Amplifier-Attenuator mit
symmetrischem Ausgang

 


Test-Bild

Dieses Foto zeigt den AMPLIFIER-ATTENUATOR, ein wichtiges Kleingerät und Werkzeug in meiner Laborschublade. Immer einsatzbereit, wenn es darum geht, ein asymmetrisches analoges Signal in ein symmetrisches zu konvertieren, wie z.B. zum Testen eines empfindlichen EMG-Vorverstärkers. Er ist bestückt mit Operationsverstärkern (Opamps) von Linear-Technology, von denen in diesem Elektronik-Minikurs zu lesen sein wird. Man kann aber auch (fast) beliebig andere Opamps einsetzen, wenn entsprechende Kompromisse in Kauf genommen werden.



Prinzipschaltung

Wozu man überhaupt mit symmetrischen Signalen arbeitet, schildert kurz am Beispiel von elektomyographischen Messungen (EMG-Messungen) der Elektronik-Minikurs Echter Differenzverstärker I im Kapitel "Wozu überhaupt Instrumentationsverstärker". Die weiteren Kapitel erklären den Instrumentationsverstärker, das Herzstück eines jeden EMG- oder EKG-Verstärkers.

Um einen solchen Verstärker oder eine sonstige Schaltung mit einem symmetrischen Eingang zu testen, benötigt man einen Signalgenerator mit symmetrischem Ausgang. Die meisten käuflichen Sinus- oder Funktionsgeneratoren haben jedoch bloss asymmetrische Ausgänge. Manchmal sind es zwei solche Ausgänge: Einen mit einer Quellimpedanz von 600 Ohm und einen mit 50 Ohm, der sich speziell für höhere Frequenzen eignet.

Mit dem Bau eines kleinen Gerätes, welches ein asymmetrisches Eingangs- in ein symmetrisches Ausgangssignal wandelt, hat man sich selbst geholfen und besonders aufwendig ist die Schaltung nicht. Es lohnt sich, diese Schaltung mit einer wählbaren Verstärkung etwas universeller zu realisieren. Wir kommen damit zum Prinzipschaltbild in Bild 1:

Opamp OP1 verstärkt das Eingangssignal Ue mit einer Verstärkung von 1, 10 oder 100. Für die Umschaltung eignet sich ein Kippschalter mit Mittelruhestellung. In diesem Zustand sind beide Kontakte offen und OP1 arbeitet als Impedanzwandler mit Verstärkung 1. Das Ausgangssignal von OP1 führt einerseits direkt zu S2 und invertiert mit OP2 zu S1. S1 und S2 sind je eine Schaltebene. Beide sind mechanisch synchronisiert. Es ist ein zweipoliger Drehschalter mit je sechs Schaltstufen.

Drehschalter sind allgemein recht teuer. Es gibt aber auch solche für wenig Geld, wie z.B. von der Firma Lorlin, vertreten durch Farnell. In Frage käme der Typ CK-1030 mit der Bestellnummer 1123706 von Farnell. Dieser Drehschalter hat zwei Pole und sechs Schaltstufen. Diese Angaben - noch immer gültig am 02.03.2014 - werde ich nur vielleicht aktualisieren, d.h. man muss damit rechnen, dass diese Angaben nach einigen Jahren nicht mehr stimmen.

Zweck des zweipoligen Umschalters in sechs Stufen mit der Bezeichnung ATTENUATOR ist es, die Ausgangsspannungen an Ua und /Ua gegen GND in dezimalen Schritten passiv stufenweise zu teilen. Die erste Stufe ist 1 und das bedeutet, dass Ue durch 1 geteilt wird, sofern Schalter GAIN auf 1 eingestellt ist. Es folgen die Teilerstufen 10, 100, 1000 und 10'000. Bezogen auf die symmetrische Messung zwischen Ua und /Ua gelten die Teilerwerte 0.5, 5, 50, 500 und 5000, weil dies die Ausgangsspannung verdoppelt. Schaltstufe OFF schliesst Ua und /Ua nach GND kurz.

