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Schutzschaltung GND-Diode-µC-Diode-Vcc? --> Latchup-Effekt! (Schaltungstechnik)

verfasst von schaerer(R)  E-Mail, Kanton Zürich (Schweiz), 11.01.2017, 12:06 Uhr
(editiert von schaerer am 11.01.2017 um 12:26)

Hallo Bastelix,

» ich hab mir den Schaltplan
» http://dlnmh9ip6v2uc.cloudfront.net/datasheets/Dev/Arduino/Shields/Weather%20Shield.pdf
» (ist von sparkfun, sieht man an der URL leider nicht) angeschaut und dabei
» bin ich über die Beschaltung der Eingänge zum µC gestolpert, z.B. diesen
» hier:
»
»
»
» Am RJ11-RAIN hängt ein Reedkontakt der von einem Niederschlagsmesser
» geschaltet wird. Die Konstellation wird auch analog bei den Anschlüssen für
» die Windgeschwindigkeit (ebenfalls Reedkontakt) und Windrichtung
» (Reedkonkat der je nach Windrichtung einen bestimmten Widerstand schaltet).
» Was ich schon rausgefunden habe ist, dass man mit den beiden Dioden von GND
» -> Signalleitung -> Vcc eine Schutzschaltung gegen Überspannung und
» negative Spannung realisiert.

So ist es. Ein jeder moderner µP, µC oder sonst ein programmierbares Bauteil ist in CMOS-Technologie realisiert. CMOS-Eingänge, die nirgends kontaktiert sind, sind extrem hochohmig. Nur schon eine Brührung eines solchen Einganges, kann das IC zerstören. Ein Mensch hat eine elektrische Kapazität zur Umgebung von etwa 100 pF. Ist diese Person elektrisch geladen, sind da leicht einige 1000 V möglich. Die Energie bei der Berührungsentladung reicht längst um das IC zu zerstören. Diese einfache Dioden-Widerstands-Methode verhindert dies wirksam....

» Die Frage ist warum wird das hier gemacht? Der Entwickler hat sich bestimmt
» etwas dabei gedacht, aber die einzige Überspannung die mir einfällt kann
» bei einem Gewitter auftreten (Blitzschlag) und da helfen die Dioden
» vermutlich eher nichts. Könnt ihr mir das erklären?

... jedoch nicht, wie Du hier andeutest bei einem Blitzschlag, wie Dir bereits beantwortet ist.

» Und wofür sind die 1k-Widerstände gut? Braucht man diese für die
» Dioden-Schutzschaltung oder sollen die nur den Strom begrenzen der in den
» µC fließen kann?

Genau darum geht es. Für alle CMOS-Eingänge gilt, dass die Eingangsspannung (auch kurzzeitige Spannungsimpulse) nicht grösser sein darf als Vcc + 0.5V und nicht kleiner als GND - 0.5 V. Ober- und unterhalb dieser Grenzwerte wird der CMOS-Eingang leitend.

Wenn diese Spannungswerte nicht eingehalten werden, zündet ein parasitär IC-interner Thyristor (kreuzgekoppelte bipolare Transistoren), die beim CMOS-Herstellungsprozess automatisch mit entstehen und dies nicht vermieden werden kann.

Wenn nun eine, wie eben erwähnte, elektrische (elektrostatische) Entladung erfolgt, ist die sehr kurzzeitige Stromspitze so hoch, dass die Spannungssitze über der Diode deutlich grösser wird als die übliche Durchlassspannung (etwa 0.8 V bei Silizium). Der Widerstand R11 reduziert diesen Spitzenstrom erheblich, der in den IC-Eingang hineinfliesst. Dies vermeidet das Zünden des IC-internen Thyristors. Der Hersteller ist nämlich bestrebt, dass Stromverstärkungen der kreuzgekoppelten Transistoren so niendrig wie möglich sind, so dass eine Zündung bei einer solchen Dioden/Widerstands-Massnahme kaum noch passieren kann. Ausser bei deutlich massiveren Hochspannungsentladungen...

Was geschieht eigentlich, wenn "es" passiert? Der gezündete Thyristor schliesst Vcc mit GND knallhart kurz. Du kannst Dir leicht ausmahlen, was dies für Folgen hat. Man nennt dies einen Latchup-Effekt.

Hier siehst Du eine Schutzschaltung mit deutlich massiverem Aufwand. Es geht bei diesem Beispiel darum, dass mit einer weit entfernten Drucktaste ein CMOS-Eingang betätigt wird:


Mehr dazu liest Du im Kapitel "Störsichere Gate-Eingangsschaltung eines CMOS-IC" im Elektronik-Minikurs:
. . . . . "Pullup-, Pulldown-Widerstand Massnahmen zur Entstörung bei langer Leitung -- Openkollektor - Wired-OR - Latchup-Risiken"
. . . . . . . http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/pullr.htm

Ebenso thematisiert ist diese Angelegenheit mit etwas andern Inhalten hier:

. . . . . "Überspannungsschutz von empfindlichen Verstärkereingängen"
. . . . . . . http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/ovprot.htm

NACHTRAG: Das Ganze gilt übrigens auch für CMOS-Ausgänge. Ist ein solcher Ausgang in den hochohmigen Tristate-Modus geschaltet, gelten die selben Latchup-Risiken.

Viel Spass beim Lesen... :-D

--
Gruss
Thomas

Buch von Patrick Schnabel und mir zum Timer-IC NE555 und LMC555:
https://tinyurl.com/zjshz4h9
Mein Buch zum Operations- u. Instrumentationsverstärker:
https://tinyurl.com/fumtu5z9



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