Rainer S.

26.05.2013, 19:36 |
Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel (Elektronik) |
Ich arbeite u.a. für eine Firma im Bereich der Netzwerk und Rechnertechnik (Simulation, Physik) etc, die komplette Regel- und Steuersysteme entwirft und installiert. Da wir immer mal wieder Bedarf an Ingenieuren haben, bin ich naturgemäß an dem Thema Personal recht interessiert. Derzeit, genauer seit 2-3 Jahren, ist das Thema Fachkräftemangel ziemlich hochgekocht. Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten und die Arbeitsagentur hat grossflächig begonnen, solchige aus den EU-Nachbarstaaten zu gewinnen- inzwischen auch verstärkt in Spanien.
Ich möchte nun nicht auf eigene Erfahrungen abheben, um diese nicht als repräsentativ wirken zu lassen, da wir hier spezielle Anforderungen an Ingenieure haben - von daher halte ich mich mit meiner eigenen Meinung zurück.
Mich würde vielmehr interessieren, wie es mit der Ausbildung der spanischen Fachkräfte aussieht: Sicher sind die Studienabschlüsse trotz Gleichstellung nach Bolobgna nicht völlig angeglichen.
Was lässt sich dazu sagen? |
xy

26.05.2013, 20:19
@ Rainer S.
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten
Ich übersetze dir das mal: "Die vorhandenen sind uns zu teuer." |
roldor

Konstanz, 26.05.2013, 20:25
@ xy
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» » Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten
»
» Ich übersetze dir das mal: "Die vorhandenen sind uns zu teuer."
Und Spanisch lässt sich leicht übersetzen!
Sonst würden die Chinesen für 1€ nehmen.
Und wenn ein Deutscher für 1€ arbeiten will,
hat er für die was an der Waffel. -- Gruß von
* Henry-Roland Dorau * Pf.100431 78404 Konstanz * 0176 29 000 333 * http://sun-innovation.de * |
Rainer S.
26.05.2013, 20:30
@ xy
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» » Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten
» Ich übersetze dir das mal: "Die vorhandenen sind uns zu teuer."
Nun, diese Problematik ist mir selbstredend geläufig. Es wird immer eine Frage von Angebot und Nachfrage sein und es wird daher eine Grenze geben, ab der sich ein Entwickler nicht mehr lohnt. Das Problem löst man aber nicht durch billiger sein, denn nur die effektivsten und besten 10% Ingenieure können etwas bauen, was zu den oberen 10% gehört. Wenn ich die Spirale nach unten drehe und mir billigere Leute hole, habe ich welche, die deshalb billiger sind, weil andere ihnen nicht mehr bezahlen.
Viel zweckmässiger ist es, seine eigenen Geschäfts- und Entwicklungsstrukturen zu optimieren und dort Geld einzusparen. Entwickler, die ihren Arbeitsplatz selber putzen müssen und mit Schreibkram zugeladen werden, sind eben nicht so efektiv. Meistens sind es die schlech organisierten, die nach günstigen Ingenieuren rufen.
Praktisch ist der bessere meist auch immer effektiver und daher suchen viele Firmen ja gezielt nach sehr guten innovatven Leuten. Die kamen bisher ziemlich automatisch aus Deutschland, weil es hier den Dipl.-Ing. gab, der zwar längere Ausbildung benötigte, die aber anspruchsvoller war. Ähnlich gut war das Abitur und Studium in Polen und Rumänien, aber von einigen Ausnahmen abgesehen, gehen Personen von dort eher in die USA, wenn sie schon ihre Heimat verlassen.
Wie sieht es diesbezüglich mit Spanien aus? Welche Erfahrungen bestehen bei euch? |
hws