Warum liegt der symmetrische Spannungsteiler direkt am Ausgang? Der Quellwiderstand des Spannungsteilers ist besonders bei bei hohem Teilerfaktor sehr niederohmig. Bei einem Teilerfaktor von 1000 sind es bloss 10 Ohm und bei 10'000 ist es 1 Ohm. Dies bedeutet eine extrem niedrige Widerstand-Rauschspannung. Es kommen nur Metallfilmwiderstände zum Einsatz! Würde man zwischen Spannungsteiler und einem Ausgang ein noch so rauscharmer Opamp (low-noise Opamp) als Impedanzwandler dazwischen schalten, hätte man am Ausgang zusätzlich die durch den Opamp verursachte Rauschspannung. Dazu kommt, dass man mit dem AMPLIFIER-ATTENUATOR in der Regel symmetrische Verstärker testet, die hochohmige Eingänge haben und daher die Ausgangsspannung des AMPLIFIER-ATTENUATOR praktisch nicht gedämpft wird.

Wozu soll die einstellbare Verstärkung (Schalter GAIN) von 10 und 100 nützlich sein? Es gibt Signalgeneratoren mit maximalen Ausgangsspannungen von z.B. nur 1 Veff und dies genügt evtl. nicht, wenn man etwas testen will wo man hochpegelige Signale braucht. Oder man will eine niederpegelige Audioquelle (z.B. ein schlecht ausgesteuerter Line-Ausgang eines Taperecorders) an Ue anschliessen. Es sei noch erwähnt, dass man mit dem AMPLIFIER-ATTENUATOR auch Verstärker oder sonstige Schaltungen mit asymmetrischen Eingängen testen kann. Es wird dann einfach nur einer der Ausgänge Ua oder /Ua benötigt.



Verbesserte (Prinzip-)Schaltung

Die verwendeten Opamps LT1056 (besser) oder LF356 (preiswerter) haben eine Unity-Gain-Frequenzbandbreite (GBW = gain-bandwidth-product) von 6.5 MHz bzw. 5 MHz. OP2 arbeitet mit einer invertierenden Verstärkung von -1. Dies bedeutet, dass die effektive Frequenz-Bandbreite dem halben GBW-Wert von 3.25 MHz bzw. 2.5 MHz entspricht, sofern der Pegel nicht zu hoch ist und die maximal übertragbare Frequenz durch die Slewrate von 12 V/µs begrenzt wird. Zum halben Wert, weil eine invertierende Verstärkung von -1 bedeutet aus der "Sicht" des nichtinvertierenden Einganges eine Verstärkung von 2, und das ist es was gilt, bei der Berechnung der Frequenzbandbreite aus der GBW. Dies genauer zu erklären, sprengt hier den Rahmen. Eine genaue Erklärung erfolgt gelegentlich in einem neuen Opamp-Elektronik-Minikurs. Bekanntgabe erfolgt, wie üblich, im ELKO-Newsletter. Hier soll dies nur zeigen, ob OP3 zum Einsatz kommt oder nicht, zwischen Ua und /Ua gibt es geringe Laufzeit- bzw. Phasenunterschiede. Diese werden aber erst dann problematisch, wenn man mit höheren Frequenzen arbeiten will. Je nach Anforderung sind etwa bis 100 kHz zulässig.

Benutzt man den AMPLIFIER-ATTENUATOR nur im niederfrequenten Bereich, z.B. für Audio- und elektromedizinische Zwecke (EMG, EKG, etc.), ist die Phasendifferenz zwischen Ua und /Ua sehr gering. Diese Phasendifferenz entsteht in Bild 2 durch die unterschiedliche Beschaltung von OP2 und OP3. In Bild 1 entsteht sie durch die Nichtverwendung von OP3, alleine durch OP2.



Die Schaltung des AMPLIFIER-ATTENUATOR

Die Eingangsschutzschaltung

Wir befassen uns nun mit der Schaltung des AMPLIFIER-ATTENUATOR im Detail. Auf den Eingang Ue folgt ein Überspannungsschutz mit den beiden Transistoren T1 und T2, welche als Basis-Kollektor-Dioden geschaltet sind. Wenn die Spannung an Ue grösser ist als +Ub, fliesst ein Strom von Ue über R2, T1 nach +Ub. Die Spannung am nichtinvertierenden Eingang von OP1 begrenzt sich auf +Ub plus Basis-Kollektor-Durchflussspannung von T1, und diese beträgt etwa 0.7 VDC. R2 dient der Strombegrenzung. Die zulässige Verlustleistung von R2 bestimmt die maximal zulässig dauerhafte Überspannung am Eingang Ue. Eine elektrostatische Entladung, die mehrere Kilovolt haben kann, jedoch sehr kurzzeitig ist, macht R2 keinen Eindruck und wird ebenso wirksam vom OP1 ferngehalten. Die selbe Erklärung gilt für eine negative Überspannung, wobei die Basis-Kollektordiode von T2 leitet.

