war man gezwungen eine hohe Induktivität bei niedrigem realen Verlustwiderstand zu realisieren. Je idealer man dieses Ziel erreichen wollte, um so schwerer und um so teurer wurde diese Drossel. Man musste stets Kompromisse schliessen. Natürlich gab es damals auch noch nicht dreibeinige Spannungsregler-ICs, wobei es diese für Hochvoltanwendungen auch heute kaum gibt. Es gab dafür spezielle Kaltkathoden-Glimmröhren, die der Spannungsstabilisierung und so als Spannungsreferenz dienten. Etwas mehr dazu liest man im Elektronik-Minikurs Elektronikgeschichte:_Kaltkathoden-Röhren I im Kapitel "Die Stabilisatorröhre". Bei hohen Leistungen wurden komplizierte Reglerschaltungen mit Leistungs-Vakuumröhren eingesetzt, wobei eine kleine Kaltkathoden-Stabilisatorröhre als Spannungsreferenz diente. Unter VR1 und VR2 in Bild 1 muss man sich solche Schaltungen vorstellen. Wer solche antike Schaltungen im Internet sucht, könnte vielleicht fündig werden. Zum Schluss dieses einführenden Kapitels eine typische Netzteilschaltung für Röhrenradios aus alten Tagen. Quelle ist das Online-Radiomuseum mit diesem Beitrag, das zu besuchen sich unbedingt lohnt.



Prinzipschaltung

Bild 2 zeigt wie die elektronische Brummsiebung grundsätzlich funktioniert. Transistor T1 (T2) arbeitet als einfacher Emitterfolger. R1 (R2) und R3 (R4) sind so dimensioniert, damit der Spannungsabfall über der elektronischen Brummsiebung (zwischen Kollektor und Emitter von T1, bzw. T2) so gross ist, dass die Rippelspannung Ur (Brummspannung) durch diese Schaltung "absorbiert" wird. R1 (R2), R3 (R4) und C5 (C6) bilden ein passives Tiefpassfilter mit dem Zweck Ur möglichst stark zu dämpfen, so dass die Spannungsregelschaltung VR1 (VR2) nur noch wenig zur Dämpfung der Rippelspannung Ur beitragen muss. Wählt man die Zeitkonstante dieses Tiefpassfilters erster Ordnung gross genug, hat man gleichzeitig eine so genannte Slow-Turn-On-Funktion, die oft dazu dient, die Einschaltknackgeräusche in hochwertigen HIFI-Anlagen vermeiden.

Die nicht der Reihe nach nummerierten Bauteile haben den Sinn darin, dass man die selben Bauteilnummern mit der selben Funktion in der Schaltung in Bild 5 wieder erkennt. Das selbe Prinzip findet man in den Bildern 3 und 4.



Elektronische Brummsiebung, Schritt für Schritt erklärt!

Teilbild 3.1 zeigt eine sehr einfache Impedanzwandlerschaltung mit einem NPN-Transistor. R1 ist so niederohmig gewählt, dass über ihm, wegen des geringen Basisstromes, keine signifikante Spannung abfällt. Der Basisstrom ergibt sich aus dem Kollektorstrom dividiert durch die Stromverstärkung von T1. Eine der DC-Spannung an Ue überlagerten Rippelspannung Ur, wie man sie über einem Ladelko, der von einem Brückengleichrichter gespeist wird, misst, überträgt sich mit praktisch gleich grosser Amplitude auf den Ausgang Ua. Nur die DC-Spannung an Ua hat sich um den Wert der Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 an Ue reduziert. Siehe das dazu gehörige Diagramm.

Das selbe Diagramm erzeugt die erweiterte Schaltung in Teilbild 3.2 und wir werden sehen, welchen Vorteil zwei Transistoren bieten. Wir haben es hier mit einer ganz besonderen Art einer Darlingtonschaltung zu tun. Die konventionelle besteht entweder aus zwei hintereinander geschalteten NPN- oder aus zwei hintereinander geschalteten PNP-Transistoren. Wäre Teilbild 3.2 eine konventionelle Darlingtonschaltung, bestünde sie aus zwei NPN-Transistoren. Dies hätte den Nachteil, dass die minimale Spannung zwischen Ue und Ua zwei Basis-Emitter-Schwellenspannungen entspricht. Das ist die absolut niedrigste Spannung bei der eine konventionelle NPN oder PNP-Darlingtonschaltung gerade noch arbeiten kann.

Was wir hier haben ist eine komplementäre NPN-Darlingtonschaltung. Der Leistungstransistor T1 ist ein PNP- und der Treibertransistor T3 ein NPN-Transistor. Dieser Treibertransistor bestimmt den Charakter der Darlingtonschaltung. Ist dieser T3 ein NPN-Transistor, so ist dies auch die ganze Darlingtonschaltung, auch wenn T1 ein PNP-Typ ist. Der grosse Vorteil der komplementären Darlingtonschaltungen ist, dass die absolut minimale Spannung zwischen Ue und Ua nur eine Basis-Emitter-Schwellenspannung beträgt und zwar die von T3. Diese minimale Spannung zwischen Ue und Ua trifft dann zu, wenn R1 so niederohmig ist, dass sein Spannungsabfall so klein ist, dass er betreffs Verlustspannung vernachlässigt werden kann. Da die Stromverstärkung einer Darlingtonstufe enorm viel höher ist, als die einer Transistorstufe mit nur einem Transistor, darf R1 ohne signifikanten Spannunsabfall viel grösser sein. Eine wichtige Eigenschaft wie wir noch sehen werden. Warum auf T1 T3 und nicht T2 folgt, hat mit dem Vergleich zur Schaltung in Bild 5 zu tun. Mehr Informationen zur komplementären Darlingtonschaltung vermitteln diese beiden Elektronik-Minikurse:

Wir kommen jetzt zu Teilbild 3.3 das sich von Teilbild 3.2 nur mit C5 unterscheidet. Mit dieser Schaltung haben wir beinahe schon das was wir wollen - eine elektronische Brummsiebung. Die an der DC-Spannung überlagerte Rippelspannung Ur am Eingang Ue, wird mittels passivem R1C5-Tiefpassfilter so stark gedämpft, dass an der Basis von T3 eine geglättete DC-Spannung vorliegt, die der DC-Spannung an Ue entspricht. Allerdings stimmt dies nur dann, wenn Ua gar nicht oder nur geringfügig mit Strom belastet ist. Der T3-Basisstrom muss so gering sein, dass es über R1 keine signifikante DC-Spannung gibt. Da C5 keine Rippelspannung Ur aufweist, liegt diese folgerichtig über R1. An Ua muss nun ebenfalls folgerichtig die Eingangs-DC-Spannung Ue minus einer Basis-Emitter-Schwellenspannung ohne Rippelspannung Ur vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Rippelspannung Ur an Ue so niedrig ist, dass die minimale DC-Spannung zwischen Ue und Ua in keinem Augenblick unterschritten wird. Passiert dies, zeigt sich an Ua ebenfalls zumindest ein Teil der Rippelspannung die an Ue anliegt. Da diese Ua-Ue-Differenzspannung einer Basis-Emitter-Schwellenspannung entspricht, verträgt diese Schaltung praktisch keine Rippelspannung an Ue, ohne dass diese an Ua nicht zumindest etwas wirksam wird. Das ist die Ausgangssituation...

Wie löst man dieses Problem? Man könnte R1 so gross wählen, dass bei Strombelastung an Ua der Basisstrom an R1 einen so grossen DC-Spannungsabfall bewirkt, dass die Ua-Ue-Differenzspannung so gross wird, damit die Schaltung eine gewisse Höhe der Rippelspannung verarbeitet und so an Ua eine sauber geglättete DC-Spannung vorliegt. Dies hätte allerdings zum Nachteil, dass der Spannunsabfall über R1 von der Erwärmung von T1 abhängig ist, weil dessen Stromverstärkung ebenfalls temperaturabhängig ist. Und es kommt hinzu, dass die Spannung über R1 und damit auch die Ua-Ue-Differenzspannung vom Laststrom an Ua stark abhängig ist. Das sieht gar nicht gut aus und deshalb kommen wir zu Teilbild 3.4, die mit dem bedeutungsvollen Widerstand R3 erweitert ist. Die Lösung naht...

