ATM - Asynchronous Transfer Mode

ATM ist keine reine Übertragungstechnik, sondern eine Netztechnik, die ursprünglich als Switching-Technik für Weitverkehrsnetze und Breitband-ISDN (B-ISDN) mit integriertem Kabelfernsehen entwickelt wurde.
ATM arbeitet auf der Schicht 2 des OSI-Modells und bringt Eigenschaften, wie Zeittransparenz, kurze Verzögerungszeiten auch bei langen Kommunikationsstrecken und Skalierbarkeit mit. ATM nutzt Datenpakete fester Länge. Sie werden als Zellen bezeichnet. Das ATM-Netz arbeitet als verteilte Struktur. Die Netze können wie Dreiecke oder Kreise angelegt werden. Der Datenverkehr verläuft dann auf dem kürzesten Weg zum Empfänger. Fällt ein Teilstück aus, dann wird der Datenverkehr auf eine alternative Strecke umgeleitet.

Die erste Spezifikation entwickelte die ITU (International Telecommunication Union) im Jahr 1980. Damals standen die Bedürfnisse und Anforderungen internationaler Netzbetreiber im Mittelpunkt. Die Spezifikation erlaubte die Integration vorhandener Dienste und Systeme. Im Jahr 1991 wurde das ATM-Forum von den ATM-Herstellern gegründet.

Die ATM-Netztechnik dient in lokalen, öffentlichen und privaten Hochgeschwindigkeitsnetzwerken als Transportmedium. ATM wäre die beste Lösung für ein Vermittlungssystem auf das das Internet Protocol (IP) aufsetzen kann. Leider ist ATM nicht kompatibel zu existierenden Netzwerken und nur mit erheblichem Aufwand zu integrieren. Häufig ist es sinnvoller Ethernet-Komponenten zu verwenden. Sie sind schneller, die Investitionen sind gering und es müssen keine Änderungen an der Infrastruktur vorgenommen werden. Deshalb wird Ethernet gegenüber ATM bevorzugt.

Eigenschaften von ATM

  • Datenpakete fester/konstanter Größe
  • Verkehrssteuerung
  • Service-Klassen (Quality of Service, QoS)
  • Taktunabhängigkeit der Nutzdaten
  • Unabhängigkeit vom Übertragungssystem

Arbeitsweise eines ATM-Netzes

In einem ATM-Netz werden die Nutzdaten in Zellen konstanter Größe verpackt und mit einem Header mit Steuerinformationen versehen. Der Versand der Daten erfolgt unabhängig vom Netztakt. Aber die Zellen selber sind an den Netztakt gebunden. Je nach Last werden mehr oder weniger Zellen mit Nutzdaten gefüllt. Alle anderen Zellen sind leer und dienen nur der Einhaltung der Zellengröße und dem Netztakt.
Durch Mechanismen zur Verkehrssteuerung und verschiedenen Service-Klassen lassen sich verschiedene Durchsatzraten und Mindestverzögerungszeiten erzeugen. Die Übertragungsrate der Nutzdaten ist von der Übertragungsrate im ATM-Netz entkoppelt. Dadurch lassen sich in ATM-Netzen fast alle Übertragungsarten nachbilden:

  • synchron
  • asynchron
  • verbindungsorientiert
  • verbindungslos mit konstanter oder variabler Übertragungsrate
DiensteSprache, Video, LAN, Frame Relay
AAL AAL1 / AAL3+4 / AAL5
ATM Schicht ATM Zellen (53 Byte)
ÜbertragungsschichtSONET / E0-E3 / DS1 - DS3 / Fiber Channel
Twisted Pair / Koaxialkabel / Glasfaserkabel

Mit ATM werden bereits existierende Übertragungsverfahren verwendet. Am ehesten wird PDH und SDH für die Übertragung von ATM-Zellen verwendet. Damit lassen sich Übertragungsgeschwindigkeiten von 1,5 bis 622 MBit/s realisieren. Aus Sicht von ATM gibt es keine Geschwindigkeitsbeschränkung.
Die ATM-Schicht setzt auf die physikalische Übertragungsschicht auf und sorgt für die Übertragung der ATM-Zellen. Beim Aufbau der ATM-Verbindung wird vom Sender eine Signalisierungszelle mit Zielinformationen und der gewünschten Netzkapazität an den Empfänger geschickt. Dabei wird die Route für die nachfolgenden Zellen festgelegt und zwischen dem Endsystem und dem Switch des Dienstanbieters ein Verkehrsvertrag vereinbart. Dort ist die Dienstklasse und die Bandbreite geregelt. Diesen Vorgang nennt man auch Signalisierung. Anhand des Verkehrsvertrags überwacht das Endgerät und die Verkehrssteuerung des Dienstanbieters die Einhaltung der Übertragungsparameter aus dem Verkehrsvertrag. Die Informationen im Verkehrsvertrag werden in den Netzknoten gespeichert und nicht in den Headern der Zellen. So lassen sich viele beliebige und lange Verkehrswege (Routen) definieren.

