TV-Kabel-Netzarchitektur
Die TV-Kabelnetze wurden ursprünglich nur für die Übertragung von Rundfunk-Signalen für TV- und Radio-Empfang gebaut. Heute werden die TV-Kabelnetze auch für bidirektionale Kommunikationsdienste verwendet. Zum Beispiel Telefonie (VoIP) und Internet-Zugang. Damit aus der ursprünglich unidirektionalen eine bidirektionale Kommunikation möglich wurde, wurden die Kabelnetze umgebaut. Dabei ist eine Kabelnetz-Architektur entstanden, die neben Radio- und Fernsehprogrammen gleichzeitig auch Internet-Anschlüsse bereitstellen.
Aus dem reinen TV-Kabelnetz, man spricht vereinfacht auch vom TV-Kabel oder Kabelnetz, ist ein Hybrid Fiber Coax (HFC) Netz entstanden. Es besteht im Kernnetzbereich vollständig aus Glasfaserkabeln. Im Anschluss- bzw. Zugangsnetz zu den Endkunden hin wird immer noch die alten Koaxialkabel verwendet. Hier werden von einem zentralen Verteiler aus viele Kunden per Point-to-Multipoint-Technik versorgt. Das heißt aber auch, dass sich bis zu 50 Nutzer in einem Anschluss-Cluster die zur Verfügung stehende Übertragungsrate teilen müssen (shared medium).
Die Tage der DSL- und Kabelmodemtechnik sind gezählt. Schon mit der Einführung von DSL-Anschlüssen hat man gewusst, dass wir um die Glasfaser als Übertragungsmedium nicht herum kommen. Alle Internet-Anschlüsse mit DSL, ADSL, VDSL und auch TV-Kabel werden bis 2032 durch Glasfaser-Anschlüsse ersetzt.
DOCSIS - Data over Cable System Interface Specification
Die gleichzeitige Übertragung unterschiedlicher Dienste auf dem Koaxialkabel wird durch Data over Cable Service Interface Specification (DOCSIS, ITU-T R J.112 Annex B) realisiert.
DOCSIS ist ein weltweit einheitlicher Standard für die breitbandige Datenübertragung mit Kabelmodems im TV-Kabelnetz. Mit DOCSIS wird das ursprünglich unidirektionale TV-Kabelnetz um ein bidirektionales Übertragungssystem erweitert, um damit Internet-Zugänge zu realisieren.
Netzarchitektur / HFC - Hybrid Fiber Coax

Das zentrale Element der TV-Kabelnetz-Architektur ist das CMTS (Cable Modem Termination System) in der Kopfstation. Das ist die Vermittlungsstelle im TV-Kabelsystem. Hier laufen alle Verbindungen zusammen.
Um eine schnelle Datenübertragung zu realisieren besteht das Netz aus einer Kombination aus Glasfaser- und Koaxialkabel.
In der Kopfstation werden von der Master-Kopfstation die TV-Programme eingespeist. Geliefert werden die Daten per Glasfaserkabel oder über Satellit. Meist ist der Satelliten-Empfang nur als Backup gedacht. Dann besteht noch eine Verbindung zum Backbone, der mit dem Internet verbunden ist. An dieser Stelle kommen die Daten aus dem Internet und fließen auch wieder zurück.