Teilbild 3.4 zeigt die vollständige Prinzipschaltung. R1 wird so niederohmig gewählt, dass ohne R3 der geringe T3-Basisstrom über R1 nur eine kleine Spannung bewirkt, wenn der Strom am Ausgang den maximalen Wert hat. Nachträglich wählt man R3 so niederohmig, dass über R1 eine Spannung abfällt, die addiert mit der Basis-Emitter-Schwellenspannung von T3 etwas grösser ist als die maximale Rippelspannung Ur. Man muss dafür sorgen, dass der Querstrom von Ua über R1 und R3 nach Ue bei maximalem Ausgangsstrom an Ua etwa 3 bis 5 mal so gross ist wie der Basisstrom an T3. Dadurch wird die Schaltung für den diesen Zweck genügend temperaturunempfindlich.

Der parallele Widerstandswert von R1 und R3 bilden mit C5 ein passives Tiefpassfilter erster Ordnung. Der Widerstandswert, der in Serie mit C5 das Tiefpassfilter bildet, ist genau genommen etwas niederohmiger als der Parallelwert von R1 und R3, weil schliesslich ein Basisstrom zum Transistor T3 fliesst. So genau muss man dies aber nicht nehmen, weil der Strom durch R1 und R3 viel grösser ist als der T3-Basisstrom. Die Grenzfrequenz dieses Tiefpassfilter sollte man möglichst niedrig halten, weil man damit eine besonders gute Dämpfung der 100-Hz-Brummspannung (100 Hz, weil 2-Weg-Gleichrichtung!) erzielt und als Nebeneffekt erreicht man noch den so genannten Slow-Turn-On-Effekt, der z.B. dazu dient, in Audioanlagen Einschaltknackgeräusche zu vermeiden. Eine Zeitkonstante im mittleren 100-ms-Bereich (z.B. eine halbe Sekunde) ist etwa vernünftig. Dazu später noch etwas differenzierter.



Die Brummsiebung im Detail

Es folgt eine differenzierte Ausführung wie die elektronische Brummsiebung arbeitet. Es ist sehr wichtig um den Inhalt dieses Kapitels zu verstehen, dass man die Datenblätter für die beiden Transistoren BD240 und BC550C (= BC547C) vor sich hat. Wir kommen zu Bild 4:

Auf diese elektronische Brummsiebung folgt irgend eine Spannungsreglerschaltung die einen Strom von maximal 300 mA liefert, als Beispiel. Das heisst, sie enthält auch eine Strombegrenzung knapp oberhalb des Maximalstromes. Der Ladelko CL bei der Gleichrichterschaltung ist so dimensioniert, dass bei einem DC-Strom von 300 mA eine maximale Rippelspannung von Ur = 1.5 Vpp entsteht. Es genügt hier zu wissen, dass dies gegeben ist, wenn CL einen Wert von 2000 µF hat. Wie gross die DC-Ausgangsspannung ist, spielt dabei keine Rolle. Uns interessiert hier einzig, dass der Spannungsabfall über der elektronischen Brummsiebung so niedrig wie möglich realisiert wird. Das ist natürlich vor allem dann interessant, wenn die Ausgangsspannung relativ niedrig ist. Dadurch hält man die Verlustleistung niedrig und der Wirkungsgrad liegt in einem akzeptabel realistischen Bereich.

Es ist grundsätzlich die selbe Schaltung wie in Teilbild 3.4. Bei einem T1-Kollektorstrom (Strom Ia) von 300 mA und einer Kollektor-Emitter-Spannung von knapp 2 VDC, beträgt die Stromverstärkung von T1 (BD240) einen Faktor von etwas mehr als 100. Da jedoch durch die eingangsseitige Rippelspannung (Brummspannung), im vorliegenden Beispiel, die Kollektor-Emitter-Spannung von T1 bis auf 0.8 V reduziert wird, müssen wir im Datenblatt des BD240 genau nachsehen, wie hoch dabei die Stromverstärkung noch ist. Das Diagramm Collector-Emitter Saturation Voltage vs Base-Current gibt Auskunft. Bei 0.8 V beträgt die errechnete Stromverstärkung gerade noch 100. Bei einem Kokllektorstrom von 300 mA wird ein T1-Basisstrom von 3 mA erwartet. Schauen wir nach, wie viel Basisstrom für eine Kollektor-Emitter-Spannung von nur 0.2 V benötigt wird, sind es 4 mA, was die Stromverstärkung auf 75 reduziert. Wir rechnen mit diesem Wert und sind damit in einem sicheren Bereich. Es gibt beim BD240 die Ausführungen A, B und C. Damit werden nur die maximalen Kollektor-Emitter-Spannungen bei keinem und nur geringem Kollektorstrom von -30 mA unterschieden. Auf die Stromverstärkung haben diese Endbezeichnungen keinen Einfluss.

Dieser T1-Basisstrom von 4 mA ist in Bild 4 eingetragen. Als nächster Schritt wollen wir wissen, wie gross die Stromverstärkung des Kleinsignaltransistors BC550C (T3). Hier ist die Datenblattsuche betreffs Informationsinhalten etwas problematisch. Ich habe zwei einander ergänzende Datenblätter gefunden. Das eine ist von Fairchild und das andere von Micro Electronics LTD. Es lohnt sich auf jedenfall den BC550C - der C-Typ - einzusetzen, weil dieser die höchste Stromverstärkung aufweist. Im Vergleich zum BD240 stehen hier die Buchstaben am Schluss für den Bereich der Stromverstärkung.

BC550-Fairchild-Datenblatt: Bei einem kleinen Basisstrom von 50 µA ist oberhalb einer Kollektor-Emitter-Spannung von 1 V der Kollektorstrom mit etwa 12 mA konstant. Das heisst die Stromverstärkung beträgt 240. Bei etwa 0.5 V sind es immer noch etwa 200. Siehe auf Seite 3 "Figure 1. Static-Characteristic".

Entscheiden wir uns für den hoch-stromverstärkenden BC550C, ist die Stromverstärkung mindestens drei mal höher, also rund 600. Realisieren wir eine sehr grosszügige Sicherheitsmarge und setzen einen Wert von 300 ein. Damit darf die Kollektor-Emitter-Spannung von T3 den Wert von 0.5 V wesentlich unterschreiten. Der T3-Basisstrom beträgt etwa 13 µA. Da dieser Strom sehr niedrig ist, sind wir grosszügig mit der Wahl des Querstromes von Ue über R1 und R3 nach Ua und wählen einen Wert 0.15 mA durch den Widerstand R3. Die Basis-Emitter-Schwellenspannung von T3 beträgt beim angegebenen T3-Kollektorstrom von 4 mA etwa 0.65 V. Für die Bestimmung von R3, dividieren wir diese 0.65 V durch den Strom von 0.15 mA. Der errechnete Wert beträgt 4.33 k-Ohm. Wir setzen für R3 einen Wert von 4.7 k-Ohm ein. Der Strom durch R3 beträgt dann 0.14 mA. So genau darf man dies aber nicht nehmen, weil die Basis-Emitter-Schwellenspannung exemplarisch streut und mit etwa -2 mV/K temperaturempfindlich ist.

Wir berechnen jetzt R1. Da die Rippelspannung Ur einen maximalen Wert von 1.5 Vpp hat, definieren wir, dass Spannungsdifferenz zwischen Ue und Ua maximal 2 VDC beträgt, und berechnen diese für 1.8 VDC. Dies bedeutet, dass die Spannung über R1 1.35 VDC betragen muss. Der Strom durch R3 von 0.15 mA addiert sich mit dem T3-Basisstrom zum Strom von 0.163 mA durch R1. Die Spannung über R1 dividiert durch den Strom durch R1 ergibt einen Wert von 7.05 k-Ohm Wir setzen für R3 einen Wert von 6.8 k-Ohm ein, wodurch die Spannung über R1 von 1.15 VDC auf 1.1 VDC sinkt. Diese präzisen Überlegungen spielen auf Grund der Bauteiltoleranzen und der bereits erwähnten Toleranzeigenschaften der Basis-Emitter-Schwellenspannung von T3 eine untergeordnete Rolle. Die Praxis ist folgende: Man misst die Spannung zwischen Ue und Ua. Weicht sie zu sehr von der Erwartung ab, korrigiert man sie, in dem man parallel zu R1 oder R3 höherohmige Widerstände hinzufügt, oder man tauscht R1 oder R3 einfach aus. Empirisch darf es auch sein, warum nicht.