ATM-Diensteklassen

Diensteklasse A B C D
Synchronität ja nein
Bitrate konstant variabel
Verbindung verbindungsorientiert verbindungslos
AAL-Typ Typ 1 Typ 2 Typ 3 / 4 / 5 Typ 3 / 4
Anwendung Sprache Video Filetransfer, LAN, IP

Anpassungschicht - AAL - ATM Adaptation Layer

Die Daten werden in Zellen mit der Größe von 53 Byte übertragen. Diese Zellen-Größe ist für keine Anwendung geeignet. Deshalb müssen fremde Paketgrößen an das ATM-Zellenformat angepasst werden. Die Anpassungsschicht sorgt für die Teilung und Wiederzusammensetzung von größeren Datenpaketen. Die Art der Anpassung ist von der Zuordnung der Dienstklassen A, B, C und D abhängig.
Sprache wird grundsätzlich mit AAL1 angepasst. Für Video ist AAL2 gedacht, kann aber auch mit AAL1 oder AAL5 erfolgen. AAL5 ist eine vereinfachte Form von AAL3/4 und wird für LAN-Verbindungen und der Übertragung von IP eingesetzt. AAL3/4 wird für SMDS (Switched Multimegabit Data Service) verwendet.

ATM-Zelle

Aufbau des Headers/Kopfes einer ATM-Zelle

Die ATM-Zellen arbeiten mit Zellen konstanter Länge von 53 Byte. 5 Byte entfallen auf den Zellenkopf, der Steuerinformationen enthält. Man spricht vom Verwaltungsanteil der Zelle. Den so genannten Overhead. Die restlichen 48 Byte stehen den Nutzdaten zur Verfügung. Die Größe der Zelle ist ein Kompromiss zwischen den Anforderungen von Echtzeitdiensten (Sprache) und Datendiensten. Das ATM-Netz unterscheidet zwischen zwei Zellen. Die hier dargestellte und beschriebene Zelle wird zwischen Netzknoten und Endgerät befördert (User Network Interface).
In einer NNI-Zelle, eine Verbindung zwischen zwei ATM-Netzknoten, entfällt das GFC-Feld. Diese Bits stehen dem VPI-Feld zur Verfügung.

Generic Flow Control GFC Verkehrssteuerung zwischen Endgerät und Netzknoten. Unterscheidung von ungesteuerten, gesteuerte und steuernde Geräte.
Virtual Path Identifier / Virtual Channel Identifier VPI / VCI Zielinformationen für den Verbindungsaufbau und das Routing. Vergleichbar mit der Vorwahl und der Telefonnummer in Telefonnetzen. Die einzelnen ATM-Zellen werden über den VPI und VCI der Verbindung zugeordnet.
Payload Type Identifier PTI Angabe über Inhalt der Zelle. Z. B. Nutzdaten oder Verwaltungsinformationen.
Cell Loss Priority CLP Der Status-Wert von 1 priorisiert die Zelle niedriger. In Stausituationen wird diese Zelle verworfen. Der Zellverlust führt zur erneuten Anforderung durch die Anwendung. Das macht sich durch einen sinkenden Datendurchsatz bemerkbar. Innerhalb einer Sprachverbindung würde man einen Knackser hören.
Header Error Control HEC Dieses Feld dient der Fehlererkennung im Header. Ein einzelnes fehlerhaftes Bit kann in Knoten direkt korrigiert werden. Weitere Fehler führen zum Verwerfen der ganzen Zelle.

ATM-Netzstruktur

ATM-Netzstruktur

Das ATM-Netz besteht aus Netzknoten und den Verbindungen (NNI/P-NNI) zwischen diesen Netzknoten, sowie den Endgeräten. Innerhalb der Netzknoten sind viele Funktionen hardwaremäßig fest integriert. Damit vermeidet man Übertragungsverzögerungen durch Software und Protokolle.
Das UNI (User Network Interface) ist die Schnittstelle vom Netzknoten zum Anwender. Das NNI (Network Node Interface) bildet die Schnittstelle zwischen den Netzknoten. Das B-ICI (Broadband Inter Carrier Interface) verbindet die öffentlichen Netze der Netzbetreiber miteinander.
Das ATM-Netz lässt sich auf eine Vielzahl von Übertragungssystemen aufbauen. Zum Beispiel SDH oder SONET.

Anwendungen von ATM

  • Classical IP over ATM (CLIP)
  • Multiprotocol Label Switching (MPLS)
  • Next Hop Resolution Server (NHRS)
  • Multicast Adress Resolution Server (MARS)
  • LAN Emulation (LAN-E)
  • Multiprotocol over ATM (MPOA)
  • Private Network to Network Interface (PNNI)

Beispiel-Anwendung von ATM

T-DSL-Protokoll-Stack

Die im Bild dargestellten Protokoll-Ebenen werden im OSI-Schichtenmodell in Schicht 3 und darunter abgebildet.

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