An der Kopfstation sind mehrere Hubs angeschlossen. Von den Hubs aus verläuft ein weit verzweigtes Koaxial-Kabelnetz, an dem die einzelnen Kunden hängen. In regelmäßigen Abständen sind Signalverstärker für die Aufbereitung des Signals verantwortlich.
Bei Mehrfamilienhäusern sitzt zwischen Bewohner und der Kabelgesellschaft manchmal noch ein "Betreiber der Netzebene 4". Dieser sorgt für die Verstärkung des Signals und ist für die Verteilung in die einzelnen Wohnungen mitverantwortlich. Er ist dafür zuständig, dass die Hausanlage rückkanalfähig ist, also auch Daten zurücksenden kann.
Das Kabelnetz vom Hub aus ist das eigentliche Kabelnetz. Es hat eine baumförmige Struktur. Vom Prinzip her erlaubt diese Struktur nur eine Punkt-zu-Mehrpunkt-Kommunikation. Das TV-Kabel ist ein so genanntes "shared medium". An einem Ast hängen immer mehrere Teilnehmer. Das bedeutet, alle Teilnehmer an einem Hub müssen sich die vorhandene Bandbreite teilen. Im Durchschnitt kann jeder Hub 5.000 Teilnehmer ohne Probleme bedienen.
Das Koaxialkabel ist die Schwachstelle im Kabelnetz. Das Kabelnetz wirkt wie eine Antenne, dass sich an den Endpunkten beim Kunden Störungen einfangen kann. Die größten Probleme entstehen durch impulsartige Störungen, die durch viele elektrische Geräte des täglichen Gebrauchs erzeugt werden.
Um die Geschwindigkeit in einem Kabelnetz zu erhöhen, kann man freie Fernsehkanäle dem Downlink zuweisen und dadurch die Gesamtbandbreite erhöhen. Oder man verkleinert die Segmente durch weitere Hubs und verringert die Anzahl der Teilnehmer pro Segment, wodurch sich weniger die gleiche Bandbreite teilen müssen.
Netzebenen und Zuständigkeiten

Die ursprüngliche Infrastruktur diente zur Rundfunk- und TV-Verteilung. Hierfür hatte man verschiedene Netzebenen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten.
Die Kabelnetze haben in der Regel eine HFC-Struktur (Hybrid Fiber Coax), eine Kombination aus Glasfaser- und Koaxialkabel. Die Glasfaser wird dabei von den Kabelnetzbetreibern in der NE3 eingesetzt.
Der Kabelnetzbetreiber stellt über das Zugangsnetz der Netzebene 3 (NE3), die Signale für alle Dienste zur Verfügung. Dieser speist über den Hausübergabepunkt (HÜP) das Hausnetz (Netzebene 4, NE4), das über die Wohnungsübergabepunkte (WÜP) die einzelnen Wohnungsnetze (Netzebene 5, NE5) und damit die angeschlossenen Endgeräte versorgt.
Für das Hausnetz ist der Hauseigentümer, für die Wohnungsnetze der jeweilige Wohnungseigentümer verantwortlich, der seine Verpflichtungen allerdings auf die Mieter übertragen kann.
Die Verbindungen vom WÜP zu den Endgeräten (TV-Gerät, Kabelmodem/ Router, Computer usw.) erfolgen über elektrische Leitungen.
Modernisierung des TV-Kabelnetzes
Im Prinzip gehen die Kabelnetzbetreiber den gleichen Weg, wie die Festnetzbetreiber. Sie versuchen das Glasfasernetz-Verteilungsnetz immer näher an den Endkunden zu bringen.

Das TV-Kabelnetz besteht aus einer Kopfstation, an der mehrere Hubs angebunden sind und mit TV-Programmen und dem Zugang zum Internet versorgt werden. Zwischen dem Hub und den Teilnehmern befinden sich noch weitere Verstärker, die das Signal aufbereiten.

