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matzischweinchen(R)

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Aachen,
20.11.2014,
06:00
 

Gleichrichter-Rauschen (Elektronik)

Hallo Gemeinde,

wird es heute immernoch so gemacht, zu jeder Diode einer Graetz-Schaltung einen 100nF-Kondensator parallel zu schalten? Im Inet habe ich gelesen, dass das Rauschen, das die Dioden aufgrund ihrer nicht-linearen Kennlinie verursachen würden, damit "weggefiltert" werden kann. So würde der nachfolgende Regler kein Rauschen mehr kriegen. Aber gibt das nicht noch mehr Brumm auf der Schaltung?

--
:hungry: Greets from Aix-la-chapelle

Matthes

JBE

20.11.2014,
07:23

@ matzischweinchen

Gleichrichter-Rauschen

» Hallo Gemeinde,
»
» wird es heute immernoch so gemacht, zu jeder Diode einer Graetz-Schaltung
» einen 100nF-Kondensator parallel zu schalten? Im Inet habe ich gelesen,
» dass das Rauschen, das die Dioden aufgrund ihrer nicht-linearen Kennlinie
» verursachen würden, damit "weggefiltert" werden kann. So würde der
» nachfolgende Regler kein Rauschen mehr kriegen. Aber gibt das nicht noch
» mehr Brumm auf der Schaltung?

Die Kondensatoren bewirken eine schwingungsdämpfung, wenn die Dioden schalten, meist wurde das in Radios und Fernsehgeräte eingebaut. Auch bei einer Z-Diode wird parallel ein kondensator geschalten um eben das Rauschen zu unterdrücken.

Hartwig(R)

20.11.2014,
07:55
(editiert von Hartwig
am 20.11.2014 um 09:35)


@ matzischweinchen

Gleichrichter-Rauschen

Hallo Matthes,
Aus eigener Erfahrung setze ich diese Kondensatoren nur gezielt ein und wenn, dann immer in Reihe mit einem Widerstand.
Dazu folgender Gedanke: stellt man sich ein Ersatzschaltbild von Gleichrichter und Trafo vor, dann stellen die Dioden im Sperrzustand einen Kondensator mit der Sperrschichtkapazität dar - in Verbindung mit der Trafowicklung ergibt das dann einen Schwingkreis. Je nach Trafo und Lastsituation usw. Kann das Schliessen der Dioden hier eine leicht gedämpfte Schwingung auslösen - die dann u.U. In die Schaltung einstreut und dort Ärger macht.
Diese Schwingung muss man vollständig dämpfen - das geht mit einem Widerstand, der müsste aber sehr dick sein, da er an der vollen Spannung lieg. Also muss ein Kondensator zur Trennung her. Und damit haben wir den klassischen RC-Snubber. Ein Kondensator alleine hat ja keine dämpfende Wirkung, ich gehe davon aus, dass dieser die Eigenschaften des Schwingkreises eher so verändert, dass die Störungen sich nicht mehr bemerkbar machen - möglicherweise nur durch Verschiebung der Frequenz. Einfach einen Kondensator parallel zu den Dioden einzusetzen kann helfen - muss aber nicht (es kann sogar gerade dazu führen, dass man Störungen erzeugt!)
Für die Dämpfungswiderstände ergeben sich Werte so um die 100 Ohm.
Ich habe da mal versuchsweise Trimmer eingesetzt - man konnte sehr schön einen optimalen Dämpfungseffekt einstellen. Aber das hängt sehr vom Trafo und der Schaltung ab.
Die oft zu hörende Erklärung, die Kondensatoren würden "die Hochfrequenzanteile über den Dioden kurzschliessen" halte ich daher für fragwürdig - der Kondensator im Schwingkreis schliesst ja auch dort die HF nicht kurz.
Viele Grüsse
Hartwig

Sel(R)

E-Mail

Radebeul,
20.11.2014,
11:29
(editiert von Sel
am 20.11.2014 um 11:32)


@ Hartwig

Gleichrichter-Rauschen

Hallo,

sehr schöne Erklärung! Super.
Ich möchte noch hinzufügen das so ein Kondensator ein keramischer Typ sein sollte. Gewickelte Kondensatoren bringen nichts, bei Vielschichtkondensatoren bin ich mir nicht sicher. Auch der kleine Keramikkondensator parallel zum Ladeelko hat durchaus seine Berechtigung.