59425 Unna, 26.05.2013, 21:57
@ Rainer S.
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Wie sieht es diesbezüglich mit Spanien aus? Welche Erfahrungen bestehen bei euch?
Übliche Arbeitsverträge haben doch 6 Monate Probezeit, in der mit 14Tagen oder 4 Wochen gekündigt werden kann.
Hat man den 99ten Fehlgriff getan, muß man evtl mal überlegen: Anspruch zu hoch? Gehalt zu niedrig? Falsche Stellenbeschreibung?
Dabei nicht stur nach Noten und Abschlüssen gehen, sondern "Werdegang und Vorbildung". Z.B. Kenntnisse als Elektronikbastler (im Elko) oder Amateurfunk-Rufzeichen? Veröffentlichungen? Patente?
Bist du Personalverantwortlicher in der Firma, oder nur neugierig, oder besorgt um etwaige ausländische "Konkurrenz"?
hws |
XP Fan
WDA, 26.05.2013, 22:01
@ xy
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» » Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten
»
» Ich übersetze dir das mal: "Die vorhandenen sind uns zu teuer."
101% Zustimmung!!!!
Ich betreute Arbeitslose über mehrere Jahre. Wenn die was von "Fachkräftemangel" hören geht denen das Messer auf - und das ist gut so!
Uwe |
olit

Berlin, 26.05.2013, 22:11
@ hws
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» » Wie sieht es diesbezüglich mit Spanien aus? Welche Erfahrungen bestehen
» bei euch?
»
» Übliche Arbeitsverträge haben doch 6 Monate Probezeit, in der mit 14Tagen
» oder 4 Wochen gekündigt werden kann.
» Hat man den 99ten Fehlgriff getan, muß man evtl mal überlegen: Anspruch zu
» hoch? Gehalt zu niedrig? Falsche Stellenbeschreibung?
» Dabei nicht stur nach Noten und Abschlüssen gehen, sondern "Werdegang und
» Vorbildung". Z.B. Kenntnisse als Elektronikbastler (im Elko) oder
» Amateurfunk-Rufzeichen? Veröffentlichungen? Patente?
»
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass verschiedene Firmen, auch verschiedene Philosophieren haben. Manche Firmen bestehen auf ein Papier (Diplom) egal was es taugt.
Andere sind da raffinierter. Sie suchen sich die fähigsten Leute aus dem Personal und setzen sie auf Positionen, für die sie eigentlich keinen Ausbildungsnachweiß haben. Die bringen durch ihre Erfahrungen mindestens die Leistung eines unerfahrenen Jungingenieurs und können aus Firmensicht günstiger entlohnt werden.  |
hws

