Einschaltstrombegrenzung für Netzteile
mit mittelgrossen Ringkerntrafos
- Elektronik-Minikurse: Inhaltsverzeichnis WICHTIG: Diverse technische Infos
- Elektronik-Minikurse: Philosophie (Sinn, Vorwissen, Praxisbezug)
- Hilfe bei Leserfragen. (WICHTIG: Unbedingt zur Kenntnis nehmen!)
- Simulieren und Experimentieren, ein Vorwort von Jochen Zilg
- Autor: Thomas Schaerer Opamp-Buch Timer555-Buch
Inhaltsverzeichnis
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1. Vorwort
2. Einleitung
3. Schaltung und Diagramm
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3.1 Wie die Schaltung arbeitet
3.2 Weitere Überlegungen zur Dimensionierung der Schaltung
5. Warum Heissleiter (NTC) und nicht Leistungs-Widerstand?
6. NZT-Parallelschaltung streng verboten!
7. Die Schmelzsicherung
8. Der Kaltleiter (PTC), die alternative Sicherung
9. Bauteil-Liste zu Bild 1
10. Einfache Einschaltstrombegrenzung mit NTC und Relais
11. Andere Überstromverursacher
1. Vorwort
Verwendet man nur schon mittelgrosse Ringkerntrafos im unteren
100-VA-Bereich in Netzteilen, gibt es Probleme. Ohne Begrenzung des
Einschaltstromimpuls (alternativer Begriff: Einschaltstromstoss) kann
man sie kaum vernünftig einschalten. Bei solchen Ringkerntrafos müssen
superträge Sicherungen oft nur deswegen mit einem überhöhten Stromwert
im Primärkreis eingesetzt werden, weil die Trägheit beim Nennstromwert
nicht ausreicht. Dies jedoch reduziert die Betriebssicherheit der
gesamten Netzteilschaltung. Der vorliegende Elektronik-Minikurs zeigt
wie mit relativ geringem Aufwand dieses Problem gelöst werden kann.
Trotzdem ist die Angelegenheit nicht ganz so einfach wie sie aussieht,
wenn man Wert auf hohe Funktionssicherheit legt. In einer praktischen
Anwendung wurde diese Schaltung mit geringfügigem Mehraufwand mit einer
Antiploppschaltung für Audio-Leistungsendstufen erweitert. Die gesamte
Schaltung wurde in einem Audiometriemessplatz erfolgreich eingesetzt.
Am 12.06.2005 wurde dieser Elektronik-Minikurs mit Lerninhalten
wesentlich erweitert. Man muss mehr lesen, aber das lohnt sich!
Man erlernt den praktischen Umgang mit dem
Heissleiter
(NTC) im Einsatz zur Einschaltstrombegrenzung und welchen Trick man
anwenden muss, damit der Heissleiter im Betriebszustand der Schaltung
oder des Gerätes kalt bleibt. Dies wird an einem praktischen Beispiel
mit Schaltschema und Diagrammen illustriert. Es wird gezeigt, dass das
Zusammenspiel von hohem Einschaltstromimpuls durch den Trafo und der
sekundären Gleichrichter-Elko-Schaltung komplex, aber trotzdem möglich
ist, auch ohne grossen mathematischen oder/und simulativen Aufwand,
Lösungen zu finden. Es wird die ewige Frage beantwortet, warum man NTCs
und keine Leistungswiderstände einsetzen sollte und es wird am Beispiel
des so genannten zweiten Durchbruchs bei bipolaren Transistoren erklärt,
warum man NTCs nicht parallel schalten darf.
Die Schmelzsicherung mit den Eigenschaften von flink bis superträge und
was das Ausschaltvermögen bedeutet, ist ein weiteres Thema, so auch der
Kaltleiter
(PTC) als Ersatz für Schmelzsicherungen. Überstromverursacher, wie
Halogenglühlampen und Motoren, werden mit dem Trafo kurz verglichen und
es gibt auch noch eine einfache Schaltung zur Einschaltstrombegrenzung
einer Halogenglühlampe mit einer Leistung von 250 W, welche sich in der
Praxis bewährt hat.
2. Einleitung
Speziell Ringkerntrafos lassen sich nur mit hohen Einschaltstromimpulsen
einschalten. Dies besonders dann, wenn auf Grund der momentanen
Phasenlage, nach dem letzten Ausschalten, erst den im geschlossenen
Eisenkern gespeicherten Restmagnetismus abgebaut werden muss. Der hohe
Stromimpuls kommt zustande, wenn der Sinusstrom in die Primärwicklung
die restliche Magnetisierung im Eisenkern diesen in Sättigung treibt. In
diesem Zustand fehlt zum niederohmigen resistiven Widerstand der
Primärwicklung der deutlich höherohmige induktive Widerstand
(Induktanz). Darum ist der primäre Stromimpuls, auch völlig ohne Last an
der Sekundärwicklung, hoch.
Beispiel: Der Restmagnetismus hat einen positiven Wert. Beim Einschalten
treibt dann eine zufällig positive Stromhalbwelle den ebenfalls
positiven Rest-Magnetisierungswert so weit hoch, dass der Eisenkern
massiv in die Sättigung gerät. Dieser Vorgang zeigt, dass ein
Einschalten bei Phase-Nulldurchgang der Sinusspannung nicht die Lösung
sein kann! In diesem Zustand wirkt zunächst nur noch der ohmsche
Widerstand der Primärwicklung und der ist bei leistungsstarken
Ringkerntrafos ganz besonders niedrig. Erst nach wenigen Sinusperioden
läuft die Magnetisierung mit dem Primärstrom synchron und der Eisenkern
bleibt bei Nennlast sicher unterhalb der Sättigungsgrenze. Bevor es
soweit ist, muss eine Strombegrenzungsmassnahme wirken. Eine sehr gute
Aufklärung zu diesem Problem bietet der folgende Artikel von der Firma
EMEKO:
- Sanfter Start durch Vormagnetisierung (Fraunhofer Patent)
- Weitere Artikel zum Thema ebenfalls von EMEKO
Bevor es solche so genannte Trafoschaltrelais (TSR) zum Kaufen gab, hat
man dieses Problem selbst gelöst mit einem Leistungswiderstand im
Primärkreis, um den Einschalt-Stromimpuls zu dämpfen und danach
zeitverzögert mit einem Relais diesen Widerstand überbrückt. Schon sehr
lange gibt es Heissleiter, die NTCs. Die gibt es ganz klein für den
Zweck von Temperaturmessungen. Der NTC ist ein Widerstand mit einem
negativen Temperatur-Koeffizienten. Solche NTCs gibt es auch im
grösseren Format für hohe Leistungen. Von diesen ist hier die Rede.