Jedoch geht nichts über einen guten Netzfilter VOR dem Trafo. Unser Stromnetz ist bekanntlich "verseucht" mit Störungen aller erdenklichen Art. Da wirkt so ein Filter schon mal Wunder.

Gruß Sel

JBE

20.11.2014,
12:07

@ Sel

Gleichrichter-Rauschen

» Hallo,
»
» sehr schöne Erklärung! Super.
» Ich möchte noch hinzufügen das so ein Kondensator ein keramischer Typ sein
» sollte. Gewickelte Kondensatoren bringen nichts, bei
» Vielschichtkondensatoren bin ich mir nicht sicher. Auch der kleine
» Keramikkondensator parallel zum Ladeelko hat durchaus seine Berechtigung.
»
» Jedoch geht nichts über einen guten Netzfilter VOR dem Trafo. Unser
» Stromnetz ist bekanntlich "verseucht" mit Störungen aller erdenklichen Art.
» Da wirkt so ein Filter schon mal Wunder.
»
» Gruß Sel

Ja der Hartwig kann das gut erkären, ich kann das nicht mehr so gut. Es bestätigt mir damit das doch noch etwas im Universum Gehirn hängen geblieben ist.

gast (A)

20.11.2014,
12:55

@ Hartwig

Gleichrichter-Rauschen

» Hallo Matthes,
» Aus eigener Erfahrung setze ich diese Kondensatoren nur gezielt ein und
» wenn, dann immer in Reihe mit einem Widerstand.
» Dazu folgender Gedanke: stellt man sich ein Ersatzschaltbild von
» Gleichrichter und Trafo vor, dann stellen die Dioden im Sperrzustand einen
» Kondensator mit der Sperrschichtkapazität dar - in Verbindung mit der
» Trafowicklung ergibt das dann einen Schwingkreis. Je nach Trafo und
» Lastsituation usw. Kann das Schliessen der Dioden hier eine leicht
» gedämpfte Schwingung auslösen - die dann u.U. In die Schaltung einstreut
» und dort Ärger macht.
» Diese Schwingung muss man vollständig dämpfen - das geht mit einem
» Widerstand, der müsste aber sehr dick sein, da er an der vollen Spannung
» lieg. Also muss ein Kondensator zur Trennung her. Und damit haben wir den
» klassischen RC-Snubber. Ein Kondensator alleine hat ja keine dämpfende
» Wirkung, ich gehe davon aus, dass dieser die Eigenschaften des
» Schwingkreises eher so verändert, dass die Störungen sich nicht mehr
» bemerkbar machen - möglicherweise nur durch Verschiebung der Frequenz.
» Einfach einen Kondensator parallel zu den Dioden einzusetzen kann helfen -
» muss aber nicht (es kann sogar gerade dazu führen, dass man Störungen
» erzeugt!)
» Für die Dämpfungswiderstände ergeben sich Werte so um die 100 Ohm.
» Ich habe da mal versuchsweise Trimmer eingesetzt - man konnte sehr schön
» einen optimalen Dämpfungseffekt einstellen. Aber das hängt sehr vom Trafo
» und der Schaltung ab.
» Die oft zu hörende Erklärung, die Kondensatoren würden "die
» Hochfrequenzanteile über den Dioden kurzschliessen" halte ich daher für
» fragwürdig - der Kondensator im Schwingkreis schliesst ja auch dort die HF
» nicht kurz.
» Viele Grüsse
» Hartwig