Wichtig ist aber auch R3! Ohne R3 würde bei Überspannung der Ableitstrom vollständig IC-intern fliessen, wenn die Schwellenspannungen integrierter Schutzdioden niedriger sind als die der als Dioden geschalteten Transistoren T1 und T2. Dies verhindert R3. Angenommen, die IC-interne Schwellenspannung ist um 0.1 VDC niedriger als die von T1 oder T2, fällt an R3 genau diese Spannung ab. Dies erzeugt beim vorliegenden Widerstand von 1 k-Ohm ein Opamp-Eingangsstrom von 0.1 mA. Ein Widerstand mit nur 100 Ohm mit einem Strom von 1 mA wäre natürlich ebenso noch zulässig. Der maximal zulässige Strom an einem Anschluss ist oft in den 'Absolute Maximum Ratings' im Datenblatt des Opamps angegeben. Mit diesen Werten ist die Eingangsstufe des Opamps auf jedenfall auch strommässig geschützt.

Warum anstelle von herkömmlichen Silizium-Dioden Transistoren verwendet werden, hat den Grund, dass diese einen wesentlich niedrigeren Leckstrom im Sperrbereich haben, was sich dann günstig auf die DC-Offsetspannung auswirkt, sollte der AMPLIFIER-ATTENUATOR an eine Signalquelle mit relativ hohem Ausgangswiderstand angeschlossen werden oder die Quelle ist AC-gekoppelt (Kondensator vor Ue geschaltet). Dann nämlich fliesst ein Teilleckstrom der beiden als Schutzdioden geschalteten Transistoren über R1 nach GND. Dieser Teilleckstrom erzeugt an R1 einen positiven oder negativen DC-Spannungsabfall, der sich als zusätzliche stark temperaturabhängige DC-Offsetspannung bemerkbar macht. Mit den angebenen Transistoren hat man jedoch einen sehr nidrigen Leckstrom, der beinahe so niedrig ist wie bei pA-Dioden. Kleintransistoren sind jedoch wesentlich preiswerter und leichter erhältlich. Mehr zu diesem Thema liest man im Elektronik-Minikurs Überspannungsschutz von empfindlichen Verstärkereingängen. Man könnte R1 auch niederohmiger wählen, damit sich ein Leckstrom weniger auswirkt, damit wird allerdings die Quelle mehr belastet die an Ue angeschlossen ist. Benutzt man stets eine DC-gekoppelte niederohmige Signalquelle, kann man auf R1 auch ganz verzichten. Allerdings gibt es dann keinen stabilen definierten Zustand wenn an Ue gerade nichts angeschlossen ist.


Die Verstärkerschaltung AMPLIFIER

Es ist eine übliche nichtinvertierende Opamp-Verstärkerschaltung. Die Schaltung arbeitet mit Verstärkung 1, wenn Schalter GAIN offen in Mittelstellung liegt. Ist das Gegenkopplungsnetzwerk R4/R6 aktiv, beträgt die Verstärkung 10, bei R4/R5 beträgt sie 100. Es sind Widerstände mit einer Toleranz von 1% im Einsatz. Man erkennt dies stets an der '1' im Widerstandssymbol. Die Grösse von C4 ist abhängig vom Aufbau der Schaltung. Besonders wenn Schalter GAIN offen ist, gilt es wirksame parasitäre Kapazitäten zwischen den Leiterbahnen um R5, R6 und GND, zwischen diesen Bauteilen und GND und zwischen den Kontakten im Schalter GAIN und GND, zu kompensieren. Ohne C4 hätte es zur Folge, dass der Verstärker, besonders bei den höheren Frequenzen, als Hochpassfilter wirkt und die Amplitude an Pin 6 anhebt. Um dieser Störung entgegen zu wirken, schaltet man parallel zum Gegenkopplungswiderstand R4 einen kleinen Kondensator, meist im pF- oder 10-pF-Bereich. Man muss dies experimentell beim ultimativen Aufbau ermitteln. Den Platz und die Lötaugen für C4 muss man auf der Leiterplatte dafür vorsehen. Beim vorliegenden Aufbau eignete sich ein Wert von 22 pF.