Vorteilhaft ist, dass der Widerstand mit dem strombedingten Ansteigen
der Temperatur kleiner wird und so, richtig dimensioniert, die
Verlustleistung stark begrenzt wird. Je nach Anwendung benötigt es die
zeitverzögerte Überbrückung mittels Relaiskontakt nicht. Oft empfiehlt
sich dies trotzdem, weil man vermeidet ein unnötig heisses Teil im
Gerät. Dazu kommt, die Realisierung mit einem Leistung-NTC und
zusätzlicher Elektronik vermeidet die Abhängigkeit von einem
Spezialprodukt (TSR). Dieser Elektronik-Minikurs befasst sich mit dem
Eigenbau. Die TSR-Methode eignet sich aber vor allem dann, wenn es um
sehr hohe Trafo-Leistungen, im kVA-Bereich geht, was hier nicht
zutrifft.
Ab hier Marke Eigenbau mit
Leistungs-NTC (Heissleiter):
Wenn auf der Sekundärseite eine Gleichrichterschaltung mit einem
Siebkondensator (Elko) mit hoher Kapazität erfolgt, erhöht sich der
Spitzenenergieverbrauch im Moment des Einschaltens zusätzlich. Dies wird
in einem andern Kapitel speziell thematisiert. Die einfachste Vorbeugung
gegen den hohen Einschaltstrominpuls ist ein im Primärkreis in Serie
geschalteter Heissleiter (Leistungs-NTC). Ein NTC ist ein Widerstand mit
einem negativen Temperatur-Koeffizienten. Der NTC erhitzt sich auf einen
relativ hohen aber stabilen Wert und reduziert dabei seinen Widerstand
rasch auf einen vernachlässigbar niedrigen Wert. Beim einmaligen
Einschalten funktioniert die Strombegrenzung problemlos. Was passiert
jedoch nach einem kurzzeitigen Netzausfall oder wenn unabsichtlich kurz
aus- und wieder eingeschaltet wird? Dann kann der Heissleiter seine
Funktion nicht erfüllen, weil er noch immer heiss und niederohmig ist.
Der Einschaltstromimpuls wird dann nicht begrenzt.
Diesem Problem trägt meine Schaltung in Bild 1 im folgenden Kapitel 3
Rechnung. Die Schaltung stellt fest, ob die Netzwechselspannung vorliegt
und schaltet gegebenenfalls um einige hundert Millisekunden verzögert
ein Relais ein, dessen Kontakt den Heissleiter überbrückt, damit dieser
sich abkühlen kann. Erfolgt ein Netzunterbruch von minimal einer
Sinushalbwelle, wird die Verzögerungsschaltung zurückgesetzt, das Relais
fällt ab und die Verzögerung arbeitet bei Wiederkehr der Netzspannung
von Neuem mit der selben Verzögerungszeit bis zur erneuten Überbrückung
des Heissleiters durch den Relaiskontakt. Damit erreicht man zusätzlich,
dass bei sehr kurzem Netzunterbruch das Relais nicht angezogen bleibt.
Dies würde ebenso, wie ein heisser Heissleiter, die
Einschaltstrombegrenzung verhindern.
3. Schaltung und Diagramm
Bild 1 illustriert das vollständige Schaltschema der Einschaltstrombegrenzung für Ringkerntransformatoren, das auch die Erweiterung einer Antiploppschaltung für Audioanlagen enthält.
Bild 2 illustriert die wichtigen Signale zur Erfassung des Vorhandenseins der Netzspannung an den Messpunkten (1) bis (5) in der Schaltung von Bild 1. Diese Funktion dient der sicheren verzögerten Wiedereinschaltung auch bei nur sehr kurzzeitigem Netzunterbruch.
3.1 Wie die Schaltung arbeitet
Die Zahlen in ()-Klammern weisen auf die Messpunkte in Bild 1 und auf
die zugehörigen Signale in Bild 2 hin. Die einfache
Stabilisierungsschaltung, bestehend aus R3, ZD und C1, speist den
Hex-CMOS-Schmitt-Trigger IC:A. D6, D7, R4, R5 und C2 erzeugen aus dem
Trafosekundärkreis eine Rippelspannung, welche durch D3 und ZD auf das
Betriebsspannungsniveau UZD des IC:A begrenzt wird.
R4, R5 und C2 sind so dimensioniert, dass der untere Wert der
Rippelspannung (2), bei Vollast des Netzteiles und zulässiger minimalen
Netzspannung, noch sicher oberhalb der Triggerschwelle des IC:A1 liegt.
Diese entspricht etwa der halben Betriebsspannung des IC, also
UZD/2. Mit dem Überschreiten der Rippelspannung des
Wertes von UZD/2 (2) steigt die Spannung an (3) von
logisch LOW auf HIGH.