Lieber Hartwig,

ich möchte dir wirklich nichts besserwissen, aber deine Erklärung mit dem Schwingkreis von den paar Picofarad Sperrschichtkapazität der Diode zusammen mit der Trafoinduktivität ist mit Verlaub gesagt Humbug. Irgendwo schrieb auch jemand etwas vom Rauschen der Diodensperrschicht, das so beseitigt werden soll. Auch das ist Quatsch. Das kann der nachfolgende Ladeelko, notfalls mit einem keramischen Parallel-C, viel besser. Die Anmerkung von dir mit den HF-Anteilen kommt der Sache schon näher. Die Kondensatoren parallel zu jeder Diode dienen dazu während der Nulldurchgänge, also wenn die Dioden nicht leiten, einen eindeutigen Massebezug zum Trafo und von dort weiter zum Netz zu gewährleisten. Etwaige HF-Einstreuungen würden anderenfalls als störendes Brummen in Erscheinung treten, weil sie durch die Dioden mit 50 oder 100Hz moduliert würden. Dies gilt insbesondere für Geräte, die mit HF zu tun haben, Sender bzw. Oszillatoren sowie auch Empfänger. Es gibt den Begriff "Ortssenderbrummen", vielleicht können Leute, die das Röhrenzeitalter noch mitgemacht haben, mehr dazu erzählen.

Meine Mittagspause ist leider gleich zu Ende, sonst hätte ich noch ausführlicher darüber geschrieben, denn ich hatte in letzter Zeit zweimal selber mit dieser Problematik zu tun, einmal bei einem kleinen MW-Sender, den ich in ein Radio eingebaut habe und bei einem selbstgebauten Wobbelsender (Markengeber). In beiden Fällen trat ohne solche Kondensatoren stets ein mehr oder weniger heftiges Brummen auf, das restlos verschwand wenn über die Dioden 22nF Kondensatoren gesetzt wurden.

Gruß Andi

217.81.116.25

JBE

20.11.2014,
13:15

@ matzischweinchen

Gleichrichter-Rauschen

» Hallo Gemeinde,
»
» wird es heute immernoch so gemacht, zu jeder Diode einer Graetz-Schaltung
» einen 100nF-Kondensator parallel zu schalten? Im Inet habe ich gelesen,
» dass das Rauschen, das die Dioden aufgrund ihrer nicht-linearen Kennlinie
» verursachen würden, damit "weggefiltert" werden kann. So würde der
» nachfolgende Regler kein Rauschen mehr kriegen. Aber gibt das nicht noch
» mehr Brumm auf der Schaltung?

In der Röhrenzeit auch Erbsenfilter genannt:-D


Da eine Diode nicht sofort sperrt entstehen hochfrequente Störungen, mit den Keramischen Kondensatoren können auch Spannungsspitzen abgefangen werden, den Kondensator bemisst man nach der Sperrzeit, besonders bei kleinen Stromflußwinkel wirkt diese Gebilde.

Ich denke wir wissen schon was damit erreicht werden kann
oder auch nicht. Es ist das richtige Medikament zur Störquelle zu finden.

Hartwig(R)

20.11.2014,
14:39

@ JBE

Gleichrichter-Rauschen

» » Hallo,
» »
» » sehr schöne Erklärung! Super.
» » Ich möchte noch hinzufügen das so ein Kondensator ein keramischer Typ
» sein
» » sollte. Gewickelte Kondensatoren bringen nichts, bei
» » Vielschichtkondensatoren bin ich mir nicht sicher. Auch der kleine
» » Keramikkondensator parallel zum Ladeelko hat durchaus seine
» Berechtigung.
» »
» » Jedoch geht nichts über einen guten Netzfilter VOR dem Trafo. Unser
» » Stromnetz ist bekanntlich "verseucht" mit Störungen aller erdenklichen
» Art.
» » Da wirkt so ein Filter schon mal Wunder.
» »
» » Gruß Sel
»
» Ja der Hartwig kann das gut erkären, ich kann das nicht mehr so gut. Es
» bestätigt mir damit das doch noch etwas im Universum Gehirn hängen
» geblieben ist.