Bisher gilt für Bild 4 die reine DC Betrachtung, ohne C5 im Einsatz. Ab hier ist C5 im Einsatz. Die Bezeichnung C5 ist an die Schaltung in Bild 5 angepasst. Der Parallelwiderstandswert von R1 und R3 multipliziert mit der Kapazität von C5 ergibt eine Zeitkonstante von etwa 0.3 s. Die Grösse dieser Zeitkonstante reicht zusätzlich für einen sanften Spannungsanstieg beim Einschalten der Netzspannung (Slow-Turn-On), damit z.B eine Audioschaltung nicht störend knackt.

Wir wollen noch herausfinden, wie stark dieses passive Tiefpassfilter erster Ordnung mit seiner Grenzfrequenz von 0.56 Hz die 100-Hz-Rippelspannung mit der Spannung Ur = 1.5 Vpp dämpft. Dazu braucht es keine grosse Rechnerei. Bei rund 0.5 Hz beträgt die Dämfung 3 dB. Bei 50 Hz beträgt sie 40 dB, weil ein Tiefpassfilter erster Ordnung eine Dämpfungsrate von 20 dB/Frequenzdekade hat. Bei 100 Hz kommen noch einmal 6 dB (6 dB/Frequenzoktave) hinzu. Dies gibt eine Dämpfung von 46 dB und das ist ein Wert von 200. Die Rippelspannung von 1.5Vpp wird auf einen Wert von etwa 7.5 mVpp an Ua gedämpft. Diese Spannung ist ein guter Wert für den Zweck, dass eine Spannungsregelung nachgeschaltet wird. Will man, dass das gesamte Netzteil schneller einschaltet, z.B mit einer Zeitkonstante von nur einem Viertel mit 75 ms (C5 = 22µF), reduziert sich die Dämpfung auf 34 dB. Die Rippelspannung an Ua beträgt dann 30 mVpp und das ist noch immer niedrig für eine nachgeschaltete Spannungsregelung, die ihrerseits die Rippelspannung regeltechnisch zusätzlich dämpft.

Der mittlere Spannungsabfall über der elektronischen Brummsiebung, also über T1, beträgt 1.8 VDC mit einer gewissen Toleranz, die bereits erwähnt ist. Der minimale Spannungsabfall von 0.8 V ergibt sich beim unteren Rippelspannungswert. Siehe dazu Diagramm links von der Schaltung in Bild 4. Bei diesen 0.8 V ist die Dämpfung der Rippelspannung noch einwandfrei garantiert, weil durch die grosszügige Dimensionierung der Schaltung beide Transistoren mehr als genügend Reserven in der Stromverstärkung haben.

Was jetzt noch fehlt ist die Betrachtung der Verlustleistung. Im Betriebszustand verbraucht der Leistungstransistor T1 nur wenig Leistung. Bei einem Strom von 300 mA und einer Spannung von 2 VDC, sind das gerade 0.6 W. T1 kommt mit seinem TO220-Gehäuse gerade noch knapp ohne Kühlkörper aus. Trotzdem ist einen kleinen Kühlkörper empfehlenswert, denn besonders dann, wenn die Schaltung im Slow-Turn-On-Mode arbeitet, durchfährt T1 je nach Eingangsspannung Ua und maximalem Ausgangsstrom vom 300 mA eine nicht zu unterschätzende kurzzeitige Verlustleistung.

Worst-Case: Wenn die Ausgangsspannung der nachgeschalteten Spannungsregelung Kurzschluss aufweist und ein Begrenzungsstrom in Aktion ist, gibt es diesen auch schon bei einer niedrigen Spannung Ua. Angenommen Ue hat nach dem Einschalten der Netzspannung einen Wert von 25 VDC und der Strom beträgt bei Ua = 12 VDC (momentan) den Strombegrenzungswert von von z.B. 350 mA, dann beträgt die Verlustleistung an T1 bereits 4.6W (0.35A*13V). Diese Verlustleistung dauert mit weniger als die dimensionierte Zeitkonstante von 0.3 s nur sehr kurz. Trotzdem muss man daran denken, dass diese Verlustleistung mit einem kleinen Kühlkörper abgeleitet werden muss. Dass die nachgeschaltete Spannungsregelung eine definierte Strombegrenzung haben muss, versteht sich von selbst, vor allen dann, wenn das Netzteil für Experimente dient! Integrierte Spannungsregler haben meist auch einen SOA-Schutz, wie weiter oben im Kapitel "Beliebte Dreibeiner" beschrieben.

Man betrachte im das Diagramm Maximum-Forward-Bias-Safe-Operating-Area aus dem BD240-Datenblatt. Da sieht man drei Strom/Spannungs-Kurven für eine sehr kurzzeitige Belastung von gerade bloss 300 µs bis 10 ms. Bei längeren Zeiten gilt die Dauerbelastungskurve mit der Bezeichnung DC-Operation. Diese Kurve gilt für unsere Anwendung. Aus dieser Kurve lesen wir, wenn der Kollektorstrom 300 mA beträgt, darf die maximale Kollektor-Emitter-Spannung 60 VDC betragen, wobei wegen der Spannungsfestigkeit mindestens der Typ BD240A zum Einsatz kommen muss. Dies entspricht einer Verustleistung von 18 W. Bei dieser Leistung ist eine maximale Gehäusetemparatur von 75 Grad Celsius zulässig (siehe Figure 5 im BD240-Datenblatt). Wenn jedoch eine solche Verlustleistung nur wenige 100 ms andauert, reicht ein kleiner Aufsteck-Kühlkörper wegen der Erwärmungsträgheit völlig aus. Erst recht, wenn die Spannung niedriger ist als die erwähnte Worstcase-Spannung von -60 VDC. Und sonst mit dem Kühlprofil nicht geizen!

Wir kommen jetzt noch zum Kleinsignaltransistor BC550C (T3). Die maximale dauerhafte Verlustleistung ist mit 500 mW ausreichend. Der Kollektorstrom beträgt maximal 4 mA. Eine Kollektor-Emitter-Spannung von 45 V würde eine Verlustleistung von gerade 180 mW erzeugen. Bei höherer Spannung bis 65 V (260 mW) müsste man anstelle des BC550C, bzw. BC547C, einen BC546C einsetzen.

Ganz zum Schluss zur Schaltung in Bild 4 fehlt noch die Erklärung für den Kondensator C3. Diese Schaltung hat zwar eine sehr hohe Strom-, aber eine sehr geringe Spannungsverstärkung. Diese beträgt, weil es sich um einen Spannungsfolger handelt, nur 1 (0 dB). Da die verwendeten Transistoren relativ hohe so genante Transitfrequenzen haben, können wegen parasitären Effekten leicht Instabilitäten in Form von hochfrequentem Oszillieren auftreten. C3 wirkt als Frequenzgangkompensation und sorgt dafür, dass die HF-Schwingneigung wirksam vermieden wird. Es kann nicht garantiert werden, dass der Wert von 10 nF bei jedem Schaltungsaufbau immer korrekt ist. Wenn nicht, muss man den Wert empirisch selbst ermitteln.



Vollständige Schaltung eines spannungssymmetrischen Netzteiles

Bild 5 zeigt eine vollständige Schaltung mit Netztrafo TR, Brückengleichrichter BG, Siebung C1 (C2), zwei Schaltungen für die elektronische Brummsiebung und die "dreibeinigen" beschalteten Spannungsregler für eine positive und negative, d.h. symmetrische Ausgangsspannung ±Ub. Diese beträgt ±20 VDC, welche an den beiden Trimmpots R9 und R10 fein abgestimmt werden. Diese Schaltung wurde für eine ursprüngliche Anwendung für ±20 VDC und maximal ±3 A eingesetzt. Je nach maximalem Laststrom oder andern Ausgangsspannungen kann die Schaltung beliebig umdimensioniert werden, wozu der Leser gewisse Grundlagen- und Fachkenntnisse benötigt. Für Ströme bis maximal 1 A genügen die legendären Spannungsregler LM317 für VR1 und LM337 für VR2. Werden Ströme bis maximal 3 A benötigt, empfehlen sich LM350 für VR1 und LM333 für VR2. Datenblätter zu diesem Kapitel siehe oben im Kapitel "Wichtige Datenblätter zusammengefasst".

