IEEE 802.11ad / Wireless Gigabit (WiGig) / 60-GHz-WLAN

Die WLAN-Standards IEEE 802.11ad und IEEE 802.11ay werden als Wireless Gigabit, kurz WiGig, bezeichnet. IEEE 802.11ac liegt seit 2012 als Standard vor und hat mit IEEE 802.11ay einen Nachfolger. Bei beiden handelt es sich um eine Spezifikation für eine schnelle drahtlose Verbindung auf Basis von WLAN nach IEEE 802.11.
Allerdings soll es sich dabei nicht um eine typische WLAN-Vernetzung mit Access Point und vielen WLAN-Clients handeln. Angedacht sind Punkt-zu-Punkt-Funkverbindungen zwischen zwei Geräten mit Übertragungsgeschwindigkeiten im Gigabit-Bereich. Um das zu erreichen wird auf Abwärtskompatibilität zu allen vorhergehenden WLAN-Standards verzichtet.

Was genau aus diesen beiden Standards wird ist unklar. WLAN-Clients mit 11ad- oder 11ay-Technik sind praktisch nicht erhältlich.

WLAN-Standards im Vergleich

IEEE-Standard IEEE 802.11ad IEEE 802.11ay IEEE 802.11ax
Standardisierung 2012 2020 2020
Bruttodurchsatz (max.) 7 GBit/s bis zu 176 GBit/s 9,6 GBit/s
Frequenzbereiche 60 GHz 60 GHz 2,4 GHz und 5 GHz
Kanalbreite (typ./max.) 2,16 GHz 8,64 GHz (mit Channel Bonding) 80 / 160 MHz
Datenströme (typ./max.) 1 4 / 8 2 / 8
Antennentechnik Beamforming MU-MIMO (für Downstream) MU-MIMO
Modulation 64QAM 64QAM und 256QAM 1024QAM
Reichweite bis 50 m 10 m bis 300 m (Richtfunk)

Frequenzen und Kanäle

Da in den für IEEE 802.11 genutzten Frequenzbereichen bei 2,4 und 5 GHz keine ausreichend große Bandbreite vorhanden ist, steht für IEEE 802.11ad und 11ay ein Frequenzwechsel auf 60 GHz an. Dort stehen, je nach nationaler Regulierung, 2 bis 7 GHz oder auch mehr Gesamtbandbreite zur Verfügung.

Reichweite

Allerdings ist die Streckendämpfung für das Funksignal bei 60 GHz enorm. Bei dieser Frequenz erreicht die Absorption durch den atmosphärischen Sauerstoff rund 20 dB pro Kilometer (dB/km). Um genauer zu sein, der Sauerstoff erreicht hier sein Absorbationsmaximum. Bei 60 GHz zu funken bedeutet auf Reichweite zu verzichten.
IEEE 802.11ad kommt in diesem Frequenzbereich nicht mehr durch Decken und Wände. Eine optimale Übertragungsgeschwindigkeit ist nur im selben Zimmer möglich. Ein Vorteil ist, dass sich die von Nachbarn betriebenen WLANs auf den selben Funkkanälen nicht in die Quere kommen können.

Übertragungsgeschwindigkeit

Auf einem rund 2 GHz breiten Funkkanal sind je nach Distanz und Empfangsqualität Brutto-Datenraten von 385 bis 4.620 MBit/s (Single-Carrier-Mode) oder von 692 bis 6.757 MBit/s (OFDM) möglich. Damit könnten unkomprimierte Full-HD-Videostreams zwischen Player und Display ruckelfrei übertragen werden.

IEEE 802.11ad in der Praxis

Die geringe Reichweite der Funksignale auf 60 GHz sorgt dafür, dass sich benachbarte WLANs gegenseitig so gut wie gar nicht stören. Tatsächlich ist eine Übertragung nur bei Sichtverbindung möglich.
Berücksichtigen muss man dabei den Aspekt, dass mit zunehmender Distanz die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich verändernde Übertragungsbedingungen durch sich bewegende Personen ergeben. Das führt dazu, dass eine Verbindung kurzzeitig unter Durchsatzeinbrüchen leidet.

Im Single-Carrier-Mode erreicht man mit 4,6 GBit/s auf Anwendungsebene Datenraten zwischen 2 und 2,5 GBit/s. Generell gilt, dass ein 802.11ad-WLAN deutlich über 1 GBit/s übertragen kann.

Anwendungen

IEEE 802.11ad kann Hosts nur über kurze Entfernungen, bis etwa 10 Meter und auch dann nur auf Sicht, mit hohen Datenraten verbinden. In den meisten Fällen nur innerhalb desselben Zimmers. Zum Beispiel um sich ein Kabel zwischen zwei Geräten zu sparen. IEEE 802.11ad ist also mit Ultrawideband-Techniken, wie Wireless HDMI und Wireless USB vergleichbar.

Die typische Anwendung ist also nicht die Vernetzung von Computern, sondern Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Ad-hoc-Modus. Zum Beispiel um Videos vom Smartphones oder Notebooks auf ein Smart-TV zu übertragen. Oder für schnelle drahtlose Verbindungen zwischen einem Smart-TV und einem Mediaplayer (DVD, Blu-ray) oder einem Computer und einem Drucker. So eine Art Wireless USB oder Wireless PCIe.

Durch die Kooperation mit anderen Arbeitsgruppen sollen PCIe, USB, HDMI (4K) und DisplayPort mit IEEE 802.11ad per Funk übertragen werden (wPCIe - Wireless PCI Express). Neben dem Einsatz als Patchkabel- oder Videokabel-Ersatz ist also auch eine drahtlose Docking-Station-Verbindung angedacht.

Es gibt allerdings auch Lösungen für lizenzfreie Richtfunkanlagen für wenige hundert Meter Reichweite, die mit IEEE 802.ad arbeiten.

Fazit

Einige Hersteller haben versucht, 60-GHz-WLAN in Routern und Notebook-Docks zu etablieren. Doch das blieb eine Nische.
Dabei hat das extraschnelle 60-GHz-WLAN handfeste Vorteile. Die Reichweite ist aufs Zimmer beschränkt. Es lässt sich dadurch kaum von Nachbars Geräten stören. Außerdem hat es eine deutlich geringere Latenz als herkömmliches WLAN. Es wäre zum Beispiel interessant für Verbindungen zwischen Gaming-PC und VR-Brille.

IEEE 802.11ay / NG60 - Next Generation 60 GHz

Der Standard IEEE 802.11ay ist der Nachfolger von IEEE 802.11ad. Weil die Spezifikation dieses Standards an Ungenauigkeiten leidet, hat er kaum Verbreitung gefunden. IEEE 802.ay soll das besser machen und gleichzeitig eine Steigerung der Datenrate einläuten.

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