Abstimmung der DC-Offsetspannung: Trimmpotmeter P dient dem Abgleich der DC-Offsetspannung des Opamp OP1 auf 0 VDC. Dies ist wichtig für den Einsatz mit höherer Verstärkung, hier bei 100. Daher stellt man für die Abstimmung die Verstärkung auf 100 und man misst die DC-Offsetspannung am Ausgang Ua, wobei der Schalter Attenuator auf 1 eingestellt sein muss. Verwendet man für OP1 und OP2 an Stelle des tradtionsreichen und preiswerten LF356 von ursprünglich National-Semiconductor, aktuell Texas Instruments, den besseren und natürlich auch teureren LT1056, hat man grundsätzlich weniger DC-Offsetprobleme. Es gibt aber noch einen andern Vorteil, den wir im Kapitel "Wenn die Ausgangsspannung plötzlich kippt" kennenlernen. Zur Abstimmung der DC-Offsetspannung sollte man Ue nach GND kurzschliessen.


Die Teilerschaltung ATTENUATOR

Wie bereits engedeutet, besteht dieser Teil aus einem zweipoligen sechsstufigen Drehschalter mit dem man zwei zu einander inverse Spannungen Ua und /Ua zwischen 1/1 bis 1/10'000 teilen kann. Dies erfolgt passiv, damit keine zusätzliche Rauschspannung erzeugt wird. OP2 wird bloss zur Invertierung der Spannung benötigt.

Wenn der Drehschalter auf 1 gestellt ist, haben die Ausgänge Ua und /Ua eine Ausgangsimpedanz die minimal R11 entspricht. Minimal, weil bei höheren Signalfrequenzen steigt die Ausgangsimpedanz der Verstärkerschaltung. Ausgang /Ua ist dabei unkritisch, weil dieser mit einer Verstärkung von -1 selbst bei 100 kHz eine Impedanz (ohne R11) von etwa 0.7 Ohm (LT1056) hat. Ausgang Ua ist problematischer, weil die maximal einstellbare Verstärkung beträgt 100. Hier steigt die Ausgangsimpedanz der Verstärkerschaltung ohne R11 bei 100 kHz auf 40 Ohm und dazu kommt, dass bei einer Frequenzbandbreite von 50 kHz bei dieser Verstärkung bereits Ende der Fahnenstange ist. Bei 50 kHz beträgt die Ausgangsimpedanz etwa 30 Ohm. Bei präzisen Anwendungen in diesem höheren Frequenzbereich, sollte man sich nach schelleren Opamps, die unity-gain-stabil sind, umsehen oder man baut zumindest OP3 ein, so wie es in Bild 2 illustriert ist.

Je grösser die Spannungsteilung ist, um so niedriger ist auch die Ausgangsimpedanz. Da der reale Widerstandsanteil im niederfrequenten Anwendungsbereich derart überwiegt, könnte man es auch Ausgangswiderstand nennen. Beim Teilerfaktor von 10 beträgt, bei vorliegender Dimensionierung von R12 bis R16, die Ausgangsimpedanz 909 Ohm, was mehr ist als bei Teilerfaktor 1 mit 560 Ohm. Bei 100, sind es jedoch nur noch 99 Ohm und das nimmt stufenweise, ebenso dekadisch, bis zu einem Wert von knapp 1 Ohm, bei einem Teilerfaktor von 10'000, ab. Sind diese 909 Ohm bei einem Teilerfaktor von 10 zu gross, kann man eine zweite Widerstandskette, also R12' bis R16', parallelschalten. Damit erreicht man die Hälfte - anstelle von 909 Ohm bloss 454.5 Ohm - aller andern Ausgangsimpedanzen. Die Widerstände selbst halbiert zu wählen scheitert am niedrigsten Wert von R16. Man wird Mühe haben einen einprozentigen Metallfilmwiderstand von weniger als 1 Ohm zu finden.

Man muss bei der Dimensionierung von R12 bis R16 auch die maximale Belastung des Opamps berücksichtigen. Das Datenblatt eines Opamps zeigt in einem Diagramm wie niedrig der Lastwiderstand am Ausgang bei welcher Ausgangs- und Betriebsspannung (Parameter) sein darf. Ein solches Diagramm heisst z.B. "Output Swing vs Load Resistance". Beim LT1056 gilt, dass bei einer Betriebsspannung von ±15 VDC und einem minimalen Lastwiderstand von 2 k-Ohm die maximale unbelastete Ausgangsspannung von 26 Vpp (±13 V) gerade noch aufrecht erhalten werden kann. Verdoppelt man das R12-R16-Widerstandsnetzwerk, verdoppelt man auch die Belastung des Opamp von 10 k-Ohm auf 5 k-Ohm. Man hätte damit also noch eine Belastungsreserve von einem Faktor 2.5.

