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LisaB

11.01.2016,
21:04
 

Phasenmaximum bei Spule (Bauelemente)

Hallo liebe Community,

ich habe zwei Fragen zum Phasengang einer Spule bei Erhöhung der Frequenz.

1. Dieser sollte ab einer gewissen Frequenz idealerweise bei 90° liegen. Wird die Frequenz in der Praxis jedoch weiter erhöht, verändert dieser sich aber wieder, bis er irgendwann wie eine Kapazität zu wirken scheint. Die Phase springt irgendwann auf -90°. Unser Lehrer meinte nur, dass das aufgrund von Wirbelströmen passiert, eine genaue Erklärung konnte er jedoch nicht geben.

2. Als nächstes haben wir den Einfluss des Kerns auf die Impedanz der Spule betrachtet. In 1. konnte ein Phasenmaximum bestimmt werden. Lässt sich nun pauschal sagen, dass die Impedanzänderung der Spule bei zwei Kernen im Phasenmaximum auch ihr Maximum hat?

Kann man 1. und 2. irgendwie mathematisch in Formeln packen?

Vielen Dank vorab und Gruß
Lisa

Altgeselle(R)

E-Mail

12.01.2016,
14:28

@ LisaB

Phasenmaximum bei Spule

» Hallo liebe Community,
»
» ich habe zwei Fragen zum Phasengang einer Spule bei Erhöhung der Frequenz.
»
» 1. Dieser sollte ab einer gewissen Frequenz idealerweise bei 90° liegen.
» Wird die Frequenz in der Praxis jedoch weiter erhöht, verändert dieser sich
» aber wieder, bis er irgendwann wie eine Kapazität zu wirken scheint. Die
» Phase springt irgendwann auf -90°. Unser Lehrer meinte nur, dass das
» aufgrund von Wirbelströmen passiert, eine genaue Erklärung konnte er jedoch
» nicht geben.
»
» 2. Als nächstes haben wir den Einfluss des Kerns auf die Impedanz der Spule
» betrachtet. In 1. konnte ein Phasenmaximum bestimmt werden. Lässt sich nun
» pauschal sagen, dass die Impedanzänderung der Spule bei zwei Kernen im
» Phasenmaximum auch ihr Maximum hat?
»
» Kann man 1. und 2. irgendwie mathematisch in Formeln packen?
»
» Vielen Dank vorab und Gruß
» Lisa

Hallo,
ich werde mal versuchen, Frage 1 zu beantworten, ohne Formeln zu benutzen.

Mit Phasengang meinst du wohl die Phasenverschiebung zwischen Wechselspannung
und -Strom bei einer Spule.
Bei einer idealen Spule (Induktivität L) ist sie immer 90°. Man kann Spannung
und Strom geometrisch als Zeiger darstellen, so wie hier:
http://www.elektronik-kompendium.de/sites/grd/1006241.htm

Als Bauteil gibt es aber nur reale Spulen, welche zumindest einen Drahtwiderstand haben.
Ausserdem können noch Verluste durch Streufelder und Wirbelströme im Kern hinzukommen.
Alle diese Verluste kann man sich als Widerstandände vorstellen, welcher mit der Induktivität
in Reihe oder parallel geschaltet sind.
Bei höheren Frequenzen machen sich auch Wicklungskapazitäten bemerkbar, die man sich
als kleinen Kondensator denken kann, der parallel liegt.
Diese Elemente nennt man auch "Parasitärelemente".
Man zeichnet für das reale Bauteil "Spule" ein Ersatzschaltbild aus idealen Bauelementen,
z. B. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Spule_(Elektrotechnik)#Parasit.C3.A4relemente

Nun kann man erkennen, dass eine Spule bei sehr hohen Frequenzen als Kondensator wirken kann,
nämlich wenn der Strom durch den Cp größer wird als der Strom durch L.

Zu Frage 2:
Natürlich sind alle diese Vorgänge bereits erforscht und durch Formeln beschrieben.
Wie stehts mit deinen Mathe-Kenntnissen? Ohne "Pythagoras" und Winkelfunktionen wirds schwierig...

Grüße
Altgeselle

LisaB

12.01.2016,
19:57

@ Altgeselle

Phasenmaximum bei Spule

Hallo lieber Altgeselle,

vielen Dank für deine ausführliche Erläuterung.

» Mit Phasengang meinst du wohl die Phasenverschiebung zwischen
» Wechselspannung
» und -Strom bei einer Spule.

Korrekt!

» Bei einer idealen Spule (Induktivität L) ist sie immer 90°. Man kann
» Spannung
» und Strom geometrisch als Zeiger darstellen, so wie hier:
» http://www.elektronik-kompendium.de/sites/grd/1006241.htm
»
» Als Bauteil gibt es aber nur reale Spulen, welche zumindest einen
» Drahtwiderstand haben.
» Ausserdem können noch Verluste durch Streufelder und Wirbelströme im Kern
» hinzukommen.
» Alle diese Verluste kann man sich als Widerstandände vorstellen, welcher
» mit der Induktivität
» in Reihe oder parallel geschaltet sind.
» Bei höheren Frequenzen machen sich auch Wicklungskapazitäten bemerkbar, die
» man sich
» als kleinen Kondensator denken kann, der parallel liegt.
» Diese Elemente nennt man auch "Parasitärelemente".
» Man zeichnet für das reale Bauteil "Spule" ein Ersatzschaltbild aus idealen
» Bauelementen,
» z. B. hier:
» https://de.wikipedia.org/wiki/Spule_(Elektrotechnik)#Parasit.C3.A4relemente
»
» Nun kann man erkennen, dass eine Spule bei sehr hohen Frequenzen als
» Kondensator wirken kann,
» nämlich wenn der Strom durch den Cp größer wird als der Strom durch L.
»

Verstanden, vielen Dank nochmal :)!