59425 Unna, 26.05.2013, 22:26
@ olit
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» ... und können aus Firmensicht günstiger entlohnt werden. 
Ein fähiger Mann mit exzellenter Leistung kann für eine Firma - trotz zu hohem Gehalts angesichts seiner Zeugnisse - durchaus "preisgünstiger" sein. Das stellt man allerdings erst nach der Probezeit (oder noch später) fest. Wobei gutes Arbeitsklima und damit verbunden hohe Motivation sich auf das Arbeitsergebnis auswirkt.
Ich habe auch kein Problem damit, mal den Besen zu nehmen (weil bei einem Fehlversuch die Einzelteile der Bauelemente den Boden bedecken )
hws |
Rainer S.
26.05.2013, 22:34
@ hws
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Übliche Arbeitsverträge haben doch 6 Monate Probezeit,
Sicher, man möchte aber nicht unnötig herumprobieren sondern wie üblich zielführend einstellen. Auch den Bewerbern gegenübe ist das nicht ok, auf Verdacht zu testen. Da stellt sich die Frage nach der Beurteilbarkeit im Vorfeld?
Was die Qualifikation angeht, liegen einem Zeugnisse von Universitäten vor, die irgendwo vergleichbar sind, aber sicher auch wieder ein anderes Niveau haben. Auch das Lernen und die Einstellung zum Lernen dürfte in anderen Ländern eine andere sein. Erfahrungen?
Noch wichtiger: In Deutschland hat ein Ingenieur einen gewissen Trott drauf, er kennt das Arbeitsrecht, Betriebsratsthemen, Umgangsformen, das Prozess-System, das Berichtswesen, das Teamwork in Kleinfirmen oder gfs in Grossfirmen, kennt QM-Aspekte und auch teilweise Normen.
Wenn man sich nun einen deutschen Ingenieur mit 10 Jahren Berufserfahrung lädt, kann man daher erwarten, dass er damit vertraut ist. In anderen Ländern wird anders gearbeitet. Japan ist z.B. auffällig, dass die Hierarchie sehr wichtig ist, auch in Frankreich geht viel über den Chef. In der Schweiz ist alles sehr auf pc bedacht, in Italien gibt es keine Uhren. Die deutschen Firmen erwarten sehr viel Eigeninitiative von ihren Ingenieuren und diese wissen, wie weit sie gehen können und müssen, sind meistens agil und für den schweizer Geschmack z.B. zu forsch, kennen Umgangsformen gegenüber Kollegen und Kunden und wissen, wie man sich gegenüber konkurrenten Abteilungen verhält, mit diesen arbeitet.
Wie sieht es diesbezüglich mit Südeuropa aus?
Lässt sich da etwas Charakteristisches für Spanien sagen?
Ich habe selbst leider sehr wenig Erfahrung, da ich Spanien bisher im Bezug auf Ingenieurtätigkeiten nicht wahrgenommen habe, weder als direkte Auftraggeber, noch als Kunden und auch nicht als Lieferanten oder Kooperationspartner.
Sollte man sicherheitshalber nur Anfänger einstellen, um eine eventuelle Fehlprägung, also eine nicht mit dem deutschen Arbeitsmarkt konforme Orientierung zu umgehen und so mögliche Probleme ausschalten?
» Bist du Personalverantwortlicher in der Firma,
» oder nur neugierig, oder
Nein, ich bin technischer Berater, arbeite selbständig und habe zudem eine Firma für IT-Technik. Die Firma für die ich hauptsächlich arbeite und an der ich beteilig bin, arbeitet mit anderen Ingenieurüros zusammen, stellt ach residente Ingenieure, die unser know how dort umsetzen. Wir haben derzeit etwas über 20 Mitarbeiter in dem Sektor. Personalentscheidungen fälle ich nur insoweit, als dass ich indirekt die Vorgaben für das Profil mache, weil die Anforderungen ja aus der strategischen Ausrichtung der Firma = den neuen Produkten resultieren, bzw. sich aus den Projekten. Neulinge sollten da möglichst viel mitbringen. Sie müssen aber nicht nur technisch, sondern auch persönlich fit sein.
Und ja, ich bin auch neugierig, da mich das Thema interessiert. Als IT-Berater sehe ich in den Firmen immer ein sehr heterogen besetztes Team aus Programmierern, seltener alerdings tauchen dort auch Spanier auf. Eigentlich hätte ich mehr erwartet, wenn es wirklich so ist, dass hier Leute fehlen und dort zu bekommen sind.
Gibt es (noch) nicht viele hier? Oder werden sie nur im Hinterzimmer eingesetzt?
» besorgt um etwaige ausländische "Konkurrenz"?
Für mich persönlich nicht, eher schon für manche Firmen, weil ich Tendenzen erkenne, dass sich manche Firmen, die IT-Aufträge ziehen, mit preisgünstigen (?) Ausländern versorgen, um dann wettbewerbsfähiger zu werden. Die Frage ist für mich: Wann werden sie wettbewerbsfähiger und in welchem Marktsegment? Wenn es so sein sollte, dass Informatiker aus Südeuropa für die Hälfte des Geld arbeiten, ist das natürlich unschlagbar günstig und wird sich auf die Preise fortsetzen. |
Rainer S.
26.05.2013, 22:40
@ hws
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Ein fähiger Mann mit exzellenter Leistung kann für eine Firma - trotz zu
» hohem Gehalts angesichts seiner Zeugnisse - durchaus "preisgünstiger" sein.
Das ist ein guter Punkt und ein Problem mit ERA und der tätigkeitsbezogenen Entlohnung.
Ich habe die Beobachtung gemacht, dass es gerade die Überqualifikation ist, die Reserve für Innovation ist, weil nur der potente Denker schlagartg etwas erkennt, was im Raume gedacht wurde. Ferner ist es meiner Erkenntnis nach so, dass höherqualifizierte eher die Fehler anderer finden und auskorrigieren, z.B. im Bereich der Q-Sicherung und der Tests! Daher setzen immer mehr Firmen qualifizerte Ingenieure ein, um die Testabteilungen zu bestücken. Wir tun das auch, lassen sie sich gegenseitig die Testpläne schreiben. Teilweise entwickeln sie sogar.
Das Problem ist natürlich das, der möglichen Unterforderung.Daher bietet sich ein Rotationssystem an, wo Tester auch mal wieder in die Entwicklung kommen. |
olit