Obsolet: Betreffs LM333 gibt es allerdings einen Wehrmutstropfen. Er ist mittlerweile veraltet und steht in der Obsolete-Liste von früher National-Semiconductor und aktuell Texas-Instruments. Er wird nicht mehr hergestellt. Die einzige Alternative, die ich entdeckte, ist der LT1185 von ursprünglich Linear-Technology, welche längst Teil von Analog-Devices ist. Der LT1185 ist im Programm von Analog-Devices (Juli 2019). Allerdings ist der LT1185 zu LM333 nicht pinkompatibel und er befindet sich in einem 5-poligen TO220-Gehäuse. Er bietet dafür die Möglichkeit zur Einstellung der Strombegrenzung mit einem zusätzlich externen Widerstand.

Machen wir weiter mit Bild 5: R5 (R6) ist mit 240 Ohm im Datenblatt vorgegeben. Dieser Widerstand darf kleiner aber nicht wesentlich grösser sein, weil sonst der Biasstrom des Adjust-Einganges die Ausgangsspannung +Ub verfälscht. R7 (R8) und R9 (R10) definieren die erwünschten Ausgangsspannung +Ub (-Ub) und dessen Einstellbereich. D1 (D2) verhindert ein Rückstrom durch VR1 (VR2), falls die Schaltung vor VR1 (VR2), wegen eines Defektes, kurzschliesst und sich C15 (C16) in Richtung Gleichrichterschaltung entlädt. Dieser Strom fliesst dann durch D1 (D2). C11 (C12) reduziert die Rauschspannung die VR1 (VR2) selbst erzeugt und die noch restliche Rippelspannung am Eingang von VR1 (VR2). Im Falle eines Kurzschlusses am Ein- oder Ausgang von VR1 (VR2), entladet sich C11 (C12) nicht durch VR1 (VR2), sondern durch D3 (D4) und auch durch D1 (D2) wenn Kurzschluss am Eingang von VR1 (VR2).

C7 (C8) ist zusätzlicher Teil der elektronischen Brummsiebung, obwohl seine Wirkung nur minimal ist. C7 (C8) erfüllt jedoch noch einen andern Zweck. Gemeinsam mit dem induktionsarmen Keramikvielschicht-Kondensator C9 (C10), bildet die gesamte Brummsiebung eine besonders niederohmige Impedanz bei relativer grosser Frequenzbandbreite für den Spannungsregler VR1 (VR2), der schliesslich auch eine ganz andere Schaltung sein kann, als das was hier vorgeschlagen wird. C9 (C10) gehört unbedingt in die Nähe von VR1 (VR2). Dies schreiben auch die Datenblätter stets vor, denn viele integrierte Spannungsregler reagieren mittels wildem Oszillieren empfindlich auf parasitäre Induktivitäten, die einerseits durch Elkos - das sind Wickelkondensatoren - und anderseits durch eine zulange Leitungen (Leiterbahnen) zustande kommt. C13 (C14) parallel mit C15 (C16) bilden ebenfalls eine kapazitive Blocklast mit niederohmiger Impedanz bei ebenso relativ grosser Frequenzbandbreite.

Wählt man C15 (C16) zu niedrig, verursachen schnelle Laststromänderungen an ±Ub, zu Beginn des Regelvorganges von VR1 (VR2), relativ hohe Spannungsspitzen. Man achte auf jeden Fall darauf, dass C1 (C2) grösser ist als C7 (C8) und C7 (C8) grösser ist als C15 (C16). Damit wird garantiert, dass bei normaler Abschaltung der 230-VAC-Betriebsspannung, keine Rückströme fliessen, obwohl sie wegen D1 (D2) trotzdem keinen Schaden anrichten können. Der Keramikvielschicht-Kondensator C13 (C14) gehört ebenfalls wie C9 (C10) in die Nähe von VR1 (VR2).

Wozu D5 und D6? Wenn es zur Stromüberlastung oder Kurzschluss zwischen +Ub und -Ub kommt, bewirkt der Spannungsregler mit dem nur schon etwas höheren Begrenzungsstrom, ein Stromfluss in die gegenüberliegende Seite. Dies hat zur Folge, dass der gegenüber liegende "schwächere" Spannunsgregler eine unnötig hohe Leistung ertragen muss. Dies verhindert die am Ausgang parallel geschaltete Diode, welche diesen Strom auf GND ableitet. Ohne diese Diode müsste die nachfolgende Schaltung eine inverse Spannung ertragen. Wäre z.B. die "schwächere" Seite -Ub, wird die Spannung positiv. Das passiert zwar auch mit Diode (hier jetzt D6), aber die Spannung entspricht maximal der D6-Durchflussspannung von etwa +1 VDC.

Wie die elektronische Brummsiebung arbeitet ist im Kapitel "Die Brummsiebung im Detail" bereits ausführlich erklärt. Die Vorgehensweise ist die selbe, nur dass der Laststrom mit 3 A hier zehn mal so gross ist und für T1 anstelle von BD240 der MJ2955 und anstelle des BC550 der BD239 zum Einsatz kommt. Diese Arbeitspferd-Kombination eignet sich durchaus auch für Anwendungen mit höheren Strömen, wobei dann die TO3- (2N3055 und MJ2955) der TO220-Gehäuseversion vorgezogen werden sollte. Siehe dazu die Bauteilliste. Da das Netzteil spannunssymmetrisch ist, werden für die elektronische Brummsiebung für die negative Spannung komplementäre Transistoren, für T2 2N3055 und für T4 BD240, eingesetzt.

Wir erinnern uns, die minimalste Spannung über T1 (T2) beträgt bei der unteren Rippelspannung gerade noch 0.8 V. Es interessiert uns zunächst wie gross der Basisstrom bei dieser Spannung beim MJ2955 und 2N3055 sein muss. Das Datenblatt von MOTOROLA für den MJ2955 und 2N3055 nennt sich Complementary Silicon Power Transistors. Das Diagramm Collector Saturation Region hat die Parameter für die Ströme von 1 A, 4 A und 8 A. Siehe Figure 4. Man muss also aus dem 4A-Parameter den für 3 A interpolieren. Es gilt von beiden Transistoren der schlechtere Wert, also der höhere Basisstrom, damit die Schaltung symmetrisch realisiert werden kann. Bei linearer Interpolation kommt man auf einen Basisstrom von 112 mA. In Wirklichkeit genügt ein etwas geringerer Basisstrom. Wir lassen es aber dabei. Es möge der Reserve dienen. Dieser T1(T2)-Basisstrom ist der Kollektorstrom für T3 (T4). Nun sehen wir in den Datenblättern des BD239 und BD240, wie gross die Basiströme bei einer Kollektor-Emitter-Spannung von 0.8 V sein muss. Es sind 0.7 mA.

Die Basis-Emitter-Schwellenspannung von T3 (T4) beträgt bei einem Kollektorstrom von mehr als 100 mA etwa 0.7 V. Wir wählen einen Querstrom durch R1 (R2) und R3 (R4) der etwa drei bis vier mal grösser ist als der Basisstrom von T3 (T4) von 0.7 mA. Der Strom von 2.1 mA soll durch R3 (R4) fliessen. Dies ergibt einen Widerstand R3 (R4) von 330 Ohm und R1 (R2) von 390 Ohm (Strom = 2.8 mA). Der Wert des Parallelwiderstandes liegt - Basisstrom von T3 (T4) mit einbezogen - bei etwa 150 Ohm. Für eine Einschalt-Zeitkonstante von etwa 300 ms, müsste für C5 (C6) ein Elko mit einer Kapazität von 2'200 µF eingesetzt werden. Für schnellere Einschaltung und trotzdem genügend grosse Dämpfung der Rippelspannung genügt ein Wert von 470 µF.



Wenig Verlustleistung, dort wo es wichtig ist!

Die Dimensionierung Schaltung in Bild 5 zeigt eine betriebsbereite Speisung für eine Ausgangsspannung von ±20 VDC bis maximal ±3 A. Dies gilt allerdings nur, wenn für VR2 ein LM333 eingesetzt werden kann. Da dieser, wie erwähnt, nicht mehr käuflich ist, muss VR2 z.B. durch den LT1185 ersetzt und nach Angabe des Datenblattes dimensioniert werden.