Die Zeitkonstante, gegeben durch R8 und C3, verzögert diese
Pegeländerung um den Betrag (T-Delay) von einigen hundert Millisekunden
nach (4) und (5). Nach Überschreiten der C3-Ladespannung von etwa
UZD/2 schaltet (4) von HIGH auf LOW und invertiert
dazu (5) von LOW auf HIGH. Dieses Signal schaltet den
Kleinleistungs-MOSFET T1 ein und Relais Rel1 zieht an. Bei einem
Netzunterbruch von minimal etwa einer halben Sinusperiode schaltet (3)
von HIGH auf LOW. Dadurch entlädt sich C3 sofort über D4 und R6 zum
Ausgang des IC:A2. R6 dient nur der Begrenzung des Entladungsstromes von
C3, damit die Ausgangsstufe von IC:A2 nicht beschädigt wird. (4)
schaltet von LOW auf HIGH, invertierend dazu (5), T1 öffnet und Rel1
ebenfalls. Bei Wiedereinschaltung der Netzspannung wiederholt sich das
Ganze. (4) und (5) können zusätzlich zur Steuerung einer
nachgeschalteten Elektronik genutzt werden.
Da der Hex-CMOS-Schmitt-Trigger IC:A noch zwei weitere
Schmitt-Trigger-Tore besitzt, lässt sich eine weitere gleichartige
Einschaltverzögerung ohne grossen Zusatzaufwand realisieren. Diese
Möglichkeit nutzte ich als Antiploppschaltung für mehrere
Audioendstufen. Die Einschaltverzögerung wird durch die Zeitkonstante,
gegeben durch R9 und C4 bestimmt. Diese muss so gross gewählt werden,
bis sich alle Arbeitspunkte der Verstärkerstufe stabilisiert haben,
damit beim Einschalten des oder der Lautsprecher keine Knackgeräusche
mehr hörbar sind. Die ebenfalls sofortige Abschaltung der Lautsprecher
bei Netzunterbruch verhindert, dass es zu verzerrenden und andern
unangenehmen Geräuschen kommt.
3.2 Weitere Überlegungen zur Dimensionierung der Schaltung
IC:A arbeitet, typisch für diese CMOS-IC-Familie, in einem
Betriebsspannungsbereich von 3 bis 15 VDC. Je niedriger die
Betriebsspannung ist, um so schlechter ist der Störabstand. Wählt man
diese Spannung allzu nahe bei der maximal zulässigen Betriebsspannung,
reduziert man die statistische Lebensdauer. Ein vernünftiger Wert für
die Wahl der Z-Diode ZD, als Spannungsquelle für IC:A, sind Werte
zwischen 6 bis 12 VDC. R3 begrenzt den Strom durch ZD. Dieser muss so
hoch gewählt werden, dass IC:A in seiner kritischen Phase des
quasi linearen Bereiches, wenn die Spannung an C3 oder/und C4 langsam die
halbe Betriebsspannung durchschreitet, sicher versorgt wird. 10 mA sind
sicher ausreichend. C1 ist ein Multilayer-Keramik-Kondensator (Kerko)
der in die Nähe der IC-Speiseanschlüsse Pin 7 und Pin 14 gehört, um das
IC vor Schwingneigungen zu bewahren. C1 versorgt auch die
schnellschaltenden Ausgänge des IC:A mit Energie, weil der
Stromverbrauch während dieser Phase, im 100-ns-Bereich, erhöht ist.
Dieser Stromimpuls kann ohne C1 den Betrieb der Schaltung wegen der
parasitären Induktivität der Leiterbahnen mit UZD
und GND stören.
D6 und D7 dienen der Doppelweggleichrichtung und D3 arbeitet als
Überspannungsschutz am Eingang von IC:A1. R4 wählt man so gross, dass
ohne C2 beim Sinusmaximalwert nicht mehr als maximal etwa 1 mA über D3
in ZD fliesst. Dies genügt, weil der CMOS-Eingang das R4/R5-Netzwerk
praktisch nicht belastet. Die Zeitkonstante R4*C2 wählt man so niedrig,
dass an C2 die Ladungskurve praktisch der steigenden Sinusflanke folgt,
bis diese durch UZD begrenzt wird (2). Eigentlich
müsste man bei der C2-Aufladung R5 als parallelgeschaltet zu R4
betrachten. Dies ist praktisch jedoch nicht nötig, weil R5 wesentlich
höher ist als R4. Unterschreitet die Spannung an C2, bei Rückkehr der
Sinushalbwelle, den Wert von UZD, wird C2 über R5
entladen. R4 führt jetzt keinen Strom, weil D6 und D7 gerade sperren.
Diese R5*C2-Zeitkonstante ist so zu dimensionieren, dass im
Betriebszustand die untere Rippelspannung sicher oberhalb des
Triggerpegels bleibt (2), jedoch bei Netzunterbruch von nur einer
Sinushalbwelle (1) den Triggerpegel sicher unterschreitet und deshalb
die Relais Rel1 und Rel2 ausschalten. Die Hysterese
(Schmitt-Trigger-Funktion von IC:A-Inverter) ist in den Diagrammen
einfachheitshalber nicht dargestellt.
Es empfiehlt sich keinen grossen Rechenaufwand zu betreiben. Die
einfache "Daumenpeilrechenmethode" genügt, den Rest erledigt man mit
Oszilloskop, mit und ohne vorgesehener Last zwischen +Ub und GND und
einem Variac (Autotrafo mit einstellbarer Ausgangsspannung) am Eingang
des Ringkerntrafo um den Zustand auch bei Netzüber- und
Netzunterspannung zu messen. Dies erfolgt mit dem Oszilloscop
zweikanalig. Kanal 1 verbindet man mit Messpunkt (2) und Kanal 2 mit
Messpunkt (3). Wenn nötig muss man vor allem mit R5 etwas
experimentieren.
Die Spulennennspannung von Rel1 und Rel2 ist so zu wählen, dass sie von
der Gleichspannung +Ub betrieben werden kann. Um eine allfällige
Differenz zwischen +Ub und der Spulennennspannung auszugleichen sind
entsprechende Vorwiderstände R1 und R2 in Serie zu schalten. Die Dioden
D1 und D2 verhindern hohe Selbstinduktionsspannungen im Moment des
Abschaltens, damit T1 und T2 nicht zerstört werden können. Die Funktion
von D1 und D2 nennt man auch Freilaufdiode.
