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Komponententester - wen es interessiert....... (Bauelemente)

verfasst von Hartwig(R), 12.03.2017, 23:34 Uhr

Hallo,
Hier mal mehr oder weniger kurz ein Bericht über die Erfahrungen mit einem Komponentester, der gegenwärtig in einigen Foren diskutiert wird. In den Darstellungen überwiegen oft wenig spezifische, meist positive Schilderungen mit Aussagen wie „gehört auf jeden Basteltisch“ usw. Und so habe ich so ein Ding (heißt bei mir EZM328) für so um die 20€ bestellt.
Was kam, war ein gepolsterter Umschlag mit fertig bestücktem Board, Meßkabeln und Batterienaschluß sowie Testclips zum selbst anlöten. Der Versender aus China liefert über Amazon aus, so war das Teil schon am Folgetag bei mir. Der Sendung lag keine Dokumentation bei, was aber kein Problem ist. Die Software, die in diesem Gerät und auch anderen ähnlichen Geräten zum Einsatz kommt, wurde von Markus Frejek für AVR-Prozessoren entwickelt. Die aktuelle Version (1.12 in meinem Gerät) wurde von K-H Kübbeler weiterentwickelt und veröffentlicht. Somit kann jeder sich das Programm herunterladen und auf selbst zusammengebauter Hardware zum Laufen bringen. Hier bieten nun einige Zeitgenossen aus Fernost fertige Hardware incl µC und Programm zu einem guten Preis an. Die Doku findet man ja im Internet. Die Beschreibung der aktuellen Version ist z. B. hier zu finden:

link wird hier nicht akzeptiiert, bitte nach ttester_en.pdf googeln, dann Version 1.12 oder 1.13 ansehen!

Offenbar ging es bei der Entwicklung auch darum, die für den Tester notwendige Hardware möglichst auf den µC zu beschränken. Das bedeutet, dass in fast allen angebotenen Hardware-Versionen die 3 Testclips direkt (und ohne Schutz (!)) direkt am AVR-Chip hängen. Die „Testhardware“ besteht aus wenigen Widerständen, Kondensatoren und Transistoren sowie einer Referenzspannungsquelle, um den AVR Controller herum.
Diese Hardware und die Meßverfahren sind im PDF des obigen Links detailliert beschrieben. Da wird auch klar gesagt, das der Tester für Komponenten/Bauelemente niedriger Leistung gedacht ist. In der Doku sind auch alle bekannten Einschränkungen dokumentiert und erklärt. Damit ist dann auch ganz klar, dass man hier nicht die eierlegende Wollmilchsau bekommt, sondern einen einfachen Tester mit Einschränkungen.

Ohne die Doku vorher gelesen zu haben, analysierte ich den Bodensatz meiner Bastelkiste - Frust und Begeisterung wechselten sich ab, mehr als einmal fasste ich den Entschluß, dieses Platinchen wieder zurückzusenden. Mittlerweile habe ich aber ein Gehäuse dafür gebaut….

Hier kurz die „Eigenheiten“:
- Si-Kleinsignaltransistoren werden sicher und richtig erkannt, bei einigen Darlingtons (MPSA13 z.B.) wurde aber ein JFET mit geringer Steilheit erkannt.
- Einige Ge-Transistoren zeigen ein sehr hohes ß (~300) mit niedriger Ube (~100mV).
- Ge-Dioden OA91 ergaben eine Schwellspannung von fast 800mV, nur 20-30mV unter einer auch gemessenen OA202, also Si. Mit einem Multimeter lagen die OA91 aber bei <300mV. Andere Ge-Dioden waren im „Normalbereich“.
- Bei JFETs werden D und S aufgrund des symmetrischen Aufbaus nicht immer richtig zugeordnet.
- HV-Leistungstransitoren (BU608) ließen sich nicht messen, hier zeigte das Gerät nur 2 Dioden an.
- Leistungsdarlingtons TIP140/TIP145 wurden nicht erkannt, stattdessen wurden npn/pnp BJTs angezeigt mit einem ß um 50 und einer Ube von 600-900mV (2+2 Transistoren).
- Thyristoren/Triacs wurden korrekt erkannt, ich hatte da Typen mit bis zu 6A. Über 12A ging nicht mehr.
- Widerstände waren ok, selbst unter 1 Ohm noch akzeptabel. > 100Ohm lag die Genauigkeit bei geschätzten 1%.
- Kondensatoren waren auch gut zu messen, unter 50pF geht, wenn das Gerät gut kalibriert wird kann man auch 10pF (10 % Genauigkeit) noch messen, darunter wird es ungenau.
- ESR geht gut, nur wird nicht mit 100kHz Sinus gemessen. Dementsprechend weichen die Werte erheblich ab. Eine Aussage ist trotzdem möglich, bestimmt nicht schlechter als mit 100kHz Sinus, der Ausfall manifestiert sich ja auch nicht bei 100kHz!
- Dann habe ich einfach mal ein TL431 gemessen. Er wurde als npn-BJT mit einem ß um 1 (je nach Exemplar) angezeigt….

Fazit:
Der Komponententester ist praktisch, wenn man z.B. mit dem Steckbrett arbeitet und einfach nur schnell Komponenten/Anschlüsse bestätigen will. Auch lassen sich natürlich so auch sehr schnell schadhafte Komponenten aussortieren. Man sollte aber die Grenzen kennen. Zur Identifikation unbekannter Komponenten ist der Tester nur bedingt geeignet. Ich habe den Tester in ein Gehäuse gebaut und gleichzeitig noch Schtuzdioden an den Eingängen (siehe Doku!) eingelötet. Eine externe Spannungsversorgung und ein Fußtaster ergänzen die Funktionalität. Wichtig: Kondensatoren müssen vor der Messung anuf jeden Fall entladen werden, sonst stirbt der µC.
Genial ist es, ein Gerät für Kleinsignalhalbleiter, Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten zu haben. Inklusive der Messung von ESR bei Kondensatoren und dem Q bei Induktivitäten (bis in den µH-Bereich). Das spart Platz auf dem Tisch, ist aber kein Ersatz für „richtige“ Meßgeräte. Aber für 20€ kann man das auch nicht erwarten.

Grüße
Hartwig




Gesamter Thread:

Komponententester - wen es interessiert....... - Hartwig(R), 12.03.2017, 23:34