Berlin, 26.05.2013, 22:45
@ hws
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Wobei gutes Arbeitsklima und damit verbunden hohe Motivation sich auf das
» Arbeitsergebnis auswirkt.
Diesbezüglich gleichen sich momentan fast alle Firmen in der Art, dass sie das Klima massiv stören, in dem sie versuchen sämtliche Abteilungen auszugliedern. Es bleibt dann nur noch ein Büro der ursprünglichen Firma, die dann die Nachauftragnehmer nur noch verwaltet und Platt macht, wenn sie nicht die Kohle bringen. Das funktioniert so lange, bis das Uhrsprungsbüro (Ehemalige Firma) selbst Konkurs anmelden muss. Dass ist natürlich nicht so schlimm, weil die Inhaber sich dann auf ihre Jachten im Mittelmeer zurückziehen können.  |
Rainer S.
26.05.2013, 22:49
@ XP Fan
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Ich betreute Arbeitslose über mehrere Jahre. Wenn die was von
» "Fachkräftemangel" hören geht denen das Messer auf - und das ist gut so!
Dass ihnen das Messer aufgeht, ist verständlich, wenn sie persönlich betroffen sind. Die Frage ist, was tun sie?
Fortbildung?
Eigeninitiative?
Selbständigkeit?
Gibt es nicht Umschulungsprogramme vom Amt? |
Carlo Z.
27.05.2013, 10:00
@ Rainer S.
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Fortbildung?
» Eigeninitiative?
» Selbständigkeit?
Wenn jemand erst mal über 40 ist, ist er entweder über- oder unterqualifiziert und die Jobchancen gehen runter, habe ich gemerkt. Da kann man selber wenig tun.
» Gibt es nicht Umschulungsprogramme vom Amt?
Das "Amt" investiert derzeit Steuergelder, um genau die Spanier zu holen, von denen die Rede ist. So ganz toll ist die Idee mit dem Auffüllen deutscher Abteilungen durch ausländische Ingenieure aber nicht, wie man so hört.
Hier beschreibt jemand sehr detailliert, woran es krankt.
Vorsicht: langer Beitrag:
http://www.mikrocontroller.net/topic/121783#3179801
Aber sehr lesenswert. |
JBE
27.05.2013, 10:03
@ xy
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» » Der VDI erzählt uns von 100.000 fehlenden Spezialisten
»
» Ich übersetze dir das mal: "Die vorhandenen sind uns zu teuer."
Richtig
Dann wirst du ausgegliedert, um billiger wieder eingestellt zu werden, damit du dann endlich gehst wird alles daran getan deine Arbeit als unnütz und Wertlos darzustellen (keine Anerkennung und Wertschätzung usw.). Kann man auch Sozialverträglichen Abbau nennen. |
Rainer S.
28.05.2013, 20:37
@ JBE
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
» Dann wirst du ausgegliedert, um billiger wieder eingestellt zu werden,
Das ist ein ntürlich ein politisch-gesellschaftliches Problem, das auch auf dieser Ebene gelöst werden muss. Die Politik muss die Randbedingungen schaffen für ein gesundes Unternehmertum. Die Firmen selber können das nicht leisten. Es ist nicht zu erwarten, dass einige aus sozialen Gründen besser mit ihren Mitarbeitern umgehen und sie besser bezahlen, wenn sie dadurch nicht mehr konkurrenzfähig sind. |
geralds

Wien, AT, 28.05.2013, 22:32
@ Rainer S.
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Qualifikation spanischer Bewerber und der Fachkräftmangel |
Auf alles obige vom Thread Gelesene:
.. sind das halbe Wahrheiten, die andere Hälfte Lügen.
Einiges davon sich selbst anlügen, aufgrund von vorgefasster Ansichten,
bzw. durchtriebene Behauptungen, Keil treibende Spaltungen....
Grüße
Gerald
--- -- ...und täglich grüßt der PC:
"Drück' ENTER! Feigling!" |