Hallo,
danke Dir und SEL für den Kommentar!
Hartwig

xy(R)

E-Mail

20.11.2014,
14:55

@ gast (A)

Gleichrichter-Rauschen

» Die
» Kondensatoren parallel zu jeder Diode dienen dazu während der
» Nulldurchgänge, also wenn die Dioden nicht leiten, einen eindeutigen
» Massebezug zum Trafo und von dort weiter zum Netz zu gewährleisten. Etwaige
» HF-Einstreuungen würden anderenfalls als störendes Brummen in Erscheinung
» treten, weil sie durch die Dioden mit 50 oder 100Hz moduliert würden.

Genau das.

Hartwig(R)

20.11.2014,
14:56

@ gast (A)

Gleichrichter-Rauschen

Hallo,
es ist schon einige Jahre her, da hatte ich mal auf einer Versorgungsspannung (und nicht nur dort) viele kleine "Birdies" in 10ms Abstand. Daraufhin habe ich mir mal das Ersatschaltbild zusammengestellt und nachgerechnet (bei niedriger Sperrspannung - also nahe der Nullinie ist die Sperrschichtkapazität von einigen Gleichrichterdioden nicht mehr zu vernachlässigen) - das Ergebnis passte schon. Es geht hier um Schwingungen im z.B. MW-Bereich! (die dann u. U. als Rauschen in der NF wahrgenommen werden). Durch Modifikation der C's oder Umschalten der Trafowicklungen änderten sich die Störimpulse dementsprechend. Und durch Bedämpfen waren sie deutlich zu reduzieren. Das man mit Kondensatoren auch andere Wirkungen an der Stelle erreichen kann, ist mir schon klar.
So auf die schnelle habe ich hier mal einen Link gefunden, der das erklärt:

http://www.hagtech.com/pdf/snubber.pdf

Es würde mich schon interessieren, wo da der Fehler genau liegt.

Grüsse
Hartwig

xy(R)

E-Mail

20.11.2014,
15:12

@ Hartwig

Gleichrichter-Rauschen

» http://www.hagtech.com/pdf/snubber.pdf
»
» Es würde mich schon interessieren, wo da der Fehler genau liegt.

Kein Fehler, aber das Klingeln ist ziemlich monochrom und stört daher meist nicht.
Du musst bedenken, dass ein paar Widerstände irre teuer sind. ;-)

schaerer(R)

Homepage E-Mail

Kanton Zürich (Schweiz),
20.11.2014,
19:35

@ Sel

Gleichrichter-Rauschen

Hallo Sel,

» sehr schöne Erklärung! Super.

Sehr ausführlich und fundiert. Tatsächlich super!

» Ich möchte noch hinzufügen das so ein Kondensator ein keramischer Typ sein
» sollte. Gewickelte Kondensatoren bringen nichts, bei
» Vielschichtkondensatoren bin ich mir nicht sicher.

Meinst Du die Keramik-Vielschichtkondensatoren von den es heute Typen gibt bis zu 10 µF?

Wenn ja, die sind nicht gewickelt und haben daher ebenfalls sehr niedrige parasitäre Induktivitäten.

» Auch der kleine
» Keramikkondensator parallel zum Ladeelko hat durchaus seine Berechtigung.

Wobei dieser - oder besser die in der Mehrzahl - erfüllen ihre Aufgabe besser, wenn sie zwischen Speise- und GND-Anschlüssen in IC-Nähe eingelötet sind. Dies reduziert die parasitäte Induktivität der IC/GND-Zuführung signifikant.

» Jedoch geht nichts über einen guten Netzfilter VOR dem Trafo.

Diese sind vor allem zum Filtern von steilflankgen Störspitzen hervorragend. Diese Erfahrung machte ich schon oft mit solchen Filtern:

--
Gruss
Thomas

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