» Zu Frage 2:
» Natürlich sind alle diese Vorgänge bereits erforscht und durch Formeln
» beschrieben.
» Wie stehts mit deinen Mathe-Kenntnissen? Ohne "Pythagoras" und
» Winkelfunktionen wirds schwierig...

Sind vorhanden, bitte weiter :).

Gruß
Lisa

Altgeselle(R)

E-Mail

13.01.2016,
16:44

@ LisaB

Phasenmaximum bei Spule

» » Wie stehts mit deinen Mathe-Kenntnissen? Ohne "Pythagoras" und
» » Winkelfunktionen wirds schwierig...
»
» Sind vorhanden, bitte weiter :).
»
» Gruß
» Lisa

OK, dann kommen hier einige Formeln.

Voraussetzung: Wir rechnen mit dem Effektivwert von sinusförmigen Spannungen und Strömen.
Das sind die Werte, die übliche Wechselspannungs- und Strommessgeräte anzeigen.

Effektivwert: Ein Wechselstrom von 1A effektiv macht einen Widerstand genau so warm wie ein Gleichstrom
von 1A, obwohl er Nulldurchgänge hat. Daher sind die Spitzen des Sinus großer als 1A.

Blindwiderstand einer idealen Induktivität:
XL = 2*pi*f*L mit f: Frequenz, L: Induktivität
Man erkennt, das XL größer wird, wenn f ansteigt. Die Induktivität ist gegeben durch Windungszahl,
Kern, Aufbau usw.

Wirkwiderstand: R (R=Widerstand, ist nicht frequenzabhängig)

Scheinwiderstand Z einer Spule, bestehend aus idealer Induktivität L und Serienwiderstand R:

Durch L und R fließt der selbe Strom. Dadurch liegen an L und R die Spannungen UL und UR an.
Die Spannung UL ist um 90° phasenverschoben zum Strom I. Die Spannung am Widerstand R ist nicht phasenverschoben.

Wenn man die Spannungen als Zeiger aufzeichnet, dann bilden sie die Katheten eines rechtwinkligen
Dreiecks.
Die Hypotenuse ist die Gesamtspannung U, welche an der Spule anliegt. Also nach Pythagoras:

U^2=UL^2+UR^2 und somit U = Wurzel(UL^2+UR^2)

Wegen des Ohmschen Gesetzes R = U/I bzw. XL = UL/I gilt das Dreick auch für Widerstände:

Scheinwiderstand Z = Wurzel(XL^2+R^2)

Die Phasenverschiebung phi (Winkel) zwischen Spannung und Strom ist kleiner als 90°:

Tangens phi = Gegenkathete/Ankathete

tan(phi) = XL/R also phi = arctan(XL/R)


So, das wars (hoffentlich...)

Grüße
Altgeselle

Offroad GTI(R)

13.01.2016,
18:46

@ Altgeselle

Phasenmaximum bei Spule

» U^2=UL^2+UR^2 und somit U = Wurzel(UL^2+UR^2)
Didd is' ja noch meilenweit von einer "realen" Spule entfernt :-)

Und ein Maximum oder Minimum findet man so auch nicht.


Die einfache Variante wäre den komplexe Widerstand mit mehr oder weniger vielen Parasitären Elementen aufzustellen und dann bspw mit Excel durchgerechnen und plotten zu lassen. Das Ergebnis nennt sich dann Ortskurve.

"Ganz genau" wird es jedoch nicht, da die Parasitären Elemente je nach Frequenz ihre Parameter ändern. Wenn man eine reale Spule "richtig" berechnen will, geht das bspw. mittels FEM.

Altgeselle(R)

E-Mail

13.01.2016,
19:48

@ Offroad GTI

Phasenmaximum bei Spule

» » U^2=UL^2+UR^2 und somit U = Wurzel(UL^2+UR^2)
» Didd is' ja noch meilenweit von einer "realen" Spule entfernt :-)
»
» Und ein Maximum oder Minimum findet man so auch nicht.
»
»
» Die einfache Variante wäre den komplexe Widerstand mit mehr oder weniger
» vielen Parasitären Elementen aufzustellen und dann bspw mit Excel
» durchgerechnen und plotten zu lassen. Das Ergebnis nennt sich dann
» Ortskurve.
»
» "Ganz genau" wird es jedoch nicht, da die Parasitären Elemente je nach
» Frequenz ihre Parameter ändern. Wenn man eine reale Spule "richtig"
» berechnen will, geht das bspw. mittels FEM.

Na klar.
Das ist eine erste Annäherung an eine reale Spule. Es sollte einfach los gehen.
Als nächstes käme die Wicklungskapazität dazu. Das ergibt schon einen Parallelschwingkreis
mit Verlusten.
Dann gehts weiter mit Kernverlusten, Streuverlusten, Skineffekt usw.
Ich mache sowas mit SPICE. Wobei ich immer noch ein gutes Modell für den
Skin-Effekt in PSPICE suche. Kennt jemand hier eines?