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Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand (Elektronik)

verfasst von TUmichel, 10.09.2020, 15:56 Uhr

Hallo Hartwig,
natürlich hast Du recht, ein Gewebe ist tatsächlich komplexer. Aber das von mir gezeigte Ersatzschaltbild wird häufiger verwendet. Auch wenn es bei weitem nicht perfekt ist, kann ich immerhin unsere Ergebnisse mit den Resultaten von anderen Arbeitsgruppen vergleichen.

Vielleicht erkläre ich noch etwas mehr: Für die Messung werden isolierte Stücke von Schleimhäuten verwendet (z.B. aus dem Darm oder der Lunge). Die werden dann zwischen zwei Kammerhälften eingespannt in denen jeweils eine passende Nährlösung gegeben wird. In die Lösung werden auf beiden Seiten je zwei Elektroden montiert. Ein Elektrodenpaar misst eine Spannungsdifferenz zwischen den beiden Kammerhälften. Diese Differenz kommt zustande weil die Gewebe Ionentransporter besitzen die z.B. Chlorid-Ionen von der einen zur anderen Seite transportieren. Das machen die Gewebe auch "in echt" so und das ist auch eine der interessanten Messgrößen. Man kann z.B. die Frage stellen welche Ionen transportiert werden und wie dieser Transport gesteuert wird. Aus der Spannungsdifferenz kann man natürlich noch nicht auf den Ionenstrom schliessen (man weiß nur das einer vorhanden ist). Aber es gibt ja noch das zweite Elektrodenpaar: Durch das wird nun ein "gegenläufiger" Strom in die Kammer geschickt und in der Größe variiert, bis die Spannungsdifferenz zwischen den beiden Kammerhälften Null ist. Das nennt man dann "Kurzschlußstrom" und sollte dem "Gewebestrom" entsprechen (wenn das Gewebe nicht mehrere Ionensorten mit unterschiedlicher Ladung in verschiedene Richtungen transportiert). Die Einstellung des Kurzschlußstromes geht natürlich automatisch und die verwendeten Geräte lassen es auch zu, das Potentialdifferenzen der Elektroden sowie der Widerstand der Lösungen kompensiert werden können.

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» Entschuldigung, gehört das zum Thema Molekularküche oder Wunderheilung?
Weder noch. Die Integrität des Gewebes lässt sich recht gut feststellen wenn während der oben geschilderten Kurzschlußstrommesung das Gewebe durch einen kurzen Spannungspuls um einige mV depolarisiert wird. Der dafür benötigte Strom wird gemessen und man kann den Gewebewiderstand errechnen. Wenn man nicht "schnell" misst (machen die meisten Arbeitsgruppen nicht), ist das aber nur der Gesamtwiderstand (Rs+Rp). Bestimmte Gewebetypen haben charakteristische Widerstände. Wenn gleich nach dem Einbau des Gewebes der Widerstand zu niedrig ist, kann das Gewebe z.B. ein Loch haben (schlechte Präparation). Wenn der Widerstand erst während des Versuchs abnimmt, können z.B. Verbindungen zwischen den Zellen des Gewebes aufgehen. Es gibt Stoffe die so etwas induzieren (Alkohol). Natürlich können auch Krankheiten hier zu einer Veränderung führen. Man kann die Veränderungen der Zell-Zell-Kontakte nach dem Versuch mit einem Mikroskop nachweisen .

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» Rs könntest Du z. B. mit einer hochfrequenten Wechselspannng messen
» (Bedingung für f: Xc<<Rp). Rp wäre in dem Fall durch Xc kurzgeschlossen. Rp
» eräbe sich dann aus Rges - Rs. Das wäre grob die messtechnische
» Vorgehensweise. Rp ist alternativ aus der Entladekurve vom C zu ermitteln.
» Neben den von xy vorgeschlagenen Rechnungen gibt es also auch einige
» Meßmöglichkeiten.
Unsere Apparatur bietet leider nicht die Möglichkeit hochfrequente Wechselspannung zu verwenden. Die Messung von Rs und Rp bereitet mir keine echten Schwierigkeiten: Wenn ich das Gewebe mit einem Rechteckimpuls um z.B. 5mV depolarisiere, steigt der gemessene Strom zuerst auf den Wert der durch Rs vorgegeben wird (in der Grafik der peak ganz links). Wenn der Kondensator aufgeladen ist, fällt der Strom auf den Wert der durch die Summe von Rs und Rp vorgegeben ist. Das Gerät, das wir verwenden scheint dafür tauglich zu sein: Wenn ich das ganze mt zwei Widerständen und einem Kondensator nachbaue, kann ich die Widerstandswerte ganz gut bestimmen (die Anstiegssteilheit des Recheckimpulses oder der Eingang des Meßverstärkesrs könnten etwas besser sein). Jetzt fehlt mir nur die Bestimmung von C. Ich hoffe immer noch, das jemand gnädig ist und mir eine Lösung postet.

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» Bedenke, daß sich die elektrischen eigenschaften an der Kontaktstelle zum
» Gewebe durch langsam verlaufende Vorgänge ändern. Biphasische Signale bei
» den Versuchen können das z.T. ausgleichen. Auch wird das Elektrolyt als
» Dielektrikum der Kapazität bei etwa 2V (sehr stark vom Medium abhängig)
» "durchschlagen".
Völlig richtig. Daher eben die "Kurzschlussmessung". Das ganze wird seit etwa 1946 verwendet ("Ussing-Kammer", Wikipedia hat einen kurzen Eintrag dazu) und ist eben eine etablierte Methode. Das ganze ist natürlich nicht perfekt. Eine Alternative ist die Verwendung von radioaktiv markierten Molekülen, die man vom Gewebe transportieren lässt. Der apparative Aufwand ist bedeutend höher und man hat hier andere Schwierigkeiten. Je nach Fragestellung muss man eben entscheiden welche Methode man verwendet (oder ob es überhaupt schon eine passende Methode gibt).
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Viele Grüße,
Klaus



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Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand - TUmichel, 10.09.2020, 11:24 (Elektronik)
Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand - xy(R), 10.09.2020, 11:45
Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand - TUmichel, 10.09.2020, 13:15
Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand - Hartwig(R), 10.09.2020, 14:38
Schaltung: Ladung von C mit Reihen- und Serienwiderstand - TUmichel, 10.09.2020, 15:56