Eine solche Speisung eignet sich z.B. für den Betrieb einer grossen Audio- oder analogen Messanlage mit vielen getrennten Kanälen. Damit diese sich gegenseitig über die gemeinsame Speisespannung nicht beeinflussen, sollten diese Boards zusätzlich kleine Spannungsregelschaltungen enthalten, die von der vorliegenden ±20 VDC z.B ±15 VDC oder ± 12 VDC erzeugen. Auf diesen Boards genügen oft fixe dreibeinige Spannungsregler (7815, 7915 bzw. 7812, 7912). Die Vorregelung hat zusätzlich den Vorteil, dass auf den hochwertigen Analogboards nur wenig Verlustleistung und Wärme erzeugt wird. Werden niedrigere oder höhere Betriebsspannungen auf den analogen Boards benötigt, ist die Schaltung in Bild 5 entsprechend anzupassen. Ebenso ist dies nötig, wenn der Summenstrom aller Analogboards grösser oder wesentlich niedriges ist als die 3 A, wie die vorliegende Anwendung zeigt:

Die Schaltung in Bild 5 ist ein kleines Derivat aus einem grossen Projekt des "Institutes für Signal- und Informationsverarbeitung" (ISI) an der ETH-Zürich. Es ging dabei um einen speziellen Audiometriemessplatz, bei dem 24 DSP-Systeme mit 24 analogen Baugruppen, 24 Endverstärkern und ebenso vielen Lautsprechern im Einsatz waren.



Eine wichtige Information betreffs Rausch- und Brummspannung

Die technischen Daten sind letztlich von der individuellen Dimensionierung der Schaltung abhängig. Wichtigste Information betreffs dieses Artikels ist folgende: Mit den (dreibeinigen) Spannungsreglern mit einstellbaren Ausgangsspannungen erreicht man Rauschspannungen die im 10- bis maximal im 100-µV-Bereich liegen. Werden diese Spannungsregler von einem simplen Gleichrichter mit Siebelko gespeist, erhalten diese eine Rippelspannung (Brummspannung), die in der Grössenordnung von maximal wenigen Vpp liegt. Diese wird durch die Spannungsregelung mit etwa 60 bis 70 dB gedämpft, was eine Ausgangsrippelspannung des Spannungsreglers im Millivoltbereich zur Folge haben kann. Dieser Wert ist jedenfalls grösser als das Eigenrauschen des Spannungsreglers. Die elektronische Brummsiebung alleine reduziert die Rippelspannung der geglätteten Gleichrichterspannung bereits auf wenige 10 mV, oder sogar unter 10mV, wenn die Schaltung im Slow-Turn-On-Mode arbeitet. Dadurch verringert sich die Rippelspannung am Ausgang des Spannungsreglers weit unterhalb dessen Rauschspannung.

Man könnte jetzt einwenden, dass eine elektronische Brummsiebung gar nicht nötig ist, wenn auf externen Boards zusätzliche Spannungsregler im Einsatz sind. Das ist richtig gedacht. Will man jedoch eine universelle Hauptregelschaltung mit der Möglichkeit auch bei direkter Nutzung eine sehr saubere DC-Spannung haben, dann lohnt sich eben der kleine Mehraufwand mit der elektronischen Brummsiebung. So etwas ist oft in einem Forschungsprojekt sinnvoll, wenn noch nicht restlos klar ist, wozu man die Hauptspeisung noch für alles gebrauchen wird.



Trafo und Gleichrichtung

Es würde den Rahmen dieses Elektronik-Minikurses sprengen, wenn wir hier exakt auf die Dimensionierung von Trafo, Gleichrichtung und Glättung mit Formeln eingehen würden. Dies wäre ein sehr grosses Thema für sich. Wenn sich dafür jemand interessiert und diesem Thema näher auf den Grund gehen will, dann empfehle ich das Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch.Schenk mit dem Kapitel "Stromversorgung". Ich bin im Besitze der 9. Auflage dieses Buches (ISBN: 3-540-19475-4). Ob die neuste und aktuellste Ausgabe noch immer dieses Thema so ausführlich beinhaltet, weiss ich nicht. Man kann anfragen. Es hat im genannten Link eine EMail-Adresse.

Es soll hier in groben Zügen gezeigt werden, warum man für dieses Netzteil mit einer Ausgangsspannung von ±20 VDC, einem Strom von maximal ±3 A und einer elektronischen Brummsiebung gleich einen Trafo mit einer Wirkleistung von beinahe 300 VA benötigt, wobei die gesamte elektrische Sekundärwirkleistung bloss 168 W (2*28V*3A) beträgt. Wir gehen das voll und ganz auf der praktischen Ebene an. Man betrachte dazu erneut Bild 5.

Wir gehen von der Ausgangsspannung ±Ub von ±20 VDC und einem maximalen Strom von ±3 A aus. Damit die Spannung von ±20 VDC von VR1 (VR2) sicher geregelt werden kann, muss die minimale Dropoutspannung (Spannungsabfall zwischen Ein- und Ausgang) dieser Spannungsregler garantiert werden können. Dazu werfen wir einen Blick in das Datenblatt des LM350 (VR1) und des LT1185 (VR2). Beim LM350 liegt die minimale Dropoutspannung bei einem Strom von 3 A bei etwa 2.3 VDC. Wir wählen als sicheren Betrag eine minimale Dropoutspannung von 3 VDC. Der LT1185 ist ein moderner Low-Dropout-Spannungsregler der mit nur 0.75 VDC bei -3 A zu Buche schlägt. Damit man genügend frei ist, anstelle des LT1185 eine andere Regelschaltung für die negative Ausgangsspannung einzusetzen, setzen wir auch hier eine minimale Dropoutspannung von 3 VDC fest. Vor den beiden Spannungsreglern benötigen wir somit eine minimale Spannung ±23 VDC. Damit ist genau genommen, der untere Rippelspannungswert der DC-Spannung zu verstehen. Da nach der elektronischen Brummsiebung die Rippelspannung Ur maximal jedoch nur noch wenige 10 mVpp beträgt, kann man gerade so gut sagen, dass die minimale DC-Spannung vor VR1 (VR2) nicht weniger als ±23 VDC betragen darf.

Wir kommen jetzt zur elektronischen Brummsiebung. Wie diese genau funktioniert lesen wir weiter oben im Kapitel "Die Brummsiebung im Detail". Hier geht es nur darum zu wissen, dass die minimale Dropoutspannung zwischen dem Ein- und Ausgang dieser Schaltung grösser sein muss, als die maximale Rippelspannung Ur über dem Ladeelko C1 (C2). Definieren wir diese Rippelspannung auf maximal 1.5 Vpp, so ist eine minimale Dropoutspannung von etwa 2 VDC richtig. Diese Rippelspannung ergibt sich bei Doppelweg-Gleichrichtung bei einem DC-Strom von 3 A und einer Kapazität von C1 (C2) = 22'000 µF. Diese Rippelspannung ist der theoretische Maximalwert. Der praktische Wert ist wegen des Innenwiderstandes der Trafosekundärwicklung und wegen dem Lastwiderstand, der sich aus der Ausgangsspannung und dem Ausgangsstrom ergibt, niedriger. Man kann diese Rippelspannung ganz exakt berechnen, lohnt sich aber oft nicht, weil man immer auch an die Kapazitätstoleranz des Ladeelko C1 (C2) denken muss. C1 (C2) muss im Falle des Leerlaufes (kein Ausgangsstrom) und einer 230-VAC-Netzüberspannung von 5% 32 VDC aushalten. Ein 35-V- oder 40-V-Typ ist die richtige Wahl.

Mit dieser Dropoutspannung von 2 VDC kommen wir auf eine minimale Spannung von ±25 VDC am Emitter von T1 (T2). Das gilt allerdings nur dann, wenn wir Unterspannungen am 230-VAC-Netz ignorieren. Wir tun das besser nicht und gehen davon aus, dass diese um 5% nach unten abweichen kann. Dies bedeutet, dass diese ±25 VDC nicht bei 230 VAC, sondern bei 218.5 VAC gelten. Bei 230 VAC sind es also ±26.3 VDC. Wir legen diese Spannung auf ±27 VDC fest. Beachte die Spannungswerte in Klammern in Bild 5. Diese gelten bei der korrekten Netzspannung von 230 VAC.

