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Allgemeine Fragen (Elektronik)
Hallo,
so wie ich das sehe, bist Du mit Deinem Problem nicht alleine, allerdings gehörst Du glücklicherweise zu der Minderheit, die sich dessen bewußt ist. Das drückt sich auch in Deinen Fragen hier im Forum aus.
Aber kommen wir mal auf den 555er Thread zurück: Du schreibst dort "Ich habe vorne immer mal wieder R1, das Poti und die Kondensatoren verändert..." das läßt eher auf "Trial and Error" schliessen, nicht auf systematische Vorgehensweise. In der vor-Internetzeit hätte man sich ein Datenblatt ergattert und anhand der Applikationshinweise die Funktion des Bauelentes schrittweise nachvollzogen. Gerechnet, gelötet und dann gemessen. Das hat manchmal sehr lange gedauert (Tage, man konnte ja nur in die Leihbücherei gehen und sich ein Fachbuch ansehen oder in schwierigen Fällen eine Firma anschreiben (mit der Post!!). Glücklich war, wer einen Spezialisten kannte und anrufen konnte.) All das zwang einen dazu, sich mit der Materie zu befassen und das zu verstehen, was man tut.
Durch die heutige Informationsvielfalt wird einem nur scheinbar alles sehr einfach gemacht. Man sieht fertige Lösungen in der Elektronik und Programmierung und möchte das auch machen. Dann stellt man fest, daß das noch nicht einmal viel kostet, man hat ja PC und Simulationsprogramme. Wer dann auf Kochrezepte hereinfällt, landet dann schnell im Frust, da nichts so funktioniert wie es soll - und man weiss nicht einmal, warum. Anstatt dann einen oder viele Schritte zurück zu machen und die Grundlagen zu vertiefen, wird nach einem anderen Kochrezept gesucht oder ein neues Projekt begonnen. Dadurch kann man nicht einmal mehr aus dem Mißerfolg lernen. Das Lernen an sich ist also oft nicht das Problem!
Nun gibt es natürlich persönlich bedingt sehr unterschiedliche Lernstrukturen - jeder ist da "anders gestrickt" - daher halte ich auch nicht viel von irgendwelchen erfolgversprechenden Lernmethoden. Das kann gehen, muß aber keinesfalls für jeden erfolgreich sein (richtig erfolgreich ist es nur für die, die daran verdienen!).
Nach meiner Erfahrung ist es hilfreich, sich nach verläßlichen Informationsquellen umzuschauen und nicht jeden Mist mitzunehemen. In der analogen Elektronik sind für mich die Applikationschriften von National Semiconductor (national.com) erste Wahl, früher waren es noch Phillips/Valvo und RCA. Hobby-Elektronik-Zeitschriften zeichneten sich zu oft durch wahrhaft amateurhaftes Schaltungsdesign aus, obwohl es auch mal gute Magazine gab - was sich bis heute gehalten hat, zähle ich allerdings eher nicht dazu. Und wer es ernst mit der Elektronik meint, sollte auch den Tietze-Schenk griffbereit haben!
Gerade in einigen Unterlagen von National (aber auch LT und Texas um nur einige weitere Beispiele zu nennen) kann man hervorragende Beschreibungen von Grundschaltungen finden, mit Dimensionierungshinweisen, Tips und Optimierungsvorschlägen. Man muß sich nur mal die Zeit nehmen die "AN's" zu suchen. Da kann es schon vorkommen, daß man ein Wochenende verbringt, um eine Schaltung mit einem OP und einer Handvoll Bauelemente wunschgemäß zum Laufen zu bringen. Oder man kommt zu der Erkenntnis, daß es so nicht geht - aber man weiss, warum...
Genau zu verstehen, warum man einen bestimmten Lösungsweg beschreitet und die Grundlagen, auf denen das basiert, zu kennen, ist wichtig. Ich muß nicht jede Formel im Kopf haben, aber ich muß die Zusammenhänge kennen. Leider ist es heute oft umgekehrt: Es wird nach einer Formel gesucht, um "irgendwas" zu berechnen, ohne den eigentlichen Zusamenhang zu verstehen. Frust ist vorgeplant.
Langer Rede kurzer Sinn:
1) Projekte nicht nach äußerlichen Gesichtspunkten aussuchen, sondern nach Verständnis und Aufwand (Verständnis beeinhaltet auch Grundlagen etc. die man sich erarbeiten muß, das schlägt sich dann auch im Aufwand nieder).
2) nicht alles aufeinmal! Viele Einsteiger versuchen sich in Leistungselektronik, Meßtechnik und µC-Programmierung gleichzeitig - ohne Erfahrung ist auch da der Frust vorprogrammiert.Nicht alles wollen (natürlich zusätzlich natürlich zu Judo, Schlagzeug lernen, Freundin, und Autobasteln)
3) Dranbleiben und aus Fehlern lernen! Ein Konzept zu verwerfen ohne zu wissen, warum es nicht funktioniert hat, ist vertane Zeit!
4) Fachbücher und Fachliteratur nutzen - eine wichtige Säule der Elektronik sind Englischkenntnisse!! (bei mir war es derszeit als Schüler so - ich bekam von einem netten "schülerfreundlichem" Distributor (Firma Alfred Neye in Quickborn) jede Menge technische Dokumentation, und manchmal auch etwas "Hardware". Aber eben alles in Englisch. Da lernt man Englisch "nebenher" und war motivierter im Unterricht!
Also weiter so, weniger vornehmen und dafür etwas mehr in die Tiefe gehen - dann wird das schon! Und vor Allem nicht aufgeben!!!
Grüße
Hartwig
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