Mit gar keiner bis geringfügiger Änderung kann die selbe Schaltung auch
an einer symmetrischen Gleichrichterschaltung betrieben werden. Entweder
man betreibt sie zwischen +Ub und -Ub oder ebenfalls zwischen +Ub und
GND, wie Bild 1 illustriert.
MOSFET-Gate-Schaltung: Kommen wir zum Schluss zu den seltsamen
Widerständen R10 und R11 an den Gate-Eingängen der MOSFETs T1 und T2.
Wer es nicht weiss, denkt, das sei ein Unsinn, weil der MOSFET ist am
Gate-Eingang sehr hochohmig und deshalb spannungsgesteuert. Das stimmt,
nur darum geht es nicht. Beim Durchschalten arbeitet der MOSFET sehr
kurzzeitig im linearen Bereich. Eine geringe Störspannung auf der
Gate-Leitung wirkt sich verstärkend auf die Drain-Source-Spannung aus.
Eine parasitäre Rückkopplung von Drain zum Gate wäre prinzipiell eine
Gegenkopplung. Dabei erzeugt die Drain-Source-Kapazität eine
Phasenverschiebung. Für hohe Frequenzen trägt diese Phasenverschiebung
so viel dazu bei, dass der MOSFET oszillieren kann. R10 (R11) vermeidet
diesen Effekt, vorausgesetzt er ist nahe mit dem Gate verlötet. So wirkt
R10 (R11) mit der Gate-Source-Kapazität als wirksames passives
Tiefpassfilter. Dies vermeidet das Risiko zur Oszillation beim
Durchschalten des MOSFET. Der Widerstandswert von R10 und R11 ist
unkritisch. Es können locker Werte sein zwischen weniger als 100 Ohm und
mehr als 10 k-Ohm. Mit hochohmigen Werten darf man es vor allem bei
hohen Schaltfrequenzen (z.B. Schaltnetzteile) nicht übertreiben, weil
dabei leidet die Flankensteilheit der Drain-Source-Spannung und dies
erzeugt unnötige Verlustleistung. Da für R6 und R7 bereits
1-kOhm-Widerstände zum Einsatz kommen, sind für R10 und R11 die selben
Werte im Einsatz. Achtet man auch auf so etwas, kann man die
Bestellliste vereinfachen.
4. Dimensionierung des Heissleiter (NTC)
Bei der Wahl des Heissleiters (NTC) ist zu beachten, dass der maximal
zulässige Strom für eine Umgebungstemperatur von 0 bis 65 Grad Celsius
gilt. Dies liest man in den allgemeinen Informationen der Datenblätter
zu den Heissleitern (NTC). Wir verwenden hier NTCs der Firma
TDK-EPCOS
(früher EPCOS-Components), weil mir diese aus der Praxis bekannt sind.
Der Trafo selbst hat einen Primär-Nennstrom von 0.52 A, daher ist der
Trafo mit einer trägen Schmelzsicherung von 0.63 A ausreichend
abgesichert. Es gibt von EPCOS einen NTC mit den Werten von 220 Ohm (bei
25 Grad Celsius) und einem maximalen Dauerstrom von 2 A. Dies ist der
Typ B57234S0221M000. Der Widerstands- und der Stromwert des NTC ist für
die vorliegende Schaltung ideal. Der kurzzeitige Spitzenstrom von etwa 1
A belastet eine träge Schmelzsicherung von 0.63 A nicht nennenswert.
Die Schmelzsicherung wird weiter unten speziell thematisiert.
Die Sekundärwicklung des Trafo enthält eine Gleichrichterschaltung mit
einem Brückengleichrichter BG und einem Lade-Elektrolytkondensator CL.
CL hat eine hohe Kapazität und muss bei der Wahl des NTC mit einbezogen
werden. Im Datenblatt des B57234S0221M000 gilt für eine gleichrichtete
Spannung von 230 VAC (kein Trafo im Einsatz!) eine maximal zulässige
Kapazität von 500 µF. Bei 110 VAC sind es nicht 1000 µF, es sind 2000
µF. Grund dafür ist die Impulsenergie die der NTC verarbeiten muss und
da gilt das Verhältnis der Spannungen im Quadrat. Diese Kapazität wird
im Datenblatt mit CT bezeichnet. CT gilt als Mass für die
Impulsbelastbarkeit des NTC-Einschaltstrombegrenzer von EPCOS. Bei einer
Trafo-Gleichrichter-Sekundärschaltung gilt nach EPCOS folgende Formel:
CPRIM =
CSEK *
USEK2 /
UPRIM2
Bei der vorliegenden Schaltung in Bild 1 hat es auf der Sekundärseite
nach dem Gleichrichter einen Lade-Elko mit einer Kapazität 10'000 µF.
Dies entspricht gemäss obiger Formel einem Lade-Elko von 231 µF, wenn
dieser von der gleichgerichteten Primärspannung geladen würde. Dies
bedeutet also, der oben genannte NTC eignet sich mit einem gewissen
Vorbehalt von dem gleich die Rede sein wird, weil sein CT-Wert eine
Kapazität von 500 µF bei 230 VAC zulässt.
Komplexe Situation: Bis hierher haben wir allerdings nur die
Impulsladung des Ladeelko berücksichtigt und noch nicht die
Einschwingdauer des Ringkerntrafo und wie gross während dieses Impulses
im Bereich von etwa 40 bis 60 ms (zwei bis drei Sinusvollwellen) der
mittlere Impulsstrom sein könnte. Eine genaue Bestimmung des NTC ist bei
einer solch komplexen Anordnung nur durch entsprechende Messung oder
vielleicht auch mittels Simulation möglich. Für die Simulation muss vom
Hersteller das Einschwingverhalten des Trafo bekannt sein. Komplex ist
die einfache Schaltung aus Trafo, Gleichrichter und Ladeleko deshalb,
weil es in der Einschwingphase des Trafo, wenn der Eisenkern während
weniger Sinusphasen aus der Sättigung heraus gesteuert wird, schwierig
ist, den Sekundärstromanstieg und die Ladecharakteristik des Ladeelko zu
bestimmen. Das Zusammenspiel von beidem, also Einschwingvorgang des
Trafo und die Ladung des Elko, bestimmt die Energie des
Einschaltimpulses, die vom NTC ertragen werden muss.