Die Betriebsspannung ±Ub ist mit ±15 VDC definiert, was aber nicht zwingend ist. Der untere und der obere Limit ergibt sich durch die Daten der verwendeten Opamps. Eines ist aber wichtig, die Einstellung der DC-Offsetspannung mit P ist abhängig von ±Ub. Es empfiehlt sich auf jedenfall der Einsatz einer rippelfreien und stabilisierten Betriebsspannung (Netzteil). Ck sind sogenannte Koppelkondensatoren, jeweils in der Nähe der Betriebsspannungsanschlüssen der Opamps und GND. Es werden pro Opamp zwei Stück benötigt. Man sollte Multilayer-Keramik-Kondensatoren verwenden, weil diese eine besonders niedrige parasitäre Induktivität haben. Es empfehlen sich Werte von 100 nF. Die beiden Elkos C1 und C2 gehören je einmal auf die Leiterplatte und zwar am Eingang von +Ub, GND und -Ub. Die beiden Leistungsschutzdioden D1 und D2 schützen vor falscher Polung der Anschlüsse, weil das Gerät, so wie es im Titelfoto abgebildet ist, ein externes Netzgerät benötigt.

Der Betriebsstrom ist derart niedrig, dass es sich lohnt Gedanken darüber zu machen, ob es vielleicht nicht Sinn macht, die Speisung dem verwendeten netzspannungsbetriebenen Generator zu entnehmen, wobei vielleicht noch etwas zusätzliche Stabilisierungsschaltung nötig ist.



Wenn die Ausgangsspannung plötzlich kippt

Die meisten JFET-Opamps, wie LF351 oder LF356, erzeugen am Ausgang eine "spontane" Spannungsinversion, wenn die Eingangsspannung die negative Gleichtakt-Grenze überschreitet. Das Diagramm "OUT-LF356" des LT1056-Datenblattes illustriert dies. Der LT1056 kennt dieses Problem nicht, wie dies die APPLICATIONS INFORMATION "Phase-Reversal-Protection" illustriert. Man kann dies ganz einfach testen, in dem man eine Sinusspannung am nichtinvertierenden Eingang des als Spannungsfolger (Gain = 1) geschalteten Opamps einspeist, dessen Peak-to-Peak-Spannungswert (hier 30 Vpp) dem Betriebsspannungswert ±Ub (hier ±15 VDC) entspricht und ihn damit knapp überschreitet.

Man kann den AMPLIFIER-ATTENUATOR auch einsetzen um eine höhere Ausgangsspannung zu erzeugen als der verwendete Generator liefert. Daher würde sich dieses Gerät genau für diesen Test eignen. GAIN muss dabei auf 10 eingestellt sein und mit der Spannungseinstellung am Generator stellt man einen Wert von 3 Vpp ein. Am Ausgang Ua oder /Ua ergibt sich bei Attenuator = 1 eine Spannung von 30 Vpp. Der zu testende Opamp wird mit ±15 VDC gespiesen. Man muss dabei den AMPLIFIER-ATTENUATOR allerdings mit einer etwas höheren Spannung speisen, z.B. mit ±18 VDC. ±20 VDC ist der Limit (siehe "Absolut Maximum Rating" des LT1056).



Phasenverschiebung oder Inversion, das ist hier die Frage...

Zuerst eine kleine Richtigstellung betreffs Titelfoto. Auf diesem Bild ist die Ausgangsspannung /Ua mit dem Phasenwinkel von 180 Grad angeben, was nicht korrekt ist. Dem aufmerksamen Leser ist dies bis zu dieser Textstelle bereits aufgefallen, da es gewisse Andeutungen gibt bezüglich Inversion und Phasenverschiebung von 180 Grad. Oberflächlich betrachtet, scheint dieser Phasenwinkel mit Inversion identisch zu sein. Wenn man sich jedoch die Mühe macht, genauer darüber nachzudenken, bemerkt man schnell, dass dies nicht stimmt.


Zwischeneinlage: Was ist ein Allpassfilter?