Wir kommen jetzt zum letzten Schritt. Es geht um den Trafo. Für die Dimensionierung des Elko C1 (C2) verweise ich auf das selbe weiter oben genannte Kapitel im Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch.Schenk. Zwischen den beiden Eingängen der beiden Brummsiebschaltungen gibt es unter Volllast eine Spannung von 56 VDC. Bei einem Strom von 3 A sind dies 168 W. Da mit C1 und C2 die Trafosekundär-AC-Spannung auf praktisch den Sinusspitzenwert geladen wird, ist diese AC-Spannung um den Faktor 20.5 niedriger als die DC-Spannung über C1 plus C2. Dies bedeutet - damit der Energiesatz nicht verletzt wird -, dass der trafosekundäre AC-Strom um den Faktor 20.5 (1.414) grösser ist als der DC-Strom. Anstelle von 3 A wären dies 4.24 A.

Allerdings stimmt dieser Umrechnungsfaktor trotzdem nicht, was damit zu tun hat, dass das periodische Nachladen der Ladelkos C1 und C2 immer mit sehr hohen Stromspitzenwerten erfolgt. Damit diese Stromspitzen den Trafo möglichst wenig bis lieber gar nicht kurzzeitig in die Kernsättigung treiben, muss dieser 1.414-Wert deutlich erhöht werden. Der eigentliche Wert ist auch vom Innenwiderstand der Trafosekundärspannung abhängig. Das alles wird etwas kompliziert. Ein Trafohersteller hat mir mal gesagt, dass man bei einer so genannten Brücken-Kondensatorschaltung mit einem Formfaktor von 1.8 (anstatt von 1.414) meist richtig liegt. Bei extrem niedrigem Innenwiderstand und sehr hohen Ladekapazitäten kann der Formfaktor auch 2 betragen. Multipliziert man diese 56 VDC mit 3 A und dem Formfaktor von 1.8 kommt man auf eine Trafoleistung von 302 VA:

   56VDC * 3A * 1.8 = 302VA

Die Wahl fällt also auf einen Trafo mit 300 VA oder vielleicht sogar etwas mehr. Vor allem dann, wenn das Netzteil praktisch immer unter Volllast steht.

Ein Trafo dieser Leistungsklasse, vor allem wenn es ein Ringkerntrafo ist, hat sehr grosse Einschaltstromimpulse. Selbst eine superträge Sicherung im Primärkreis haltet solche Stromstösse schlecht aus. Was hier nötig ist, ist eine so genannte Einschaltstrombegrenzungen. Dazu gibt es zwei Elektronik-Minikurse mit Lösungsvorschlägen:

Uns interessiert jetzt noch die AC-Spannung der beiden Sekundärwicklungen des Trafo unter Volllast. Der Spannungsabfall einer Diode pro Halbbrücke für die positive oder negative Ausgangsspannung beträgt rund 1 V. 2/3 der Rippelspannung Ur schlägt mit etwa 1 V zu Buche und die minimale DC-Spannung von 27 VDC bezieht sich auf den unteren Rippel-GND-Spannungswert. Siehe dazu in Bild 5 das Diagramm oben links. Warum der untere Spitzenwert zum Mittelwert der Rippelspannung Ur 2/3 und nicht 50% ausmacht, also der Mittelwert nicht symmetrisch zum oberen und unteren Spitzenwert liegt, hat mit der Form der Rippelspannung zu tun. Dies wird mittels Graphik im Kapitel "Stromversorgung: Netzgleichrichter" im Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch.Schenk verdeutlicht.

Die Sekundärspannung des Trafo errechnet sich aus der minimalen DC-Spannung von 27 VDC (unterer Spannungsrippel gegen GND) addiert mit einer Diodenflussspannung von etwa 1 VDC und der Rippelspannung von 1.5 Vpp, und diese Summe dividiert durch Quadratwurzel aus 2:

   (27VDC + 1VDC + 1.5Vpp) / 20.5 = 20.9VAC

Das Resultat ist eine Sekudärspannung von 20.9 VAC. Wir könnten jetzt einfach auf 21 VAC aufrunden, was rein mathematisch schliesslich korrekt wäre. Wir müssen allerdings auch daran denken, dass Elektrolytkondensatoren keine Musterknaben an Präzision sind. Eine Kapazitätstoleranz von ±20 % ist üblich. Wenn es der Zufall will, dass die Kapazität von C1 (C2) um 20 % niedriger ist, dann ist die Rippelspannung eben auch um 20 % höher. Anstatt 1.5 Vpp sind es 1.8 Vpp. Aus 20.9 VAC werden es 21.2 VAC. Es ist daher korrekter die Nennspannungen der beiden Sekundärwicklungen auf je 22 VAC festzulegen. Nebenbei hier angedeutet: Bei dieser Erhöhung der Rippelspannung muss man R1 (R2) eventuell leicht erhöhen, damit die Dropoutspannung über der elektronischen Brummsiebung sicher grösser ist als die Rippelspannung. Es genügen dazu wenige 100 mV.



Bauteilliste

Diese Liste enthält die Bauteile für die dimensionierte Schaltung in Bild 5 für die Ausgangsspannung von ±20 VDC und einem Laststrom von maximal ±3 A. Es ist dem Leser selbst überlassen die gesamte Schaltung seinen persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Wie bereits erwähnt, kann man für VR1 einen LM317 und VR2 einen LM337 einsetzen, wenn ein maximaler Strom von ±1 A ausreicht. In diesem Fall kann die Trafonennleistung und die Kapazitäten von C1 (C2) auf 1/3 reduziert werden. Ebenso kann ein kleinerer Brückengleichrichter mit weniger Maximalstrom verwendet werden. Es lohnt sich jedoch nicht bei der Eingangsspannung des Brückengleichrichters zu sparen, weil der Preisunterschied zu gering ist. Eine Spannung von 200 VAC empfiehlt sich auf jedenfall, auch wenn die Trafosekundärspannung niedriger gewählt wird. Man muss immer auch etwas an Überspannungsimpulse denken.

Werden niedrigere Ausgangsspannungen benötigt, können die Trafosekundärspannungen reduziert werden, was die Trafonennleistung ebenfalls reduzieren kann. Für den Einsatz von maximal ±1 A empfiehlt es sich für T1 (T2) und T3 (T4) die selben Transistoren für den sicheren Betrieb zu verwenden. R1 (R2) und R3 (R4) kann man etwas überproportional reduzieren, weil bei geringerem Strom von T1 (T2) die Stromverstärkung grösser ist. C5 (C6) kann man für die selbe Zeitkonstante ebenfalls verringern. Mit T1 und T2 kann man bei ausreichender Kühlung auch wesentlich höhere Ströme bis gut 10 A oder etwas mehr zumuten. Man muss dann allerdings für den Einschaltvorgang darauf achten, dass die Safe-Operating-Area (SOA) von T1 (T2) nicht verletzt wird, weil sonst dieser Transistor leicht zerstört werden kann. Bei einem Strom von 10 A, darf die Kollektor-Emitter-Spannung 11 V nicht überschreiten, während bei 3 A diese Spannung maximal 40 V sein darf. Dazu konsultiere man das Datenblatt. Bei weniger Strom als ±1 A kann man selbstverständlich "schwächere" Transistoren einsetzen. Das Kapitel "Die Brummsiebung im Detail", weiter oben, hat dazu einige Hinweise.

