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Kolophonium Lötlack - ein Test (wen es interessiert)... (Elektronik)

verfasst von Hartwig(R), 07.10.2017, 00:24 Uhr

Hallo,

Um mir einigermaßen Klarheit über die Eignung (meines) Kolophoniumlackes als Schutzlack für Platinen zu verschaffen, machte ich einen Test, der mir zumindest einen groben Anhaltspunkt zu der Fragestellung geben sollte. Meine erste Frage war, ob Kolophonium besser vor Wassereinwirkung schützt als kein Schutzlack.

Dazu wurden zwei einseitig beschichtete Hartpapier – Platinenstreifen 8x40 mm auf der Kupferseite mittig (also bei 20mm) quer eingefräst, 2mm breit und 0,5mm tief.

Die Streifen wurden mechanisch und mit Alkohol gereinigt und zunächst einseitig mit einem Cu-Draht 0,5mm kontaktiert (gelötet).

Eine erste Messung des Isolationswiderstandes zeigte an beiden Streifen keinen ablesbaren Messwert. Das Meßgerät war ein Metratester 3, der im MOhm-Bereich mit einer Meßspannung von nominal 700V arbeitet. Bei meinem Gerät sind es 720V. Eine grobe Schätzung ließ in beiden Fällen einen Widerstand >100 MOhm erahnen.

Einer der Teststreifen wurde nicht weiter behandelt, der andere Streifen wurde bis unter die Lötung des Kontakdrahtes in Kolophonium-Lack eingetaucht. Nach 10 Minuten Abtropfzeit wurde der Lack mit Heissluft getrocknet (die Trocknung erkennt man daran, dass das Kolophonium seine Fließeigenschaften auf dem Kupfer ändert wenn es von der in Brennspiritus gelösten Form in die „Schmelze“ übergeht).

Nach etwa 1h „Abkühlung“ wurden beide Streifen bis etwa 3-5mm unterhalb der Lötung am oberen Ende in Wasser mit etwa 1% Kochsalz eingetaucht (~90% Eintauchtiefe).

Nach 24h erfolgte die erste Messung. Beide Streifen wurden dafür am noch freien Ende mit einem Cu-Draht kontaktiert (gelötet). Die Messung mit dem Metratester 3 war erneut wenig aussagekräftig, so daß die Messung jetzt mit dem Metratester nur als Spannungsquelle (720V, Ri ~100kOhm) und einem DMM mit 10MOhm Eingangswiderstand sozusagen als „Meßshunt“ in Reihe mit dem Meßobjekt erfolgte. Dadurch war eine gut reproduzierbare Messung möglich: die unbehandelte Probe wies einen Widerstand von 22 GOhm auf, bei der mit Kolophonium lackierten Probe waren es 66 GOhm.
(Die Messung wurde mit einem Widerstand von 5 GOhm (10x 500MOhm 5% in Reihe) überprüft)

Nach der Messung wurden die zuvor angebrachten Kontakte entfernt, die Kontaktstelle auf der lackierten Probe wurde wieder lackiert und getrocknet wie eingangs beschrieben. Dann wurden die Streifen wieder in das Wasser eingetaucht.

Nach 7 Tagen wurden die Streifen erneut dem Wasser entnommen, gründlich gespült, mit Druckluft abgeblasen und dann etwa 1h bei Raumtemperatur weiter getrocknet. Bei der erneuten Messung waren die Isolationswiderstände reduziert, der Unterschied hatte sich weiter vergrößert. Die unbehandelte Probe kam jetzt auf einen Isolationswiderstand von 0,4 GOhm, die lackierte Probe brachte es immerhin noch auf 4,2 GOhm.

Das Ergebnis sollte sehr vorsichtig interpretiert werden. Der nicht behandelte Streifen kann z.B. durch Ablagerungen auf der Oberfläche seine Isolationsfähigkeit verloren haben. Aber das würde bei einer normalen Platine ja auch durch Staub etc. passieren.

Das Kolophonium hat einen aus meiner Sicht einen erstaunlich hohen Isolationswiderstand behalten. Der reduzierte Widerstand deutet auf ein Wasseraufnahme hin, was allerdings durch das Eintauchen nicht überrascht. Für eine genauere Aussage wären Vergleichstests mit anderen Lacken über einen längeren Zeitraum erforderlich. Für mich bedeutet der Versuch, dass ich weiterhin Kolophonium als Schutzlack verwenden werde – in der Vergangenheit hatte ich ja auch keinen Probleme damit. Und ich benutze es nicht primär als Schutz gegen Wasser.

Zum Lack selbst: Colophonium tot. nach PH. EUR. 6.0, Firma Caelo. Als Lösungsmittel wurde hier handelsüblicher Brennspiritus (Ethylalkohol) aus dem Drogeriebedarf verwendet. Angaben über die Vergällung sowie Wassergehalt waren nicht vorhanden.

Kolophonium wird zu einem großen Teil aus der Destillation des Harzes von Nadelbäumen gewonnen, welches für diese Zwecke gesammelt wurde. Allerdings fällt auch bei der Papierherstellung Kolophonium an, was zu einem Teil in der Papierproduktion weiterverwendet wird, aber wohl auch in den Handel gerät. Dieses Kolophonium stammt aus dem zu Papier zu verarbeitetem Holz und enthält im Gegensatz zum Harz auch biologische Vorstufen des Harzes. Diese Kolophonium scheint sich von dem aus reinem Harz gewonnenen Kolophonium deutlich zu unterscheiden. Möglicherweise liegen hier die Ursachen für die teilweise schlechten Erfahrungen mit Kolophonium als Schutzlack. Außerdem sollte man auch damit rechnen, das Kolophonium gänzlich unbekannter Herkunft auch aus Prozessen stammen kann, in denen die Qualität deutlich gelitten hat. Sehen/fühlen/schmecken wird man das bestimmt nicht immer. Und dass es sich super zum Löten eignet, besagt auch nicht viel.

Hier nochmal ein Auszug aus der Knowledge-Base des Lot/Flux-Herstellers Kester (www.kester.com):

Rosin Flux Removal
Do rosin flux residues need to be removed? Rosin flux residues are non-conductive and non-corrosive. Under normal circumstances they do not have to be removed from a printed circuit assembly. Rosin residue removal would be for cosmetic considerations. In an environment where the working temperature of the assembly will exceed 200°F the rosin residues will melt and become conductive, in these situations flux removal is required.

(Anmerkung: „Rosin“ nennt man Flußmittel auf Naturharzbasis, also Kolophonium. „Resin“ ist die Bezeichnung für Flußmittel basierend auf synthetischen Harzen)

Viele Grüße
Hartwig



Gesamter Thread:

Kolophonium Lötlack - ein Test (wen es interessiert)... - Hartwig(R), 07.10.2017, 00:24