Für diejenigen Leser welche nicht wissen was ein Allpassfilter ist, erkläre ich dies kurz, weil etwas Kenntnis darüber in diesem Kapitel notwendig ist. Ein Tiefpassfilter hat eine Grenzfrequenz. Oberhalb dieser reduziert sich die Ausgangsspannung. Ein Hochpassfilter hat ebenfalls eine Grenzfrequenz. Im Gegensatz zum Tiefpassfilter reduziert sich die Ausgangsspannung unterhalb der Grenzfrequenz. Diese beiden Filtertypen bezeichnen das was sie sind. Ein Tiefpassfilter übeträgt tiefere (niedrigere) und ein Hochpassfilter höhere Frequenzen. Die Frequenzgrenze bei der eine AC-Spannung gerade noch übertragen werden kann, nennt man die Grenzfrequenz. Wie steil die Ausgangsspannung ausserhalb dieser Grenze abnimmt, ist abhängig von der Ordnungszahl des Filter und dessen Güte. Ordnungszahl und Güte werden hier nicht weiter thematisiert.

Ein Allpassfilter ist auch das was es ist. Es ist ein Filter das alle Frequenzen überträgt. Bevor jetzt jemand denkt, dass ich den Leser wohl auf den Arm nehmen will, weil ein gewöhnliches Stück Draht schliesslich diese Bedingung ebenso erfüllt, so möge man sich bis zur vollständigen Erklärung etwas gedulden. Ein Stück Draht hat keine Grenzfrequenz (ausser man treibt es mit der Erklärung hochfrequenzmässig auf die Spitze), aber ein Allpassfilter sehr wohl. Allen drei genannten Filtertypen gemeinsam ist, dass sie sogenannte Gruppenlaufzeiten haben und diese manifestieren sich abhängig von der Signalfrequenz als Phasenverschiebung oder, anders bezeichnet, als Phasenwinkel. Der Phasenwinkel bei der Grenzfrequenz ist bei allen drei Filtern von der Filterstruktur abhängig. Ein Allpassfilter hat unterhalb der Grenzfrequenz eine frequenzunabhängige Gruppenlaufzeit, wobei die Amplitude, wie bereits erklärt, nicht gedämpft wird wie bei einem Tiefpassfilter. Darum eignet sich ein Allpassfilter zur Verzögerung von analogen Signalen.

Wenn man mehr über Allpassfilter erfahren möchte, empfehle ich das Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch. Schenk. Dort liest man, dass Allpassfilter zur Phasenentzerrung und Signalverzögerung eingesetzt werden. Weiter liest man, dass von besonderem Interesse die Signalverzögerung sei. Es werden dabei die selben Gründe genannt, wie weiter oben zu lesen ist. In der 11. Auflage dieses Buches hat es ein Diagramm mit dem Titel Frequenzgang der Gruppenlaufzeit für 1. bis 10. Ordnung (Abb.13.31). Dieses Diagramm illustriert sehr gut in welchen Grenzen des Frequenzspektrums ein analoges Signal linear verzögert werden kann.


Zurück zum Thema...

Es ist nicht das selbe, ob man mittels Allpassfilter einen Phasenwinkel von 180 Grad erzeugt oder ob man mittels Inverterschaltung das Signal einfach nur spiegelt, obwohl beides auf einem Oszilloskopen gleich aussieht und nicht unterschieden werden kann. Gemeinsam ist, in beiden Situationen hat man gegenpolige AC-Spannungen, d.h. addiert man sie, erhält man als Summenspannung 0 VAC. Worin liegt aber trotzdem der Unterschied?

Die Inverterschaltung invertiert das Signal idealisiert frequenzunabhängig, das Allpassfilter hingegen arbeitet frequenzabhängig und verschiebt somit die Phase echt. Man bemerkt den Unterschied auf dem Oszilloskopen sofort, wenn man die Frequenz des Signales am Eingang der "Blackbox" variiert. Das Allpassfilter würde zeigen, dass die Phasenverschiebung von 180 Grad nicht konstant wäre, ganz im Gegensatz zum Inverter.