Praxis orientiert und leichter: Nun ganz so kompliziert muss man
es sich nicht machen, wenn nicht eine bauteil-optimale Lösung, z.B. aus
Kostengründen, verlangt wird. Wenn eine Überdimensionierung der NTCs
keine Rolle spielt, geht es auch ein wenig mit "Try and Error" und so
unseriös ist das gar nicht. Ich machte selbst folgende Erfahrung: Als
ich das Netzteil gemäss Bild 1 realisierte, beachtete ich die Sache mit
dem Ladeelko auf der Sekundärseite nicht. Ich wollte ganz einfach den
Einschaltspitzenstrom auf etwa 1 A begrenzen, was damit zu tun hatte,
dass man gleichzeitig acht solche Einheiten einschalten musste. Die
Schmelzsicherung im Schaltkasten hatte einen Wert von 10 A (flink oder
träge) und so wollte ich, dass dieser Strom keinesfalls oder nur sehr
knapp überschritten wurde. Darum benutzte ich den NTC B57234S0221M000
mit 220 Ohm / 2 A und das funktionierte sehr gut, weil der NTC nur den
halben Maximaldauerstrom als Impulsstrom ertragen musste. Dadurch
erwärmte sich bei einer einzigen Einschaltung der NTC bis zur
Überbrückung durch den Relaiskontakt nur schwach. Erst als ich spielte
und mehrmals sehr schnell hintereinander das Netzteil aus- und
einschaltete, passierte es einmal, dass ein NTC kaputt ging. Ich
entschied mich also für den Einsatz dieses NTC, weil als Spielzeug ist
das ja nicht gedacht.
Alternativ NTCs in Serie schalten: Wenn man auf Nummer Ganzsicher
gehen will, kann man diesen einzelnen NTC mit dreien des Typs
B57236S0800M000 mit 80 Ohm / 1.6 A in Serie schalten. Dies ergibt bei
einem gesamten NTC-Kaltwiderstand von 240 Ohm ein Spitzeneinschaltstrom
von weniger als 1 A. Der CT-Wert beträgt bei diesem NTC bei 230 VAC zwar
nur 400 µF, bei einem drittel der Spannung pro NTC erhöht sich dieser
CT-Wert allerdings auf das 9-fache von 3600 µF. Bei diesem Wert spielt
die Kapazität CL von 10'000 µF praktisch keine Rolle mehr, CL dürfte
sogar einen Wert 150'000 µF haben.
Beim Kauf von NTCs mit der Funktion als Heissleiter - auf englisch
heisst es "Inrush-Current-Limiter" - besteht bei
Elektronik-Distributoren das Problem, dass das Angebot klein geworden
ist und je länger je mehr nur die niedrigen Ohmwerte in den Ohm- und
10-Ohm-Werten angeboten werden. Es bleibt oft nichts anderes übrig als
sich bei der Herstellerfirma um Einzelstückzahlen zu bemühen, wenn man
nur wenig NTCs benötigt. Im Falle der Firma
TDK-EPCOS
schreibt man am besten an geeigneter E-Mailadresse eine E-Mail.
Dazu kommt noch, dass ich das Datenblatt, mit den Erläuterungen und der
Formel zur Auswirkung des Ladeelko auf den Einschalt-Stromimpuls, nicht
mehr finden kann. Ich dachte damals leider nicht daran, solche
Datenblätter zu speichern, so dass ich sie gegebenenfalls alternativ
erneut anbieten kann. Daraus habe ich gelernt...
5. Warum Heissleiter (NTC) und nicht Leistungs-Widerstand?
Es ist natürlich auch möglich an Stelle eines NTC einen
Leistungswiderstand zu benutzen, der genau so wie Bild 1 illustriert,
nach einer definierten Verzögerungszeit mittels Relaiskontakt überbrückt
wird. Nachteilig dabei ist, dass bei voller Nennlast des Trafo ein
Leistungswiderstand mit seinem konstanten Widerstand ständig einen
relativ hohen Spannungsabfall hat und so auch eine hohe Leistung
verbraucht, der bei der Dimensionierung des Leistungswiderstandes
Rechnung getragen werden muss. Alleine schon deshalb, damit kein Brand
entstehen kann, falls die Elektronik eine Störung aufweist und das
Relais nicht anziehen kann. Bei einem Primärstrom von 0.5 A und einem
Widerstand von hier 220 Ohm beträgt die Verlustleistung 55 W, eine
Leistung die thermisch abgeleitet werden muss. Das ist ein recht hoher
Aufwand. Es geht aber nicht nur darum. Wenn bei Trafonennlast der
Relaiskontakt den Leistungswiderstand überbrückt, muss dieser Kontakt
eine noch immer hohe Schaltleistung aufbringen.
Beim NTC ist das anders. Wenn die Sekundärseite des Trafo so beschaltet
ist, dass der Trafo mit dem Einschalten gleich die volle Nennlast
hergibt - dies ist hier mit einer Audioendstufe nicht der Fall! -, dann
erhitzt sich der relativ kleine NTC sehr schnell, weil die
Verlustleistung schon am Anfang sehr hoch ist. Aber dann sinkt der
Widerstand sehr schnell und steil ab. Bei einer Temperatur von von 150
Grad Celsius hat der 220-Ohm-NTC noch einen Widerstand von weniger als 4
Ohm. Die Verlustleistung beträgt bei einem Strom von 0.5 A gerade noch 1
W, - dies in Relation zu den 55 W bei einem Leistungswiderstand. Der
Spannungsabfall über dem NTC beträgt gerade noch 2 VAC und dafür
absorbiert der Relaiskontakt nur eine geringe Schaltleistung, wenn
dieser den NTC überbrückt.