 
      Halbleiter
      ----------
        BG          5A / 200V
        T1          MJ2955 (TO3) oder MJE2955T (TO220)
        T2          2N3055 (TO3) oder MJE3055T (TO220)
        T3          BD239B (TO220)
        T4          BD240B (TO220)
        VR1         LM350
        VR2         LM333 (leider nicht mehr erhältlich, 
                           Alternative: LT1185, siehe Text!)
        D1-D6       1N4004

      Kondensatoren
      -------------
        C1, C2      22'000 µF / 40V     (Elko)
        C3, C4          10 nF / 40V     (Keramik)
        C5, C6         470 µF / 40V     (Elko)
       [C5, C6       2'200 µF / 40V     (Elko) Zweck: Slow-Turn-On]
        C7, C8       1'000 µF / 40V     (Elko)
        C9, C10        100 nF / 40V     (Keramikvielschicht)
        C11, C12        10 µF / 25V     (Elko, evtl. Tantal)
        C13, C14       100 nF / 25V     (Keramikvielschicht)
        C15, C16       100 µF / 25V     (Elko)

      Widerstände  0.25 Watt
      ----------------------
        R1, R2         390
        R3, R4         330
        R5, R6         158      (aus der E96-Reihe)
        R7, R8           2k1    (aus der E96-Reihe)
        R9, R10        500      (Trimmpotmeter)

      Diverses
      --------
        TR          Trafo 220V / 2 x 22V 300VA  (vorzugsweise Ringkern)
 


Hochfrequente Störprobleme

Dieses Oszi-Foto, aufgenommen von einem Leser dieses Elektronik-Minikurses, der damit beschäftigt war die Schaltung in Bild 5 für eigene Bedürfnisse anzupassen, hatte das Problem, dass auf der Rippelspannung von 200 mVpp (100 Hz) am Ausgang der elektronischen Brummsiebung - ohne nachgeschaltete elektronische Spannungsregelung - diese feinen Nadelimpulse zu sehen sind. Die Amplituden dieser sehr kurzzeitigen Nadelimpulse haben unterschiedliche Höhen und sehr periodisch erscheinen sie auch nicht gerade. Was ist denn das für eine seltsame Störquelle?

Genau genommen sind es zwei Störquellen. Einerseits eine Schaltung, welche diese Nadelimpulse als Störsignale erzeugt und dies ursprünglich periodisch und die Amplituden stets gleich hoch. Anderseits ist die digitale Messung selbst eine Störquelle. Heutzutage wird oft nur deshalb ein digitales Oszilloskop eingesetzt, weil man gar kein analoges mehr besitzt. Da kann es allerdings passieren, dass hochfrequente (Stör-)Signale verfälscht dargestellt werden, weil das Abtasttheorem für diese verletzt wird. Genau das passiert hier. Diese feinen steilflankigen Nadelimpulse mit Flankensteilheiten im ns- oder im unteren 10ns-Bereich und Impulsbreiten von oft weniger als 100 ns, werden z.T. gar nicht oder nur teilweise erfasst beim Vorgang des Abtastens. Die Folge davon ist, es werden nicht alle Impulse angezeigt und so erzeugt dies eine nichtperiodische Wiedergabe mit z.T. auch unterschiedlichen Amplitudenwerten.

Würde man die selbe Spannung analog messen (keine Signalabtastung), zeigt sich in Überlagerung zur 100Hz-Rippelspannung ein unscharfes diffuses Band. Dieser Eindruck entsteht, weil die Frequenz dieser feinen Nadelimpulse um viele Grössenordnungen höher ist als die Frequenz der Rippelspannung. Die einzelnen Störimpulse sind nicht sichtbar, denn sie liegen zunahe nebeneinander, wegen der relativ niederfrequenten Zeitablenkung, um die 100-Hz-Rippelspannung dazustellen. Illustriert ist dies in der Skizze von Teilbild 6.1.

Bei entsprechend höherfrequenter Zeitablenkung (Teilbild 6.2) und synchronisiert auf diese feinen Nadelimpulse, würde man diese periodisch mit stets gleich hohen Ampitudenwerten sehen. Dies ist oft die Realität. Abweichungen davon gibt es dann, wenn in einer digitalen Schaltung mehrere unterschiedliche Taktfrequenzen als Störquellen beteiligt sind. Oder wenn im selben Netzteil zusätzlich ein Schaltregler arbeitet, dessen Schaltfrequenz und nicht nur der Tastgrad abhängig ist von dessen Ausgangsleistung. Diese Impulse sind ebenfalls sehr steilflankig und können deshalb den selben Störeffekt bewirken.

Bild 7 zeigt die Situation, wie mit einem Netzteil eine sensible analoge und eine digitale Schaltung gespeist wird. Die beiden Schaltungen sind vorzugsweise aufgeteilt auf zwei Platinen. Alleine schon diese Massnahme reduziert das Risiko der parasitären Störeinwirkung von der digitalen zur analogen Schaltung. Gemeint sind unerwünschte parasitäre Kopplungen. Im Fall einer modernen hochintegriert miniaturisierten Schaltung, muss man auf dem selben Print die analogen und digitalen Teile mit genügend Abstand trennen.

Die Rechtecksignale in einer komplexen digitalen Schaltung unterscheiden sich in den Frequenzen, je nach Anwendung. Gemeinsam ist jedoch, dass die Schaltflanken in der Regel sehr steil sind und diese erzeugen oft "haarfeine" Nadelimpulse, wegen der Kopplung mit oft vorhandenen sehr kleinen parasitären Kapazitäten Cp (Teilbild 7.1). Rs deutet auf einen komplexen Widerstand der Schaltung hin, der kaum näher definiert werden kann, ebenso wenig Cp. Cp und Rs bilden ein passives parasitäres Hochpassfilter (Differenzierer).

Diese Nadelimpulse im ns- und teils im 10ns-Bereich können weder durch eine elektronische Brummsiebung noch durch eine Spannungsregelung (Teilbild 7.2) gedämpft werden. Eher das Gegenteil ist möglich: Die Elkos reagieren auf Nadelimpulse parasitär induktiv und können die Impulsamplituden sogar noch erhöhen (Resonanzeffekte). Es gilt hier der reine Hochfrequenzaspekt! Abhilfe bietet das zusätzliche Hinzufügen von sehr induktionsarmen keramischen Multilayerkondensatoren, wie dies Teilbild 7.3 zeigt. Man beachte die Kondensatoren mit der Bezeichnung Ck. GND-Leiterbahnen müssen bei einseitig kupferbeschichteten Platinen vernetzt sein (kreuzweise Verbindungen, so gut dies möglich ist). Besser ist ein GND-Plane auf der Bauteilseite, bei Verwendung einer doppelseitig mit Kupfer beschichteten Platine.
      k von Ck = koppel = Entkopplung von HF-Spannung.

Um die störenden Nadelimpulse von der digitalen Schaltung zurück in Richtung Gleichrichtung und Netzteil zu dämpfen, kann schon Ck1 ausreichend wirken. Kann, weil die Art der Schaltungsauslegung auf der Platine auch eine gewisse Rolle spielt. Jedenfalls lohnt es sich an allen gezeigten Stellen in der Schaltung von Teilbild 7.3 Ck-Kondensatoren zu platzieren, weil es sind auch störende HF-Einkopplungen aus der Primär- zur Sekundärspannung beim Netztrafo möglich. Die parasitäre kapazitive Kopplung, ganz besonders bei Ringkerntrafos, ist nicht zu vernachlässigen. Es gilt generell, dass man die gesamte Netzteilschaltung HF-bezogen niederimpedant dimensioniert.

Weitere mögliche Verbesserungen:

Zwischen dem analogen Ausgang und dem digitalen Eingang (ANA-SIG = analoges Signal) erkennt man in Teibild 7.3 eine Drossel. Diese kann zusätzlich reduzieren, dass Störimpulse von der digitalen in die analoge Schaltung gelangen. Ob eine kleine Ferritdrossel im Bereich von etwa 10 bis 100 µH reicht oder ob mit ihr noch kleine Keramikkondensatoren im unteren nF-Bereich oder eher weniger, ein LC-Filter bildend, nötig sind, muss man im Einzelfall empirisch ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das analoge nieder- bis mittelfrequente Nutzsignal ANA-SIG dadurch möglichst nicht beeinflusst wird.

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, lohnt es sich oft einen Ringkerntrafo einzusetzen. Einerseits wegen der sehr geringen magnetischen Streuung und dem etwa halb so schweren Gewicht. Dazu eine Schirmwicklung oder noch besser eine nicht kurzschliessende Kupferfolie, die man erden muss. Dies, zwischen der Primär und Sekundärwicklung, reduziert die kapazitive Kopplung zwischen der Primär- und Sekundärwicklung enorm und damit vor allem die nieder- und mittelfrequenten Störsignale signifikant. Man vergesse dabei nicht die Rundsteuersignale von den Elektrizitätswerken.