Wir kommen jetzt zum folgenden Gedankenexperiment mit Bild 5:

Wenn man der Sinuswelle am Eingang eines Inverters in Teilbild 5.1 eine virtuelle Markierung mit auf ihren Weg gibt, und man sieht sie auf dem gedachten Oszilloskopen bei Ua auf der positiven Halbwelle, erscheint sie bei /Ua im selben Augenblick auf der negativen Halbwelle. Inversion ist nichts anderes als eine Spiegelung des Signals. Nicht so beim Allpassfilter in Teilbild 5.2! Bei einem Phasenwinkel von 180 Grad erscheint die virtuelle Markierung ebenso auf der positiven Halbwelle, jedoch um 180 Grad verschoben, eben bedingt durch die Gruppenlaufzeit des Filters. Und diese Phasenverschiebung von exakt 180 Grad tritt nur gerade bei einer Frequenz in Erscheinung.

Sehr wichtig ist, dass man sich bei diesem Gedankenexperiment merkt, dass die gezeichneten Markierungen, die Flags, wirklich nur gedacht sind! Wenn man meint, man könne diesen Versuch realistisch nachbilden, in dem man eingangsseitig auf einer Sinushalbwelle einen kleinen Impuls überlagert und so mit auf den Weg gibt, dann funktioniert das deshalb nicht, weil der kleine zeitlich schmale Impuls praktisch nur hohe Freqenzanteile besitzt und die Verzögerung des niederfrequenteren Sinussignales deshalb nicht mitmacht, weil für diese hohe Frequenzkomponente des Impulses die Gruppenlaufzeit ganz einfach nicht wirkt. Dazu verweise ich noch einmal auf das Kapitel über Allpassfilter im Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch. Schenk.



Einsatzmöglichkeiten

Wozu kann man den AMPLIFIER-ATTENUATOR einsetzen? Ich entwickelte dieses Gerät ursprünglich für den Test von EMG-Verstärkerschaltungen, die genauso wie EKG-Verstärker stets symmetrisch arbeiten. Man kann dieses Gerät natürlich ebenso zum Testen von Audioanlagen einsetzen, z.B. für symmetrische Mikrophonverstärker oder asymmetrische Mikrophonverstärker mit Übertragern (kleine Trafos) die der Symmetriebildung der Mikrofonspannung dienen. Symmetrische Mikrofonspannungen sind, genauso wie symmetrisch gemessene EMG- und EKG-Spannungen, unempfindlich gegen Gleichtaktstörsignale, also Störignale die gleichermassen auf beide Leitungen einwirken. Schon mancher Tontechniker ärgerte sich, weil er über lange asymmetrische Mikrofonleitungen unerwünschte amplitudenmodulierte Kurzwellensender empfangen musste, weil diese langen Mikrofonleitungen nicht selten als hervorragende Empfangsantennen ihren Dienst verrichten. Wobei dieses Problem kaum auftritt, wenn am Eingang des hochempfindlichen Mikrofonverstärkers ein passives Tiefpassfilter - ein einfaches RC-Glied - vorgeschaltet ist, das Frequenzen oberhalb etwa 50 kHz wirksam unterdrückt. Es gibt aber noch ein anderes Problem das bei symmetrischer Signalführung in einem abgeschirmten Kabel weniger in Erscheinung tritt: Wenn man dem Kabel mechanische Stösse versetzt, passieren in der Isolation zwischen Signalleitung und Abschirmung Ladungsverschiebungseffekte. Diese erzeugen Impulse, welche am Lautsprecher ein deutliches Knacken verursachen. Dieser Effekt ist beim symmetrisch abgeschirmten Kabel signifikant weniger ausgeprägt, weil dieser Störimpuls als Gleichtaktsignal auf beide Leitungen einwirkt.

Höhere Ausgangsspannungen: Man kann den AMPLIFIER-ATTENUATOR auch einsetzen um eine höhere Ausgangsspannung zu erzeugen als der verwendete Generator liefert. Weiter oben ist eine Anwendung dazu bereits beschrieben. Es sei hier bloss noch erwähnt, dass der AMPLIFIER-ATTENUATOR auch für asymmetrische Tests seinen Dienst verrichten kann.

Anwendungsbeispiel EMG: Man verbindet Ua und /Ua mit den symmmetrischen Eingängen eines EMG-Verstärkers und man verbindet die beiden GND-Anschlüsse miteinenander. Den Attenuator stellt man dabei auf die Werte von 1000 oder 10'000 ein, will man mit sehr kleinen Signalen testen. Bei einer Sinuseingangsspannung von 0.1 Veff an Ue ergibt dies eine differentielle Eingangsspannung beim EMG-Verstärker von 200 µVeff, bzw. 20 µVeff. Mit solch niedrigen Werten kann man sehr schön, das Signal-/Rauschverhältnis am Oszilloskopen beobachten, wobei das Rauschen durch die EMG-Verstärkerschaltung selbst diktiert wird, da der sehr niederohmige Quellwiderstand von 10 Ohm, bzw. 1 Ohm, bezüglich Rauschen keinen signifikanten Anteil hat.