6. NTC-Parallelschaltung streng verboten!
Bei bipolaren Transistoren gibt es den so genannten "Zweiten Durchbruch"
oder auch "Durchbruch zweiter Art" genannt. Diese schlechte Eigenschaft
reduziert die maximale Verlustleistung dieser Transistoren beträchtlich.
Bei grosser Verlustleistung auf dem Siliziumchip des Transistors wird
nicht mehr genügend Wärme ans Gehäuse und von dort zum Kühlkörper
abgeleitet. Die Temperatur ist hoch. Überschreitet sie einen kritischen
Wert, kommt es wegen schwachen Inhomogenitäten der Leitfähigkeit und
der thermischen Kopplung der Teilbereiche spontan zu einer besseren
Stromleitung eines bestimmten Bereiches auf dem Chip. Strom und
Temperatur steigen in diesem Bereich auf Kosten der restlichen
Chipfläche. Es entsteht eine positive Rückkopplung, der Prozess
schaukelt sich hoch und der Transistor geht sehr schnell kaputt, weil
die Temperatur im bevorzugten Strombereich zu hoch wird.
Genau diesen Effekt hat man immer, wenn man es mit elektrischen oder
elektronischen Bauteilen mit einem negativen Temperaturkoeffizienten
(NTC-Effekt) zu tun hat. Anstelle eines einzigen Leistungstransistors
(z.B. 2N3055) könnte man hundert Kleinsignaltransistoren (z.B. BC550)
parallel schalten, also Kollektor mit Kollektor, Emitter mit Emitter und
Basis mit Basis. Der Effekt des Durchbruchs zweiter Art wäre ganz
extrem, weil es zwischen diesen Einzeltransistoren ausser Luft keine
thermische Kopplung gibt und auch die Parameter stark von einander
abweichen, wie z.B. die Stromverstärkungen und die
Basis-Emitter-Schwellenspannungen.
Genau so verhält es sich mit NTCs und deshalb darf man diese zwecks
Leistungserhöhung niemals parallelschalten. Schon ganz am Anfang der
Erwärmung würde der NTC mit dem geringstfügig niederigerem
Kaltwiderstand das Szepter in der Stromführung übernehmen und die
parallelgeschalteten Nachbarn bleiben praktisch kalt. NTCs darf man nur
in Serie schalten, so wie es weiter oben thematisiert ist.
7. Die Schmelzsicherung
Eine flinke, träge und eine superträge
Schmelzsicherung
unterscheidet sich in der Verzögerungszeit vom Beginn des Überstromes
bis zur Abschaltung. Man nennt dies die Zeit-Strom-Charakteristik. Eine
flinke Sicherung muss bei einem Überstrom schnell abschalten, eine träge
langsam und eine superträge noch langsamer. So leuchtet es ein, dass es
notwendig ist, träge oder sogar superträge Sicherungen einzusetzen, wenn
ein Einschaltstromimpuls mit hoher Energie ertragen werden muss.
Bei Trafos mit niedrigen Leistungen bis zu maximal etwa 50VA, genügt
eine träge bis superträge Sicherung ohne NTC-Einschaltstrombegrenzung,
wobei dies lediglich mein persönlicher Erfahrungswert mit Ringkerntrafos
ist. Ich habe dies nirgends nachgelesen. Es ist auch abhängig davon wie
hoch die Sekundärspannung und die Ladekapazität nach der
Gleichrichterschaltung ist. Es gibt eine kritische Obergrenze der
VA-Leistung des Trafo und der sekundären Gleichrichter-Elko-Schaltung,
sofern es eine solche hat, wo der Maximalstrom einer superträgen
Sicherung wesentlich über den Nenn-Primärstrom des Trafos erhöht werden
muss, damit diese Sicherung durch den Einschaltstromimpuls nicht
ausgelöst wird. Damit wird der Trafo jedoch nicht mehr ausreichend vor
Überlast geschützt. Diese Massnahme, die leider immer wieder praktiziert
wird, ist unseriös! Der Trafohersteller gibt in der Regel den
Primär-Maximalstrom der trägen oder superträgen Primärsicherung an, die
eingesetzt werden muss. Wenn dies nicht mehr ausreicht ist eine
NTC-Einschaltstrombegrenzung angezeigt. Durch diese elegante Massnahme
ist es meist auch möglich, wenn eine superträge Sicherung gefordert
wäre, eine träge einzusetzen und diese ist leichter erhältlich.
8. Der Kaltleiter (PTC), die alternative Sicherung
Es gibt so genannte Polyfuses, Multifuses, Polyswitches und PTCs. All
diese Bezeichnungen haben die selben Eigenschaften, nämlich dass sie
PTCs, also Widerstände mit positivem Temperaturkoeffizienten sind. Wie
bei den NTCs gibt es auch bei den PTCs solche die für reine
messtechnische Zwecke gedacht sind. Hier interessieren uns ebenso nur
die Leistungs-PTCs die in der Lage sind mit ihrer Eigenschaft bei zuviel
Strom oder Kurzschluss der (beinahen) Stromabschaltung zu dienen, um
Geräte bei Überströmen und Kurzschlüssen zu schützen. Diese Bauteile
haben die Funktion einer Sicherung mit der Eigenschaft, dass sie nach
dem Abschalten des Gerätes und nach einer Abkühlzeit wieder voll
einsatzfähig sind. Man benennt diese Bauteile auch als rückstellende
Sicherungen. Sie dienen als Alternative zu Schmelzsicherungen. Ihre
besondere Eigenschaft ist der sehr steile nichtlineare Anstieg des
Innenwiderstandes oberhalb der so genannten Schalttemperatur. Der PTC ist
selbststabilisierend. Er regelt sich auf eine bestimmte Verlustleistung
und einer Temperatur von etwa zwischen 120 und 180 Grad Celsius, je nach
Typ. Dazu erhöht sich der Innenwiderstand entsprechend und dadurch
reduziert sich der Strom zu einem vernachlässigbarem kleinen Bruchteil
des Nennstromes der zu beschützenden Schaltung. Solche PTCs sind ebenso
scheibenförmig wie NTCs und sie sind auch etwa gleich gross.