Um das Potential des Kabelnetzes voll auszureizen ist es erforderlich die Baumstruktur in eine Sternstruktur oder kombinierte Baum- und Sternstruktur umzuwandeln. Um das zu erreichen, werden im Kabelnetz die Signalverstärker selber zu Einspeisepunkten. Das bedeutet, die Hubs werden zu Kopfstationen und die Signalverstärker zu Mini-Hubs umgebaut und direkt über ein Glasfaserkabel versorgt.
Viel wichtiger ist eine Netzarchitektur, die eine kontinuierliche Segmentierung des Netzes zulässt. Dadurch steigt die Übertragungskapazität.
All-IP im TV-Kabelnetz
Warum All-IP in den TV-Kabelnetzen Sinn macht:
- Die Breitbandnachfrage steigt stetig an.
- Die Nutzung des klassischen Fernsehens nimmt ab und die der Video-Streaming-Dienste nimmt zu.
Die begrenzte Bandbreite könnte dadurch erhöht werden, indem die Übertragung einzelner TV-Programm per Streaming mit IP übertragen werden. Dadurch wäre auch eine Verbesserung der Bildqualität möglich.
Es ist davon auszugehen, dass auch im TV-Kabelnetz irgendwann die Umstellung auf All-IP erfolgt. Dazu muss die Glasfaser bis in den letzten Koax-Verstärker verlegt und damit nur noch ein kleiner Kreis von Kunden versorgt werden.
Die Einführung von All-IP in den Kabelnetzen ist aber Prinzip-bedingt schwieriger, als im Festnetz. Hierbei ergeben sich folgende Probleme:
- Es sind erhebliche Eingriff in die Netzarchitektur des Kabelnetzes erforderlich.
- Die Fernseher brauchen eine DOCSIS-Schnittstelle oder eine Art DOCSIS-Konverter.
- Das Einbetten des TV-Signals in DOCSIS wäre mit erheblichem Aufwand verbunden.
Ein Vorteil wäre, dass in der Kopfstelle eine Vielzahl von TV-Programmen zur Auswahl verfügbar wären und nur noch als ein IP-Streaming-Signal eingespeist werden müsste.
Beim Übergang zu einem All-IP-Kabelnetz kann die vorhandene Glasfaser- und Koaxialinfrastruktur grundsätzlich unverändert bleiben.
Euro Packet Cable
Euro Packet Cable ist ein Standard für die Sprachübertragung über TV-Kabel und baut auf die DOCSIS-Infrastruktur auf. Das Kabelmodem reserviert dynamisch die Bandbreite für ein Gespräch. Ein zentraler Softswitch weist die Bandbreite dem Modem zu. In einem virtuellen Sprachkanal wird der Codec G.711 eingesetzt und somit ISDN-Sprachqualität erreicht. Der Übergang ins Telefonnetz erfolgt über ein Media-Gateway.
Weil das Kabelnetz von einem Anbieter kontrolliert wird, ist die Sprachqualität über das TV-Kabel besser als bei anderen VoIP-Anbietern, die keine Kontrolle über das Netz haben.
Auch die Notruffunktion ist möglich, da jeder Anschluss einen eindeutigen Standort hat. Die Koordinaten können an die Notruf-Leitstelle übermittelt werden.
SDV - Switched Digital Video
SDV schaltet nur die Programme in den Strang, die von einzelnen Teilnehmern tatsächlich gewählt werden. Damit wird das Kabelfernsehen dem IPTV über DSL immer ähnlicher. Man bezeichnet das auch als „Cable IPTV“, obwohl IP nicht wirklich zur Übertragung angewendet wird.
EPoC - EPON over Coax
EPON over Coax ist eine Architektur, die dem Kabelnetzbetreiber ein durchgängiges EPON mit Glasfaser von der Kopfstation bis zum Kunden vorgaukelt.
DPoE - DOCSIS Provisioning over EPON
Im Prinzip wird ein Netzbetreiber einen Weg gehen, bei dem die Koaxialkabel möglichst lange Zeit genutzt werden, bevor ein Wechsel auf Glasfaser bis ins Haus erfolgen muss. Irgendwann wird dabei eine Mischnetz aus Glasfaser mit EPON und DOCSIS entstehen. Mit DOCSIS Provisioning over EPON (DPoE) wird eine Anpassungsschicht implementiert, damit der Kabelnetzbetreiber seine bestehenden Bereitstellungs- und Managementsysteme so nutzen kann, als ob das Netz noch ein gemischtes HFC-Netz wäre.
Übersicht: Kabelmodemtechnik
- Kabelmodemtechnik
- Internet-Zugang über den TV-Kabel-Anschluss
- DOCSIS - Data over Cable System Interface Specification
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