Natürlich kann man mit diesem AMPLIFIER-ATTENUATOR auch eine echte EMG-Messung nachbilden. Man schaltet in Serie zu den Ausgängen Ua und /Ua je einen hochohmigen Widerstand (Hautelektroden für Oberflächenmessungen: etwa 50 k-Ohm ; Nadel- oder Drahtelektroden für intramuskuläre Messungen: etwa 250 k-Ohm). Damit lässt sich auch sehr gut das frequenzabhängige Verhalten von Guard-Drive-Schaltungen, welche die Abschirmungskapazität neutraliseren, testen. Darauf im Detail einzugehen würde den Rahmen dieses Elektronik-Minikurses sprengen. Mehr dazu erfährt man hier:



Technische Daten

 
  Alle Tests erfolgten mit den Opamps LT1056.
  Alle AC-Spannungen an Ue, Ua und /Ua sind Effektivwerte.

  Einstellbare Verstärkungen:   1, 10, 100

  Einstellbare Dämpfungen:      1, 10, 100, 1000, 10'000, OFF
 
    Diese Werte beziehen sich auf asymmetrisch gemessene 
    Ausgangsspannungen,  Ua --> GND  oder  /Ua --> GND,
    z.B.: 
    Ue = 1V, GAIN = 1, ATT. = 1000  ==>  Ua --> GND = 1 mV
                                        /Ua --> GND = 1 mV

    Symmetrisch gemessene Spannungen zwischen Ua und /Ua haben 
    den doppelten Wert,
    z.B.:
    Ue = 1V, GAIN = 1, ATT. = 1000  ==>  Ua --> /Ua = 2 mV
 
    OFF = Ausgänge sind mit GND kurzgeschlossen.


  Frequenz-Bandbreite (asymmetrisch gemessen)

    (Ue = 1V , Gain = 1):    DC .... 600 kHz  (-3dB)
    (Ue = 7V , Gain = 1):    DC .... 160 kHz *
                                        
      * Sichtbarkeitsgrenze der Verzerrung auf dem 
        Oszilloskopen (Slew-Rate-Wirkung).

    (Ue = 1V , Gain = 10):   DC .... 220 kHz  (-3dB)
               Gain = 100):  DC ....  50 kHz  (-3dB)


  Eingangswiderstand:                 1 M-Ohm

  Maximale Dauer-Eingangsspannung:    ±40 V 

  Maximale Ausgangsamplitude:         26 Vpp
                                      (±Ub = ±15VDC / f = 150 kHz)

  Betriebsspannung:                   ±15 VDC  (siehe Opamp-Datenblatt)

  Betriebsstrom:                      < ±15 mA (2 x LT1056 + Attenuator)




  Rauschmessung
  -------------
 
    Die Attenuatorstellung ist 1.  Gemessen wird das ungedämfte 
    Rauschen der Verstärkerschaltung:
    -------------------------------------------------------------
      Eingang    Verstärkung    Bandbreite    Rauschen    S/N
    -------------------------------------------------------------
       offen         1           100 kHz        12 µV     115 dB
                    10           100 kHz        90 µV      97 dB
                   100           100 kHz       800 µV      78 dB

                     1            20 kHz         8 µV     118 dB 
                    10            20 kHz        68 µV     100 dB
                   100            20 kHz       680 µV      80 dB

       kurzge-       1            100 kHz        8 µV     118 dB
       schlossen    10            100 kHz       60 µV     101 dB
                   100            100 kHz      400 µV      84 dB

                     1             20 kHz        5 µV     122 dB
                    10             20 kHz       30 µV     107 dB
                   100             20 kHz      250 µV      88 dB
     ------------------------------------------------------------

      Die Werte für die Signal/Rausch-Verhältnisse (S/N-Ratio) 
      beziehen sich auf eine Sinus-Ausgangsspannung von 7 Volt 
      effektiv, bei einer Betriebsspannung von ±15 VDC.
 


Thomas Schaerer, 09.01.2003 ; 14.03.2003(dasELKO), 14.12.2003 ; 30.09.2005 ; 30.12.2005 ; 06.03.2014