Auf die magnetische Streuung hat diese Massnahme keine Bedeutung. Die geringe magnetische Streuung kommt alleine durch die runde Form des Eisenkerns zustande. Mittels Induktion in Leiterbahnen und Verdrahtung kann dies im niederfrequenten Bereich empfindliche Störungen (Brummspannung, Rundsteuersignale) zur Folge haben. Magnetische Abschirmungen sind praktisch unmöglich.

Ringkerntrafos sind in grosser Zahl käuflich in diversen Elektronik-Distributoren. Jedoch nicht mit den so eben beschriebenen Optionen. Dafür benötigt man eine Spezialanfertigung. Das ist gar nicht so teuer. Es gibt Firmen welche solche Spezialanfertigungen z.B. in Ungarn oder Spanien produzieren. Leider kenne ich z.Z. keine Firma. Als ich das letzte Mal ein Ringkerntrafo bestellen musste, liegen etwa zwei bis drei Jahrzehnte zurück.

Etwas kann der Trafo trotz all diesen Massnahmen nicht: Störungen in Form von feinen Nadelimpulsen oder sonstige sehr hochfrequente Störspannungen können nur unzureichend von der Schirmwicklung gedämpft werden und zwar selbst dann, wenn man anstelle einer Schirmwicklung eine Schirmfolie einsetzt. Der Grund liegt ganz einfach in der nicht vollständig parasitär induktionsfreien Erdverbindung von Schirmwicklung oder Schirmfolie.

Dafür gibt es so genannte Netzfilter, wie die gleichbenannte Schaltung in Teilbild 7.3 andeutet. Sie besteht aus einem LC-Filter, das symmetrische und asymmetrische hochfrequente Störspannungen und feine Nadelimpulse wirksam dämpft. Die Drossel ist mit einem kleinen Ferritringkern (hier rechteckig gezeichnet) stromkompensiert. Die gute Dämpfungsqualität ist u.a. eine Folge davon, dass die ganze Schaltung in einem abschirmenden Gehäuse eingebaut ist, das geerdet werden muss.

Hier ein Netzfilter das sich flexibel für den Einbau in ein Gehäuse eignet. Dieses Apparatestecker-Netzfilter, ebenfalls in einem abgeschirmten Gehäuse integriert, bietet die beste hochfrequente Entstöreigenschaft, weil kein Erdleiter verdrahtet werden muss. Der Erdleiter verlauft im Netzkabel parallel zum Phasen- und Nullleiter und wird direkt durch das Einstecken gekoppelt.

Kein Rezept möglich:

Die Schaltung in Bild 5 wurde ursprünglich für eine spezielle Anwendung dimensioniert. In Bild 7 ist nichts dimensioniert. Warum auch, die Netzteile sind schliesslich frei dimensionierbar, je nach Bedarf an Spannung und Strom. Und dies gilt ebenso für Trafo und Netzfilter. Solche Netzfilter findet man bei verschiedenen Elektronik-Distributoren und dazu gibt es meist auch Links zu den Datenblättern und in diesen sind neben dem maximal zulässigen Strom auch Frequenzdiagramme angegeben, die Aufschluss geben über die Dämpfung von hochfrequenten Störspannungen.

Auch Gleichrichterdioden stören: Dies wurde auch schon im ELKO-Forum thematisiert. Die Störung wird u.a. durch die Recovery-Time der Dioden verursacht. Die Gleichrichtung besteht aus vier Dioden des Typs 1N4004. Aus dem Datenblatt des 1N4004 erfährt man, dass diese "Wiedereinschaltverzögerung" etwa 2 µs beträgt unter der Testbedingung "Reverse recovery test conditions: IF=0.5A, IR=1.0A, Irr=0.25A".

Zwei Mikrosekunden, da müsste man mit einem Mittelwellenradio die Störung empfangen, dachte ich. Und tatsächlich so ist es, die Störung ist signifikant in der unmittelbaren Umgebung. Teilbild 8.1 zeigt symbolisch was die Störung verursacht. Der Einsatz von vier Kondensatoren mit einer Kapazität von je 10 nF beseitigt die Störung wirksam, wie dies Teilbild 8.2 zeigt. Im folgenden Link wird 100 nF empfohlen. Der langen Rede kurzer Sinn, in Sanders Elektroniklabor wird dies mit einer zweiten, eher noch wirksamerem Ursprung präzis thematisiert:

Schaltregler-Alternative: Wir kommen an dieser Stelle zum Thema elektro-medizinische Anwendung, wie bereits in der Einleitung angedeutet. Wenn es darum geht eine hohe Patientensicherheit zu bieten bei elektromedizinischen Geräte, kann man durchaus auf teure Netzteile, wie eben beschrieben, verzichten und Schaltregler einsetzen. Vor allem bei kleinem bis mittlerem Leistungsverbrauch gibt es DC-DC-Wandler mit Isolationsspannungen 4000 VAC bzw. 6000 VDC. Auch der Erdableitstrom von z.B. 5 µA (Elektroden/Patient) ist sehr niedrig. Das eignet sich jedenfalls auch für den Einsatz von intramuskulären Elektroden.

Die Eingangsspannung zu solchen DC-DC-Wandlern kann +5 VDC oder +12 VDC sein. Wenn direkt vom 230VAC-Netz betrieben, genügt der Einsatz eines einfachen Steckernetzteils (ebenfalls ein Schaltreegler) für die Eingangsspannung, wie dies Bild 9 zeigt. Teilbild 9.1 zeigt die Ausführung der Speisung im Single-Supply-Modus und Teilbild 9.2 im Dual-Supply-Modus (z.B. ±5 VDC oder ±12 VDC).

Dieser Schaltregler-Methode sind allerdings gewisse Grenzen gesetzt. Dies vor allem dann, wenn es um Forschung geht. Z.B. dann, will man schwache Nervensignale (Aktionspotenziale) intramuskulär analysieren. Der einfache Grund ist der, dass auch diese medizintauglichen Schaltregler ein gehöriges Mass an Störspannungen produzieren. Man nennt es "Ripple Noise" mit einem Wert von z.B. 100 mVpp und einer Frequenz-Bandbreite von 20 MHz. Betrachtet man die hohen Flankensteilheiten, darf man sich nicht wundern, wenn dies die Messschaltung erheblich stört. Im Gegensatz zu solch einem hoch empfindlichen Messsystem, ist der Schaltregler in Verbindung mit einem EMG-Biofeedback-System am ehesten anwendbar.

Die Entstörmassnahmen sind schwierig wegen den oft komplexen parasitären Effekten, sind letzten Endes unbefriedigend und lassen zu wünschen übrig. Daher ist es dann oft besser, das Übel an der Wurzel zu packen und eine Schaltung wie es Bild 5 zeigt, zu realisieren. Natürlich entsprechend der Spannung (+Ub oder ±Ub) und der Leistung die man benötigt, was natürlich auch die Wahl des Ringkerntrafo betrifft. Wenn es um elektromedizische Anwendungen geht und man entscheidet sich für ein analoges Netzteil mit Ringkerntrafo, empfiehlt sich unbedingt zusätzlich dieser Elektronik-Minikurs:

Steht als medizinische Anwendung die Elektro-Myographie (EMG), u.a. die intramuskuläre Messung im Fokus und man will die notwendige Elektronik selbst realisieren, empfiehlt sich diesen speziellen Elektronik-Minikurs:

Man kann schon lange entsprechende Geräte kaufen, die sehr teuer sind. Viele sind in den Spitälern im Einsatz. Für den Forschungszweck oder für die Ausbildung sind immer wieder Institutionen, die an chronischem Geldmangel leiden, interessiert, selbst etwas zu bauen. Genau dafür eignet sich dieser Elektronik-Minkurs, der ein ZIP-File zur zusätzlichen Unterstützung anbietet. Bei Fragen einfach eine EMail an mich.



Thomas Schaerer, 06.01.2002 ; 29.04.2002 ; 07.08.2002 ; 22.01.2002 ; 14.03.2003(dasELKO) ; 14.12.2003 ; 03.03.2004 ; 25.04.2006 ; 04.12.2010 ; 04.04.2013 ; 25.06.2014 ; 03.08.2014 ; 18.07.2019+