Nebenbei erwähnt, es gibt auch spezielle PTCs als Heizungen mit der
Eigenschaft, dass sich die Temperatur unabhängig von einer von aussen
einwirkenden Temperaturschwankung in einem engen Bereich konstant hält.
Polyfuses, Multifuses und Polyswitches eignen sich vor allem für den
Einsatz von niedrigen Betriebsspannungen bis zu hohen Strömen und die
mit PTC bezeichneten PTCs gibt es auch für den Einsatz für die
230-VAC-Netzspannung, jedoch für diese hohe Spannung nur für Nennströme
unter 1 A. Man informiere sich u.a. in den Katalogen von Farnell,
Distrelec und Schuricht oder bei Herstellerfirmen wie TDK-EPCOS, BOURNS,
TYCO-Electronics und WICKMANN.
Für den Einsatz in der Schaltung in Bild 1 mit einem maximalen
Betriebsstrom von 0.5 A eignet sich ein PTC mit einem Nennstrom von 0.65
A, einem Auslösestrom von 1.3 A, einem Innen-Kaltwiderstand von 2.6 Ohm
und einer Auslösezeit von weniger als 8 s beim Auslösestrom. Ein
solcher PTC hat also eine typisch träge Eigenschaft und man erhält ihn
bei TDK-EPCOS
unter der Bezeichnung B59810C120A70 oder direkt bei diversen
Elektronik-Distributoren, z.B. bei Distrelec.
Es gibt von mir einen Elektronik-Minikurs bei dem zwei PTCs als
Alternative zu Schmelzsicherungen zur Anwendung kommen. Es ist eine
automatische Netzspannungsumschaltung für Trafos. Die Schaltung erkennt
automatisch ob der Trafo am 115-VAC- oder am 230-VAC-Netz betrieben wird
und schaltet zwei primäre 115-VAC-Wicklungen parallel oder seriell. Der
Grund weshalb ich PTCs anstelle von Schmelzsicherungen eingebaut habe:
Das Gerät wurde transportabel in Ländern mit 230-VAC- und
115-VAC-Netzspannungen eingesetzt und da wollte ich vermeiden, dass man
im Falle einer Überlast nach Ersatz für Schmelzsicherungen suchen muss.
Damals gab es noch keinen zum Projekt passenden Schaltregler, der
einsetzbar wäre zwischen 90 und 250 VAC, wie das heute (2018)
State-of-the-Art ist:
9. Bauteil-Liste zu Bild 1
Einige der Bauteile sind speziell auf die damals realisierte Audioanlage dimensioniert. Falls die Einschaltstrombegrenzungsschaltung mit kleineren oder grösserer Leistungen, Strom- und Spannungswerten von Trafo, Gleichrichter und Siebung eingesetzt wird, müssen die Bauteile NTC, BG, CL, R1, R2, R3, R5 und evtl. Rel1 und Rel2 (Spulenspannungen, Kontaktströme) angepasst werden. Es ist auch möglich, dass man, falls nicht benötigt, auf die Steuerung der Lautsprecher verzichtet. Die entsprechenden Bauteile entfallen hiermit.
Halbleiter: D1, D2, D3, D4, D5 1N914 oder 1N4148 D6, D7 1N4004 ZD Z-Diode 8V2 (Betriebsspannung = 8.2 VDC) BG Brückengleichrichter 3.5A / 200V T1, T2 BS170 IC: A CD40106 oder CD4584 (NSC-Familie) oder MC140106 oder MC14584 (Motorola-Familie) Widerstände: R1, R2 2k2 0.5 Watt R3 4k7 0.5 Watt R4 22k R5 220k R6, R7, R10, R11 1k R8 560k R9 3M3 Kondensatoren: CL 10'000µ / 63 VDC C1 100n (Multilayer) C2 470n C3, C4 1µ (vorzugsweise Tantal) Diverses: Trafo Ringkerntrafo mit Schirmwicklung 230VAC / 35VAC 120VA * entspr. vorliegender Audio-Anwendung) NTC (Heissleiter) 220 Ohm / 2A B57234S0221M000 (EPCOS) * oder ähnliches Produkt * siehe Text! Relais Rel1, Rel2 JS-24M-K 24VDC / 2350 Ohm (Takamisava) * oder ähnliches Produkt F1 Gerätesicherung 630 mA träge F2 Gerätesicherung 4 A träge
Leserbeitrag:
10. Einfache Einschaltstrombegrenzung mit NTC und Relais

Der Schaltungstipp von Bild 3 lieferte mir
Ulrich Grosse.
Der Text dazu stammt von mir. Diese Schaltung arbeitet mit einem
230-VAC-Wechselspannungsrelais, betrieben mit der 230-VAC-Netzspannung
und parallelgeschaltet mit der Primärwicklung des Trafo. Im Augenblick
des Einschaltens erzeugt der Trafo, im Falle einer Einschaltstromspitze,
praktisch einen Kurzschluss. Der Heissleiter (NTC) begrenzt diesen
Einschaltstrom. Fast die ganze Netzspannung liegt über ihm. Der Trafo
verlässt kurz darauf den Kernsättigungsbereich und wenn die
Sekundärseite entsprechend belastet ist, heizt der Heissleiter und sein
Widerstand sinkt. Beide Vorgänge lassen an der Primärwicklung die
Spannung ansteigen, das Wechselspannungsrelais zieht an, sein
Arbeitskontakt überbrückt den NTC, dieser kühlt sich ab und damit ist er
wieder bereit für den nächsten Start.
Damit die Wiedereinschaltung sauber funktioniert, muss ein
Netzspannungsunterbruch länger als die Abfallverzögerung des Relais
dauern. Weil das Wechselspannungsrelais bei einer Frequenz von 50 Hz
vollständig angezogen bleiben muss, wird beim Abschalten die
Abfallverzögerung wesentlich mehr 20 ms (eine Sinusperiode) sein. Ich
kenne keine Werte. Wenn sich dafür jemand interessiert, muss man selbst
evaluieren.
