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Kolophonium Lötlack - ein Test (wen es interessiert)... (Elektronik)

verfasst von JBE, 07.10.2017, 12:54 Uhr

» Hallo,
»
» Um mir einigermaßen Klarheit über die Eignung (meines) Kolophoniumlackes
» als Schutzlack für Platinen zu verschaffen, machte ich einen Test, der mir
» zumindest einen groben Anhaltspunkt zu der Fragestellung geben sollte.
» Meine erste Frage war, ob Kolophonium besser vor Wassereinwirkung schützt
» als kein Schutzlack.
»
» Dazu wurden zwei einseitig beschichtete Hartpapier – Platinenstreifen 8x40
» mm auf der Kupferseite mittig (also bei 20mm) quer eingefräst, 2mm breit
» und 0,5mm tief.
»
» Die Streifen wurden mechanisch und mit Alkohol gereinigt und zunächst
» einseitig mit einem Cu-Draht 0,5mm kontaktiert (gelötet).
»
» Eine erste Messung des Isolationswiderstandes zeigte an beiden Streifen
» keinen ablesbaren Messwert. Das Meßgerät war ein Metratester 3, der im
» MOhm-Bereich mit einer Meßspannung von nominal 700V arbeitet. Bei meinem
» Gerät sind es 720V. Eine grobe Schätzung ließ in beiden Fällen einen
» Widerstand >100 MOhm erahnen.
»
» Einer der Teststreifen wurde nicht weiter behandelt, der andere Streifen
» wurde bis unter die Lötung des Kontakdrahtes in Kolophonium-Lack
» eingetaucht. Nach 10 Minuten Abtropfzeit wurde der Lack mit Heissluft
» getrocknet (die Trocknung erkennt man daran, dass das Kolophonium seine
» Fließeigenschaften auf dem Kupfer ändert wenn es von der in Brennspiritus
» gelösten Form in die „Schmelze“ übergeht).
»
» Nach etwa 1h „Abkühlung“ wurden beide Streifen bis etwa 3-5mm unterhalb der
» Lötung am oberen Ende in Wasser mit etwa 1% Kochsalz eingetaucht (~90%
» Eintauchtiefe).
»
» Nach 24h erfolgte die erste Messung. Beide Streifen wurden dafür am noch
» freien Ende mit einem Cu-Draht kontaktiert (gelötet). Die Messung mit dem
» Metratester 3 war erneut wenig aussagekräftig, so daß die Messung jetzt mit
» dem Metratester nur als Spannungsquelle (720V, Ri ~100kOhm) und einem DMM
» mit 10MOhm Eingangswiderstand sozusagen als „Meßshunt“ in Reihe mit dem
» Meßobjekt erfolgte. Dadurch war eine gut reproduzierbare Messung möglich:
» die unbehandelte Probe wies einen Widerstand von 22 GOhm auf, bei der mit
» Kolophonium lackierten Probe waren es 66 GOhm.
» (Die Messung wurde mit einem Widerstand von 5 GOhm (10x 500MOhm 5% in
» Reihe) überprüft)
»
» Nach der Messung wurden die zuvor angebrachten Kontakte entfernt, die
» Kontaktstelle auf der lackierten Probe wurde wieder lackiert und getrocknet
» wie eingangs beschrieben. Dann wurden die Streifen wieder in das Wasser
» eingetaucht.
»
» Nach 7 Tagen wurden die Streifen erneut dem Wasser entnommen, gründlich
» gespült, mit Druckluft abgeblasen und dann etwa 1h bei Raumtemperatur
» weiter getrocknet. Bei der erneuten Messung waren die Isolationswiderstände
» reduziert, der Unterschied hatte sich weiter vergrößert. Die unbehandelte
» Probe kam jetzt auf einen Isolationswiderstand von 0,4 GOhm, die lackierte
» Probe brachte es immerhin noch auf 4,2 GOhm.
»
» Das Ergebnis sollte sehr vorsichtig interpretiert werden. Der nicht
» behandelte Streifen kann z.B. durch Ablagerungen auf der Oberfläche seine
» Isolationsfähigkeit verloren haben. Aber das würde bei einer normalen
» Platine ja auch durch Staub etc. passieren.
»
» Das Kolophonium hat einen aus meiner Sicht einen erstaunlich hohen
» Isolationswiderstand behalten. Der reduzierte Widerstand deutet auf ein
» Wasseraufnahme hin, was allerdings durch das Eintauchen nicht überrascht.
» Für eine genauere Aussage wären Vergleichstests mit anderen Lacken über
» einen längeren Zeitraum erforderlich. Für mich bedeutet der Versuch, dass
» ich weiterhin Kolophonium als Schutzlack verwenden werde – in der
» Vergangenheit hatte ich ja auch keinen Probleme damit. Und ich benutze es
» nicht primär als Schutz gegen Wasser.
»
» Zum Lack selbst: Colophonium tot. nach PH. EUR. 6.0, Firma Caelo. Als
» Lösungsmittel wurde hier handelsüblicher Brennspiritus (Ethylalkohol) aus
» dem Drogeriebedarf verwendet. Angaben über die Vergällung sowie
» Wassergehalt waren nicht vorhanden.
»
» Kolophonium wird zu einem großen Teil aus der Destillation des Harzes von
» Nadelbäumen gewonnen, welches für diese Zwecke gesammelt wurde. Allerdings
» fällt auch bei der Papierherstellung Kolophonium an, was zu einem Teil in
» der Papierproduktion weiterverwendet wird, aber wohl auch in den Handel
» gerät. Dieses Kolophonium stammt aus dem zu Papier zu verarbeitetem Holz
» und enthält im Gegensatz zum Harz auch biologische Vorstufen des Harzes.
» Diese Kolophonium scheint sich von dem aus reinem Harz gewonnenen
» Kolophonium deutlich zu unterscheiden. Möglicherweise liegen hier die
» Ursachen für die teilweise schlechten Erfahrungen mit Kolophonium als
» Schutzlack. Außerdem sollte man auch damit rechnen, das Kolophonium
» gänzlich unbekannter Herkunft auch aus Prozessen stammen kann, in denen die
» Qualität deutlich gelitten hat. Sehen/fühlen/schmecken wird man das
» bestimmt nicht immer. Und dass es sich super zum Löten eignet, besagt auch
» nicht viel.
»
» Hier nochmal ein Auszug aus der Knowledge-Base des Lot/Flux-Herstellers
» Kester (www.kester.com):
»
» Rosin Flux Removal
» Do rosin flux residues need to be removed? Rosin flux residues are
» non-conductive and non-corrosive. Under normal circumstances they do not
» have to be removed from a printed circuit assembly. Rosin residue removal
» would be for cosmetic considerations. In an environment where the working
» temperature of the assembly will exceed 200°F the rosin residues will melt
» and become conductive, in these situations flux removal is required.
»
» (Anmerkung: „Rosin“ nennt man Flußmittel auf Naturharzbasis, also
» Kolophonium. „Resin“ ist die Bezeichnung für Flußmittel basierend auf
» synthetischen Harzen)
»
» Viele Grüße
» Hartwig
Unter den Musikern wird Kolophonium auch als Geigenharz oder Bogenharz bezeichnet, u.a auch rosin genannt.
Gewonnen wird es aus Baumharzen ist Gelb bis Braunschwarz.



Gesamter Thread:

Kolophonium Lötlack - ein Test (wen es interessiert)... - Hartwig(R), 07.10.2017, 00:24 (Elektronik)
Kolophonium Lötlack - ein Test (wen es interessiert)... - JBE, 07.10.2017, 12:54