11. Andere Überstromverursacher
Ich werde per E-Mails immer wieder angefragt, ob man das selbe
Schaltungsprinzip auch für ganz andere Überstromverursacher einsetzen
kann, wie z.B. beim Einschalten von Halogenglühlampen, dessen Glühfaden
im Kaltzustand sehr niederohmig sind oder beim Einschalten von Motoren
unter Last, welche beim mechanischen Anlauf einen grossen Strom ziehen.
Beim Einschalten von Halogenglühlampen ist das selbe Prinzip wie beim
Trafo am ehesten möglich. Beim Trafo geht es um Einschaltzeiten von etwa
zwei bis drei Sinusperioden, eine Verzögerungszeit von einigen 100 ms
bis der NTC mit Relaiskontakten überbrückt wird, ist etwa richtig. Bei
Halogenglühlampen dürfte dies etwa in der gleichen Grössenordnung
liegen, wobei man natürlich auch ein wenig die Leistungsklasse der Lampe
berücksichtigen muss. Bei sehr hohen Lampenleistungen sollte der
NTC-Heissleiter grosszügig dimensioniert sein und die Verzögerungszeit
der Relaiseinschaltung etwa bei einer Sekunde liegen.
Ich habe mal für einen Kollegen, dem eine spezielle
12-V-Halogenglühlampe mit einer Leistung von 250 W beim Einschalten oft
durchbrannte und sehr teuer war, eine Einschaltstrombegrenzung mit
mehreren in Serie geschalteten NTCs realisiert. Im Vergleich zum Trafo
ist die Sache bei der Lampe etwas weniger heikel. Wenn es zu einem sehr
kurzen 230-VAC-Netzunterbruch kommt, bleibt der Glühfaden der Lampe,
weil noch immer sehr heiss und leicht glühend, hochohmig genug, dass
selbst bei noch geschlossenem Relaiskontakt oder heissen NTCs kein
nennenswerter Überstrom auftritt. Diese Schaltung ist in Bild 4
wiedergegeben:
Ich hatte viele dieser 60-Ohm-NTCs zur Verfügung. Der Kaltwiderstand von
total 240 Ohm mit vier in Serie geschalteten NTCs bedeutet, dass der
primäre Trafostrom gleich beim Start gar nie grösser werden kann wie der
Nennstrom, wenn die Lampe mit voller Kraft leuchtet. Damit ist von
vornherein die Lebensdauer der Lampe bezüglich auf die Einschaltung
maximiert. Nach dem Einschalten erhitzen sich die NTCs, ihr Widerstand
sinkt und die primäre Trafo- und die sekundäre Lampenspannung steigen.
Damit steigt auch die gleichgerichtete Spulenspannung des Relais REL,
der Kontakt zieht an, überbrückt die NTCs und diese kühlen ab. Mit R3, D
und C2 kann man die Einschaltverzögerungszeit definieren, die relativ
stark von der Netzspannung abhängig ist. Bei 230 VAC sind es mit der
vorliegenden Dimensionierung etwa 1 bis 1.5 s. Bei einer
Netzunterspannung von nur 200 VAC sind es mehr als 3 s. Dies gilt für
die Wiedereinschaltung, wenn die NTCs durch die Überbrückung des
Relaiskontaktes ausgekühlt sind.
Bei Motoren ist die Sache komplizierter. Da sind die Anlaufströme,
mechanisch bedingt, oft sehr hoch und sie dauern meist auch wesentlich
länger. Darum eignet sich dafür vor allem eine elektronische
Anlaufsteuerung mit einer verlustarmen Impulsbreitenmodulation (PWM) für
Gleichstrommotoren und Phasenanschnittsteuerungen für
Wechselstrommotoren. Diese beiden Möglichkeiten bieten sich natürlich
ebenso für Halogenglühlampen an. Besonders dann wenn es wegen
Parallelschaltung von vielen Lampen zu sehr hohen Einschaltstromimpulsen
kommt. Hier kann man mit langsamem Hochfahren der durchschnittlichen
Betriebsspannung sehr viel zur Belastungsbegrenzung der Spannungsquelle
beitragen.
Zusätzliche Details zur Schaltung: R3 bildet mit der Reaktanz von
C1 (kapazitiver Widerstand bei einer Frequenz von 50 Hz) ein
Spannungsteiler. Durch Veränderung des Wertes von R3 kann man den Strom
von C1 zur Relaisschaltung und damit die Einschalt-Verzögerungszeit
beeinflussen. Es steht so eine gewisse Ablgleichmöglichkeit zur
Verfügung. Man sollte allerdings nicht auf die Idee kommen für R3 ein
Trimmpotmeter zu verwenden, weil dann, je nach Einstellung, die Leistung
für ein kleines Trimmpoti zu gross werden könnte.
Wozu R1 und R2 in Serie? Wenn die Schaltung zufällig einmal ohne Trafo
und mit oder ohne Lampe am 230-VAC-Netz ist und man trennt die Schaltung
vom 230-VAC-Netz und man hat dann das Pech den herausgezogenen Stecker
zu berühren, dann bekommt man einen elektrischen Schlag. Das ist zwar
nicht gerade lebensgefährlich, jedoch lästig und unnötig. Diese Aufgabe
einer schnellen Entladung von C1 übernehmen R1 und R2 in Serie. Warum R1
und R2 in Serie? Wenn man wie üblich kleine 1/4-Watt-Widerstände
einsetzt, halten diese maximal nur 200 Vrms aus und das ist zuwenig. Die
Entldezeitkonstante von R1 und R2 mit C1 beträgt 0.25 s.
Thomas Schaerer, 19.06.2000 ; 07.03.2002 ; 29.04.2002 ; 15.03.2003(dasELKO) ; 06.08.2004 ; 12.06.2005 ; 27.09.2009 ; 28.11.2011 ; 27.06.2014 ; 21.02.2018